Sprachen und Schriften in Tolkiens Welt
In der von J. R. R. Tolkien geschaffenen fiktiven Welt Arda gibt es mehrere Sprachen, die jeweils auch eine eigene Sprachgeschichte haben. Tolkien erfand auch eigene Schriften, die die Völker von Arda vorgeblich benutzt haben sollen.
Viele kennen Tolkien nur als Geschichtenerzähler, jedoch war er vor allem Philologe und beschäftigte sich als solcher beruflich mit dem Ursprung von Sprachen und Wörtern (Etymologie). Er hatte Kenntnisse vieler Sprachen von alten germanischen Sprachen wie Altisländisch und Gotisch bis zu Finnisch und entwickelte dabei etwas wie einen Lautgeschmack (wörtliche Übersetzung des von ihm dafür genannten Quenyawortes lámatyávë), der ihn dazu veranlasste, Sprachen zu kreieren, die für ihn den perfekten Klang haben sollten. Nun war er aber als Philologe der Meinung, dass Sprache einen Ursprung und eine Geschichte braucht und zu diesem grundlegenden Zwecke erfand er Mittelerde und seine Geschichte.
Sprachen
Elbensprachen
Entwicklung der Elbensprachen
Die wichtigsten Sprachen in Tolkiens Welt sind ohne Zweifel die Sprachen der Elben. Ursprünglich, als die Elben noch alle zusammen lebten, sprach man eine gemeinsame Sprache, die Tolkien schlicht Primitive Elvish (Ur-Elbisch) nannte. In dieser Sprache hätte der simple Satz „Der Mann spricht.“ vermutlich (i) ndêro kwêtâ gelautet. Als ein großer Teil der Elben sich auf die Reise in den Westen begab, hatte sich jedoch die Sprache bereits weiterentwickelt, und man sprach das, was Tolkien Common Eldarin nannte (Gemein-Elbisch). Der selbe Satz hätte bereits i ndêr kwêtâ gelautet, im Dialekt eines der drei Elbenstämme (dem Common Telerin) i ndêr pêtâ. Das Common Eldarin entwickelte sich zum frühen Quendya (sic!) (i ndêr kwêtâ), später zum bekannten, moderneren Quenya (i nér quéta); das Common Telerin jedoch westlich des Meeres zum Amanya Telerin (i dēr pēta), in Mittelerde entwickelten sich daraus zum einen das Alt-Sindarin (i ndêr peta), zum anderen das Nandorin (was allerdings nicht gut genug überliefert ist, um den oben benutzten Satz dafür zu rekonstruieren, ein Beispiel dieser Sprache soll deshalb golda dac yrc sein („ein Noldo tötet Orks“), zum Vergleich: Im Sindarin würden wir hier golodh dâg yrch finden).
Das Alt-Sindarin hat im sich ständig wandelnden Mittelerde diverse Entwicklungsstufen in verschiedenen Dialekten durchgemacht; man unterscheidet im ersten Zeitalter mindestens zwischen den Dialekten der Küste, von Doriath, der Mithrim, der Noldor und der Edain, die sich wiederum allesamt in ältere und modernere Formen unterteilen lassen (man könnte so z.B. von Mittel-Mithrim-Sindarin etc. sprechen), ins zweite Zeitalter jedoch überlebt in erster Linie der Dialekt der Küste, der es auch ist, auf den das allgemeinere Sindarin des dritten Zeitalters („Der Mann spricht“ hier i nîr pêd) im größten Maße zurückgeht.
Quenya
Fiktive Sprachgeschichte
Quenya ist die Sprache jener Elben, die in grauer Vorzeit in die Unsterblichen Lande (Valinor) gingen, von denen einige später nach Mittelerde zurückkehrten. Die Sprache ähnelt in Klang und Grammatik in mancher Hinsicht dem Finnischen, im Vokabular jedoch nicht. Tolkien hat das Quenya von allen seinen erfundenen Sprachen weitaus am besten dokumentiert, es ist daher relativ gut rekonstruierbar.
