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Orkan Kyrill

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Vorlage:Neuigkeiten

Kyrill
Daten
Entstehung: 15. Januar 2007
Auflösung noch unbekannt
Spitzenböe: > 200 km/h
Niedrigster Luftdruck: noch unbekannt hPa
Betroffene Regionen: Großbritannien, Schweden, Niederlande, Deutschland, Schweiz
Schadenhöhe: noch unbekannt
Sturmschaden in Delft (Niederlande)

Kyrill (['kɪrɪl] [1], vom griechischen „der Herrliche“) ist der Name des Orkans, der am 18. Januar 2007 das öffentliche Leben in weiten Teilen Europas beeinträchtigt und gegenwärtig mindestens neunzehn Todesopfer – davon sechs in Deutschland – forderte. Er führte zu erheblichen Sachschäden und zur vorzeitigen Schließung von Schulen. Außerdem kam es zu erheblichen Beeinträchtigungen im Verkehrssektor, da Flüge gestrichen, Autobahnen gesperrt, und der Bahnverkehr in großen Teilen Deutschlands eingestellt werden mussten, so dass Zehntausende Passagiere betroffen sind.

Das Tiefdruckgebiet, aus dem sich der Orkan entwickelt hat, entstand am 15. Januar 2007 über Neufundland und zog danach Richtung Osten. Es erreichte Mitteleuropa am 18. Januar 2007. Bereits zwei Tage zuvor wurden erste Unwettervorwarnungen herausgegeben worden, später wurden für viele Teile Mitteleuropas amtliche Unwetterwarnungen veröffentlicht.

Allgemeines

Als Sturm wird Wind bezeichnet, der mit Geschwindigkeiten ab ca. 75 km/h weht. Meteorologen rechnen allerdings nicht in km/h, sondern in Beaufort. Danach beginnt Sturm bei Windstärke 9. „Stürmischer Wind“ entspricht in der Meteorologie 62 bis 74 km/h und kann Autos ins Schleudern bringen.

Windgeschwindigkeiten von 89 bis 102 km/h werden als „schwerer Sturm“ tituliert. Ab 103 km/h wächst sich das „Wetter in Bewegung“, so die Definition der Meteorologen für Wind, zu einem orkanartigen Sturm aus. Dieser kann dann schon schwere Zerstörungen anrichten.

Alles über 118 km/h gilt als Orkan. Das entspricht auf der zwölfteiligen Skala des britischen Admirals Sir Francis Beaufort (1774-1857) Windstärke 12 und kann zu Verwüstungen führen. Tropische Wirbelstürme erreichen ab Windgeschwindigkeiten von 118 km/h die Klassifizierung eines Hurrikans.

Orkane entstehen vor allem im Herbst und Winter wegen der extremen Temperaturgegensätze zwischen Norden und Süden: Über dem Polargebiet herrschen Minusgrade, aus dem Süden zieht warme Luft heran. Kalte und warme Luftmassen prallen meist über dem Atlantik aufeinander (Okklusionen). Dabei wird viel Energie freigesetzt, die dann als Orkan über See und Land wirbelt.

Namensgebung

Der Name des Sturmstiefs Kyrill kam dadurch zu stande, dass eine bayerische Familie zum 65. Geburtstag ihrem Vater, dessen Vorname Kyrill war, eine Namenspatenschaft für ein Hochdruckgebiet schenken wollte. Da sich allerdings kein Hochdruckgebiet bot nahm man das Sturmtief.

Sturmverlauf

Das Zentrum des Sturms zog über Nordirland, Schottland und Schweden hinweg, doch auch die südlich gelegenen Regionen Mitteleuropas nördlich der Alpen waren betroffen. Der Sturm erreichte auf den britischen Inseln Windgeschwindigkeiten von mehr als 130 km/h (Spitze Lleyns) und führte zu weitreichenden Einschränkungen im morgendlichen Berufsverkehr. Unter anderem wurde die Zugverbindung zwischen Cardiff und London Paddington eingestellt, auf der East Coast Main Line wurde im reduzierten Fahrplan gefahren. Die Spitzengeschwindigkeit wurde in Deutschland im Harz auf dem Brocken mit 198 km/h gemessen.

