Luftsturmregiment 40

Luftsturmregiment 40 war die Bezeichnung für die Luftlandetruppen der Nationalen Volksarmee der DDR. Die Einheit trug den Namen „Willi Sänger“ und war von 1960 bis 1982 in Prora auf Rügen stationiert, von 1982 bis 1990 dann in der Nähe des Truppenübungsplatzes Lehnin bei Potsdam.
Allgemein
Der Truppenteil „Willi Sänger“ war die einzige Fallschirmjägereinheit der DDR, allerdings gab es in mehreren anderen Einheiten der „Bewaffneten Organe“ Fallschirmspringer. Zum Beispiel bei den Fernaufklärungseinheiten der NVA und bei Einheiten des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS).
Der Truppenteil „Willi Sänger“ wurde als Spezialeinheit konzipiert und war Teil der offensiven Strategie des Warschauer Vertrages, die zum Ziel hatte, den Gegner auf seinem eigenen Territorium zu besiegen.
Auftrag
Auftrag der Fallschirmjäger der NVA und ähnlicher Einheiten in anderen Staaten des Warschauer Vertrages war es dabei, in rückwärtigen Gebieten Ziele zu besetzen oder zu zerstören, den Nachschub und die Moral des Gegners zu beeinträchtigen sowie gegnerische Kräfte zu binden. Hauptziel des Einsatzes im rückwärtigen Gebiet des Gegners war die Vernichtung vom Massenvernichtungswaffen. Hierbei besonders von Kernwaffeneinsatzmitteln (KWEM) jeglicher Art. Die Handlungen der Fallschirmjäger der NVA kann man in drei Kategorien einteilen
- Aufklärung
- Überfallhandlungen (dabei ist auch der Hinterhalt als Überfallhandlung anzusehen)
- Spezielle Einsätze
Als Handlungen der Aufklärung verstehen sich alle Tätigkeiten zur Einbringung von Informationen in der operativen und strategischen Tiefe des Gegners durch Beobachtung und Meldung mittels elektronischer Mittel.
Dies geschieht besonders durch permanente Beobachtung von militärischen-, ökonomischen- und administrativen (politischen, gesellschaftlichen) Zielen. Durch das Heranführen von Jagdbomberkräften (unter zur Hilfenahme von Spezialisten - Fliegerleitoffizier) sowie das Ermitteln genauer Koordinaten zur Vorbereitung des Einsatzes von Artillerie- und Raketenschlägen. Durch das Ausspähung der Heranführung von operativen- und strategischen Reserven (Häfen, Flugplätze, Eisenbahnanlagen) und die Richtungen ihrer Verlegung. Durch das Aufklären von Produktionkennziffern militärischer Betriebe und Einrichtungen sowie deren Verlagerung an andere Standorte. Sowie durch das Überwachen hoher politischer- und militärischer Persönlichkeiten und Aufklärung gegnerischer Kräfte im eigenen Hinterland.
Der Überfall / Hinterhalt ist immer mit der Enttarnung der handelnden Fallschirmjäger verbunden. Eine vollständige Vernichtung des Überfallobjektes ist zwar möglich und wurde angestrebt aber es gibt immer die Spuren des Überfalles, die ein sofortiges Ansetzen von gegnerischen Kräften auf die handelnden FJ zur Folge hat. Das bedeutet, dass der Überfall bis in das kleinste Detail geplant werden muss und das auch das Absetzen eine nicht zu unterschätzende Bedeutung erhält, wenn die EG nach Erfüllung ihrer Aufgabe eine nächste Aufgabe erfüllen soll (kaum vorstellbar) oder aber eben zurück geführt werden soll.
Als Überfallobjekt kommen eine große Vielfalt von Objekten in Frage, die nur unvollständig aufgezählt werden können:
- Kernwaffeneinsatzmittel und Artilleriesysteme, die zum Vorschuss von Kernmunition geeignet sind,
- Gefechtsstände der Division in der vermutlichen Hauptschlagrichtung der eigenen Kräfte oder der Division die die vermutliche Hauptlast des Angriffes der gegnerischen Kräfte führt; Gefechtsstände ab Armeecorps aufwärts,
- Systeme des EloKa (Funkelektronischer Kampf), Fliegerleit- und –führungssysteme,
- Andere wichtige Waffensysteme (Aufklärungsschlagkomplexe, chemische Massenvernichtungswaffen, biologische Waffen usw.),
- Wichtige Brücken (Viadukte / Aqadukte), Staudämme, Verschiebebahnhöfe, E-Werke, Fernsehtürme, Hafenanlagen, Flugplätze usw. usf.,
- Lager von operativer und strategischer Bedeutung (Munitions-, Treibstoff- und andere Lager),
- Wichtige Einzelpersonen und Personengruppen im rückwärtigen Gebiet des Gegners,
- Vernichtung oder Gefangennahme gegnerischer Kräfte im eigenen Hinterland.
