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Handelsvertreter

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Als Handelsvertreter wird im Verkauf der selbständige Verkäufer, oft im Aussendienst, bezeichnet.

Freiberufler / Selbständiger

Dieser fälschlicher Weise verkehrsüblich oft als „Freiberuflicher Verkäufer“ oder „Freiberufler“ bezeichnete Verkäufer handelt nach den Bestimmungen der §§ 84 ff. HGB. Da der Berufestand der sog. „freien Berufe" gesetzilch gesondert und sehr klar geregelt ist, ist diese saloppe Bezeichnung vom Grunde her handelsreichlich irreführend.

Eigenschaften

Der Handelsvertreter ist selbständiger Kaufmann und kann sowohl Minder- als auch Vollkaufmann sein. Er ist also ebenso selbständiger Unternehmer, wie der Anbieter. Der Handelsvertreter muss keine natürliche Person sein, er kann auch als Kapitalgesellschaft auftreten. Ein Eintrag in das Handelsregister ist für natürliche Personen als Handelsvertreter seit neuestem nicht mehr erforderlich. Im Gegensatz zum angestellten Verkäufer kann der Handelsvertreter auch für mehrere Anbieter tätig werden (sog. „Mehrfirmenvertreter“) und ist zu keinen bestimmten Geschäftsbesorgungen verpflichtet. Er bestimmt selbstständig Art und Umfang seiner Tätigkeit.

Der Handelsvertreter ist dazu verpflichtet dem Anbieter in regelmäßigen Abständen (verkehrsüblich sind wöchentliche bis monatliche Berichte) über die Marktentwicklung zu berichten und bei seiner Tätigkeit die Pflichten eines ordentlichen Kaufmannes zu wahren. Dazu gehören die seriöse Beratung der Kunden, die korrekte Benennung von Preisen und Konditionen des Anbieters und ein wettbewerbsrechtlich einwandfreies Verhalten.

Rechte des Handelsvertreters

Zur Kontrolle der Provisionsabrechnung sind dem Handelsvertreter gesetzlich weitgehende Rechte eingeräumt. So darf er gem. § 87 c HGB die Bücher des Anbieters für den er tätig ist einsehen (Buchauszug) und hat Anspruch auf Ausgleichszahlung (sog. „Ausgleichsanspruch“) für sein Gebiet, wenn er vom Anbieter regulär gekündigt wird. Der Anbieter ist im Gegenzug nicht verpflichtet Vertagangebote des Handelsvertreters anzunehmen und kann, insbesondere bei schlechter Bonität des Kunden, diese ablehnen. Muster hat der Anbieter dem Handelsvertreter zwar kostenlos zur Verfügung zu stellen, Werbematerial hat der Handelsvertreter jedoch ebenso wie seine Fahrt- und Betriebskosten selbst in Vorleistung zu bringen.

Provision

Die Provisionsvergütung der Handelsvertreter schwankt extrem nach Branche und Produktlebenszyklus und werden im Mittel zwischen 10% und 30%. Vereinbart. Konsumgüter werden mit bis zu 50 % provisioniert (z.B. Enzyklopädien in Buchform, Kosmetika oder Lebensmittelergänzungen).

Einsatzbereich

Eine natürliche Grenze für den Einsatz von selbständigen Handelsvertretern liegt bei einer Beratungsintensität, die von einem einzelnen Mitarbeiter nicht mehr zu realisieren ist (vor allem im Investitionsgüterbereich), weil umfangreiche technische, betriebswirtschaftliche und ggf. rechtliche Bedingungen in das Angebot einfließen. Diese Teams sind aus naheliegenden Gründen keine selbständigen Verkäufer. Andererseits wird der Handelsvertreter gar nicht erst eingesetzt, wenn es möglich ist, den Markt auch über den Direktverkauf, z.B. per Internet, zu bedienen.

Der selbständige Handelsvertreter verkauft also i.d.R. überschaubare Leistungen, die er als Einzelkämpfer am Markt platzieren kann. Ausnahmen sind große Handelsvertretungen in Form einer Kapitalgesellschaft mit eigenen, wiederum oft fest angestellten Verkäufern.