Im Dritten Zeitalter von Mittelerde hat Sindarin das Quenya als gesprochene Sprache fast völlig verdrängt; Quenya existiert praktisch nur noch in altem Schrifttum, ähnlich dem Latein in Europa oder dem Sanskrit in Indien. Die Bezeichnung „Hochelbisch“ für das Quenya bezieht sich auf dessen Status einer Gelehrtensprache.
Charakteristik
Im Gegensatz zu seinem Nachfolger Sindarin kann Quenya als eine flektierende Sprache bezeichnet werden, die vom Finnischen inspiriert ist. Es kennt zehn Kasus und vier Numeri und hat damit ausgeprägtere Deklinationen als die indogermanische Ursprache. Mit fünf Tempora, keinem distinkten Passiv sowie nur syntaktisch oder durch Partikel angezeigten Modus ist die Verbalmorphologie jedoch verglichen mit dem Indogermanischen stark eingeschränkt.
Grammatik
Quenya kennt vier Numeri, welche alle durch das Anhängen von Suffixen gebildet werden: den Singular, den „normalen“ Plural, den Partitiv-Plural, welcher vermutlich sowohl einige als auch viele bedeuten kann, und den Dual, der für zwei Dinge von etwas steht.
Quenya kennt zehn Kasus. Sie werden durch das Anhängen von Suffixen gebildet. Die zehn Kasus sind Nominativ, Dativ, Akkusativ, Genitiv, Possessiv, Lokativ, Allativ, Ablativ, Instrumentalis und Respektiv (vermutlich ein zweiter Lokativ im Quenya).
Es existiert nur ein Artikel, der bestimmte Artikel. Er ist in Singular und Plural gleichlautend und wird nicht flektiert.
Es existieren verschiedene Pronomen, die aber von Tolkien häufig geändert wurden, und daher teilweise rekonstruiert werden müssen. Diese werden im allgemeinen, wie z. B. im Ungarischen, als Suffixe angehängt. Bemerkenswert ist, dass das Quenya sowohl zwischen inklusivem und exklusivem „wir“ unterscheidet (-lmë/-lvë), (wie z. B. die dravidischen und austronesischen Sprachen), als auch ein duales „wir“ (=„(nur) du und ich“) kennt (-mmë) (wie die philippinischen Sprachen). Keine andere Sprache kennt diese dreifache Teilung der 1. Person Plural.
Verben werden mittels Suffixen in die fünf verschiedenen Tempora des Quenya konjugiert. Bei manchen Tempora wird auch der Stammvokal verändert, das Perfekt weist zusätzlich ein dem Stammvokal gleiches Augment auf. Personen werden nur unterschieden, wenn das Subjekt nicht eigens genannt ist. Sonst wird nur der Numerus unterschieden, wobei der Singular keine Endung, der Plural die Endung -r aufweist. Die Tempora des Quenyas sind Futur, Präsens (vergleichbar mit dem englischen Present Progressive), Aorist (vergleichbar mit dem englischen Präsens, nicht dem griechischen Aorist), Imperfekt und Perfekt.
Die Verneinung wird entweder durch das negative Verb umë oder durch das Partikel lá erreicht.
Adjektive werden im Quenya meist vor das Substantiv gestellt. Sie werden nur gegebenenfalls in den Plural gesetzt (auch das nicht in jedem Fall), weisen also keine KNG-Kongruenz auf.
Nach ISO 639-3 lautet das Sprachkürzel für Quenya qya.[1]

Sindarin
Sindarin war im ersten Zeitalter die Sprache der Sindar (Grauelben) und breitete sich später auch unter den anderen Elben aus. Tolkien hat zum Sindarin weniger schriftliches Material hinterlassen als zum Quenya, viel Material existierte nur in seinem Geist und ist mit seinem Tod verloren gegangen. Daher lassen sich heute nur noch die Grundzüge des Sindarin klären.