Unter speziellen Einsätzen versteht der Autor Einsätze, die von besonders geschulten Soldaten durchgeführt werden und die eine weitreichende strategische Bedeutung besitzen.
Hier wäre denkbar gewesen:
- die Beseitigung von hochgestellten Persönlichkeiten des militärischen- und politischen- als auch des wirtschaftlichen Lebens,
- die Entführung solcher Persönlichkeiten,
- die Rückführung von für den Warschauer Vertrag wichtigen Personen aus dem rückwärtigen Gebiet des Gegners,
- Eindringen in Bunker und besonders gesicherte Anlagen der militärischen-, politischen und wirtschaftlichen Führung und Erfüllung von Aufgaben in diesen Anlagen,
- Ausbildung, Beratung und Teilnahme an Einsätzen von in Illegalität handelnden Gruppen, auf eigenem, vom Gegner besetzten, Territorium,
- Handlungen in Spannungsperioden, vor Ausbruch eines Krieges, im rückwärtigen Gebiet des Gegners usw.
Anfang der sechziger Jahre als Fallschirmjägerbataillon aufgestellt, durchlief der Truppenteil aufgrund von Änderungen in der sowjetischen Militärdoktrin mehrere Umorganisationen und Umbenennungen. Ab Mitte der achtziger Jahre wurde er zum Regiment ausgebaut, wobei das ursprüngliche Konzept des Einsatzes in kleinen, unabhängigen Kampfgruppen nicht aufgegeben wurde.
Organisation
In den Anfangsjahren waren die Luftlandetruppen wie ein NVA-typisches leichtes Schützenbataillon organisiert. Dazu gehörte, dass einzelne Kompanien oder der gesamte Verband geschlossen eingesetzt werden konnten. Im Laufe der Zeit entwickelten die Fallschirmjäger selbst den Einsatz in kleineren Kampfgruppen – eine Taktik, die sich auch in ähnlichen Einheiten anderer Länder durchsetzte. Teams von fünf bis sechs Soldaten wurden dabei eine oder mehrere begrenzte Aufgaben übertragen. In der NVA hieß das Konzept „Einsatzgruppentaktik“, die Verwendung mehrerer solcher Gruppen "koordinierter Einsatz". Vor allem aufgrund technischer Mängel – es fehlte an Flugzeugen und Hubschraubern für den Transport – beschränkte sich die NVA-Truppe lange auf die Taktik der Einsatzgruppen und agierte damit wie eine Spezialeinheit.
Nach der Umstellung auf das sowjetische Luftsturmkonzept blieben Teile dieses Einsatzkonzeptes erhalten. Da außerdem weder die Einheit, noch die Lufttransportkapazitäten entsprechend den Erfordernissen der neuen Doktrin wuchsen, änderte sich an den praktischen Einsatzmöglichkeiten des Verbandes nicht allzu viel.
Die Fallschirmjäger waren bis 1972 dem Militärbezirk V (Nord) und damit direkt dem Kommando Landstreitkräfte (KdoLaSK) unterstellt. Der Tarnname des Luftsturmregiments 40 (LStR-40) lautete „Lötzinn“.
Außerdem gehörte noch eine Ausbildungsbasis dazu, die unter der Bezeichnung Fallschirmjägerausbildungsbasis 40 (FJABas-40, in der Truppe auch als FJAB-40 bezeichnet) firmierte und in Burg stationiert war. Ihr Tarnname war „Huflattich“.
Die Dienstzeit bei den Fallschirmjägern betrug mindestens drei Jahre. In der Regel bestand der größte Teil der Truppe aus freiwilligen Soldaten auf Zeit beziehungsweise Unteroffizieren auf Zeit. Ab 1986 gab es bei den Sicherstellungseinheiten wie der Versorgung auch Wehrpflichtige. In den eigentlichen Fallschirmjägerkompanien jedoch dienten nur Zeit- und Berufssoldaten.
