Campo Santo Teutonico
Campo Santo Teutonico (oder Camposanto Teutonico, auch kurz Campo Santo) heißen der „deutsche Friedhof“ und die zugehörigen Gebäude in Rom, angrenzend an die und zugänglich nur aus der Vatikanstadt. Neben dem vollständig von Mauern umschlossenen Gräberfeld gehören dazu die Kirche Santa Maria della Pietà, ein Priesterseminar und Räume des römischen Instituts der Görres-Gesellschaft.
Wegen seiner historischen Wurzeln schließt teutonico nicht nur Deutsche, sondern alle, die im historischen deutschen Kulturraum leben, ein (also auch Österreicher, Schweizer, Niederländer und Flamen).

Geschichte
Auf dem Gelände des heutigen Friedhofs lag in der römischen Kaiserzeit wahrscheinlich der Circus von Caligula und Nero, in dem laut den Schriften des Tacitus während der Christenverfolgung hunderte als Märtyrer starben - so auch Paulus im Jahr 64 n. Chr.

Anlässlich der Reise Karls des Großen zu seiner Kaiserkrönung im Jahr 800 wurde in der Nachbarschaft der Peterskirche die schola francorum eingerichtet, um Pilgern aus dem Reich, die in Rom erkrankten, eine eigene Einrichtung zu schaffen, wo sie ernährt und gepflegt wurden und wo man die Toten begrub. Zu der Anlage gehörte eine eigene Kirche, ein Hospiz und der Friedhof.
Während des Exils der Päpste in Avignon im 14. Jahrhundert verfiel der Bezirk zusehends. Anfang des 15. Jahrhunderts wurde der Bezirk mit neuen Mauern umschlossen und wieder aufgebaut. Die heutige Kirche stammt von 1475 bis 1501.
Etwa 1450 gründeten Angehörige der Deutschen Gemeinde in Rom eine „Armeseelen Bruderschaft“ (die seit 1576 den Namen Erzbruderschaft zur schmerzhaften Muttergottes der Deutschen und Flamen trägt) für den Betrieb und Erhalt des Camposanto und dessen Kirche Santa Maria della Pietà. Mitglieder der Erzbruderschaft können deutsch- und flämischsprachige Katholiken mit Wohnsitz in oder um Rom werden.
1876 wurde auf dem Gelände ein Priesterkolleg (Collegio Teutonico di Santa Maria in Campo Santo) gegründet, in dem Priester und Priesteramtskandidaten aus den deutschsprachigen Ländern wohnen und studieren. Die Görres-Gesellschaft kam 1887 dazu und betreibt bis heute ihr römisches Institut für Archäologie und christliche Religionsgeschichte in den Räumen. Görres-Institut und Kolleg unterhalten gemeinsam die Bibliothek des Campo Santo Teutonico und das Archiv der Erzbruderschaft und des Priesterkollegs. Zusätzlich geben sie gemeinsam die 1887 gegründete Römische Quartalschrift für Christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte heraus.
Die Nationalstiftung
Im 19. Jahrhundert wurde der Friedhof selbst in eine Nationalstiftung für Katholiken aus Deutschland und Österreich eingebracht. Das weltliche Oberhaupt der Stiftung ist der jeweilige Bundespräsident Österreichs, die geistliche Führung übernimmt ein Kardinal der Kurie. Dieser Kardinal ernennt zusammen mit den Erzbischöfen von Salzburg, München und Köln den Rektor der Stiftung.
Durch die Lateranverträge von 1929 wurde das Gelände eine exterritoriale Besitzung des Heiligen Stuhls, aber kein Bestandteil der Vatikanstadt.