Vorbereitungen auf den Sturm

Um Unglücke zu vermeiden, wurden in ganz Europa vielfältige Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Um auf durch den Sturm verursachte Schäden und Unglücke rasch reagieren zu können, wurden zudem zahlreiche staatliche und infrastrukturelle Einrichtungen und Unternehmen personell verstärkt.

Am Flughafen London-Heathrow und am Flughafen Frankfurt am Main fielen zahlreiche Flüge aus, da auf Grund der Sturmböen die Staffelungsabstände der Flugbewegung erhöht werden mussten und die Kapazitäten der Flughäfen überlastet wurden. [2][3]

Deutschland

Am Mittag des 18. Januars wurde die 1000 Meter lange, 60 Meter hohe Talbrücke Reichenbach der A71 im Thüringer Wald gesperrt, da hier bereits in der Vergangenheit immer wieder Lkw umgeweht wurden und von der Brücke zu stürzen drohten. [4] Diese Brücke ist nicht gegen Wind geschützt und stellt daher bei Sturm ein hohes Sicherheitsrisiko dar. Nachmittags wurde die Kennedy-Brücke in Bonn sicherheitshalber gesperrt. Gegen 18 Uhr folgte die Werratalbrücke (A7). In Düsseldorf wurden am frühen Abend die Fleher und Oberkasseler Brücke gesperrt.

Die Deutsche Bahn entschied, ihre mit bis zu 300 Kilometern pro Stunde verkehrenden ICE-Züge mit einer niedrigeren Geschwindigkeit fahren zu lassen, wodurch es zu Verspätungen kam.[5] Gegen 17 Uhr wurde der Fernverkehr der Bahn weitestgehend eingestellt. In Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und etwas später auch in Bayern wurden darüber hinaus wegen zahlreicher auf Gleise gestürzter Bäume auch die Regionalbahnstrecken stillgelegt. [6]

In vielen Schulen fiel präventiv der Unterricht ganz oder zumindest teilweise aus. Darüber hinaus wurde es den Eltern in Berlin freigestellt, ihre Kinder aufgrund der Unwetterwarnungen zuhause zu behalten.[7] In Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Nordrhein-Westfalen sahen sich die Kultusministerien gezwungen, landesweit an Schulen den Nachmittagsunterricht abzusagen, um den Schülern eine sichere Heimfahrt vor dem Eintreffen des Sturms zu ermöglichen. Den Schulleitern in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen, Sachsen und Thüringen wurde es freigestellt, den Nachmittagsunterricht an ihren Schulen abzusagen. So fiel auch in diesen Bundesländern an den meisten Schulen der Nachmittagsunterricht aus, um das Risiko für die Schüler zu minimieren. Sogar Kindergärten wurden früher geschlossen. Auch an den Universitäten in Bayern wurde der Lehrbetrieb teilweise vorzeitig eingestellt.

Österreich

In Österreich geht man davon aus, dass vor allem Vorarlberg und die Alpennordseite von den bis zu 140 km/h schnellen Winden betroffen sein werden. Vorarlberg und Tirol haben für Donnerstag und Freitag Sturmwarnungen herausgegeben. In Vorarlberg, Niederösterreich und Wien wurden Krisenstäbe eingerichtet, um Einsatzkräfte im Ernstfall effizient koordinieren zu können. In Wien stehen 500 Feuerwehrleute für den Sturmeinsatz bereit. Sollte es schwerere Folgen geben, kann um weitere 500 aufgestockt werden. In den Schulen Oberösterreichs wurde am Nachmittag "sturmfrei" gegeben. Der Stromversorger Energie AG Oberösterreich stellte 400 bis 500 Mitarbeiter zum Bereitschaftsdienst bei Stromausfällen bereit.[8] Auch die ÖBB verhängte schon im Vorhinein Geschwindigkeitsbegrenzungen von 100km/h. Für einige Strecken, wie der Mariazellerbahn, wurde bereits angekündigt, ab Freitag Morgen den Bahnverkehr einzustellen. Schüler, die am Freitag vom Unterricht fernbleiben, sind vom Unterricht automatisch entschuldigt.

