Zum Inhalt springen

Zervixkarzinom

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 12. Januar 2007 um 21:08 Uhr durch 134.169.18.51 (Diskussion) (Studienergebnisse). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Ein Zervixkarzinom oder Gebärmutterhalskrebs ist eine bösartige Wucherung des Gebärmutterhalses.

Häufigkeit

Das Zervixkarzinom ist der zweithäufigste bösartige Tumor bei Frauen (2002). Weltweit waren 2002 fast 500 000 Frauen erkrankt, 273 000 starben.

Früher war es der häufigste Genitalkrebs der Frau, doch durch Früherkennungsuntersuchungen konnte die Häufigkeit in Mitteleuropa auf zirka 25 Prozent aller Genitalkarzinome gesenkt werden. Zurzeit ist der Gebärmutterhalskrebs in Deutschland allerdings noch immer an Platz 8 bei der Anzahl der Krebsfälle wie auch der Todesfälle durch Krebs. Der Altersgipfel für dieses Karzinom liegt bei 45 - 55 Jahren, die Vorstufen können jedoch schon bei 20- bis 30-jährigen Patientinnen auftreten.

Entstehung/Erreger

HPV im EM.

Die Krankheitsentstehung ist bisher nicht in allen Einzelheiten geklärt. Man geht heute davon aus, dass Gebärmutterhalskarzinome von den humanen Papillomviren (HPV) verursacht werden. Die auch manchmal Kondyloma-Viren genannten Erreger sind kugelförmige, unbehüllte, doppelsträngige DNA-Viren (dsDNA), die zu den Papovaviridae gehören, und von denen insgesamt zirka 200 verschiedene Typen bekannt sind. Die meisten von diesen sind für den Menschen relativ harmlos, können jedoch unangenehme Warzen verursachen. Die Typen 16 und 18 können in 70 % der ZervixkarzinomeLiteraturangabe erforderlich !, sowie in CIN 1 bis 3 und Adenokarzinom in situ nachgewiesen werden, ebenso häufig beim Analkarzinom. Die Typen 6 und 11 sind für eher gutartige (d. h. nicht metastasierende oder invasiv wachsende) Tumoren, wie Genitalwarzen verantwortlich und finden sich auch bei anderen Tumoren, wie z. B. bei Papillomen im Oropharynx. Außer diesen hat man aber bereits noch mindestens 18 weitere HP-Virentypen in Gebärmutterhalstumoren entdeckt. Nach dem heutigen Wissenstand kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass auch andere Typen potentiell krankheitserregend (pathogen) sind.

Für alle genannten HP-Virenarten ist im Gegensatz zum Beispiel zu den Influenza-Viren allein der Mensch der Reservoirwirt und sie haben sich ihm auch angepasst. Die Schädigung seines Reservoirwirts ist für diese Viren kein vorteilhafter Effekt, da sie ja zur eigenen Vermehrung auf diesen angewiesen sind. Die dennoch von diesen Viren beim Reservoirwirt ausgelösten Gebärmutterhalskarzinome sind letztlich nur Nebeneffekte der Infektion.

Übertragung

Die Infektion mit diesen Viren erfolgt heutzutage meist schon in jugendlichen Jahren durch Kontaktinfektion beziehungsweise Schmierinfektion bei den ersten Sexualkontakten. Anschließend können diese Viren oft jahrelang inaktiv bleiben. Nach heutigem Kenntnisstand erhöht sich das Erkrankungsrisiko durch frühen ersten Geschlechtsverkehr, häufigen Partnerwechsel, mangelnde Hygiene und damit verbundene Infektionen mit humanen Papillomviren (HPV). Allerdings ist auch eine Infektion und anschließende Erkrankung ohne einen Sexualkontakt mit Eindringen (Penetration) des Penis eines Partners möglich. Dies erklärt den seltenen Befall von Jungfrauen und Nonnen.

Physiologische Grundlagen

Wenn es den genannten Viren gelungen ist, in die Zellen des Gebärmutterhalses einzudringen, bringen sie diese dazu, das Virenerbgut und die -eiweiße der kugelförmigen Virenhülle für sich herzustellen, wozu sie alleine nicht in der Lage sind. Die Zellen müssen daher auch zur Teilung angeregt werden, damit sie das Virenerbgut herstellen können. Und genau bei diesem Vorgang treten folgende Fehler auf: Die Erregerviren schalten die Kontrollmoleküle des Gebärmutterhalszellen aus, die gewöhnlich eine Zellteilung begrenzen und beenden. Dadurch entsteht ein Tumor, da sich diese Zellen nun unentwegt teilen können und damit auch unsterblich geworden sind. Außerdem werden von den Viren in den veränderten Gebärmutterhalszellen Gene aktiviert, die diese zum Wandern anregen. Deshalb bilden sich auch in anderen Körperregionen so genannte Tochtergeschwüre (Metastasen).

