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Biophoton

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In der Biophysik sind Biophotonen spezielle Lichtquanten, die als ein Teil einer von lebenden Systemen ausgehenden schwachen elektromagnetischen Strahlung aufgefaßt werden. Die physiologische Bedeutung dieses Phänomens ist wissenschaftlich umstritten.

Geschichte

In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts schlug der russische Biologe Alexander Gurwitsch nach Experimenten mit keimenden Zwiebeln vor, daß lebende Zellen eine sehr schwache Lichtstrahlung abgeben. Er nannte sie "mitogenetische Strahlung", und zwar aufgrund seiner Vermutung, dass diese Strahlung die Zellteilung (Mitose) auslösen könne. Nur eine Stimme fehlte Gurwitsch, der sich auch einen Namen in der Embryologie gemacht hatte, zum Nobelpreis. Wegen der aufkommenden Biochemie, die das Zellwachstum durch Hormone gesteuert sah (sieht), wurde die "mitogenetische Strahlung" in der Folge vergessen.

Verschiedene experimentelle Hinweise auf eine "ultraschwache Photonenemission (UPE)" von biologischen Systemen blieben in der Folgezeit weitgehend unbeachtet. Sie ließen zum größten Teil kaum noch Zusammenhänge zur ursprünglichen Entdeckung Gurwitschs erkennen. Die Quelle dieser "dark luminescence" wurde, soweit man die Existenz überhaupt anerkannte, auf spontane "imperfections" des Zellstoffwechsels (Oxidations- und Radikalreaktionen) zurückgeführt. Eine biologische Bedeutung wurde bezweifelt.

In den 1970er Jahren wiesen mehrere Wissenschaftler, zunächst Metcalf und Quickenden [1], erneut Photonenstrahlung aus biologischem Gewebe nach. Kurze Zeit später publizierten auch andere, unter anderem der deutsche Physiker Fritz-Albert Popp an der Universität Marburg, die Existenz einer Photonenstrahlung. Popp fand Wellenlängen zwischen 200 und 800 nm mit kontinuierlichem Spektrum, sowie Intensitäten von wenigen bis einigen hundert Quanten pro Sekunde und pro Quadratzentimeter Oberfläche, von allen untersuchten lebenden biologischen Objekte. Popp schlug ferner vor, dass diese Strahlung, wie bei Laserlicht, kohärent sei. Zu dieser letzten Hypothese liegen allerdings bislang lediglich theoretische, nicht aber experimentelle, Studien in anerkannten wissenschaftlichen Zeitschriften vor.

Interpretation

Alle Objekte, ob biologisch oder nicht, geben infrarote Strahlung (Schwarzkörperstrahlung) ab. Diese wurde bei den Messungen der Photonenstrahlung berücksichtigt und "herausgerechnet". Auch klassische Biolumineszenz, die um Einiges intensiver als die gemessene Photonenstrahlung ist, scheidet als Erklärung aus. Die Art der Photonenstrahlung wird offenbar vom Zustand des Stoffwechsels einer Zelle mitbestimmt. Ob die Photonenstrahlung jedoch ein zufälliges Nebenprodukt des Stoffwechsels ist, oder ob sie einen bestimmten Zweck erfüllt, ist nach wie vor umstritten.

Neben den physikalischen Eigenschaften der Strahlung wurden von Popp Zusammenhänge zwischen ihr und dem Zellwachstum, sowie Regulations- und Kommunikationsvorgängen vorgeschlagen. In Anlehnung an den Begriff "Biolumineszenz" gab Popp dieser Strahlung wegen ihres Quantencharakters den Namen "Biophotonenstrahlung", der inzwischen von einer Reihe weiterer Gruppen in anderen europäischen und asiatischen Ländern übernommen wurde.

Zusammen mit einer Gruppe von Wissenschaftlern, unter anderem aus ausländischen staatlichen Universitäten und Forschungsinstituten, erforschten und erforschen Popp und Kollegen im internationalen Institut für Biophysik (IIB) bei Neuss nicht nur die Eigenschaften der Strahlung, sondern gehen unter Einschluss der Anregung mit weißem und farbigem Licht, so auch mit Lasern ("verzögerte Lumineszenz", "delayed luminescence") verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten nach. Unter diesen Wissenschaftlern befindet sich Lev Beloussov, ein Enkel Alexander Gurwitschs, der an der Moskauer Staatsuniversität einen Lehrstuhl für Embryologie hat.

Die Gruppe von Popp arbeitet an Verfahren für die Anwendung ihrer Lehre in der Qualitätsanalyse von Lebensmitteln, bei der Beobachtung von Umwelteinflüssen, in der Bio-Indikation, in der Analyse von Unterschieden in Geweben (zum Beispiel zwischen gesunden und Tumorgeweben), in den Bemühungen um ein tieferes Verständnis von Krankheiten. Die Gruppe versteht ihre Tätigkeit als ganzheitlichen Ansatz zur Erklärung biologischer Phänomene lebender Systeme, insbesondere der Kommunikations- und Regulationsvorgänge in Zellen und Zellpopulationen - wie Wachstum und Differenzierung, einschließlich physikalischer Fragen zum Verständnis des Bewußtseins.

Einige Interpretationen der Funktion und Wirkung von Biophotonen, z.B. im Zusammenhang mit alternativer Medizin ([2], [3]), erreichen oder überschreiten die Grenzen zur Para- oder Pseudowissenschaft, bzw. zum Kommerz.

Literatur

  • Marco Bischof: Biophotonen: Das Licht in unseren Zellen ISBN 3861500957
  • Fritz-Albert Popp: Die Botschaft der Nahrung. Unsere Lebensmittel in neuer Sicht ISBN 3596114594
  • Fritz-Albert Popp: Biologie des Lichts. Grundlagen der ultraschwachen Zellstrahlung ISBN 382632692X
  • L.Beloussov and F.A.Popp (eds.): Biophotonics. Proc.Int.Conf.Moscow State University 1994, Bioinform-Services, Russia 1995.
  • J.J.Chang, J.Fisch and F.A.Popp (eds.), Biophysics: Biophotonics. Kluwer Academic Publishers, Dordrecht-Boston-London 2003.
  • F.A.Popp and L.Beloussov (eds.): Integrative Biophysics: Biophotonics, Kluwer Academic Publishers, Dordrecht-Boston-London 2003.
  • X.Shen and R.van Wijk (eds.):Biophotons and Biophotonics. Springer, Berlin-New York, 2004.

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