Nach ISO 639-3 lautet das Sprachkürzel für Sindarin sjn.[2]
Fiktive Sprachgeschichte
Sindarin ist mit Quenya verwandt, aber kein direkter Abkömmling dieser Sprache. Es entwickelte sich aus der Sprache derjenigen Teleri, die bei der Großen Wanderung der Eldar nach Westen in Beleriand zurückblieben. Die Sprache wurde, weil Elu Thingol (König von Beleriand) das (von den anderen gesprochene) Quenya aufgrund der Bluttaten der „Einwanderer“ an ihren Verwandten verbot, später auch von den nach Mittelerde zurückgekehrten Noldor sowie einigen Menschenstämmen angenommen.
Geschichte (extern)
J. R. R. Tolkien mochte die Walisische Sprache. Einige grammatische und vor allem phonologische Grundzüge von Sindarin sind auf Walisisch zurückzuführen. So beispielsweise Präfix-Veränderungen, die wir sowohl in den romanischen, als auch in den germanischen Sprachen nicht kennen. Die Sprache lässt sich allerdings durchaus als „real“ bezeichnen, da das Sindarin ja auch eine Vorgängersprache hat, von der sich all seine Wurzeln ableiten lassen.
Grammatik
Hier eine Übersicht der auffallendsten Merkmale der Sindarin-Grammatik:
- Sindarin enthält wie die inselkeltischen Sprachen Anlautmutationen, die ursprünglich phonologischer Herkunft waren, später aber oft grammatisch wurden (Bsp.: dae [Schatten] -> i dhae [der Schatten]).
- Pluralbildung erfolgt ähnlich wie im Deutschen und z.T. auch im Walisischen durch Umlaute (Bsp.: amon [Hügel] -> emyn [mehrere Hügel]).
- Substantive werden an keinen Kasus angepasst.
- Konjugation von Verben erfolgt ähnlich wie im Deutschen durch Suffixe (Bsp.: ped- [Sprechen, Wortstamm] -> pedin edhellen [Ich spreche elbisch]). Sindarin braucht außerdem, wie das Lateinische, kein zusätzliches Pronomen (pedin edhellen heißt also wörtlich „spreche elbisch“).
Menschensprachen
Adûnaisch
Adûnaisch war die Sprache derjenigen Menschen, die im ersten Zeitalter nach Beleriand kamen und sich nicht mit Melkor (dunkler Herrscher) verbündeten. Nach dem ersten Zeitalter wurden diese Menschen (die Dunedain = Westmenschen) von den Valar als Belohnung mit einer Insel beschenkt: Númenor. Dort blieb das Adûnaische weiter die Muttersprache der meisten Menschen, und gegen Ende von Númenor wurde es wieder zur ersten und einzigen Sprache erklärt; auch die Könige bekamen wieder Adûnaische Namen, nachdem sie vorher Quenya-Namen gehabt hatten. Das Adûnaische leitet sich vom Quenya ab, basiert aber wie das Khuzdul (und die semitischen Sprachen) auf Drei-Konsonanten-Wortwurzeln. Zu diesen gehört jedoch noch ein „charakteristischer Vokal“, welcher im allgemeinen zwischen dem ersten und zweiten Konsinanten steht: z. B.g-m-l +i für mit „Stern“ verwandte Begriffe. Stern (verschiedene casus und numera): gimli, gimlê, gimlîya. Bei verwandten Wörtern kann der Vokal aber auch z. B. vor die Konsonantengruppe wandern: Sternförmig: igmil. Gleichzeitig bleibt Adûnaisch eine flektierende Sprache.[3]
Westron
Das Westron war im dritten Zeitalter von Mittelerde die allgemein anerkannte Verkehrssprache. Es wurde von fast allen Völkern gesprochen, von vielen auch als Muttersprache. Im Herrn der Ringe wird diese Sprache in der Fiktion Tolkiens als Englisch wiedergegeben. Die einzigen Sprachzeugnisse finden sich im Anhang zum Herrn der Ringe, in welchem der Erzähler erklärt, dass er aus erzählerischen Gründen Personen- und Ortsnamen mit Mitteln der englischen Sprache nachgebildet habe, sodass etwa Meriadoc Brandybocks eigentlicher Name Kalimac Brandagamba gelautet habe. Fraglich und nicht zu klären ist, ob Tolkien diese „Originale“ erst nachträglich aus Gründen der Vollständigkeit gebildet hat.