Der Friedhof
Der Friedhof war von Anfang an für jeden Pilger aus dem Reich gedacht, der von der Pilgerfahrt nicht mehr heimkehren konnte. Deutsche und deutschstämmige Geistliche machen einen weiteren großen Anteil aus. Im Laufe der Zeit wurden aber auch einige Prominente, die in Rom lebten und starben, auf dem Campo Santo begraben. Inmitten des Gräberfelds liegen Künstler wie Joseph Anton Koch, Wilhelm Achtermann, Paul von Rhoden, Friedrich Overbeck, Theologen wie Anton de Waal, der Völkerkundler P. Michael Schulien SVD und der Archäologe Ludwig Curtius.Das Beerdigungsrecht haben alle Mitglieder der Erzbruderschaft sowie einige religiöse Gemeinschaften deutschen Ursprungs. Auf dem Friedhof sind ca. 1400 Namensnennungen seit dem 15. Jahrhundert erhalten.[1]
Aus dem deutschen Adel stammen Charlotte Friederike von Mecklenburg († 1840), die erste Frau des dänischen Königs Christian VIII., und Prinzessin Carolyne von Sayn-Wittgenstein, die Lebensgefährtin des Komponisten Franz Liszt.
In einem der jüngeren Gräber liegt der 1970 gestorbene Schriftsteller Stefan Andres. Das Recht zur Beerdigung auf dem Friedhof haben nach den derzeitigen Bestimmungen Mitglieder der Erzbruderschaft sowie einiger religiösen Gemeinschaften deutschen Ursprungs.
Der Friedhof ist heute eine grüne Oase und bei deutschen Mitarbeitern der Kurie für Ruhepausen beliebt. Papst Benedikt XVI. ist in seiner Zeit als Leiter der Glaubenskongregation häufig vorbei gekommen.
Die Kirche Santa Maria della Pietà
Die 1501 geweihte Kirche Santa Maria della Pietà wurde in einem schlichten Renaissance-Stil erbaut und im 17. Jahrhundert im Stil des Barock mit Statuen und Deckenfresken ausgeschmückt. Durch die Abnahme der deutschen Bevölkerung in Rom verfiel die Kirche über längere Zeit und wurde erst Ende des 19. Jahrhunderts wiederhergestellt und durch neue farbige Fenster geschmückt. Von 1972 bis 1975 wurde sie umfassend restauriert.
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Kirche Santa Maria della Pietá
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Deckenfresko
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Statue in Gestalt eines Memento Mori
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Statue
Besuche
Der Zugang zum Campo Santo Teutonico durch die Vatikanstadt ist täglich von 7 bis 12 Uhr und zu den Gottesdiensten möglich. Besucher müssen sich bei den Schweizer Gardisten am Tor südlich des Petersdoms zwischen den Kolonaden und dem Palazzo Sant' Ufficio melden und in deutscher Sprache den Zugang zum Deutschen Friedhof oder Campo Santo Teutonico begehren.
Gottesdienste werden von Montag bis Freitag um 7 Uhr, sonntags um 9 Uhr in deutscher Sprache gefeiert. Für deutschsprachige Pilgergruppen besteht die Möglichkeit, nach Voranmeldung bei der Erzbruderschaft mit ihrem begleitenden Geistlichen in Santa Maria della Pietà Gottesdienst zu feiern.
Siehe auch
Literatur
- Erwin Gatz (Hg.): 1200 Jahre Campo Santo Teutonico. Ein Festbericht. Rom 1988.
- Erwin Gatz: Hundert Jahre Deutsches Priesterkolleg beim Campo Santo Teutonico, 1876-1976. Rom, Freiburg i. Br. u. a. 1977.
- Nikolaus Grass: Camposanto-Teutonico-Privilegien für Österreich. Ein Beitrag zur Sakralkultur im Zeitalter Kaiser Maximilians I. In: Walter Höflechner u. a. (Hgg.): Domus Austriae. Festgabe für Hermann Wiesflecker zum 70.Geburtstag. Graz 1983, S.137-158.
- Ursula Fischer Pace: Kunstdenkmäler in Rom. Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1988.
- Bernhard Hanssler: Der Deutsche Campo Santo in Rom. Deutscher Boden und Heiliger Boden. München 1974.
- Aloys Schmidt: Das Archiv des Campo Santo Teutonico. Nebst geschichtlicher Einleitung. Freiburg i. Br. 1967.
- Andreas Tönnesmann und Ursula Fischer Pace: Santa Maria della Pietà. Die Kirche des Campo Santo Teutonico. Freiburg i. Br. 1988.
- Anton de Waal: Der Campo Santo der Deutschen zu Rom. Geschichte der nationalen Stiftung, zum elfhundertjährigen Jubiläum ihrer Gründung durch Karl den Großen. Freiburg i. Br. 1896.
- Albrecht Weiland: Der Campo Santo Teutonico in Rom und seine Grabdenkmäler. Rom u. a. 1988.
Weblinks
- Offizieller Auftritt auf den Seiten des Heiligen Stuhls
- Artikel über den Campo Santo Teutonico aus Ohlsdorf - Zeitschrift für Trauerkultur
- Informationen zum Campo Santo Teutonico auf der Internetseite Katholisches Deutschland