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Verismus

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Der Verismus, italienisch Verismo (von italienisch „vero“ wahr), war ursprünglich die italienische Bezeichnung für den Naturalismus in der Literatur und bildenden Kunst seit den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts. Bekannt wurde der Begriff jedoch durch die Opern, die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts auf naturalistischen Dramen basierten.

Literatur

Bezeichnet italienische Strömung des 19. Jahrhunderts, die konzeptuell dem Realismus und Naturalismus ähnelt. Es geht um eine Hinwendung der Literatur zu Gegenwart und Alltag, zu Volkssprache und unteren sozialen Klassen. Einen zeitgenössischen Sonderfall des Verismus in der jüngeren deutschsprachigen Literatur hat gerade der Kritiker Florian Kessler (Hirnstrom-Naturalismus) aufgezeigt. In einer Arbeit über den Leipziger Autor Clemens Meyer („Als wir träumten“) weist er das Phänomen eines Proletenkult-Verismus nach. Das von Kessler geschaffene Oxymoron setzt das verklärende und überhöhende Moment des Proletkultes mit dem aufklärerischen, realistischen Moment des Verismus in Spannung (spiritus sanctus).

Schauspielkunst

Bildende Kunst

Siehe Neue Sachlichkeit

Fotografie

Film

Der veristische Film ist eine Strömung des italienischen Films um 1915. Die realistischen Handlungen spielen zumeist im Milieu niederer Bevölkerungschichten und hatten den Anspruch die soziale Wirklichkeit künstlerisch umzusetzen. Als Vorbilder dienten Literaten wie Giovanni Verga und Grazia Deledda. Zu den herausragenden Filmen dieser Gattung gehören:

Nach dem Zweiten Weltkrieg griff der italienische Neorealismus auf die Ziele und Mittel des veristischen Films zurück und entwickelte diese weiter.

Oper

Auch einfache Menschen sollten nun wirklichkeitsgetreu auf der Bühne dargestellt werden. Kennzeichen dieser Opern sind ein gesteigerter Realismus, durch Leidenschaft bestimmtes Handeln der Personen, weitgespannte Melodik und raffinierte Orchestration, malerische Schilderung der Schauplätze sowie inhaltlich oft ungeschminkte Darstellung von Grausamkeit.

Der Begriff der veristischen Oper wird auch für Werke mit historischen Themen oder exotischem Ambiente verwendet. Beliebte Schauplätze sind die Zeit der französischen Revolution und der Herrschaft Napoléon Bonaparte, das Italien der Renaissance und der ferne Osten.

Vorläufer der veristischen Oper waren La Traviata (1853) von Giuseppe Verdi und Carmen (1875) von Georges Bizet, doch als erste echte veristische Oper gilt Cavalleria rusticana (1890) von Pietro Mascagni (1863–1945). 1892 erschien dann I Pagliacci (Der Bajazzo) von Ruggiero Leoncavallo (1857–1919), der mit der Cavalleria häufig zusammen aufgeführt wird. Veristische Elemente finden sich auch bei Giacomo Puccini (1858–1924), besonders in der Tosca (1900), aber auch in Madame Butterfly (1904), La fanciulla del West (Das Mädchen aus dem goldenen Westen) (1910) und Il tabarro (Der Mantel) (1918). Weitere italienische Komponisten des Verismus sind Umberto Giordano (1867–1948) (Andrea Chénier, 1896; Fedora, 1898), Francesco Cilea (1866–1950) (Adriana Lecouvreur, 1902), Franco Leoni (1864–1949) (L'oracolo, 1905), Franco Alfano (1875–1954), Ermanno Wolf-Ferrari (1876–1948) (I gioielli della Madonna (Der Schmuck der Madonna), 1911; Sly, 1927) und Riccardo Zandonai (1883–1944) (Francesca da Rimini, 1914; I cavalieri di Ekebù (Die Herren von Ekeby), 1925).

In Frankreich beeinflusste der Verismus die Werke von Jules Massenet (1842–1912) (La navarraise, 1894; Thérèse, 1907), Alfred Bruneau (1857–1934) (Le rêve (Der Traum), 1891, nach Émile Zola) und Gustave Charpentier (1860–1956) (Louise, 1900). Hauptvertreter des deutschen Verismus sind Eugen d’Albert (1864–1932) (Tiefland, 1903; Die toten Augen, 1916) und Max von Schillings (1868–1933) (Mona Lisa, 1915). Veristischen Einflüssen begegnet man aber auch in den Opern Der Evangelimann (1895) von Wilhelm Kienzl (1857–1941), Eine florentinische Tragödie (1917) von Alexander von Zemlinsky (1871–1942), Die Gezeichneten (1918) von Franz Schreker (1878–1934) und Violanta (1916) von Erich Wolfgang Korngold (1897–1957).