Natürliches Monopol
Unter einem natürlichen Monopol versteht man in der Volkswirtschaftslehre eine Marktkonstellation, die entsteht, wenn ein einziges Wirtschaftssubjekt ein Gut zu niedrigeren Kosten produzieren kann als zwei oder mehr Wirtschaftssubjekte. Dieses ist genau dann der Fall, wenn über dem gesamten relevanten Outputbereich strikte Subadditivität in den Kosten besteht:
K(x) < K(x1) + K(x2) + ... + K (xn), wobei x die Menge ist, die ein einzelner Anbieter herstellt und x1+x2+...+xn = x die Mengen sind, die n Anbieter produzieren würden.
Ursachen
Ein natürliches Monopol entsteht insbesondere immer dann, wenn die Durchschnittskosten im relevanten Nachfragebereich streng monoton fallen. Dies ist überwiegend in Wirtschaftszweigen der Fall, in denen hohe Fixkosten, aber vergleichsweise geringe variable Kosten für die Produktion bzw. das Angebot eines Produktes oder einer Dienstleistung entstehen.
Die Produktion von Gütern erfolgt dabei unter positiven Skaleneffekten. Dadurch kann jede zusätzliche Einheit eines Gutes günstiger produziert (bereitgestellt) werden als die vorherige Einheit. Für Unternehmen in einem Markt mit steigenden Skalenerträgen besteht daher der Anreiz, über Preissenkungen den Absatz zu steigern und so Konkurrenten aus dem Markt zu drängen. Jedes Konkurrenzverhältnis in natürlichen Monopolen wird dadurch instabil.
Neben dem Kriterium der Subadditivität der Kosten wird die Sonderstellung des natürlichen Monopoles immer dann verschärft, wenn zusätzlich das Kriterium der Irreversibilität von Kosten bei potentiell neuen Marktanbietern gegeben ist. Irreversibilität liegt vor, wenn ein potentiell neuer Marktanbieter bei Marktaustritt den Wert seiner Aufwendungen bzw. Produktionsfaktoren unwiederbringlich abschreiben muss (sog. versunkene Kosten (sunk costs) aufgrund hoher Spezifität der Investitionen).
Liegt Subadditivität und zugleich Irreversibilität vor, kann ein natürlicher Monopolist durch den Einsatz von Marktmacht auch in der langen Frist seine potentiell wohlfahrtsschädigende Monopolstellung behaupten, wodurch staatliche Gegenmaßnahmen in Form einer Regulierung erwartet werden (sog. monopolistischer Flaschenhals). Liegt Irreversibilität hingegen nicht vor, reicht es zumeist aus, den Markteintritt für potentielle Neuanbieter frei zu halten, um damit eine Disziplinierung des Monopolisten zu erreichen (sog. hit-and-run-Konkurrenz).
Gegenmaßnahmen
Oft wird vom Staat erwartet, bei Marktversagen durch natürliche Monopole regulierend einzugreifen, wohingegen andere dieses Eingreifen als Gefahr für den Markt sehen. Für den Bereich der monoplistischen Flaschenhälse wird zumindest die Regulierungsbedürftigkeit des betreffenden Marktes nicht in Frage gestellt.
Staatliche Eingriffe können in Regulierungsauflagen (z. B. Preisregulierung), in einer gesetzliche Einschränkung der wirtschaftlichen Aktivitäten des Monopolisten oder in einer strukturelle Zerschlagung des monopolistischen Unternehmens liegen.
Manche natürlichen Monopole beseitigen sich jedoch mit der Zeit von selbst. Beispielsweise hat die Erfindung des Autos vormalige natürliche Monopole von Eisenbahnanbietern bedroht. Der technische Fortschritt sorgt also mitunter für eine Auflösung eines natürlichen Monopols. Man spricht in diesem Zusammenhang von Substitutionskonkurrenz.
Beispiele
Natürliche Monopole basieren in erster Linie auf leitungsbezogenen Versorgungsnetzen, wie z.B. Stromleitungen, Schienenwegen, Straßen, Flugplätzen oder Telekommunikationskabeln. Güter, die in ihrer Leistungserbringung auf eine entsprechende Infrastruktur angewiesen sind (Strom, Gas, Wasser, Telekommunikation, Postdienste, Verkehr) müssen somit als relevant eingestuft werden. Zumeist empfiehlt es sich dabei, im Rahmen der jeweiligen Wertschöpfungskette eine Isolierung sensibler Leistungsbereiche vorzunehmen, um eine passgenaue Regulierung von Marktmacht zu ermöglichen.