Ausrüstung
Die Luftlandetruppe der NVA besaß während der gesamten Zeit ihres Bestehens keine Panzer und nur leichte Waffen. Sie verwendete weitgehend das Material, das auch in anderen Truppenteilen zum Einsatz kam. Lediglich bei den Uniformen gab es Abweichungen und durch den Einsatz bedingte Eigenentwicklungen.
Bewaffnung



Standardbewaffnung der Fallschirmspringer war der Maschinenkarabiner AKM KMS-72 der sowjetischen Waffenfamilie Kalaschnikow - der im Sprachgebrauch der NVA allerdings als Maschinenpistole bezeichnet wurde. Der KMS wurde Anfang der sechziger Jahre eingeführt, verschoss Munition des Kalibers 7,62x39 Millimeter und besaß eine einklappbare Schulterstütze und ein aufpflanzbares Bajonett. Die verwendeten Waffen wurden in der DDR in Lizenz produziert. Ab 1985 erfolgte eine Umrüstung auf den Nachfolger, den AKS-74 mit dem verkleinerten Kaliber 5,45x39 Millimeter. Weiterhin kam das leichte Maschinengewehr von Kalaschnikow zum Einsatz. Anfangs war dies das RPK (7,62x39), später das in der DDR gebaute LMG K-500 (5,45x39). Jede Fallschirmjägergruppe führte außerdem ein Maschinengewehr des Typs RPD Degtjarjow mit und zwei Panzerfäuste des Typs RPG-2, beziehungsweise in späteren Jahren RPG-7D -in zwei Teile zerlegbar während des Marsches oder RPG-18. Zum Kampfsatz jedes Soldaten gehörten außerdem die Splitterhandgranaten F-1, RGD-5 oder HG4 und ein Kampfdolch oder Kappmesser. Als Pistole stand – wie in allen Armeen des Warschauer Vertrages üblich – die Makarow PM im Kaliber 9 Millimeter zur Verfügung. Für spezielle Aufgaben nutzte die Truppe das Scharfschützengewehr Dragunow SWD. Ab 1985 wurde die AK 74 mit aufgesetztem Zielfernrohr als Scharfschützenwaffe in der Einsatzgruppe genutzt. Mit ihr konnten Ziele bis auf 600 m Entfernung sicher bekämpft werden.
In den Anfangsjahren (als das zukübfige Fallschirmjägerbataillon noch Motschützenbataillon hieß) und nach der Umstruktuierung 1986 zum LStR waren schwere Unterstützungswaffen im Truppenteil vorhanden. Hier der Granatwerfer 82 Millimeter M-43 und die beiden rückstoßfreien Geschütze RG-82 im Kaliber 82 Millimeter und RG-107 im Kaliber 107 Millimeter sowie die Panzerabwehrlenkrakete „Metis“. Die Rückstoßfreien Geschütze verschossen Hohlladungs- beziehungsweise Sprenggranaten. Daneben gab es noch eine rückstoßfreie Panzerkanone vom Kaliber 73 Millimeter des Typs SPG-9D. Einige davon waren auf Kübelwagen (UAZ 469) montiert und wurden von diesen aus eingesetzt. Für die Panzerbekämpfung wurden 1986 die sowjetischen Lenkwaffen „Fagot“ und „Metis“ eingeführt, die Raketen verschossen. Für die Fliegerabwehr verwendete man die von der Schulter abzufeuernde Infrarotraketen „Strela II“.
In den Einachsgabelhängern der Einsatzgruppe, in der die Fallschirmtechnik (12 kompltette Ausrüstungen) transportiert wurde, befand sich der gesamte Kampfsatz der Einsatzgruppe sowie die verschiedensten Sprengmittel mit Schnüren (Spreng- und Zündschnur), verschiedene Initialzünder (Sprengkapsel Nr. 8 mit Sofortzündung oder mit Milisekundenverzögerung) sowie die Sprengstoffe TNT oder PNLP 10 (tschechischer Knetsprengstoff).
