Wissen
Dieser Artikel beleuchtet den Begriff Wissen aus verschiedenen, übergeordneten Perspektiven. Für gleich bezeichnete Orte siehe Wissen (Begriffsklärung)
Wissen (ahd. wischan, gesehen haben) bezeichnet die Gesamtheit aller organisierten Informationen mitsamt ihrer wechselseitigen Zusammenhänge, auf deren Grundlage ein (vernunftbegabtes) System handeln kann. Das Wissen erlaubt es einem solchen System - vor seinem Wissenshorizont und mit der Zielstellung der Selbsterhaltung - sinnvoll und bewusst auf Reize zu reagieren. Die Epistemologie, die den griechischen Wortstamm für Wissen (episteme) im Namen trägt, ist die Lehre von der Erkenntnis. Erkenntnis folgt erst dann aus Wissen, wenn erkannt wird, welche Relevanz die Einzelinformationen für die Lösung eines gegebenen Problems besitzen. Wissen kann man demnach also als potentielle Nutzinformation definieren.
Ein Mangel an Wissen wird als Ungewissheit (bewusst) bzw. Unkenntnis (unbewusst) bezeichnet.
Das Wissen erfordert eine aussagekräftige Erklärung bzw. Begründung. Grundlegendes Kriterium ist das der Überprüfbarkeit bzw. Nachvollziehbarkeit. Als weiterer Maßstab gilt die Übereinstimmung des Wissens mit der wahrnehmbaren Realität.,
Anmerkung: Für den Begriff des Wissens findet sich im wissenschaftlichen Diskurs keine präzise und übergreifende anerkannte Definition, sondern zahlreiche, häufig ähnlich klingende, Definitionen, die jeweils abhängig vom Standpunkt des Definierenden formuliert wird (sh. unten). Als eine Art kleinster gemeinsamer Nenner lassen sich drei Aussagen formulieren:
- Dem Wissen liegen Informationen zugrunde.
- Diese Informationen müssen derart aufeinander bezogen sein, dass sie stimmig ist. (coherence)
- Neben der inneren Übereinstimmung muss sich Wissen muss sich in Übereinstimmung mit den wahrnehmbaren Bedinungen einer Umwelt befinden.
Übersicht
Wissen steht seit der griechischen Philosophie im Gegensatz zur Meinung. Demnach impliziert Wissen Wahrheit und kann durch keine Argumentation widerlegt werden, während eine Meinung zwar wahr sein kann, aber diskutabel ist.
Reale und imaginäre Objekte, Systeme und Prozesse können gegeneinander abgegrenzt und daher beschrieben und definiert werden. Wissen hingegen ist ein selbstbezüglicher Begriff für eine Gesamtheit und nicht überschaubar. Die Selbstbezüglichkeit zeigt sich in der Tatsache, dass eine Definition des Begriffs Wissen das Wissen selber verändert, weil die Definition ebenfalls Bestandteil des Wissens ist. Es kann daher nur eine Beschreibung der Wirkung von Wissen erfolgen.
Während es auf den ersten Blick klar zu sein scheint, was Wissen bedeutet, ist es sehr schwer, eine allgemeingültige Definition dafür anzugeben. Für jede bekannte Definition gibt es Fälle, in denen sie offensichtlich nicht das wiedergibt, was wir unter Wissen verstehen. Dieses Problem nennt man das Gettier-Problem.
Formen des Wissens
Deklaratives Wissen (Was)
Folgende Formen des Wissens können unterscheiden werden:
- Wissen über Fakten: Zu den Fakten gehören numerische Fakten wie "das Planck'sche Wirkungsquantum ist h = 6,6261 · 10-34 Js " oder Propositionen wie "Der Wolf ist ein Raubtier".
- Wissen über Konzepte und Konzepteigenschaften: Konzepte werden durch ihren Konzeptnamen, ihre Extension und ihre Intension definiert. Extension ist die Menge aller Objekte, die zu dem Konzept gehört, die Intension ist die Menge der Merkmale, die ein Objekt besitzen muss, um zum Konzept zu gehören. Man unterscheidet zwischen Individualkonzepten, die als Extension eine einelementige Menge besitzen, und Massenkonzepte wie Flüssigkeiten oder Schüttgut, die keine stückweise abzählbare Extension besitzen.