Auswirkungen

Großbritannien

In Großbritannien kamen durch den Orkan neun Menschen ums Leben. In der Grafschaft Shropshire starb der Geschäftsführer des Flughafens Birmingham International, als ein abgebrochener Ast die Windschutzscheibe seines Wagens durchschlug. [9][10] Ein weiterer Autofahrer kam in Berkshire ums Leben, als ein Baum auf sein Fahrzeug stürzte. [11] Ein LKW-Fahrer verlor in North Yorkshire sein Leben, als sein Fahrzeug von der Fahrbahn abkam und sich überschlug. [9] In Stockport (Greater Manchester) wurde eine Frau von einer umstürzenden Mauer erschlagen.[9]

Auf dem Flughafen von London wurden 192 Flüge gestrichen, aber auch Manchester und einige andere Flughäfen waren betroffen. In weiten Teilen Großbritanniens fiel der Strom aus, weil umstürzende Bäume und herumfliegende Trümmer die Leitungen beschädigten. Betroffen waren hier vor allem die Grafschaften Surrey, Yorkshire, Lincolnshire und Lancashire, sowie und große Teile von Wales. Auch von Schließungen betroffen waren der Eisenbahnverkehr und verschiedene Abschnitte der Autobahnen M 1 und M 25.[9]

Im Ärmelkanal geriet das Containerschiff MSC Napoli in Seenot und musste von der Besatzung aufgegeben werden, die Besatzung wurde gerettet.[12] Das Schiff sank später. Der Fährverkehr zwischen Dover und Calais wurde zeitweise eingestellt, und auch auf den anderen Fährverbindungen im Ärmelkanal kam es zu Behinderungen. [13]

In Schottland hat das Orkantief Kyrill starke Schneefälle mit sich gebracht, die auf dem Flughafen Glasgow-Prestwick zu Flugausfällen führten, ebenso in Edinburgh und die Situation in Schottland wurde mit der eines Blizzards verglichen. [14]

In Nordirland erreichte der Sturm eine Geschwindigkeit von bs zu 152 Kilometern pro Stunde. Auch hier verursachte der Sturm Stromausfälle und umstützende Bäume.[15]

Frankreich

Im Nordwestfranzösischen Lille ist ein Baum auf ein Auto gestürzt. Der Mann der in dem Auto saß, überlebte durch ein Wunder.

Niederlande

Auf dem Universitätsgelände der Universität von Utrecht stürzte ein Kran auf ein Gebäude. In Den Haag gingen aufgrund der hohen Windgeschwindigkeiten Schaufensterscheiben zu Bruch.[16] In Amsterdam musste der Hauptbahnhof wegen Schäden am Dach gesperrt werden.[17]

Deutschland

In Deutschland verunglückte auf der Bahnstrecke Elmshorn - Westerland ein InterCity der Deutschen Bahn, als er gegen einen vom Sturm umgestürzten Baum fuhr. Es entstand nur Sachschaden.[17] Nach dem am Nachmittag die Deutsche Bahn den Fernverkehr einschränkte, sowie den Regionalverkehr in Nordrhein-Westfalen, Norddeutschland und später auch in Bayern einstellte, da immer mehr Strecken wegen umgestürzter Bäume gesperrt werden mussten, wurde am Abend der Betrieb dort erstmals in der Geschichte vollständig eingestellt. Züge setzten die Fahrt nur bis in den nächsten geeigneten Bahnhof fort, wo für die Reisenden Notunterkünfte, Decken und Tee bereitgestellt wurden.[18] Der S-Bahn-Verkehr wurde so lange wie möglich aufrecht erhalten. Andere Strecken wurden ebenfalls weiter betrieben.

