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Westfleisch

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Die Westfleisch e.G. ist eine norddeutsche Unternehmensgruppe der Fleischindustrie mit Sitz in Münster.

Unternehmensgeschichte

Gegründet wurde das Unternehmen am 28. Oktober 1928 als Westfälischen Provinzial-Viehverwertungsgenossenschaft WPVG, um den Absatz der Bauern an Rhein und Ruhr zu organisieren. Seit 1962 verlagerte sich die wirtschaftliche Tätigkeit immer mehr von der Handelsorganisation auf die Schlachtung und Vermarktung veredelter Fleischwaren. Den heutigen Name Westfleisch trägt die Gruppe im Firmenlogo seit 1965. Der offizielle Name lautete 1965 VFZ Vieh- und Fleischzentrale Westfalen eGmbH.

Umfangreiche Schließungen kommunaler Schlachthöfe in den 1960er Jahren steigerten den Umsatz kontinuierlich. Seit der Gründung der Finanzierungsgesellschaft 1971 starteten 1972 die neugebauten Schlachthöfe Coesfeld, 1978 Paderborn und 1980 Hamm. Seit 2001 wird auch Weißfleisch (Geflügelfleisch) vermarktet. Die Öffnung für Einzelmitglieder 1994 vergrößert die Kapitalbasis. Die geplante Fusion mit Nordfleisch scheitert im Jahr 2002 endgültig. Der Umsatz betrug 2003 eine Milliarde Euro bei ca. 1.200 internen Mitarbeitern, ca. 2.000 externen Mitarbeitern sowie 3.600 Mitgliedern. Pro Jahr werden ca. 5 Millionen Tiere geschlachtet. In der jüngsten Vergangenheit übernahm der Export einen immer größeren Anteil am Umsatz des Unternehmens. Im Jahr 2006 deckt Westfleisch 12% des deutschen Fleischmarktes ab.

Westfleisch in der Kritik

Aufsehen erregte die Firmengruppe Westfleisch bundesweit durch den Vorwurf, ein System von Sub- und Sub-sub-Unternehmen − teilweise unter Leitung von Erol Deli, Axel W. Hintzen und Tina Hansen zum dem Zweck organisiert zu haben, Personalkosten durch massenhafte Schwarzarbeit zu senken. Die Bielefelder Staatsanwaltschaft warf Steuerhinterziehung in Millionenhöhe, Betrug, illegale Arbeitnehmerüberlassung sowie Bildung einer kriminellen Vereinigung vor. Mit gefälschten Gesundheitsattesten für polnische und rumänische Arbeitnehmer wurde es möglich, den Stundenlohn für die bisherigen Mitarbeiter massiv zu senken. Geschäftsberichte des Unternehmens weisen seit Jahren massiv sinkende Mitarbeiterzahlen aus, wohingegen die Zahlen der Schlachtungen und Zerlegungen stark gestiegen sind. Durch Firmenverschachtelungen ermöglichte es die Firmenleitung, Vorwürfe auf Subunternehmer abzuwälzen. Der Vorstandsvorsitzende Helfried Giesen konnte auf Nachfrage des Fernsehmagazins Report Mainz keine Auskunft über die Stundenlöhne slowakischer Zerlege-Arbeiter geben. Report Mainz sah eine Verflechtung mit rumänischen Scheinfirmen im Besitz des Bruders des 1997 amtierenden rumänischen Arbeitsministers Marian Sârbu als gegeben an[1]. Die Schein- und Briefkastenfirmen in osteuropäischen Ländern dienten zur Rekrutierung von Billig-Arbeitskräften[2].

Arbeitsbedingungen

Die Firma Westfleisch und ihre Subunternehmen muten im Jahr 2007 den Beschäftigten Schichten von zwölf Stunden Dauer an sechs Tagen der Woche teilweise in Kühlräumen zu. Gehälter werden regelmäßig zu spät bezahlt. Mit der Aussicht auf alternative Kündigungen wurden im Jahr 2007 Nachtzuschläge ersatzlos gestrichen. Im Ermittlungsverfahren 293 Js 170/03 der Steuerfahndung Bochum wurde ein Subsub-Unternehmer, der als Kolonnenführer auf einem Westfleisch-Schlachthof arbeitete, mit einem Bußgeld belegt, weil auf dem Konto des Arbeitslosengeldbeziehers große Summen bewegt wurden, weshalb die Bank einen Verdacht auf Geldwäsche an die Behörden meldete. Der Kolonnenführer hatte für 25 Euro pro Stunde schwarz auf dem Schlachthof gearbeitet. U. a. weil in diesem Verfahren zu Protokoll gegeben wurde, dass mehr als 1000 Personen auf ähnliche Weise auf Schlachthöfen der Firmengruppe Westfleisch arbeiten, wurden seit 2002 weiteren Verfahren eingeleitet. Der Stundenlohn für osteuropäische Mitarbeiter beträgt teilweise weniger als drei bis vier Euro. Von diesen Stundenlöhnen werden Kosten für Messer und Schutzkleidung noch abgezogen.

Siehe auch


Literatur

  • Adrian Peter: Die Fleischmafia. Kriminelle Geschäfte mit Fleisch und Menschen, Econ-Verlag und Ullstein-Verlag, Berlin, Oktober 2006, ISBN-13 978-3-430-30013-1, mit einem Vorwort von Renate Künast; darin S. 97, System Westfleisch. Der Autor Adrian Peter ist ARD-Redakteur und stellvertretender Chefredakteur von Report Mainz. Die Wochenzeitschrift Die Zeit veröffentlichte eine Buchbesprechung: regelrechter Menschenhandel.

Quellen

  1. Adrian Peter: Die Fleischmafia. Kriminelle Geschäfte mit Fleisch und Menschen, Econ-Verlag und Ullstein-Verlag, Berlin, Oktober 2006, ISBN-13 978-3-430-30013-1, S. 103 unten
  2. Adrian Peter: Die Fleischmafia. Kriminelle Geschäfte mit Fleisch und Menschen, Econ-Verlag und Ullstein-Verlag, Berlin, Oktober 2006, ISBN-13 978-3-430-30013-1, S. 103 unten