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Mose

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Der gehörnte Mose von Michelangelo (San Pietro in Vincoli)

Moshe, christlich Mose oder katholisch früher Moses genannt (hebräisch: מֹשֶׁה Moshe, griechisch: Moyses, arabisch: Musa, hebräisch auch of: מֹשֶׁה רַבֵּנוּ Mosche rabejnu, „Unser Lehrer Mosche“), ist ein in der Tora genannter „Prophet des Gottes Abrahams, Isaaks und Jakobs“ und hiernach der Anführer des hebräischen Volkes auf seiner Wanderung aus der Sklaverei in Ägypten ins verheißene Land. Er ist im Judentum der höchste Prophet aller Zeiten, der Gott so nah kam, wie sonst kein Mensch vorher oder seitdem. Im Christentum und Islam wird seine religiöse Autorität anerkannt.

In der modernen Theologie des Christentums ist weitgehend unbestritten, dass die biblische Darstellung des Mose stark übermalt und in ihrer Bedeutung überhöht ist. Die Historizität der Persönlichkeit und ihre Verbindung mit dem Auszug aus Ägypten wird dagegen von Wissenschaftlern betroffener Fachdisziplinen stark unterschiedlich bewertet. Diese halten den ägyptischen Namen des Mose und seine Verheiratung mit einer nichtisraelitischen (midianitischen, kuschitischen, kenitischen) Frau für zentrale, bereits von Beginn an bestehende Teile der Moseüberlieferung.

Evangelikale Christen und orthodoxe Juden halten entsprechend sowohl Moses Herkunft aus Ägypten, als auch seine führende Rolle beim Auszug wie bei der Vermittlung des ursprünglich in Midian beheimaten Jahwe-Glaubens für historisch. Sie erachten entsprechend die teilweise sehr stark ausgestalteten Mosetraditionen als zuverlässige Erinnerungen an eine bedeutende geschichtliche Persönlichkeit.

Liberale und gemäßigte Christen und Juden sehen in Moses dagegen eine Symbolfigur des jüdischen Volkes, der wesentlich die Israeliten und das jüdische Volk zu einer Einheit formte, den Kultus und die zu beachtenden Gebote begründete und den Weg zum wahren Gottesglauben wies. Für diese Christen und Juden spielt die Historizität Moses keine wesentliche Rolle, soweit sie nicht überhaupt geleugnet wird, sondern er ist eine mythologische Symbolfigur, aus der Kraft für den Glauben geschöpft werden kann.

Bedeutung

Mose im Alten Testament

Mose ist der Führer des israelischen Volkes auf seiner Wanderung aus der Sklaverei in Ägypten ins verheißene Land. Diese Befreiung aus der Gefangenschaft feiern die Juden jedes Jahr mit dem Pessachfest. Mose ist laut biblischer Tradition der Begründer der Mosaischen Religion, die sich zum Judentum weiterentwickelte (mit Abspaltungen der Samaritaner und Karaiten). Er hat den Juden das Gesetz Gottes bekannt gemacht. Als Prophet ist er Heilsfigur, Verkünder der Religion (Gotteswort), Stammesführer und Identitätsstifter für das auserwählte Volk. Er ist dadurch neben den Erzvätern Abraham und Jakob sowie dem König David eine der wichtigsten Figuren für das religiöse und nationale Selbstverständnis der Juden.


Mose im Islam

Im Islam ist Mose (Musa) neben Abraham, Isa und Mohammed ein bedeutender Prophet Allahs, der die „Kinder Israels“ mit der Gnade und Hilfe Gottes vom Pharao befreite und aus Ägypten führte. Diese Befreiung mit der gleichzeitigen Bestrafung des hochmütigen und ungläubigen Pharaos und seines Volkes erscheint wiederholt im Koran (2:47-50; 7:103-137; 10:75-92; 20:9-79; 26:10-67; 28:3-42; 43:46-56). Trotzdem blieben „die Kinder Israels“ unzufrieden und auch anderen Göttern ergeben. Sie schufen sich ein Kalb aus Schmucksachen, als Mose 40 Tage lang abwesend war, um Gott zu begegnen (Koran 2:51-54; 7:138-155). Mose überbrachte ihnen von Gott die Tora.