In Baden-Württemberg fuhr ein Autofahrer beim Versuch, einem umgestürzten Baumstamm auszuweichen, in ein entgegenkommendes Fahrzeug und kam beim Aufprall ums Leben.[3] In München wurde ein 18 Monate altes Kind von einer aus der Verankerung gerissenen Terassentür getroffen und starb infolge der schweren Verletzungen in einem Krankenhaus.[3] In Gersthofen (Landkreis Augsburg) wurde ein 73-jähriger Mann von einem Scheunentor erschlagen. [19]

Durch umstürzende Bäume wurde auch die Stromversorgung gestört, so war unter anderem das Wuppertaler Stadtgebiet eine halbe Stunde ganz ohne Strom.

Als Konsequenz des Orkans fällt in einigen Gegenden Deutschlands, unter anderem in ganz Bayern und im Siegerland, am darauffolgenden Freitag der Schulunterricht aus [20] [21]. Für die Betreuung der Kinder, welche trotzdem in die Schule kommen, ist gesorgt.

Schweiz

Unwetterwarnung auch in der Schweiz: Starker Sturm; Seit 18.01.2007 17:00 Uhr Gefahrenstufe 2. (2 von 3) Es werden Windspitzen von über 140 km/h erreicht. [22] An exponierten Stellen in den Alpen könnten es 160 km/h werden. Swiss hat etliche Flüge annulliert. Fast 6000 Fluggäste sind betroffen. [23]Die Schweiz ist den Medien zufolge nur am Rande durch Kyrills Ausläufer betroffen.[24]

Österreich

Für nahezu das gesamte Bundesgebiet wurde Unwetteralarm ausgegeben. Vorarlberg, Nordtirol, Salzburg sowie Oberösterreich, Niederösterreich und Wien wurden großteils mit der höchsten Warnstufe vorgewarnt. Von den Landeswarnzentralen wurde Katastrophenalarm ausgelöst.


Quellen

  1. Website der Aktion „Wetterpate“ an der FU Berlin, die die Namen vergibt [1]
  2. CNN "26 flee sinking ship as storm batters UK", 18. Januar 2007
  3. a b c Der Spiegel: "Das Neueste von 'Kyrill' auf einen Blick", 18. Januar 2007
  4. Freies Wort: "Stromausfälle, umgerissene Laster, Zugverkehr eingestellt", 18. Januar 2007
  5. Die Welt: „Der Sturm hat Deutschland fest im Griff“
  6. Deutsche Bahn AG: "Orkan „Kyrill“", 18.01.2007, 17:00
  7. „Schulbesuch bei extremer Wetterlage: Eltern entscheiden“, 18. Januar 2007
  8. ORF Bericht Absagen und Verspätungen, 18. Januar 2007“
  9. a b c d BBC News: "BBC News: Nine dead as UK struck by storms", 18. Januar 2007 Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „BBC-6272193“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  10. BBC News: "BBC News: Man dies as storms batter region", 18. Januar 2007
  11. BBC News: „BBC News: England battered by wind and rain“, 18. Januar 2007
  12. CNN "Bahn stellt Zugverkehr ein", 18. Januar 2007
  13. BBC News: „England battered by wind and rain“, 18. Januar 2007
  14. BBC News: "Snowfall brings road disruption", 18. Januar 2006
  15. BBC News: "Severe gales lead to power cuts", 18. Januar 2006
  16. ORF: "'Schwere Schäden durch Orkan Kyrill, 18. Januar 2007
  17. a b n-tv: "'Kyrill' wird stärker, 18. Januar 2007
  18. Die Welt: ["Bahn-Verkehr komplett zusammengebrochen", 18. Januar 2006
  19. WEB.DE-Nachrichten: „Orkan "Kyrill" hat bereits sieben Opfer gefordert“, 18. Januar 2007
  20. [2]
  21. WDR - [3]
  22. MeteoSchweiz [4]
  23. SpiegelOnline: Das Neueste von "Kyrill" auf einen Blick, 18. Januar 2007
  24. NZZ: Kyrill fegt über die Schweiz, 18. Januar 2007