Entwicklung
Einer der vielen von den Númenorern in Mittelerde unterhaltenen Häfen war Pelargir, das später zu Gondor gehörte. Indem viele Elemente der einheimischen Sprachen aufgenommen worden waren, hatte sich dort ein starker adûnaischer Dialekt gebildet. Dies war schon ein frühes Westron, das aber später noch von den Númenorern, die im Gefolge von Elendil und seinen Söhnen kamen, um viele elbische Elemente erweitert wurde. Die Sprache breitete sich zuerst entlang der Küsten und später mit der Expansion Gondors und Arnors sehr weit aus, so dass sie zur Gemeinsprache werden konnte.
Sprache der Rohirrim
Die Sprache des Volkes von Rohan, der Rohirrim, war noch mit dem Adûnaischen und damit auch mit dem Westron verwandt, da das Volk der Edain mit dem der Rohirrim verwandt gewesen war. Tolkien gab diese Sprache mit dem Altenglischen wieder, damit die Verwandtschaft mit dem Westron (das als Englisch wiedergegeben wird) erkennbar ist.
Andere Sprachen
Khuzdul (Zwergisch)
Khuzdul ist die fiktionale Sprache der Zwerge, die in der Runenschrift Angerthas geschrieben wird. Sie scheint – den semitischen Sprachen ähnlich – um aus drei Konsonanten bestehenden Wortwurzeln herum aufgebaut zu sein: kh-z-d, b-n-d, z-g-l. Viel ist nicht über diese Sprache bekannt, da die Zwerge sie für sich behielten, mit Ausnahme ihres Schlachtrufs Baruk Khazâd! Khazâd ai-mênu!, was soviel wie „Äxte der Zwerge! Zwerge auf euch!“ bedeutet.[4]
Unter den Sprachen von Mittelerde ist Khuzdul insofern einzigartig, als es in einen eigenständigen Sprachstamm gehört und mit den Elbensprachen nicht verwandt ist. Dennoch finden sich etliche Ähnlichkeiten zwischen Khuzdul und den ursprünglichen Sprachen der Menschen, wie zum Beispiel Taliska, der Sprache des ersten und des dritten Hauses der Edain, was dem Umstand zu verdanken ist, dass sie in den frühen Tagen Mittelerdes, noch bevor die Menschen über die Gebirge nach Beleriand zogen, Kontakt zu den Zwergen der Blauen Berge und weiter im Osten unterhielten. Taliska ging somit dem Adûnaischen, der Sprache der Númenorer, und der direkt abstammenden Gemeinsprache Westron voraus.
Die Zwergensprache klingt dem Hebräischen sehr ähnlich. Tatsächlich hat Tolkien ein paar Ähnlichkeiten zwischen Zwergen und Juden angemerkt: beide waren „zugleich einheimisch und fremd in ihrem Lebensraum, sprechen zwar die Sprachen des jeweiligen Landes, aber mit Akzent, da sie ihre eigene Sprache pflegen“. [5] Die Wahl fiel weiter auf das Hebräische als Basis für Khuzdul, da es den europäischen Sprachen unähnlich und fremd genug ist, westlichen Ohren aufzuzeigen, wie andersartig die Zwergensprache im Vergleich mit den Elbensprachen ist.
Im Silmarillion wird festgehalten, dass die Zwerge ihre Sprache von Aulë, deren Erschaffer, lernten, und dass jener das Khuzdul erdacht hatte, was impliziert, dass Khuzdul technisch, in Wirklichkeit und Fiktion, eine konstruierte Sprache darstellt.
Für die Filmtrilogie Der Herr der Ringe verwendete der Linguist David Salo das wenige, das über das Khuzdul bekannt war, um eine für die Verfilmung ausreichende Sprache zu erschaffen. Es scheint sich dafür im Kreise von Tolkienfans die Bezeichnung Neo-Khuzdul einzubürgern.