Bei der Stromversorgung beispielsweise ist so ausschließlich die Durchleitung von Strom eine mit steigenden Skalenerträgen verbundene Aktivität: Für die Produktion der doppelten Energiemenge ist zumeist die doppelte Anzahl von Kraftwerken notwendig. Für die Durchleitung hingegen kann die bestehende Infrastruktur (Strommasten, Umspannwerke etc.) relativ kostengünstig auf die doppelte Kapazität erweitert werden. Ein Anbieter mit zwei Leitungen an einem Strommast kann das Produkt günstiger anbieten, als es zwei Anbieter mit je einer Leitung pro Strommast könnten. Daher ergibt sich als Ausnahmebereiche ausschließlich der Netzbetrieb zur Durchleitung und Verteilung von Strom, der im Rahmen des so genannten Unbundling (Entflechtung) rechtlich und operationell von den übrigen Wertschöpfungsstufen (Erzeugung, Handel und Vertrieb) zu trennen ist.
Natürliche Monopole in der Internetökonomie
Mit der ökonomischen Erschließung des Internet hat die Bedeutung natürlicher Monopole zugenommen. Erstens sind Beschaffung, Produktion und Distribution digitalisierbarer Güter – zum Beispiel Anwendersoftware oder elektronische Dienstleistungen – mit hohen Fixkosten und geringen variablen Kosten verbunden, so dass dominierende Anbieter mit steigendem Absatz Skaleneffekte und damit höhere Gewinne realisieren können. Zweitens wächst der Nutzen von Netzwerkgütern und Netzwerkdienstleistungen mit der Anzahl der Akteure auf Anbieter- und Nachfragerseite, so dass positive Netzwerkeffekte entstehen. Je mehr Nutzer beispielsweise über die E-Mail-Infrastruktur erreichbar sind, desto höher ist der Gesamtnutzern dieser Infrastruktur, was kontinuierlich weitere Nutzer anzieht. Auf der Anbieterseite kommt es zu positiven Netzwerkeffekten, wenn ein etabliertes System die Produktion weiterer Varianten und Komponenten stimuliert – beispielsweise Plugins für einen etablierten Browser.
Natürliche Monopole entstehen nun, wenn es zu positiven Rückkopplungsschleifen zwischen Skaleneffekten und positiven Netzwerkeffekten kommt: Durch die immer günstigere Kostenstruktur des dominierenden Anbieters entstehen Spielräume für Preissenkungen, die weitere Nutzer anziehen, dadurch den Gesamtnutzen des Systems erhöhen, was dem Anbieter weitere Skaleneffekte beschert usw.
Beispiele aus der Internetökonomie für natürliche (Quasi-) Monopole sind der Marktplatz Ebay, neben dem in einigen Ländern nur noch kleinere hochspezialisierte Auktionsanbieter bestehen können, die Ablösung der zahlreichen B2B-Marktplätze der „New Economy“ durch einige wenige dominierende Marktplätze oder die Software von Microsoft, die weltweit auf den meisten Rechnern installiert ist und daher einen relativ einfachen Austausch von Dokumenten ermöglicht. Eine interessante Frage der näheren Zukunft ist, ob sich der Firefox-Browser aufgrund positiver Netzwerkeffekte (immer mehr Nutzer, immer mehr nützliche Plugins) gegen den bislang übermächtigen Internet-Explorer wird durchsetzen können.
Ausblick
Seit den 90er Jahren wird im Zuge einer weltweiten Deregulierungsinitiative der Versuch unternommen, den Zugang zu den natürliche Monopole zumindest teilweise freizugeben. Die grundlegende Regulierung verlagerte sich dabei auf die Vorgabe eines diskriminierungsfreien Netzzuganges für neue Anbieter, um das Kriterium der Irreversibilität abzuschwächen respektive zu überwinden. Ist dies im Bereich von Post und Telekommunikation (begünstigt durch den technischen Fortschritt) auch mittlerweile weitgehend gelungen, werden die Bereiche Schienenverkehr sowie Gas-/Elektrizitätsnetze auch langfristig schwierige Regulierungsgegenstände bleiben.