Der Gehörnte

Die Darstellung des Mose mit Hörnern in manchen älteren (west-)christlichen Kunstwerken geht auf die wörtliche Übersetzung des hebräischen Wortes „qāran“ (קָרַן) in der lateinischen Bibel mit cornuta, „gehörnt“, zurück. Die Wortwurzel „qrn“ steht sehr oft für „Macht“, „Kraft“, „Ruhm“, „Ansehen“ oder „Würde“. So preist etwa die Mutter des Propheten Samuel ihre Schwangerschaft mit den Worten: „Mein Horn ist erhöht in dem HERRN“ (1.Sam 2,1). In Exodus 34,29 wird von Mose wörtlich gesagt, „dass gehörnt war die Haut seines Gesichts“ (כִּי קָרַן עוֹר פָּנָיו). Sinngemäß wird das vielfach so übersetzt, „dass sein Antlitz Macht ausstrahlte“ (ähnlich schon die Septuaginta). Die Bildkraft des ursprünglichen Textes über Moses Erscheinung nach seiner unmittelbaren Begegnung und Unterredeung mit Jahwe „von Angesicht zu Angesicht, wie ein Mann mit seinem Freunde“ (Exodus 33,11) wird durch die Vulgata-Übersetzung und Künstler wie Michelangelo oder Thomas Mann in seiner Mose-Novelle, die Mose mit zwei Hörnern darstellen, sehr viel besser erhalten. Im übrigen könnte die ursprüngliche Formulierung auch die Erinnerung daran bewahren, dass Mose, wie es bei Propheten durchaus üblich war, eine gehörnte Göttermaske trug, wenn er Jahwes Worte verkündete.

Auch Friedrich Schiller nimmt sich der Person des Moses an und schildert in einem objektiven Aufsatz den Werdegang und die Mission des Religionsstifters. Nachzulesen im Internet unter Die Sendung Moses

Der Name Mose

Der Name Mose stammt wohl aus dem Ägyptischen und bedeutet soviel wie „der den ich aus dem Wasser zog“. Bestandteil zahlreicher Königsnamen. Enthalten z.B. in Ra-messes (Ramses), Ra (Re) hat ihn geboren, oder Tutmosis, Thot gebar (ihn). Ägyptisch bedeutet Mose auch "Sohn", oder "Kind", geschrieben "Ms", was man "Mes" ,"Mos", "Mese", "Meso", "Mesus" oder auch "Mose" lesen kann, da es im Ägyptischen keine Zeichen für e und o gibt.

Eines der mosaischen Gebote war, den Gottesnamen nicht achtlos im Munde zu führen. So fiel der Gottesname bei den Juden später fort. Allerdings hat JHWH Moses seinen Namen nach der Bibel erst auf dem Sinai (oder Horeb) offenbart. Auch wird später der Name JHWH als Kurzform „Je/Jo“ häufig verwendet z.B. bei den Namen Jesaja sowie Joshua, Josiah und Jesus.

Die Mosesgeschichte

Geburt – Die wunderbare Errettung

Wandmalerei aus Dura Europos, Auffindung des Mose

Der Bibel zufolge war Mose ein Israelit aus dem Stamm der Leviten. Sein Vater war der Sklave Amram, seine Mutter die Sklavin Jochebed. Er hatte zwei ältere Geschwister, den Bruder Aaron und die Schwester Miriam. Mose wurde nach seiner Geburt in einem „Kästlein von Rohr“ am Ufer des Nils ausgesetzt – denn der Pharao hatte befohlen, alle männlichen Nachkommen der Hebräer zu töten, aufgrund eines Traumes «Ein Knabe wird der Gemeinde Israels geboren werden, der ganz Ägypten vernichten wird» (Targum Jeruschalmi zu Ex 1,15) – und von einer ägyptischen Prinzessin (im Islam von der Frau des Pharaos) gefunden. Zunächst bestellte sie Moses leibliche Mutter als Amme, später nahm sie ihn als ihren eigenen Sohn auf und nannte ihn „Mose“. So wuchs er im Haushalt des Pharao auf.

Das Motiv der wunderbaren Errettung eines zu höheren Ehren bestimmten, verfolgten Kindes war vielfach in der Antike verbreitet. Beispiele dazu sind neben Moses etwa Sargon von Akkad, Kypselos von Korinth, Ödipus sowie die Zwillinge Romulus und Remus. Von diesen Parallelen hat die Geburtsgeschichte Sargons von Akkad, die in der Sargon von Akkadische Sargonlegende überliefert ist, eine besondere Nähe zu der Geschichte von Geburt und wundersamer Errettung des Mose.