Transport
Geländefahrzeuge aus DDR-Produktion dienten zum Landtransport, später solche aus sowjetischer Herstellung. Anfangs waren es der GAS-69 und der P3, später vor allem der UAZ 469. Außerdem nutzte man die in der NVA gebräuchlichen Lastkraftwagen und Motorräder.
Während der gesamten Zeit stellte die mangelnde Luftransportkapazität der NVA ein die Einsatzfähigkeit stark limitierendes Problem dar. Die Zahl der zur Verfügung gestellten Flugzeuge und Hubschrauber war zu keinem Zeitpunkt ausreichend. Und auch wenn es theoretisch Maschinen gab, die sehr große Ladungen transportieren konnte, reichte der Transportraum nicht für schwere Waffen oder für die Bewegung in großen Verbänden. Eingesetzt wurden vor allem die sowjetischen Flugzeuge Il-14 und An-2, später auch Hubschrauber des Typs Mi-4 und Mi-8. Das größte vorhandene Transportflugzeug war die An-22, die 150 Fallschirmspringer befördern und absetzen konnte. Da die Fallschirmjäger der NVA in jedem Falle im Bestand der vereinten Streitkräfte gehandelt hätten, und im Interesse der jeweiligen Armee ihre Aufgaben erfüllt hätten, wären, wenn keine Absetzmaschinen der NVA zur Verfügung gestanden hätten, Flugzeuge der CA zum Einsatz gekommen. Oft genug wurde aus diesen Flugzeugen während der Ausbildung in den Sprunglagern gesprungen.
Die AN-26 T der in Dresden stationierten Staffel, wäre das wahrscheinlichste Einsatzabsetzflugzeug der NVA-Fallschirmjäger gewesen. Diese Maschine konnte 30 voll ausgerüstete Fallschirmsoldaten an den Absetzpunkt transportieren und wahlweise aus 7000 m bis runter auf 250 m bei einer Geschwindigkeit von bis zu 350 km/h absetzen. Die hohe Absetzgeschwindigkeit war für die Fallschirmjäger der NVA kein Problem, da sie durch die Volkswirtschaft der DDR Schirmsysteme zur Verfügung gestellt bekamen, die von Experten noch heute führend in der militärischen Rundkappentechnik angesehen wurden. So sprangen die Fallschirmjäger der NVA grundsätzlich im stabilisierten Fall. Das bedeutet, das ein Hilfsfallschirm (etwa 0,8 m² Kappenfläche) nach Verlassen des Flugzeuges, den Fallschirmjäger in der Luft stabil hielt und der Soldat in der befohlenen Öffnungshöhe das Hauptgerät öffnete. Diese Fallschirme gehörten alle der RS - Serie an. In der Ausbildung sprangen die „einfachen" Fallschirmjäger der normalen Fallschirmjägerkompanien aus Höhen bis zu 1600 m und fielen 20 Sekunden im stabilierten Fall.
Aber auch Sprünge aus 300 m gehörten zum normalen Handwerkszeug. Dabei fiel der Soldat noch 3 Sekunden im stabilisierten Fall, bevor der Fallschirm geöffnet wurde. Die Fallschirmjäger und alle springenden Einheiten der NVA und des MfS hatten einen Öffnungsautomaten (KAP-3) der den Fallschirm selbständig öffnete, wenn der Springer den Schirm nicht selbständig öffnen konnte. Der zuletzt gesprungene Rundkappenschirm der NVA war der RS 9/2 A und das Rettungsgerät Be-8. Das Luftsturmregiment 40 war auch partiell mit Gleitschirmsystemem ausgerüstet. Diese wurden Ende der 70-er Jahre eingestzt. Das war seiner Zeit der RL-10st und in den letzten Jahren der RL-12st. Mit diesen Systemen konnten die Soldaten weit und unentdeckt in das rückwärtige Gebiet des Gegners vordringen und punktgenau landen. Dieses Fallschirmsystem wurde aber in der Regel nur von den Spezialisten der Fallschirmjäger gesprungen sowie von den dazu befähigten Berufssoldaten und den Angehörigen des Fallschirmdienstes.
