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Zeitdilatation

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Bei der Zeitdilatation handelt es sich um ein Phänomen der speziellen Relativitätstheorie (SRT).

Man betrachte zwei gegeneinander gleichförmig bewegte Inertialsysteme (d.h. sie bewegen sich relativ zueinander mit konstanter Geschwindigkeit).

Das eine System wird als ruhend betrachtet. Es wird im folgenden mit S bezeichnet. Hier befindet sich ein Beobachter, der die Bewegung des anderen Systems verfolgt. Für den Beobachter ruht sein Intertialsystem, während sich das für ihn bewegte System mit der Geschwindigkeit v entfernt.

Das für den Beobachter bewegte System wird im folgenden mit bezeichnet.

Ereignisse in dem sich entfernenden System werden durch die Koordinaten (t',x') beschrieben, Ereignisse in dem "zurückgebliebene System" durch die Koordinaten (t,x).

Ein solches Ereignis ist z.B. die Ortskoordinate einer Uhr zu einem bestimmten Zeitpunkt. Eine in dem bewegten System ruhende Uhr hat zu allen Zeiten die gleiche Ortskoordinate . In S hat sie zu verschiedenen Zeiten t unterschiedliche Koordinaten x, da sich relativ zu S bewegt.

t bzw. sind die Zeitkoordinaten in den Systemen S bzw. , x bzw. die Ortskoordinaten in S bzw. .

In befinde sich ebenfalls ein Beobachter, er werde im folgenden als Reisender bezeichnet.

Insbesondere bedeutet diese Wahl der Koordinaten, dass nur eindimensionale Bewegungen betrachtet werden. Das System bewege sich entlang der x-Achse des Systems S in positive Richtung.

Zum Zeitpunkt sollen beide Systeme übereinanderliegen. Zum Zeitpunkt dt hat sich für den Beobachter in S um die Strecke v*dt entfernt.

Mit dem Ursprung von sei eine Uhr verknüpft, die zu irgendeinem füheren Zeitpunkt mit einer Zwillingsuhr in S geeicht wurde, hierfür wird insbesondere angenommen, dass beide Systeme zu diesem früheren Zeitpunkt relativ zueinander in Ruhe waren. Das System wurde dann relativ zu S auf die Geschwindigkeit v beschleunigt.

Die Zeit in bezeichnet man auch als Eigenzeit. Für einen Beobachter in S misst also die Uhr in die Eigenzeit des Systems .

Während der Zeit dt (gemessen in S) bewege sich gleichförmig mit der Geschwindigkeit v. Für den Beobachter in S legt das System während der Zeit dt die Entfernung vdt zurück.

Für den Reisenden in stellen sich die Verhältnisse anders dar. Für ihn vergeht die Zeit . Man bezeichnet dieses Phänomen als Zeitdilatation.

c ist das Symbol für die konstante Vakuum-Lichtgeschwindigkeit. Für v->c konvergiert die Eigenzeit gegen Null.

Der Reisende trifft auch eine andere Aussage über den zurückgelegten Weg, für ihn erscheinen Entfernungen, die der Beobachter in S misst, verkürzt.

Man bezeichnet dieses Phänomen als Längenkontraktion.

Dies erklärt z.B., dass er weniger Eigenzeit braucht um einen Weg zurückzulegen, als der Beobachter in S vermutet.

Die mit mitbewegte Uhr ist die "innere Uhr" dieses System.

Für v->c konvergieren für den Reisen alle Entfernungen gegen Null.

Wichtig ist bei diesen Überlegungen folgendes:

die Beschleunigung, die das System relativ zu S erfahren hat, wird nur von dem Reisenden in wahrgenommen (die dadurch hervorgerufenen Trägheitskräfte wirken ausschließlich in ). Der Beobachter in S sieht zwar das System beschleunigt, spürt aber keine Trägheitskraft. In diesem Sinne sind die beiden Systeme nicht gleichwertig, wenn sie sich relativ zueinander mit der Geschwindigkeit v bewegen.

In dem früher beschleunigten System wird eine Längenkontraktion hinsichtlich zurückzulegender Entfernungen beobachtet (für den Beobachter in S ändern sich Entfernung, die zurückzulegen hat, nicht). Dafür scheint die bewegte Uhr in für den Beobachter in S langsamer zu gehen, für den Reisenden ruht seine Uhr, er merkt keinen Unterschied.

Damit die ganze Beschreibung etwas realistischer wird, betrachte man z.B. kosmische Strahlung, die auf die Erdatmosphäre trifft. Unter bestimmten Bedingungen werden dabei so genannte Mesonen freigesetzt, die sich mit "großer Geschwindigkeit" bewegen. Aus Beschleunigerexperimenten kennt man deren Lebenserwartung und kann hieraus schließen, welchen Weg sie in der Atmosphäre zurücklegen können, auf keinen Fall würde man sie auf der Erdoberfläche vermuten.

Da man sie auf der Erdoberfläche nachweisen kann, haben die schnell bewegten Mesonen eine höhere Lebenserwartung als erwartet. Die "innere Uhr" der Mesonen scheint langsamer zu gehen, als wären sie in Ruhe.

Ein anderes (etwas hypothetisches) Beispiel wäre die Bewegung eines Raumschiffes, das von der Erde startet, einen entfernten Planeten ansteuert, und wieder zurückkommt:

Ein Raumschiff startet von der Erde und fliegt mit der konstanten Beschleunigung von zur Wega (Entfernung 28 Lichtjahre). Auf halber Strecke ändert das Raumschiff das Vorzeichen der Beschleunigung und verzögert mit 1g. Nach Abschluss einer 6 monatigen Aufenthaltsdauer kehrt das Raumschiff auf gleiche Weise zur Erde zurück.

In verschiedenen Lehrbüchern zur Relativitätstheorie werden Formeln zur Berechnung der vergangenen Zeiten angegeben.

Eine Auswertung dieser Formeln ergab folgendes:

Für den Reisenden vergehen 13 Jahre, 9 Monate und 11 Tage

Auf der Erde ist bei der Rückkehr des Raumschiffes folgende Zeit vergangen: 60 Jahre, 3 Monate, 4 Tage

Wesentlich extremere Unterschiede bekommt man bei einem Flug zum Andromedanebel, der etwa 2000000 Lichtjahre entfernt ist (bei gleichen Beschleunigungs- und Verzögerungsphasen):

Für die Erde vergehen etwa 4000000 Jahre, während für den Reisenden ungefähr 56 Jahre vergangen sind

Die Beschleunigung von 1g wurde gewählt, da hierdurch irdische Gravitationsverhältnisse an Bord eines Raumschiffes simuliert werden könnten.

Im freien Fall könnten unter Umständen wesentlich höhere Beschleunigungswerte erzielt werden, ohne dass ein Passagier dies überhaupt bemerken würde, z.B. im Anziehungsbereich einer Galaxie.

Literatur

  • Thomas Cremer: Interpretationsprobleme der speziellen Relativitätstheorie, Verlag Harri Deutsch, 1990
  • Walter Greiner, Johann Rafelski: Spezielle Relativitätstheorie, Verlag Harri Deutsch, 1989