Das Exil

Als junger Mann floh er ins Exil nach Midian im Lande Seir, nachdem er einen ägyptischen Sklavenaufseher im Zorn erschlagen hatte, als dieser einen Israeliten misshandelte. Von Seir stammt nach Moseslied auch JHWH.

„Mose sah sich nach allen Seiten um, und als er sah, dass sonst niemand da war, erschlug er den Ägypter und verscharrte ihn im Sand.“ (Ex 2, 12)

Dort heiratete er Zippora, die Tochter des Priesters Jitro, eine midianitische Frau. Sie gebar ihm zwei Söhne, Gershom und Eliëser.

Auszug aus Ägypten (Exodus, Variante 1)

Einige Jahre später hatte er eine Begegnung mit dem ihm dem Namen nach unbekannten JHWH (Jahwe), als er gerade die Schafe seines Schwiegervaters hütete. Er kam am Gottesberg Horeb vorbei und erlebte, wie aus einem Dornenbusch Flammen schlugen, der Busch jedoch nicht verbrannte. JHWH gab sich, ohne seinen Namen zu nennen, als Gott zu erkennen und Mose wurde von diesem nach Ägypten zurückgesandt, um das Volk Israel aus der Sklaverei zu führen. Der Pharao wollte die Menge jedoch zuerst nicht ziehen lassen, bis die von Mose prophezeiten Zehn Plagen über Ägypten gekommen waren. Hierbei war auch der Stab seines Bruders Aaron von nachhaltiger Bedeutung, der sich beim Wurf auf den Boden in eine Schlange verwandelte. Allerdings konnten die Magiere des Pharao diese Tat auch vollbringen und erst bei der letzten Wundertat Moses mussten sie eingestehen, dass sie dieses Wunder nicht nachahmen konnten. In der Folge zogen die Israeliten durch das auf wundersame Weise unter Beteiligung von Mose ausgetrocknete Schilfmeer, während bereits kurz hinter ihnen die ihnen nacheilenden ägyptischen Truppen samt Pharao in den zurückströmenden Wassermassen ertranken.

Wüstenwanderung und die zehn Gebote

Mose bekam von JHWH am Berg Sinai die Zehn Gebote und die ganze Tora für sein Volk. Er führte das Volk während der Wüstenwanderzeit an, zusammen mit seinem älteren Bruder Aaron, den er zum ersten Hohepriester salbte. Hierbei kam es zu weiteren Gotteswundern, teils unter Mitwirkung von Mose, z. B. beim Freisetzen von Wasser aus einem Felsen mit einem Stock, dem Manna-Wunder, dem Wachtel-Segen sowie einer Art Heil-Segen durch das Aufrichten einer Schlange an einem Stab.

Der Auszug aus Ägypten (Variante 2)

Mose hat von JHWH den Auftrag bekommen, das Volk Israel aus Ägypten in ein Land zu führen, in dem Milch und Honig fließen. „Aber ich weiß, dass euch der König von Ägypten nicht ziehen lassen wird, es sei denn, er werde gezwungen. Darum werde ich meine Hand ausstrecken und Ägypten mit all meinen Wundertaten schlagen.“ (Ex 3,19ff)

Eine wichtige Rolle spielt der Bruder Moses, Aaron, der als begnadeter Redner und auch als Wundertäter bekannt ist. Einmal schleudert er vor dem Pharao einen Stab auf den Boden, der sich durch die Macht Gottes in eine Schlange verwandelt. Dies dient dazu, den Pharao vom Auszug der Israeliten zu überzeugen. (Ex 6,10-12) Ein anderes Mal verwandelt er mit dem selben Stab die Gewässer Ägyptens in eine stinkende, rote Flut. Bei der furchtbarsten Plage verlieren alle Ägypter, auch der Pharao, den erstgeborenen Sohn. Durch diese Zeichen umgestimmt lässt der Pharao die Israeliten endlich ziehen.