Uniformen
Die Uniformen der Fallschirmjäger basierten auf denen der Wehrmacht, die weiterentwickelt und an sowjetische Uniformierungsprinzipien angepasst worden waren. Da die Fallschirmjäger der NVA zu den Landstreitkräften gehörten, trugen sie grundsätzlich auch deren Uniformen. In den Anfangsjahren trugen sie den Felddienstanzug für Aufklärer der NVA. Er bestand aus einer Jacke mit Kapuze und einer Hose, beide in Tarnmuster auf blaugrauem Grundton. Schnürschuhe ersetzten die sonst üblichen Stiefel, eine Lederhaube den Stahlhelm. 1964 bekamen die Fallschirmjäger auch eine eigene Ausgehuniform. Sie unterschied sich vor allem durch das rote Barett (1969) und die roten Kragenspiegel auf denen ein silberner Fallschirm mit Schwinge zu sehen war. Die Dienstuniform unterschied sich durch eben diese Kragenspiegel und das Steingraue Bartett sowie die geschnürten Sprungstiefel, von denen anderer Einheiten der LAndstreitkräfte. Nach fünf Sprüngen wurde das Fallschirmsprungabzeichen verliehen. Es besaß Anhänger (10; 25, 30; 35; 40; 50; 75; 100; 150 und dann immer in 50-er Schritten weiter) mit der Zahl der absolvierten Sprünge. Im Oktober 1969 wurde die auffälligste Änderung befohlen, das Barett in der Farbe der Waffengattung: orange. 1972 befahl der Minister für Nationale Verteidigung aufgrund von so genannten Neuerer-Vorschlägen aus der Truppe die Überarbeitung der Uniform. Der neue Kampfanzug bestand aus vier Teilen (Jacke, Hose, Kampfweste, Regenjacke), bedruckt im Tarnmuster Ein-Strich/Kein-Strich. Als Helm dienten Fallschirmjäger-Stahlhelme aus polnischer Produktion. Die Ausrüstung damit erfolgte ab 1975, alte Uniformen wurden aufgetragen.
Geschichte
Luftlandungen sind lediglich ein Weg ins Gefecht. Sie bieten den Vorteil, Truppen schnell über große Entfernungen transportieren, oder an sonst nicht erreichbaren Punkten absetzen zu können. Die sowjetische Armee war die erste, die in den zwanziger Jahren Fallschirmtruppen erprobte und einsetzte. Während des Zweiten Weltkriegs bildete die sowjetische Armee Deutsche zu so genannten Fallschirmagenten aus, die im Reichsgebiet Spionage betrieben.
Überlebende dieser Einheiten wurden beim Aufbau der Fallschirmeinheiten der NVA und des Ministeriums für Staatssicherheit einbezogen. Außerdem nutzte man die Erfahrungen von Fallschirmjägern der Wehrmacht. Ab 1952 bot auch die Gesellschaft für Sport und Technik der DDR Fallschirmspringen als Wehrsport an. Somit stand bei der Gründung der NVA 1956 bereits ein im Fallschirmspringen erfahrener Kader zur Verfügung. Ein Teil davon diente in den ersten Jahren noch in den Fernaufklärungseinheiten der NVA.
1960 bis 1972
Ende der fünfziger Jahre wurde innerhalb der NVA und anderer Armeen des Warschauer Vertrages überlegt, Luftlandeeinheiten aufzustellen. Die maßgebliche Forderung dazu kam schließlich aus der Sowjetunion, nicht zuletzt da die Bundeswehr ab 1955 begann, Luftlande- und Fallschirmjägereinheiten aufzustellen.
Am 1. März 1960 wurde in Prora auf Rügen das motorisierte Schützenbataillon (MSB) 5 aufgestellt. Seine Aufgabe war es, so schnell wie möglich eine Fallschirmausbildung zu sichern. Mittelfristig sollten ständig 300 Fallschirmjäger vorhanden sein, langfristig ein ganzes Regiment. Sowohl der Name als auch die Stationierung in den abgelegenen Kasernen auf Rügen – die einst ein gigantisches Hotel der nationalsozialistischen Organisation Kraft durch Freude (KdF) werden sollten – dienten der Geheimhaltung.
Im September 1961 nahm die Einheit den Sprungbetrieb auf, geflogen wurde mit Maschinen des Typs IL-14. Sie kamen, genau wie der Rest der Ausrüstung, aus der Sowjetunion. Die ersten beiden Fallschirmjägerkompanien bestanden aus jeweils 80 Soldaten, die in je drei Zügen zu drei Gruppen organisiert waren.
