Mennoniten
Mennoniten sind eine reformierte christliche Konfession in der Tradition der Täufer. Der Name leitet sich vom friesischen Gründer Menno Simons ab. Anfangs war "Mennoniten" ein Schimpfwort, später wurde der Name von der Gruppe übernommen.
Synonyme und andere Sprachen
Altevangelisch Taufgesinnte, Alttäufer.
Verbreitung
Weltweit gibt es etwa eine Million Mennoniten (Mennonitisches Jahrbuch 1990) in über 60 Ländern, hauptsächlich in Afrika, den Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada.
Aber auch in Südamerika sind im 20. Jahrhundert zahlreiche Mennoniten-Kolonien entstanden.
Paraguay und Argentinien sind zwei Länder, in denen Mennoniten siedeln. Im zentralen Chaco entstanden drei Kolonien. Zuerst gründeten deutschsprachige mennonitische Einwanderer aus Mexiko die Kolonie Menno mit dem Zentrum Loma Plata. Es folgte die Gründung der Kolonie Fernheim mit dem Zentrum Filadelfia (ursprünglich Philadelphia, = 'Bruderliebe') durch Mennoniten, die unter Stalin aus Russland geflohen waren. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand dann die Kolonie Neuland mit dem zentralen Ort Neu Halbstadt.
Die Kolonien wurden seit ihrer Gründung durch die Bundesrepublik Deutschland gefördert. Auch heute noch sind dort mehrere vom Bundesverwaltungsamt in Köln dorthin vermittelte und entsandte Lehrer tätig. Auch die GTZ (Gesellschaft für technische Zusammenarbeit) ist im Chaco aktiv.
Im deutschen Sprachraum finden sich etwa 80 Gemeinden mit 13.000 Mitgliedern in Deutschland, wobei viele mennonitische Familien in Kleinstädten in NRW in der frühen Neuzeit aus Friesland in den Danziger Raum gewandert sind. Es gibt 16 Gemeinden mit 3000 Mitgliedern in der Schweiz.
In der Schweiz befindet sich die Europäische Mennonitische Bibelschule Bienenberg, in Liestal.
Lehre
Die Mennoniten waren und sind bestrebt, den Inhalt der Bibel zu leben und diese nicht als graue Theorie, sondern als Gebrauchsanweisung für ihr Leben zu sehen. Gute Bibelkenntnis wird von allen Mitgliedern erwartet - in den Anfangszeiten, als Mennoniten oft Analphabeten waren, konnten viele von ihnen große Teile der Bibel auswendig.
Mennoniten gehören zu den Friedenskirchen, die sich an Gewaltlosigkeit und Pazifismus orientieren und vielfach in politischen Krisengebieten diakonisch aufgetreten sind. Manche Mennoniten verweigern jeden Wehrdienst und sogar die Steuern, die für Militärausgaben bestimmt sind, andere leisten Militärdienst.
Ihre Lehre in der Tradition der Täufer beinhaltet:
- Bekehrung und Wiedergeburt: Um das Heil in Jesus Christus anzunehmen, muss ein Mensch sich bekehren. Die Bekehrung ist die bewusste Abkehr vom Leben unter der Macht der Finsternis und der Sünde und die Hinkehr zu Gott und zum Leben unter seiner Leitung durch Jesus Christus und durch die Wirkung des Heiligen Geistes. Nicht das Bekehrungserlebnis, sondern das Bekehrt sein ist entscheidend.
- Die Glaubenstaufe wird an Erwachsenen vollzogen. Sie kann durch Untertauchen oder Besprengung praktiziert werden. Immer ist sie ein öffentliches Bekenntnis der Bekehrung und der Wiedergeburt Gott und den Menschen gegenüber. Durch die Taufe wird die Bekehrung besiegelt. Sie gehört zur Rettung, weil Jesus sagt: "Wer da glaubt und getauft wird, wird gerettet werden." (Markus (Evangelium) 16,16.
- Gemeindedisziplin: Sündenbekenntnis, Lossprechung von den Sünden, Wiederaufnahme von Sündern in der Gemeinde.
- Das Abendmahl ist ein Gedächtnismahl unter den getauften Gläubigen, das an die Leiden und den Tod Christi erinnern.
Zu den frühesten Glaubensbekenntnissen zählt die am 24. Februar 1527 angenommene Konfession von Schleitheim. Ihre sieben Artikel umfassen:
- die Taufe
- die Exkommunikation
- das Brotbrechen
- die Abtrennung von der Welt
- die Pastoren in der Kirche
- das Schwert
- den Eid.
Gottesdienst und Praxis
Es gibt über zwanzig verschiedene mennonitische Gruppen, die sich bezüglich Lebensweise und religiöser Praxis stark unterscheiden. Gemeinsam ist ihnen die täuferische Tradition und das Engagement in aktiver Friedensarbeit und diakonischer Tätigkeit.
Einige mennonitische Gruppen, zum Beispiel in Kanada, den USA oder Russland, leben in einer ausgeprägten Distanz zum normalen Alltagsleben. Ein bekanntes Beispiel sind die Amischen, die weitestgehend auf den Einsatz moderner Technik verzichten. In einigen Fällen haben sich diese Gruppen auch ihren ursprünglischen niederdeutschen Dialekt erhalten, wie zum Beispiel das Plautdietsch.
Die Mennoniten "an sich" gibt es allerdings nicht. Ursprünglich in die Wildnis von Paraguay ausgesiedelte Gemeinden beispielsweise sind heute modern und weltoffen.