Der Karawane der Israeliten umfasste laut Bibel etwa 600.000 wehrfähige Männer und „viel fremdes Volk“, die Kinder nicht mitgezählt. (Ex 12,37-38) d.h. rund 2 bis 3 Millionen Personen. Damit sie den Weg kennen, „zieht der Herr vor ihnen her, am Tag in einer Wolkensäule, um ihnen den Weg zu zeigen, und des Nachts in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten.“ (Ex 13,21).

Das Volk Israel ist mit seinem neuen Gott sowie auch mit Mose und seinem Bruder Aaron zunächst sehr unzufrieden. Damit es wieder zum Glauben zurückfindet, lässt Gott einige Wunder geschehen. So teilt er eine Stelle des Meeres, damit der israelische Treck durch das Meer ziehen kann, und lässt später das gewaltige Heer der ägyptischen Verfolger in den Wasserfluten untergehen. (Ex 14,28) Da aber nach einer Weile erneut Unzufriedenheit aufkommt, und viele daran zweifeln, es mit einem numinosen Wesen zu tun zu haben (Ex 15,24), und sie nicht verhungern, lässt Gott mitten in der Wüste Manna (bekannt auch als Wüstenbrot) vom Himmel regnen. Allerdings beginnt auch dann bald das Murren des nicht zufriedenstellbaren Volkes wieder.

Auf dem Höhepunkt des Exodus erhält Mose von JHWH am Berg Sinai (auch Horeb genannt) die Gesetzestafel mit den zehn Geboten neben verschiedenen Speise- und Kultvorschriften.

Abermals wächst jedoch die Unruhe im Volk der Israeliten. Auf Aarons Anweisung schmelzen sie allerhand Schmuck und Gold und erschaffen sich ein goldenes Kalb als göttlichen Fetisch. Moses ist erbost darüber und befielt 3000 Mann zu töten (Ex 32,27ff). Diese Massentötung begründet Moses mit der Lüge, dass Gott ihn befohlen hätte. Nach Aussage der Bibel kam der Befehl aber nicht von der göttlichen Stimme. Moses wollte damit nur seine Macht erhalten. Warum der bei Moses Abwesenheit vom Volk für dieses verantwortliche Volksführer und Hersteller des goldenen Kalbes, Aaron der Hohepriester und Bruder Moses, ungestraft blieb, entzieht sich unserer Kenntnis.

Allerdings muss Mose zugutegehalten werden, dass er trotz unerbittlicher Strenge doch JHWH durch Bitten davon abhalten kann, gerade das ganze Volk für den Frevel mit dem Goldenen Kalb zu vernichten und Mose stattdessen ein neues Volk zu geben. Auch spricht Mose sich für Milde gegenüber den gefangenen jungfräulichen Midianiterinnen aus (wobei allerdings unklar bleibt, was mit dem Anteil von JHWH daran geschieht), deren Leben geschont werden soll. Nur die nicht mehr jungfräulichen Frauen und sämtliche männlichen Gefangenen vom Säugling bis zum Greis sollen dem Bann verfallen.

Später lehnen sich 250 Leviten (die die Bundeslade und die anderen heiligen Gegenstände betreuten) unter Korach gegen Mose und den Herrn auf. „Feuer ging vom Herrn aus, und er verzehrte die 250 Männer.“ (Num 16,35). Auch zwei der drei Söhne Aarons wurden vom göttlichen Feuer verzehrt, da sie nicht opferten, wie es der Herr befohlen habe. Auch die Schwester des Moses Miriam musste ihre Anzweifelung der Autorität Moses durch göttliche Bestrafung mit Aussatz (Lepra) büssen, bevor sie reuig wieder davon genas.

Kurz vor der Ankunft im gelobten Land stellt Gott den Israeliten einen Engel als seinen Stellvertreter zur Verfügung, der sich Baalam und seinem Esel in den Weg stellt und die vorgesehene Verwünschung in eine Segnung der Israeliten durch Balaam verwandelt. Erstmals seit der Vertreibung aus dem Garten Eden geschieht damit wieder das Wunder eines sprechenden verständigen Tier, dem Esel Balaams, als Zeichen, dass für JHWH alles möglich und Moses der von ihm ausersehene Führer ist.