Am 28. Februar 1962 wurde der Verband umbenannt in Fallschirmjägerbataillon (FJB) 5. Er unterstand der NVA, die ihn als eigenständige Waffengattung führte. Ab diesem Jahr nahm die Einheit an Übungen des Warschauer Vertrages teil. Im Jahr darauf wurden Veränderungen der Uniform genehmigt, darunter ein graues Barett für den Dienst. Auf das Tragen des Stahlhelms wurde verzichtet. Ab 1969 gehörte zur Ausgehuniform ein auffälliges Barett in orange.
1972 bis 1986
Bis Anfang der siebziger Jahre unterstand die Einheit dem Militärbezirk V. Am 1. Dezember 1971 wurde sie kurz umbenannt in Fallschirmjägerbataillon 2, am 8. November 1972 dann in Fallschirmjägerbataillon 40. Letzteres ging einher mit der Unterstellung unter das Kommando Landstreitkräfte in Potsdam - deren einzige Kampftruppe das FJB-40 war. Sämtliche dem Kommando der LaSK unterstellten Einheiten trugen die Zahl 40 im Namen. Das bedeutete, dass die Truppe nun zentral geführt wurde und nicht mehr einem einzelnen Truppenkommando (im Kriegsfall der 5. NVA-Armee) unterstand.
Hintergrund war wahrscheinlich ein Mangel. Die Landstreitkräfte der DDR waren unterteilt in zwei Militärbezirke, V Nord und III Süd, die im Kriegsfall je eine Armee zu stellen hatten. Da nicht wie anfangs geplant für beide Bezirke je ein Fallschirmjägerbataillon aufgebaut werden konnte, führte man das bestehende Bataillon zentral. Im Kriegsfall sollte jede Armee die im bestand der vereinten Kräfte des WV gehandelt hätten je eine Kompanie sowie Teile des FJB erhalten die dann, nach Einberufung und Zuführung von Resrvisten zu einem Fallschirmjägerbataillon aufgewachsen wären. Die dritte FJK war wahrscheinlich für die Gruppierung Mitte in Berlin vorgesehen.
Zwar genügten die vorhandenen Mittel nicht für den Aufbau zweier Bataillone, doch wurde das bestehende in den siebziger Jahren ausgebaut. So erhielt es einen eigenen Zug für die Ausbildung von Unteroffizieren und einen für die Ausbildung von Reservisten. Anfang der siebziger Jahre war die Truppe bereits um einen Sprengtaucherzug ergänzt worden der später in Aufklärungszug umbenannt wurde.
Ab Dezember 1980 wurde die Einheit in Strausberg bei Berlin zur Bewachung der Wohnsiedlung eingesetzt, in der der Minister für Nationale Verteidigung und seine Stellvertreter lebten. Das bisher dafür zuständige Wachregiment Friedrich Engels wurde von dieser Aufgabe entbunden. Grund dafür war, daß der damalige Minister für Nationale Verteidigung das einzige Mitglied des Politbüros war, welches nicht in Wandlitz lebte und somit keinen besonderen Schutz genoß. Den Fallschirmjägern traute man diese Aufgabe zu auch wenn das eigentlich nicht zu den Aufgaben dieses Truppenteils gehörte. Um diese Aufgabe überhaupt bewältigen zu können, bekam die kleine Fallschirmjägereinheit eine zusätzliche Kompanie. Die 4. FJK wurde aus dem Boden gestampft und besaß in der Anfangszeit als einzige Kompanie 4 Fallschirmjägerzüge. Da diese jedoch immer noch nicht ausreichte, wurden ab 1983 alle Kompanien abwechselnd zur Wache abkommandiert. So wurde jede Fallschirmjägerkompanie alle 8 Wochen für zwei Wochen nach Strausberg zur „Sonderwache“ kommandiert. Der Wachrythmus betrug 48 Stunden. In den zwei wachfreien Tagen wurde in Strausberg und Umgebung intensiv ausgebildet und die Ausbildunganlagen des Ministerium für Nationale Verteidigung (hier die Standortschießanlage) sowie die Fallschirmsprungausbildungbasis des Kommandos Luftstreitkräfte genutzt. Die Schwimmausbildung in der Schwimmhalle oder im Straussee, die beide unmittelbat neben den Unterkünften der Fallschirmjäger lagen, wurde intensiviert. Taktik und Nahkampfausbildung wurden in den nahen Wäldern um Strausberg herum durchgeführt.