Entisch
Nachdem sie von den Elben sprechen gelernt hatten, erfanden die Ents auch eine eigene Sprache. Diese ist wie die Ents selbst sehr langsam und klangvoll mit ständigen Wortwiederholungen und kann von keinem anderen Volk als den Ents gelernt werden, da sie sehr kompliziert und zeitaufwendig ist. a-lalla-lalla-rumba-kamanda-lindor-burúme ist wohl der einzige Versuch, einen Teil eines entischen Satzes aufzuschreiben.[6] Baumbart, der älteste Ent, sagt in Die zwei Türme, dass das Entische in der Regel nicht nur eine Beschreibung, sondern auch die Geschichte eines Gegenstandes oder Wesens erzählt und die Wörter deshalb so lang seien.
Schwarze Sprache
Fiktive Sprachgeschichte
Als Sauron zum ersten Mal an der Macht war, erfand er für alle seine Untertanen die Schwarze Sprache. Doch Sauron wurde besiegt und die Sprache geriet auch unter den Orks in Vergessenheit, obwohl sich noch viele orkische Wörter aus ihr ableiteten. Als Sauron wiederum an die Macht kam, wurde sie erneut die Sprache von Mordor.
Sprachmaterial und Merkmale
Anders als im Falle der Elbensprachen existieren von der Schwarzen Sprache nur wenige Fragmente. Das bekannteste und vollständigste ist die Inschrift des Einen Rings.
- Ash nazg durbatulûk, ash nazg gimbatul,
- ash nazg thrakatulûk, agh burzum-ishi krimpatul.
In der Übertragung von Ebba-Margareta von Freymann:
- Ein Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden,
- Ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.
Als wörtliche Übersetzung wurde vorgeschlagen:
- Ein Ring zu-knechten-sie-alle, ein Ring zu-finden-sie,
- Ein Ring zu-bringen-sie-alle, und Dunkelheit-in ewig zu-binden-sie.
Weitere Sprachzeugnisse stellen Orts- und Personennamen dar, wie etwa Lugbúrz, die Bezeichnung des Dunklen Turms in der Schwarzen Sprache.
Trotz des äußerst begrenzten Sprachmaterials lassen sich einige plausible Aussagen zu Grundzügen der Schwarzen Sprache treffen. So folgt sie dem Prinzip des agglutinierenden Sprachbaus, wodurch sie sich fundamental von den Elbensprachen unterscheidet, die auf dem flektierenden Sprachbau basieren. Grundeinheiten der schwarzen Sprache sind fast ausschließlich einsilbige Wortstämme,[7] wie durb, nazg, gimb, burz. Diese werden durch einen oder mehrere Suffixe in ihrer Bedeutung modifiziert. Im Falle von durb-at-ul-ûk etwa sind es drei Suffixe, -at kennzeichnet Absicht („um zu“), -ul kennzeichnet das Objekt der Handlung („sie“) und -ûk kennzeichnet Vollständigkeit bzw. Vollendung einer Handlung. Besonders der Umstand, dass das Objekt der transitiven Handlung durch einen Verbalsuffix ausgedrückt wird, hat zu der Spekulation Anlass gegeben, Tolkien hätte sich von der Hurritischen Sprache inspirieren lassen. Dagegen wurde eingewandt, dass es sich möglicherweise nicht um echte Suffixe handelt, sondern um eigenständige Worte, die lediglich zusammengeschrieben wurden. Zusätzlich weist die Lexik auffällige Ähnlichkeiten zur Hurritischen Sprache auf.
Neben der Suffigierung erscheint die Bildung von Komposita aus zwei Wortstämmen als häufigste Methode der Wortbildung: Lug-burz (wörtlich: Turm-dunkel), Bezeichnung von Barad-dûr in der Schwarzen Sprache.