Tod und Nachfolge

Mose wurde von Jahwe wegen einer kurz zuvor begangenen Sünde, bei der er ohne Anrufung JHWH ein Wunder tat, verwehrt, das Land Israel selbst zu betreten; er starb kurz vor der Überquerung des Jordans auf dem Berg Nebo (vgl. Abǎrim) im Gebiet des heutigen Jordanien, nachdem ihm noch erlaubt wurde, einen Blick auf das verheissene Land mit seinen Gaben und den von JHWH zur Vernichtung vorgesehenen Kanaanitern zu werfen.

Moses Grab wurde nach Pentateuch bis auf den heutigen Tag nicht gefunden (was nachweist, dass zumindest diese Begebenheit zeitlich nach Mose in den Pentateuch geschrieben wurde). Ebenso kann der Nachruf im Pentateuch, Mose sei der bescheidenste Mann Israels gewesen, nicht von Mose stammen, da sich der bescheidenste Mann nicht selber so rühmen würde. Bei diesen Stellen räumt selbst die katholische Kirche ein, dass der Schluss des Pentateuchs von jemand anderem als Mose geschrieben sein muss. Seine Nachfolge als Volksführer trat nicht einer seiner Söhne an, sondern ein Gefolgsmann und Stabsmitglied Josua Ben Nun aus dem Stamm Ephraim.

Über das weitere Schicksal der direkten Nachkommen von Mose finden sich nur zwei kurze Notizen in der Bibel: Laut dem Buch der Richter dienten einige von ihnen – entgegen dem mosaischen Gesetz – als Priester für den Stamm Dan, laut dem 1. Buch der Chronik verwalteten andere in späterer Zeit die Schatzkammer des Jerusalemer Tempels.

Die Legende bei Tacitus

Insgesamt acht Autoren der Antike berichten außerbiblisch von Mose. Sie schildern ihn als Religionsstifter, jedoch meist in einem negativen schauerlichen Licht. Der negativste Bericht stammt von Maneto um 230 v. Chr..

Tacitus, der römische Historiker, bringt einen nüchternen Bericht über den Auszug aus Ägypten (Tacitus, Historiae 5,3): Das Land wird von einer Seuche heimgesucht, was zu Verstümmelungen unter den Ägyptern führt. Der Pharao (bei Tacitus Bokchoris genannt) zieht das Orakel zu Rate. Ihm wird befohlen das Land von jenem fremden, den Göttern verhassten Stamm (genus) zu befreien. Die Hebräer werden in die Wüste gejagt. Moses einigt die Stämme, führt das Volk nach Judäa und gründet Jerusalem. Er begründet den „novus ritus“, den Jahwe-Kult, und festigt seine Machtposition. Tacitus' Charakterisierung:

„Die Ägypter verehren viele Tiere und monströse Bilder, die Juden kennen nur einen Gott… Das höchste Wesen ist für sie undarstellbar und unendlich.“

Hist. 5,5

Bei den antiken Berichten werden vermutlich die Erinnerungen an verschiedene einschneidende Ereignisse der Geschichte zusammengefaßt. Dazu gehören die Herrschaft der Hyksos über Ägypten genauso wie solche aus dem Echnaton-Kult des 14. Jahrhunderts v. Chr. In jener Zeit gab es eine große Pestepidemie im östlichen Nildelta bis hin nach Syrien. Die Hyksos werden vertrieben, Echnaton wird verdammt.

Siehe auch: Aton-Hymnus, dessen Text findet sich in ähnlicher Form im biblischen Psalm 104 wieder.

Thesen zur historischen Identität Mose

Die wissenschaftliche Mythenforschung zieht Parallelen zu anderen großen Mythen des Altertums, wie Gilgamesch-Epos, Ilias und Odyssee. Nach ihrer Auffassung könnte auch die Legende vom Auszug aus Ägypten und dessen Führer Moses einen historische Grundlage haben. Damit rückt auch die Frage nach der Historizität Mose in das Blickfeld der Forschung. Einerseits existieren über die israelitische Geschichte in den Büchern der Thora umfangreiche Beschreibungen, andererseits finden sich auch in den Niederschriften der Ägypter ausführliche Quellen. Dabei ergeben sich verblüffende Entsprechungen. Die Beurteilung dieser Parallelen ist aufgrund der möglichen mythologischen und religiös-symbolischen Verklärung der Erzählungen schwierig und wird wegen der tatsächlichen Verwebung jüdischer und ägyptischer Geschichte, nicht zuletzt durch die zeitweilige Besiedlung des Nil-Deltas durch die Hyksos, und die mehrfache Versklavung kanaanäischer Stämme durch das Pharaonenreich, nicht gerade einfacher gemacht. Vorsicht ist sowieso bei etymologischen Herleitungen und Parallelen geboten. Mythen wandern, wie Kultur auch. Die Forschung wird daher – nicht nur in den hier zur Debatte stehenden Bereichen – diesbezüglich zurückhaltender.