1981 begann der Umzug des Verbandes von Prora auf den Truppenübungsplatz Lehnin bei Potsdam. Dieser galt als einer der am besten ausgebauten Übungsplätze der NVA und bot bessere Ausbildungsmöglichkeiten als die Insel Rügen. So errichtete man ein Scheindorf für den Orts- und Häuserkampf und Hubschrauberlandeplätze. Mehr als ein Jahr waren die Soldaten in Behelfsunterkünften untergebracht, bevor die Erweiterungen der Kasernen fertig waren und der Umzug abgeschlossen werden konnte.
1986 bis 1991
Ende der achtziger Jahren begann sich in den Streitkräften des Warschauer Vertrages der Einfluss des sowjetischen Staatschefs Michail Gorbatschow durchzusetzen. Die militärischen Führungen begannen, ihre Einheiten nicht mehr nur offensiv, sondern vermehrt defensiv auszurichten. Für die Luftsturmtruppen bedeute dies, dass sie nun auch zum Auffangen durchbrechender gegnerischer Einheiten in der Lage sein sollten.
Gleichzeitig arbeitete man in der NVA weiter an der Umsetzung der sowjetischen Pläne. Ab 1986 konzentrierte sich die Gemeinschaftsausbildung daher auf den kompanieweisen Einsatz im Bataillonsrahmen. Aufgrund der politischen Änderungen im Herbst 1989 wurde diese Entwicklung beendet.
Fast wäre es Herbst 1989 zum einzigen „echten" Einsatz der Fallschirmjäger gekommen. Der Verband galt der Führung der DDR als politisch besonders zuverlässig. Während der Montagsdemonstrationen im Zuge der Wende wurde er neben weiteren ausgewählten Einheiten der NVA in erhöhter Bereitschaft gehalten. Er sollte Polizei und Stasi verstärken und den Widerstand der Bevölkerung niederkämpfen. Der Einsatzbefehl wurde jedoch nie erteilt.
In der Zeit ab Dezember 1989 gab es im Verband Willi Sänger die gleichen Auflösungserscheinungen wie in allen anderen „Bewaffneten Organen“ der DDR. Viele Soldaten fühlten sich missbraucht und nahmen ihren Abschied. Etwa die Hälfte der Fallschirmjäger verließ die Einheit. Trotzdem versuchte die Regimentsführung, den Dienst aufrecht zu erhalten.
Am 31. Januar 1990 besuchten zwei Angehörige der NVA-Fallschirmjäger zum ersten Mal eine Einheit des bisherigen „Feindes“ und hospitierten beim Fallschirmjägerbataillon 271 der Bundeswehr in Iserlohn. In den folgenden Monaten gab es immer mehr Kontakte zu ähnlichen Verbänden anderer Länder.
Im September 1990 absolvierten die Soldaten des LStR-40 die letzten Fallschirmsprünge im großen Verband. Außerdem rückte der letzte Jahrgang von Freiwilligen ein. Am 3. Oktober 1990 wurden die Reste der Einheit wie die gesamte NVA von der Bundeswehr übernommen. Die Grundausbildung der 100 Rekruten erfolgte nun nach Standards der Bundeswehr. Die Bemühungen, die Truppe als luftbeweglichen Verband in das neu gegründete Heeresführungskommando Ost zu überführen, scheiterten. Nur wenige Fallschirmjäger wurden übernommen und in anderen Einheiten der Bundeswehr eingesetzt. Zwischen Januar und Juni 1991 wurde das Luftsturmregiment 40 aufgelöst.
Einsätze
Das Luftsturmregiment 40 ist nie im Kampf eingesetzt worden. Die Aufgaben beschränkten sich auf Manöver und einen humanitären Einsatz im Winter 1978/79 auf der Insel Rügen. Drei Wochen lang halfen die Soldaten, durch Schneestürme abgeschnittene Dörfer und Gehöfte mit Nahrungsmitteln und Medikamenten zu versorgen und Straßen zu räumen.
Literatur
- Dissberger, Karl-Heinz (Hrsg.): Vom Himmel auf die Erde ins Gefecht – Fallschirmjäger der Nationalen Volksarmee, Kabinett Verlag, Zürich und Düsseldorf