Organisation
Die einzelnen Gemeinden sind unabhängig (kongregationalistisch) und werden als Abbild der neutestamentlichen Gemeinde verstanden. Die Gemeindeleitung liegt in der Regel in den Händen von Ältesten, Predigern und Diakonen.
1990 wurde die Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden (AMG) in Deutschland mit Sitz in Enkenbach-Alsenborn gegründet.
Alle bedeutenderen Mennonitenkirchen (164 Kirchen) sind Mitglieder der Mennonitischen Weltkonferenz.
Geschichte
Während des 16. Jahrhunderts wurden die Mennoniten und anderen Täufer verfolgt. Bis zum 17. Jahrhundert vereinigten sich einige von ihnen mit der niederländischen Staatskirche und veranlassten den Staat zur Einstellung der Verfolgungen.
Die Mennoniten außerhalb der Staatskirche sollten sich dafür entscheiden, die Gemeinschaft mit ihren Brüdern innerhalb der Staatskirche aufrechtzuerhalten. Dies führte zur Spaltung. Diejenigen, die gegen das Verbleiben in der Gemeinde waren, wurden als Amish-People beziehungsweise Amisch bekannt, nach ihrem Gründer Jakob Amman. Die in der Gemeinschaft blieben, behielten die Bezeichnung Mennoniten. Im Lauf der Jahre haben andere Widersprüche zu weiteren Spaltungen geführt; es gab theologische, praktische und auch geographische Gründe. Als zum Beispiel Anfang des 20. Jahrhunderts einige in der Amisch-Gemeinde mit der Einführung der Sonntagsschule und der Evangelisation in ihrer Gemeinde scheiterten, trennten sie sich ab und bildeten die konservative Mennonitenkirche.
Seit dem 16. Jahrhundert lebten auch in Westpreussen viele Mennoniten. Damals wurden die mennonitischen Flüchtlinge aus den Niederlanden aufgenommen, um die Sumpfgebiete des Weichsel-Nogat-Deltas zu kultivieren. Sie haben dort Deiche und Kanäle gebaut und konnten so das Land für eine erfolgreiche Viehzucht nutzen. Da sie den dortigen Städten und den Großgrundbesitzern wirtschaftliche Vorteile brachten, wurde ihre Religion geduldet. Als Westpreussen im Zuge der polnischen Teilungen 1772 unter die preussische Herrschaft kam, hat sich die Situation für die Mennoniten stark verändert. Damals lebten in Westpreussen 12.182 Mennoniten. Die Mennoniten standen mit ihrer Ablehnung des Wehrdienstes dem Wunsch der preussischer König nach einer Vergrösserung ihrer Armee entgegen. Sie wurden zwar vom Wehrdienst befreit, aber ihre weitere Ausbreitung wurde verhindert.
So sind dann viele Mennoniten aus Westpreussen nach Südrussland ausgewandert, weil sie dort bessere Möglichkeiten für ihre wirtschaftliche, religiöse und soziale Entwicklung sahen. 1789 wurden in Chortitza und 1804 in Molotschna mennonitische Siedlungen gegründet. Beide Orte liegen heute in der südlichen Ukraine. Diese Ansiedlungen haben sich wirtschaftlich gut entwickelt und ihre Bevölkerung ist stark angewachsen. Überall in Russland wurden Tochterkolonien gegründet, unter anderem Jazykowo, Fürstenland, Sagradowka, Barnaul und Neu Samara.
Etwa ein Drittel der damaligen mennonitischer Bevölkerung ist 1874 nach der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in Russland nach Kanada, dort vor allem nach Manitoba (Westreserve und Ostreserve) und USA emigriert. Weitere 23.000 sind in den 1920ern ausgewandert.
Während der kommunistischen Herrschaft in Russland wurde die Religionsausübung verfolgt. Viele Mennoniten haben ihren Glauben aber bewahrt und sind nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nach Deutschland gekommen. Heute leben in Deutschland mehr als 200.000 Menschen russlanddeutscher mennonitischer Herkunft. Die Anzahl der von Russlanddeutschen gegründeten mennonitischen Gemeinden übersteigt die der Alteingesessenen bei weitem.
Ökumene
Die meisten Mennoniten sehen sich mit allen Christen verbunden, die Jesus als Herrn bekennen und nach seiner Lehre leben wollen und halten ihre Kirchen für sie offen.
Diese sind Mitglied des Verbandes evangelischer Freikirchen in der Schweiz und in Deutschland sowie in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland.
Ein Großteil der mennonitischen Kirchen sind Mitglieder im Ökumenischen Rat der Kirchen. Von einigen Mennoniten jedoch, insbesondere auch Teilen der Russlanddeutschen, wird jede Kooperation mit Andersgläubigen konsequent abgelehnt. Sie sehen darin eine Verwässerung ihrer Glaubensgrundsätze. Diese machen jedoch inzwischen eine Minderheit aus.
Siehe auch:
- Portal Religion/Freikirchen
- Freikirchen in Ostfriesland
- Eala Freya Fresena -- Loswort der Friesen
- Hutterer
- Täufer
- Vereinigung Evangelischer Freikirchen
Weblinks
- Artikel über und von Mennoniten
- Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden Deutschlands (AMG)
- Jugendwerk Süddeutscher Mennonitengemeinden
- Täuferisch- Mennonitisches Forum
- Neu Samara - Eine mennonitische Siedlung in Russland
- Mennonitisches Wörterbuch (Plautdietsch)
- Plautdietsch-Freunde e.V. (zur Sprache der Russland-Mennoniten)