Die gesamte Moseserzählung enthält mehrere Legenden. Ein Legendentopos stellt die Kindheitsgeschichte des Moses dar. Das Aussetzen des Kindes in ein Schilfkästchen und die wundersame Errettung hat wie schon erwähnt, eine besondere Nähe zur Geburtsgeschichte des Sargon von Akkad, wie sie in der Akkadischen Sargonlegende überliefert ist. Da es sich bei dieser Legende wohl um einen Text aus neuassyrischer Zeit handelt, wird in der Bibelwissenschaft neuerdings wieder die Auffassung vertreten, die Aussetzungsgeschichte des Mose sei eine unmittelbare Rezeption der Akkadischen Sargonlegende (weiteres dazu unter diesem Stichwort). Die Erzählung von der Tötung der Erstgeburt unter den Israeliten auf Befehl des Pharaos ähnelt der Erzählung über die Kindstötung durch Herodes im Neuen Testament.

Bei intensivem Studium der Parallelen kann man zu der Auffassung kommen, dass die Mose-Überlieferung möglicherweise eine redigierende Zusammenfassung von mehreren, einst unabhängigen Einzelüberlieferungen der Israeliten aus ihrer Zeit in Ägypten und danach darstellt. Verschiedene Begebenheiten aus dem Leben herausragender Einzelpersonen und Volksgruppen der Vergangenheit wurden so in ein Gesamtkonzept eingepasst. Auf diese Weise entstand die Lebensgeschichte einer „Über-Person“, eines nunmehr rein mythischen Führers. Auffällig ist auch bei der beschriebenen Stiftshütte in der Wüste, dass die Regelung des dortigen Opferdienstes eher derjenigen eines Tempels an einem festen Standort (später in Jerusalem, nach Ansicht der Samaritaner auf dem Berg Gerizim beim heutigen Nablus) entspricht als dem Heiligtumes eines wandernden Volkes.

Einige Autoren hat das zu weitreichenden Spekulationen veranlasst, am weitesten vielleicht Hans Werding, der Mose mit Tutenchamun gleichsetzt, was von der Wissenschaft jedoch widerlegt wird. (Lit.: Werding, 2006)

Amun-Masesa

Der Berliner Ägyptologe Rolf Krauss versucht zu ergründen, ob Mose auf einen rebellischen Pharao in der Zeit des Neuen Reiches zurückzuführen sein könnte. Amun-Masesa heißt der ca. im Jahr 1230 v. Chr. lebende Gegen-Pharao (ein Enkel von Ramses II.) dessen Biographie Parallelen zur Biographie Moses, die in jüdischen Legenden beschrieben wurde, aufweist. Masesa – Mose – die Namen könnten verwandt sein. Beide Persönlichkeiten sollen sich zehn Jahre lang im Lande Kusch aufgehalten haben, beide haben eine kuschitische Frau geheiratet – und beide kehren nach Ägypten zurück, um den Pharao zu bekämpfen. Es erscheint möglich, dass dieser Gegen-Pharao im Gegensatz zum regierenden Pharao noch dem monotheistischen Glauben von Echnaton folgte, was seine Rolle als Religionsstifter für verbündete hebräische Sklavensippen plausibler macht. Wenn Masesa und Mose voneinander abhängig sind, dann ist eine kürzlich entdeckte Inschrift Masesas zugleich ein Beleg für die Geschichte der Bibel. [1] Der Jahwist habe dann daraus die Moseerzählung der Bibel geformt. (Lit.: Krauss, 2001) Wirklich durchgesetzt hat sich diese Theorie in der Religionsgeschichte nicht, auch Krauss bestreitet nicht, dass es den Religionsstifter Mose gegeben hat.

Die starken ägyptischen Einflüsse sowohl für die Mosegestalt und -geschichte lassen sich an vielen Details festmachen. U.a. finden auch die zehn Gebote, die Mose mit den Tafeln vom Berg Sinai den Hebräern verkündet, ihr Vorbild im „Ägyptischen Totenbuch“.

