Hermine Braunsteiner-Ryan
Hermine Braunsteiner-Ryan (* 16. Juli 1919 in Wien; † 19. April 1999 in Bochum) war zur Zeit des Nationalsozialismus Aufseherin in den Konzentrationslagern Ravensbrück und Majdanek.
Sie wurde 1981 im Majdanek-Prozess zu einmal lebenslanger Haft verurteilt.
Arbeit in den KZ
Hermine Braunsteiner wurde 1919 als Tochter eines Metzgers in Wien geboren. Sie genoss eine unpolitische und streng katholische Erziehung. Während ihrer Arbeit in einer Munitionsfabrik Ende der 30er Jahre wohnte sie bei einem Beamten, der sie vom Nationalsozialismus überzeugte. 1939 bewarb sie sich aufgrund besserer Bezahlung und Arbeitsbedingungen im KZ Ravensbrück als Aufseherin. Ihre eifrige Pflichterfüllung ermöglichte Hermine Braunsteiner einen schnellen Aufstieg in der Aufseher-Hierarchie. 1941 wurde sie Leiterin der Kleiderkammer in Ravensbrück.
1942 wurde Braunsteiner in das KZ Majdanek in Polen versetzt. Dort setzte sich ihre Karriere fort. Ein Jahr später wurde sie Rapportführerin und kurz darauf Stellvertreterin der Oberaufseherin. Unter den Insassen galt Braunsteiner als grausamste und brutalste Aufseherin und wurde von ihnen "Die Stute" genannt, da sie Häftlinge mit ihren eisenbeschlagenen Stiefeln trat. Sie fiel besonders durch ihre grausame Behandlung von Kindern auf, die in Majdanek als "nutzlose Esser" galten. Braunsteiner bestrafte die Kinder durch Schläge und Peitschenhiebe, wenn sie sich zu hastig auf den Essenskübel stürzten oder ihre Häftlingsnummer nicht richtig angenäht hatten. 1943 erhielt Braunsteiner das Kriegsverdienstkreuz zweiter Klasse. 1945 wurde Braunsteiner Leiterin des Nebenlagers Genthin im KZ Ravensbrück und Oberaufseherin. Nach Auflösung des Lagers 1945 floh sie vor den sowjetischen Truppen zurück nach Wien.
Leben nach Kriegsende und Entdeckung
1946 wurde Hermine Braunsteiner durch die österreichische Polizei verhaftet und an die Alliierten ausgeliefert. Sie verbrachte zwei Jahre in Internierungs- und Kriegsgefangenenlagern. 1949 wurde sie vom "Landgericht für Strafsachen in Wien als Volksgericht" für ihre Taten in Ravensbrück zu drei Jahren schwerem, verschärftem Kerker verurteilt, jedoch schon im Frühjahr 1950 wieder freigelassen. Acht Jahre später wanderte sie mit dem US-Soldaten Russel Ryan nach Kanada aus, heiratete ihn und zog daraufhin mit ihm zusammen in die USA in den New Yorker Stadtteil Queens. Weder ihrem Mann noch den amerikanischen Behörden erzählte sie von ihrer Arbeit in den Konzentrationslagern. 1963 erhielt Hermine Braunsteiner-Ryan die amerikanische Staatsbürgerschaft. Ein Jahr später wurde sie jedoch von dem berühmten "Nazi-Jäger" Simon Wiesenthal aufgespürt. Große Presseberichte und ein Ausbürgerungsverfahren folgten. 1971 verzichtete Braunsteiner-Ryan rückwirkend auf die US-Staatsbürgerschaft und war somit staatenlos. 1973 wurde sie in den USA verhaftet und der Bundesrepublik Deutschland ausgeliefert.
Der Majdanek-Prozess
1975 wurde Braunsteiner-Ryan im Majdanek-Prozess zusammen mit acht anderen Mitarbeitern des Lagers angeklagt. Die Vorwürfe gegen Ryan lauteten "Gemeinschaftlicher Mord in 1.181 Fällen und Beihilfe zum Mord in 705 Fällen". Hermine Braunsteiner-Ryan zeigte vor Gericht keine Regung oder gar Reue. Sie war die meiste Zeit sehr schweigsam und wenn sie etwas sagte, bestritt sie die Vorfälle. Später nannte sie als Grund für ihr Handeln ihren Mangel an Lebenserfahrung und bezeichnete sich als "kleines Rad im Getriebe". Über ihre Zeit im Lager berichtete sie: "... der ganze Eindruck und die ganze Atmosphäre im Lager haben mich seelisch sehr belastet, ich meine als Frau". Während der Verhandlung erlitt Braunsteiner-Ryan zweimal einen Zusammenbruch. Das Gericht verurteilte Hermine Braunsteiner-Ryan 1981 zu zweimal lebenslänglicher Haft. Wegen Beweismangels konnte sie jedoch nur in drei von neun Anklagepunkten verurteilt werden: Selektion mit Mord an 80 Menschen, Beihilfe zum Mord an 102 Menschen ("Kinderaktion") und Selektion mit gemeinschaftlichem Mord an 1.000 Menschen. 1996 wurde sie im Alter von 77 Jahren wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes durch Johannes Rau, den damaligen Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, begnadigt. Sie starb am 19.April 1999 in Bochum.
Weblinks
- Biografie im Lebendigen virtuellen Museum Online (LeMO)
- "A Nazi Past, a Queens Home Life, an Overlooked Death" (NY Times 2.12.2005)
Personendaten | |
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NAME | Braunsteiner-Ryan, Hermine |
KURZBESCHREIBUNG | Aufseherin in den Konzentrationslagern Ravensbrück und Majdanek |
GEBURTSDATUM | 16. Juli 1919 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 19. April 1999 |
STERBEORT | Bochum |