Auffälliges Merkmal der Sprache ist auch das Fehlen von Artikeln sowie einer grammatikalischen Kennzeichnung des Numerus mittels Suffixen. So tritt nazgûl stehts in derselben Form auf, unabhängig ob von einem oder mehreren Ringgeistern die Rede ist.[8][9]
Orkisch
Fiktive Sprachgeschichte
Nachdem die Orks von Melkor, dem ersten bösen Herrscher, aus den Elben erschaffen worden waren, schnappten sie Wörter aus verschiedenen Sprachen auf und verunstalteten sie so, dass aus ihnen die Orkische Sprache wurde. Diese war aber so primitiv, dass sie außer zum Schimpfen und Beleidigen nicht viel nutzte.
Unter den vielen orkischen Stämmen entstanden bald so viele verschiedene Dialekte, dass die Orks sich nicht mehr mit anderen Stämmen verständigen konnten. Aus diesen Gründen erlernten viele Orks Westron, und bei einigen Stämmen wurde es zur Muttersprache. Orkisch war also am Ende des Dritten Zeitalters (also im Herrn der Ringe) eine aussterbende Sprache. [10]
Sprachmaterial und Merkmale
Der einzige vollständige Satz im Werk Tolkiens ist ein Fluch des Ork-Hauptmanns Grishnakh gegen seinen in Sarumans Diensten stehenden Konkurrenten Uglúk:
„Uglúk u bagronk sha pushdug Saruman-glob búbhosh skai“
Tolkien selbst gibt zwei Übersetzungsvarianten, deren eine lautet:
„Uglúk in die Jauchegrube, sha! der Mist-Dreck; der große Saruman-Idiot, skai![8]“
Die zweite lautet:
„Uglúk in die Mistgrube mit dem stinkenden Saruman-Dreck, Schweinegedärm, gah![9]“
Weiteres Sprachmaterial sind wenige Personennamen, wie etwa das in einer Fußnote genannte Wort Sharkû, das „Alter Mann“ bedeuten soll.
Linguistische Arbeiten haben die Schwarze Sprache und die Orksprache zumeist als eine Sprache aufgefasst, sodass das, was im Abschnitt über die Schwarze Sprache gesagt wird, auch auf das Idiom der Orks zutrifft.
Schriften
Cirth
Die Cirth ähneln den germanischen Runen.
Sie wurden von den Sindar von Doriath im Ersten Zeitalter entwickelt. Ebenso wie die Runen waren sie für Inschriften in Holz, Stein oder Metall gedacht.
Die ältesten Zeichen bestehen aus einem „Stamm“ und einem „Zweig“. Die Zweige werden an den Stamm angesetzt. Wenn es nur an einer Seite des Stamms Zweige gab, dann meistens an der rechten. Es kam aber auch nicht selten vor, dass der Zweig auf der anderen Seite angebracht wurde. Dies hatte aber keine phonetische Bedeutung.
Daeron, der Spielmann und Gelehrte König Thingols von Doriath, fasste die Buchstaben vermutlich unter Eindruck der Tengwar zusammen und ordnete sie in Reihen, die Angerthas genannt wurden. Die Grundzeichen bestehen aus einem Stamm und einem rechts angesetzten Zweig. Sie stehen für stimmlose Laute. Wird auf dieser Seite ein weiterer Zweig angesetzt, steht die Rune für den entsprechenden stimmhaften Konsonanten. Umkehrung des Cirth nach links bedeutet Öffnung zu einem Reibelaut. Trägt der Stamm den Zweig auf beiden Seiten, so steht dieses Zeichen für den stimmhaften Nasal. In dieser Form wurde die Cirth von den Sindar in Beleriand verwendet.
Später fügten die Noldor von Eregion dem Runenalphabet einige neue Zeichen hinzu, um Laute darzustellen, die in der Sprache der Grauelben nicht vorkamen. Das Ergebnis dieser Neuordnung wurde Angerthas Daeron genannt.
Als die Zwerge in Eregion dieses Alphabet kennenlernten, übernahmen sie es und entwickelten es weiter, um es an ihre Sprache Khuzdul anzupassen. Sie brachten dieses System nach Moria, weshalb es auch Angerthas Moria genannt wurde. Die Zwerge verbreiteten die Runen weiter und entwickelten sogar eine Form, die für das Schreiben mit der Feder geeignet war.