Sigmund Freud stellt in seinem Werk Der Mann Moses und die monotheistische Religion von 1939 die These auf, Mose sei ein Ägypter gewesen.

Tod Moses

Über den Tod Moses wurde ebenfalls vielfach spekuliert, so meinte Sigmund Freud, die Hebräer hätten ihn aus Frust über die ewigen Verheißungen und die 40jährige Realität der Wüste am Schluss umgebracht. (Lit.: Freud, 1939) Andere Quellen nennen den Kuss Gottes: durch den Mund Gottes wird Mose getötet.

Sonstiges

  • Zu den starken Wurzeln der Hebräischen Kultur in der ägyptischen Tradition siehe auch die Verbindung zwischen dem Hebräischen Alphabet und der Protosinai-Schrift, die sich unter dem Einfluss der Hieroglyphen auf dem Sinai um 1700 v. Chr. herausgebildet hatte.
  • Als Moses (Schiffsjunge) wird auch das jüngste Besatzungsmitglied an Bord eines Schiffes bezeichnet, von spanisch mozo = Bursche. Vielfach wird auch das kleinste Boot (das Beiboot einer Yacht) mit Moses bezeichnet.

Rezeption

Bildende Kunst

  • Michelangelo: Der gehörnte Mose. Skulptur in San Pietro in Vincoli.

Die Abbildung des „gehörnten“ Mose knüpft an das überholte biblische Textverständnis des Mittelalters an, wonach Mose „gehörnt“ vom Berg Sinai herabgekommen sei. Nach heutigem Textverständnis ist er mit einem leuchtendem Antlitz herabgestiegen, das er später mit einer Maske verbarg, wenn er nicht erleuchtet sic im religiösen, zeremoniellen Kontext sprach. Ob die Assoziation an den gehörnten Teufel Beleg für einen damit verbundenen Antijudaismus ist, erscheint als fragwürdig.

Moses in der christlichen Kunst mit Hörnern darzustellen, beruht auf einer falschen Lesart der hebräischen Bibel. Bei der Übersetzung aus dem (vokallosen) Hebräisch ins Lateinische (Vulgata-Bibel) wurde aus dem hebräischen „karam“ (krm) ein „kärem“: aus „Lichtstrahlen“, so die eigentliche Fassung, wurden „Hörner“; und dies hat sich in die Ikonographie „eingeschlichen“. Das bekannteste Beispiel für eine Mosesdarstellung ist jene für das Grabmal von Papst Julius II. von Michelangelo in der römischen Kirche S. Pietro in Vincoli.

Literarische Bearbeitung

Bühnenwerke und Vertonung

Film

Nach Jesus von Nazaret gilt Moses als die biblische Gestalt, deren Leben am häufigsten verfilmt wurde:

Literatur

Zur Frage nach dem historischen Mose
  • Israel Finkelstein, Neil Asher Silberman: Keine Posaunen vor Jericho. Die archäologische Wahrheit über die Bibel. München 2002, ISBN 3-406-49321-1
  • Sigmund Freud: Der Mann Moses und die monotheistische Religion. de Lange, Amsterdam 1939, 1975, Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 1990. ISBN 359626300X
  • Meik Gerhards, Über die Herkunft der Frau des Mose. in: Vetus Testamentum. Brill, Leiden 55.2005, 162-175. ISSN 0042-4935
  • Rolf Krauss: Das Moses Rätsel. Ullstein, München 2001. ISBN 3550071728
  • Eckart Otto: Moses – Geschichte und Legende. C.H. Beck, München 2006. ISBN 340653600X
  • Moshe Pearlman: Auf den Spuren des Moses. Gondrom, Bayreuth 1981. ISBN 3-8112-0231-6
  • Rudolf Smend: Mose als geschichtliche Gestalt. in: R.Smend: Bibel, Theologie, Universität. Kleine Vandenhoeck-Reihe. Bd 1582. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1997, 5-20.
  • Peter van der Veen: Biblische Archäologie am Scheideweg? Hänssler, Holzgerlingen 2002, 2004. ISBN 377513851X
  • Hans J. Werding: Moses war Tutenchamun. Wiehengeb, Melle 1994, 2006. ISBN 3-9803892-1-9
Zur Wirkungsgeschichte
Erbauliches