- Wissen über semantische Beziehungen: Semantische Beziehungen sind Aussagen zu zwei oder mehreren Konzepten, wie zum Beispiel
- Wissen über Ereignisse und Handlungen: Ein Ereignis ist eine Zustandsänderung eines Objektes zu einem bestimmten Zeitpunkt oder über ein Zeitintervall hinweg. Eine Handlung ist ein Ereignis, das von einem Aktor absichtsvoll ausgelöst wurde.
- Wissen über Regeln und einschränkende Bedingungen (Constraints): Wissen über einschränkende Bedingungen ist Wissen über die Unzulässigkeit von Zuständen oder Zustandsänderungen.
- Metawissen: Wissen über Wissen, wie z.B.
- Wissen über die Verlässlichkeit (Reliabilität) bzw. Güte (Validität) von Fakten oder anderen Wissensarten.
- Wissen über Wissensqualität.
- Wissen als soziale Konstruktion: Grundlegend stellt die Wissenssoziologie fest, dass Erkenntnis nicht im Individuum, sondern in einem sozialen Kontext eingebettet ist, das bedeutet Wissen ist sozial bedingt.
Operatives Wissen (Wie)
- Wissen über Vorgänge und Verfahren: Ein Vorgang ist eine lang andauernde Handlung. Ein Verfahren ist eine festgelegte Anzahl von miteinander verketteten Einzelhandlungen, für die oft eine bestimmte Reihenfolge verbindlich ist. Wissen über ein Verfahren bezeichnet man als "know how".
- Wissen, wie man Wissenslücken schließen kann (zum Beispiel indem man Unbekanntes erfragt).
- Wissen, wie man neues Wissen aus vorhandenem Wissen ableitet (Inferenzstrategien).
- Wissen, wie man Wissen strukturiert und neues Wissen hinzufügt
- Wissen über Probleme und Problemlösungsstrategien: Bildung einer formalen Beschreibung eines Problems mit dem Ziel der Klassifikation des Problems in eine bekannte Problemklasse, zu der eine Problemlösungsstrategie bekannt ist.
Diskursives Wissen
siehe dort .
Systematische Ansätze
Im Gegensatz zum umgangssprachlichen Verständnis von Wissen bemüht sich der von Helmut F. Spinner begründete Karlsruher Ansatz der integrierten Wissensforschung (KAW) um eine Systematisierung des gesamten Begriffsfeldes um "Wissen aller Arten, in jeder Menge und Güte"; Spinner initiierte daher das Wissensarten-, Wissensordnungs- und Wissensverhaltensprojekt.
Er schlägt folgende Terminologie vor:
- "Wissen ist semantische Information (unabhängig von Richtigkeit und Wichtigkeit)"
- "Information ist inhaltliches Wissen"
- "Erkenntnis ist Information plus x"
Informatischer Ansatz
Wissen sind Informationen zu einem gegebenen Problem. Information sind interpretierte Daten.
Zitate
- Ich weiß, dass ich nichts weiß. - (Sokrates)
- Wissen heißt wissen, dass wir nicht wissen können. - Ralph Waldo Emerson (aus dem Essay: Montaigne oder der Skeptiker)
- Wissen ist Macht. - (Francis Bacon)
- Nützliches Wissen macht weiser als viel Wissen. - (Äschylus)
- Der, der weiß, dass er nichts weiß, weiß immer noch mehr als der, der nicht weiß, dass er nichts weiß. - (Einstein)
Siehe auch
- Wissenssoziologie
- Wissensmanagement
- Wissensrepräsentation
- Wissenschaft
- Wahrheit
- Gedächtnis
- Vorwissen
- Wissenskritik
- Asylum ignorantiae
- Herrschaftswissen
- Schloss Wissen
- Rätselwissen
Weblinks
- Beschreibung aus dem Lexikon der Philosophie
- Wissensportale
- Diskussionen über Wissen