Normalerweise erkennt ein gesundes und abwehrstarkes Immunsystem derartig veränderte Zellen und tötet sie ab. Nach Erkenntnissen der Forscher haben in der Regel auch 59 von 60 infizierten Frauen nach spätestens einem Jahr die Viren besiegt.

Allerdings schaffen es die betreffenden Erreger bei manchen Frauen auf noch unbekannte Art und Weise, das Immunsystem zu überwinden, so dass bei ihnen dann innerhalb von 10 bis 20 Jahren nach der Infektion ein Gebärmutterhalskrebs entstehen kann. Dieser Zusammenhang erklärt auch, warum diese Krebsart besonders bei Frauen im Alter von 35 bis 40 Jahren festgestellt wird.

Krankheitsverlauf/Symptome

Hinsichtlich der Krebsentstehung entwickeln also nur 2 - 8 % der Infizierten Zellveränderungen, die ein Vorstadium für eine Krebserkrankung darstellen, oder sogar anschließend ein Karzinom.

Die Bildung eines Zervixkarzinoms erfolgt in der Regel völlig unauffällig und schmerzfrei. Nur gelegentlich können mehr oder minder leichte Schmierblutungen auf ein solches Geschehen hinweisen. Erst wenn der Tumor größer wird und mit Geschwürsbildung zerfällt, kommt es zu fleischwasserfarbigem, süßlich riechendem Ausfluss, unregelmäßigen Zwischenblutungen und Kontaktblutungen z.B. beim Geschlechtsverkehr.

Unbehandelt wächst der Tumor in Harnblase, Rektum und andere Strukturen des kleinen Beckens ein und zerstört diese. Weiterhin kommt es zu sich über die Lymphgefäße ausbreitenden (lymphogenen) und den Blutkreislauf ausbreitenden (hämatogenen) Metastasen in anderen Körperregionen.

Rauchen ist ein wichtiger Co-Faktor, da sich Nikotin und Nikotinabbauprodukte in sehr hoher Konzentration im Zervikalschleim anreichern.

Diagnostik

Die Vorstufen eines Karzinoms können durch Abstrichuntersuchungen festgestellt werden und sie sollten auf Grund der heutzutage schon sehr früh möglichen Infektion mit HPV schon ab dem 20. Lebensjahr jährlich durchgeführt werden.

Ist bei der Spekuloskopie (Kolposkopie) vom makroskopischen Erscheinungsbild der Verdacht einer Veränderung vorhanden, sollte eine engmaschige Wiederholung der Abstrichuntersuchung (zytologische Untersuchung) durchgeführt werden. Bei wiederholt verdächtigen Befunden ist gegebenenfalls die Diagnostik um eine histologische Probenentnahme zu erweitern. Ohne positiven HPV gibt es nur selten Gebärmutterhalskrebs. Die HPV-Testung als diagnostische Maßnahme in der Vorsorge einzusetzen, erscheint nicht sinnvoll, da ein positiver HPV-Test keinen Krankheitswert besitzt. Wie schon vorher dargestellt, unterliegen über 80% der HPV-Infektionen (auch der Risikogruppen) der Selbstheilung des Körpers. Deshalb würden durch ein positives HPV-Testergebnis sehr viele Patientinnen verängstigt werden, ohne damit auch nur den geringsten Vorteil von dieser Information zu haben.

Therapie

Die Behandlung ist stadienabhängig.

Stadium Kriterien
0 ("Carcinoma in situ") Kein Durchbruch ins gesunde Gewebe, per Definition keine Bösartigkeit
I Befall nur des Gebärmutterhalses
II Befall des Beckenbindegewebes (der Parametrien) und/oder der Scheide im oberen Drittel
III Befall des Beckenbindegewebes bis zur Beckenwand und/oder des unteren Drittels der Scheide
IV Befall der Blase, des Enddarmes, Fernmetastasierung

Nur bei ganz oberflächlichen Karzinomen (Carcinoma in situ) kann noch gebärmuttererhaltend operiert werden, indem ein Kegel (Konus) aus dem Gebärmutterhals herausgeschnitten wird (so genannte Konisation). Bei späteren Stadien wird die OP nach Wertheim-Meigs oder aber die Strahlentherapie durchgeführt.