Bei den Zwergen vom Erebor war eine weitere Abwandlung der Cirth in Gebrauch.
Zahlen
Das Zahlensystem der Tengwar ist überliefert. Dagegen sind von den Angerthas nur die Zahlen 1 und 3 bis 6 bekannt. Diese tauchen im Buch von Mazarbul auf.
Tengwar

Die Tengwar können wie ein Alphabet im engeren Sinne verwendet werden, aber auch eine Verwendung als Konsonantenschrift ist möglich. In ihrem regelhaften Aufbau ähneln sie der koreanischen Hangeul-Schrift, in ihrer Form ähneln sie hingegen den insularen Minuskelschriften.
In Tolkiens Werken sind sie von Feanor auf der Grundlage von Rúmils Sarati erfunden worden. Eine Reihe von Sprachen aus Tolkiens Welt wird mit ihnen geschrieben, darunter Quenya und Sindarin. J. R. R. Tolkien hat sie jedoch meistens für die Wiedergabe von Englisch verwendet.
Das Wort tengwar bedeutet „Buchstaben“ oder „Zeichen“ (plural) in Tolkiens fiktiver Sprache Quenya.
Schreibweise
Modi
Um eine spezifische Sprache mit den Tengwar zu schreiben braucht es - genau wie bei jeder anderen Schrift - eine spezifische Orthographie, die von der Phonologie der jeweiligen Sprache abhängt. Im Falle der Tengwar heißen solche Orthographien üblicherweise Modi.
In einigen Modi, den Tehtar-Modi, werden die Vokale mit Diakritika (Tehtar genannt) wiedergegeben; in anderen Modi hingegen, den Vollschrift-Modi, mit normalen Buchstaben. In einigen Modi stehen die ersten vier Buchstaben für / /, / /, / / und / /, in anderen hingegen für / /, / /, / / und / /. Einige Modi orientieren sich eher an der Aussprache, andere hingegen eher an der traditionellen Orthographie.
Seit der Veröffentlichung der ersten offiziellen Beschreibung der Tengwar im Herrn der Ringe sind von anderen Leuten zahlreiche Tengwar-Modi geschaffen worden für Sprachen wie Spanisch, Deutsch, Esperanto oder Lojban.
Zeichen
Die charakteristischste Eigenart der Tengwar ist die gegenseitige Entsprechung von Merkmalen der Form einerseits und Merkmalen der widergegebenen Laute andererseits.
Die Primärbuchstaben bestehen aus einer Kombination zweier verschiedener Formen: aus einem Stamm (normal, angehoben oder gekürzt) und einem Bogen (links oder rechts vom Stamm, einfach oder verdoppelt, offen oder geschlossen).
Die Primärbuchstaben sind in vier Spalten angeordnet, die den wichtigsten Artikulationsorten entsprechen, und in sechs Zeilen, die den wichtigsten Artikulationsarten entsprechen. Beide variieren je nach Modus.
Die ersten vier Buchstaben, d.h., die obersten aus jeder Spalte, bestehen aus einem normalem (d. h. nach unten verlängertem) Stamm und aus einem einfachen Bogen. Sie bezeichnen den stimmlosen Verschlusslaut der jeweiligen Spalte. Im klassischen Quenya-Modus sind es t, p, c, qu. Daher heißen die vier Spalten tincotéma, parmatéma, calmatéma und quessetéma (téma heißt „Spalte/Reihe“ auf Quenya).
In den Spalten des „general-use“-Modus bestehen die folgenden Entsprechungen zwischen Form- und Lautmerkmalen:
- Eine Verdoppelung des Bogens bildet einen stimmhaften Laut.
- Eine Anhebung des Stamms (d. h. Verlängerung nach oben) bildet einen Frikativ.
- Eine Verkürzung des Stamms bildet einen Nasal. Tengwar mit verkürztem Stamm und einfachem Bogen stehen allerdings in den meisten Modi nicht für stimmlose Nasale, sondern für Approximanten.

Hier als ein Beispiel die parmatéma (diejenigen Zeichen mit geschlossenem Bogen rechts) im „general use“:
- Der Buchstabe mit einfachem Bogen und normalem (d. h. nach unten verlängertem) Stamm steht für [ ].