Hierarchie der gesetzlichen Handelsvertreter

Die verschieden ausgestalteten Handlungsvollmachten der Handelsvertreter schlagen sich in einer einheitlichen Begriffsbestimmung für die Aufgabenbeschreibung eines Handelsvertreters nieder:

Alleinvertreter als Abschlussvertreter Besorgung von Aufforderungen zur Abgabe eines Angebotes aus dem Markt und Abgabe von rechtsgüligen Willenserklärungen für den Unternehmer, ohne dessen Recht selbst mit Kunden im bestimmten Gebiet verhandeln zu dürfen.

Alleinvertreter als Vermittlungsvertreter Besorgung von Aufforderungen zur Abgabe eines Angebotes aus dem Markt für den Unternehmer, ohne dessen Recht selbst oder durch Dritte mit Kunden im bestimmten Gebiet verhandeln zu dürfen.

Bezirksvertreter als Abschlussvertreter Besorgung von Aufforderungen zur Abgabe eines Angebotes aus dem Markt und Abgabe von rechtsgüligen Willenserklärungen für den Unternehmer, mit dessen Recht, unter Verzicht auf Provisionskürzung gegen den Vertreter, selbst oder durch Dritte mit Kunden im bestimmten Gebiet verhandeln zu dürfen.

Bezirksvertreter als Vermittlungsvertreter Besorgung von Aufforderungen zur Abgabe eines Angebotes aus dem Markt mit dem Recht des Unternehmers unter Verzicht auf eine Provisionskürzung gegen den Vertreter, selbst oder durch Dritte mit Kunden im bestimmten Gebiet verhandeln zu dürfen.

Abschlussvertreter ohne Schutz Besorgung von Aufforderungen zur Abgabe eines Angebotes aus dem Markt und Abgabe von rechtsgüligen Willenserklärungen für den Unternehmer, mit dem Recht des Unternehmers, unter Verlust der Provision für den Vertreter (da dieser hier keinen Bezirksschutz genießt), selbst oder durch Dritte mit Kunden verhandeln zu dürfen.

Vermittlungsvertreter ohne Schutz Besorgung von Aufforderungen zur Abgabe eines Angebotes aus dem Markt mit dem Recht des Unternehmers unter Verlust der Provision für den Vertreter (da dieser hier keinen Bezirksschutz genießt), selbst oder durch Dritte mit Kunden verhandeln zu dürfen.

Dieser arme Tropf muss sich nicht nur die willkürliiche Beschneidung seines Gebietes (und somit seiner ggf. selbst aufgebauten Existenzgrundlage) gefallen lassen, sondern hat zudem auch keinerlei Anspruch auf Kundenschutz gegenüber Kollegen oder seitens des Unternehmers. Diese Vertragsform wird von vielen Unternehmen ihren "selbständigen" Handelsvertretern in Musterverträgen von IHK oder Firmenanwalt vorgelegt. Die Vielfalt der Möglichkeiten ist oft dem Unternehmer selbst nicht bekannt, so dass ein Zurückgreifen auf sog. "Musterverträge" höchst fahrlässig ist.

Der zuorberst genannte Alleinvertreter als Abschlussvertreter ist die vollkommene Ausnahme im Geschäftsverkehr und macht nur dann Sinn, wenn ein ausländisches Unternehmern beispielsweise mit einem Handelsvertreter enormen Vertrauens auf die vollkommene Neuentwicklung eines ihm unbekannten Marktes angewiesen ist und der Handelsvertreter erhebliche Mittel in Werbung und Marktforschung für den Vertrieb seines Herstellers oder Importeurs investiert.

Normalerweise werden zumindest die Marktforschung und Imagewerbung vom Hersteller oder Importeur betrieben. Es ist aber auch möglich, diese Aufwendungen dem Handelsvertreter zuzuschreiben. Ein solcher Handelsvertreter wird es sich verbieten oder auf die Vertretung ersatzweise verzichten, wenn der Hersteller oder Improteur (ggf. sogar ohne inländische Marktkenntnis) selbst oder durch Dritte mit Kunden in Kontakt tritt, für deren Ansprache er hohe Summen investiert hat. In solchen Fällen können auch die Provisionen enorm nach oben abweichen.

Im Regelfall, wenn der Hersteller oder Importeur selbst vor Ort präsent ist, werden mittlere Kompetenz- und Verantwortungsvereinbarungen geschlossen.

Siehe auch