Solange keine Fernmetastasen aufgetreten sind und die Gebärmutter inkl. Lymphknoten entfernt wurde, liegt die 5-Jahres-Überlebensquote bei >70%.

Vorbeugung

Hauptartikel: HPV-Impfstoff

Die Entwicklung wirksamer Impfstoffe zur vorbeugenden Immunisierung gegen HPV ist schon weit gediehen. Im Juni 2006 wurde in den USA, Mexiko und Australien ein erster HPV-Impfstoff zugelassen, nämlich das von Sanofi Pasteur MSD auf Grundlage von Forschungsergebnissen des Deutschen Krebsforschungszentrums und des amerikanischen National Institute of Health entwickelte Gardasil®.

Studienergebnisse

Im Oktober 2005 gab Sanofi Pasteur MSD als Ergebnis einer unter der Leitung von Laura Koutsky von der University of Washington in Seattle durchgeführten Studie mit 12.000 Frauen bekannt, dass innerhalb des Untersuchungszeitraums alle mit der neuen Vakzine geimpften Studienteilnehmer vor den HP-Virentypen 6, 11, 16 und 18 geschützt waren. Außerdem habe man bei diesen Frauen keine frühen Formen von Gebärmutterhalskrebs feststellen können. Als Nebenwirkungen konnten lediglich lokale Hautreaktionen und gelegentlich leichtes Fieber beobachtet werden. Er wurde Ende Juni 2006 in den USA zugelassen und wird in Deutschland spätestens Anfang 2007 erhältlich sein. Der Impfstoff schützt laut Krebsforschungszentrum in 70 Prozent aller Fälle vor Gebärmutterhalskrebs und ist gegen die beiden wichtigsten krebserregenden Typen HPV (humane Papillomviren) 16 und 18 sowie gegen die HPV-Typen 6 und 11 gerichtet. Eine Impfung besteht aus drei Injektionen, die innerhalb eines halben Jahres verabreicht werden müssen.

Prof. Achim Schneider von der Charité Berlin wurde im Oktober 2006 in einer Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften so zitiert: „Der Impfstoff hat sich als ausnahmslos sicher, immunogen und bis zu 100 Prozent effektiv gezeigt. Die Wirksamkeit hat sich inzwischen über fünf Jahre bestätigt, und wir können von einer lange anhaltenden Schutzwirkung ausgehen.[1]

Nach Angaben des Leiters der Abteilung „Forschung und Medizin“ Torsten Strohmeyer bei GlaxoSmithKline sind erste Ergebnisse der Testreihen mit ihrem Impfstoff Cervarix® ebenfalls vielversprechend. Dieses Vakzin enthält nur Bestandteile der HP-Virentypen 16 und 18 und schützt daher auch nicht zugleich vor Feigwarzen (Condylomata acuminata).

Da multivalente (gegen viele Virenarten und -Typen wirksame) Impfstoffe nur sehr schwer herzustellen sind, enthalten beide Impfstoffe keine Bestandteile weiterer krebserzeugender Virustypen.

Nach Aussagen von Andreas Kaufmann von der Klinik für Gynäkologie und Gynäkologische Onkologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin wäre es in Zukunft sinnvoll, alle Mädchen spätestens im Alter von 12 bis 13 Jahren zu impfen, da die HP-Viren überwiegend durch sexuelle Aktivitäten übertragen werden. Eine Impfung zu einem späteren Zeitpunkt erscheint nicht sinnvoll, da gegen schon in die Zellen des Gebärmutterhalses eingenistete Viren selbst der beste Impfstoff nichts mehr ausrichten kann. Allerdings ist bislang unklar, wie lange ein solcher Impfschutz anhalten wird. Er geht davon aus, dass nach 10 bis 20 Jahren eine Impfauffrischung erforderlich sein wird.

Weitere Studien belegen mittlerweile, dass die Impfung auch älterer Frauen bis 55 Jahre gut verträglich ist und eine starke Immunogenität hervorruft. Eine neuere Studie soll ergeben haben, dass unter Umständen durch die Impfung ein Rückgang von ersten bereits vorhandenen Zellveränderungen möglich ist.[2]

Einer US-Studie zufolge ist das Risiko einer durch das Humane Papillom-Virus hervorgerufenen Entzündung erheblich geringer bei Benutzung von Kondomen während des Geschlechtsverkehrs. [3]

Siehe auch

Quellen

  1. "Sterblichkeit von Gebärmutterhalskrebs bis zu 70 Prozent senken" Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften vom 16. Oktober 2006
  2. Cancer Gene Ther. 2006 Jun;13(6):592-7
  3. http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,422877,00.html