- Mit verdoppeltem Bogen steht er für [ ].
- Mit angehobenem (d. h. nach oben verlängertem) Stamm für [ ].
- Mit angehobenem Stamm und verdoppeltem Bogen für [ ] (deutsches w).
- Mit verkürztem Stamm und verdoppeltem Bogen für [ ].
- Mit verkürztem Stamm und einfachem Bogen für [ ] (konsonantisches u wie in Bauer).
Im klassischen Quenya-Modus werden einige Zeilen anders belegt:
- Der Buchstabe mit normalem Stamm und verdoppeltem Bogen steht für [ ].
- Mit angehobenem Stamm und verdoppeltem Bogen für [ ].
Zusätzlich können Buchstaben mit erweitertem (d. h. nach unten und oben verlängertem) Stamm auftreten. Außerdem gibt es neben den Primärbuchstaben solche, die keine regelhaften Formen haben. Sie bezeichnen z.B. die Laute /
/, / / und / /. Der Gebrauch der zusätzlichen Buchstaben variiert stark von Modus zu Modus.Werden tehtar (s.o.) für die Wiedergabe von Vokalen verwendet, so stehen diese bei Sprachen, in denen die Wörter überwiegend auf Vokale enden (wie z.B. Quenya), über dem vorhergehenden Konsonantenbuchstaben, bei Sprachen, in denen die Wörter überwiegend auf Konsonanten enden (wie z.B. Sindarin und Deutsch) jedoch über dem nachfolgenden. Hierbei wird a meist dargestellt durch drei Punkte bzw. einen Zirkumflex, e durch einen Akut, i durch einen Punkt, o durch einen nach rechts offenen und u durch einen nach links offenen Kringel.
Unicode
Es ist ein offizieller Vorschlag zur Aufnahme der Tengwar in den Unicode-Standard gemacht worden.
Quellen
Weblinks
Für detaillierte Informationen über J.R.R. Tolkien und seine fiktive Welt Mittelerde siehe: Ardapedia – Die offene Tolkien-Enzyklopädie
- Thror.de – Runen in den Werken von J.R.R. Tolkien
- mazarbul.de – Runen, Tengwar, fremde Zeichen
- Ardalambion (Englisch) beschäftigt sich mit allen Sprachschöpfungen Tolkiens
- Deutsche Seite, die sich umfassend mit dem Thema Quenya beschäftigt (enthält u.a. einen Quenyakurs zum Selbststudium und eine Deutsch-Quenya-Wortliste)
- Sindarin.de – mit Wortliste und Grammatik
- DQL Deutsches Quenya Lexikon – mit Wörterbuch und Grammatik
- Kleines Lexikon der Elbensprache
- Runen-Generator für Cirth und Tengwar
- Detaillierte Seite über Tengwar von Gernot Katzer
- Sindarin-Wortliste und Grammatik
Anmerkungen
- ↑ http://www.sil.org/iso639-3/documentation.asp?id=qya
- ↑ http://www.sil.org/iso639-3/documentation.asp?id=sjn
- ↑ J. R. R. Tolkien: Lowdham's Report, in Christopher Tolkien (Hrsg.): Sauron Defeated (The History of Middle-Earth, Bd. 9).
- ↑ J.R.R. Tolkien: Der Herr der Ringe. Anhänge und Register. Anhang F, I: Die Sprachen und Völker des Dritten Zeitalters. Darin: Zwerge, S. 141.
- ↑ J. R. R. Tolkien: Briefe
- ↑ HdR Anhänge; F; Von den Ents
- ↑ Die einzige Ausnahme ist das Wort ishi, das sich im Kontext der Ringinschrift nicht sinnvoll in sinntragende Silben zerlegen lässt.
- ↑ a b Orkish and the Black Speech - base language for base purposes.
- ↑ a b H.K. Fauskanger: A Second Opinion on the Black Speech.
- ↑ HdR Anhänge, F: Orks und die dunkle Sprache.