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Manderlay

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Film
Titel Manderlay
Produktionsland Dänemark, Schweden, Niederlande, Frankreich, Deutschland und USA
Originalsprache englisch
Erscheinungsjahre 2005
Länge 139 Minuten
Stab
Regie Lars von Trier
Drehbuch Lars von Trier
Produktion Vibeke Windeløv
Musik Joachim Holbek
Kamera Anthony Dod Mantle
Schnitt Bodil Kjærhauge und Molly Marlene Stensgård
Besetzung

Fehler bei Vorlage * Parametername unbekannt (Vorlage:Infobox Film): "AF"Manderlay ist ein Film des dänischen Regisseurs Lars von Trier aus dem Jahr 2005. Das Drama ist der zweite Teil von Von Triers Amerika-Trilogie, die mit Dogville (2003) begann und mit dem im Jahr 2007 geplanten Film Wasington abgeschlossen wird. Der Film wurde von mehreren Filmstudios produziert, darunter Zentropa Entertainment, Film i Väst und Memfis Film & Television und startete am 10. November 2005 in den deutschen Kinos.

Handlung

Die USA, im Jahre 1933: Grace Margaret Mulligan und ihr Vater lassen das bis auf die Grundmauern abgebrannte Dorf Dogville hinter sich und machen sich auf den Heimweg nach Denver. Doch das Zuhause für längere Zeit hinter sich zu lassen, ist eine ernste Angelegenheit im Gangstergeschäft und die Mäuse tanzen mittlerweile fröhlich auf dem Tisch umher, während die Katze aus dem Haus war. Graces Vater und seine Handlanger haben deshalb den gesamten Winter über mit der Aufgabe verbracht, nach neuen Jagdrevieren Ausschau zu halten. Während allmählich der Frühling den Winter ablöst, fährt die kleine Privatarmee um Grace und ihren Vater in Richtung Süden, ein letzter Versuch, einen vorteilhaften Ort zu finden, wo die Gruppe sesshaft werden kann. Durch Zufall stoppt ihr Wagen im US-Bundesstaat Alabama vor einem großen Eisengatter, das durch eine starke Kette und ein Vorhängeschloss gesichert ist. Neben dem Gatter thront eine abgestorbene alte Eiche über einem schweren Flussstein, in dessen Granit in großen Buchstaben der Name Manderlay eingehauen ist.

Als Grace, ihr Vater und seine Männer im Begriff sind, nach einer kurzen Pause und einer kleinen Mahlzeit aufzubrechen, rennt eine junge Afroamerikanerin auf das Auto zu. Sie klopft an Graces Fensterscheibe und hämmert schließlich in ihrer Verzweiflung gegen das Glas. Grace verlässt entgegen der Anweisung ihres Vaters den Wagen und folgt dem Mädchen durch das Tor von Manderlay. Hier trifft Grace auf eine Gruppe von Menschen, die so lebt, als wäre die Sklaverei vor siebzig Jahren niemals abgeschafft worden, mit weißen Mastern und dunkelhäutigen Sklaven. Grace beschließt einzugreifen, entgegen der ausdrücklichen Warnung des alten Haussklaven Wilhelm, der seine Angst vor der Zukunft mitteilt, als er sagt: „Auf Manderlay nehmen wir unser Abendessen um sieben Uhr zu uns; um wieviel Uhr essen Menschen, wenn sie frei sind?“

Für Grace bietet sich ein unfassbares Bild in den Feldern von Manderlay. Ein junger Afroamerikaner, Timothy, ist zwischen zwei Zaunpfosten angebunden worden und wird von einem weißen Aufseher ausgepeitscht. Grace gibt ihm die Anweisung, damit aufzuhören, um kurze Zeit später mit der Besitzerin der Plantage konfrontiert zu werden: eine alte Lady, bekannt als Mam, die eine Schusswaffe auf Grace richtet. Die Handlanger ihres Vaters retten sie jedoch aus dieser brenzligen Situation. Wie sich kurze Zeit später herausstellt, ist Mam sehr schwach und im Begriff zu sterben. In ihrem Schlafzimmer bittet sie Grace, von Frau zu Frau und zum Schutz von allen anderen, ein altes Buch zu vernichten, das sie unter ihrer Matratze versteckt hält. Grace weigert sich aber, dieser Bitte nachzukommen. Mam stirbt und Grace findet heraus, dass die Plantage nach diesem handgeschriebenen Buch geführt wurde, Mams Gesetz, scheinbar ein Verhaltenskodex und eine entmenschlichte Chronik, die das Aussehen und das Verhalten von Generationen von Sklaven auf Manderlay zum Inhalt hat.

Grace sieht sich bald in der Pflicht, das den Sklaven widerfahrene Unrecht durch die weiße Bevölkerung wieder gut zu machen. „Wir brachten sie hierher, missbrauchten sie, machten sie zu dem, was sie sind“, entgegnet sie ihrem Vater und beschließt in Manderlay zu bleiben, bis die Sklaven ihre erste eigene Ernte eingeholt haben. Graces Vater verlässt Manderlay nur widerwillig, lässt seine Tochter aber als Unterstützung vier seiner Handlanger vor Ort, sowie einen Anwalt. Er warnt Grace dass er diesmal nicht zur Stelle sein wird, sollte ihr Plan, Manderlay abzuzahlen, scheitern. In der Folge übernimmt Grace eifrig die Aufgabe, das Vertrauen der ehemaligen Sklaven zu gewinnen. Anstatt viel Kraft und Einsatz aufzuwenden, geht sie geduldig und passiv vor, den Einwohnern von Manderlay den Demokratiegedanken allmählich näher zu bringen.

Nach einigen Hindernissen wird das Getreide geerntet und die Dächer der verfallenen Sklavenunterkünfte werden repariert. Auf den Status ihrer ehemaligen Sklaven zurückgesetzt, sind Mams Erben unglücklich mit der neuen Lage, die sich ihnen bietet, während die schwarze Bevölkerung den Ideen der naiven Grace offen gegenübersteht. Nur der stattliche Timothy scheint nicht viel Gefallen an der neuen Situation zu finden und kann die Begeisterung von Grace nicht teilen. In ihrer Frustration überkommen Grace erotische Phantasien, die sich vor allem auf Timothys adlige afrikanische Abstammung konzentriert. Er stammt von den Munsi ab, einem stolzen afrikanischen Stamm. Auch Mutter Natur meint es nicht gut mit Manderlay – die Baumwollernte wird durch einen Sandsturm vernichtet, nachdem auf Graces Anweisung hin die schützende Hecke, die die hohen Bäume im Garten bildeten, entfernt worden war. Die Bewohner der Plantage werden daraufhin von einer Hungersnot bedroht. Bei den verbliebenen Handlangern von Graces Vater wächst das Misstrauen und die ehemaligen Sklaven sind unwillig, die Grundzüge der Demokratie auf nüchternen Magen kennenzulernen. Die Lage auf Manderlay verschlechtert sich zusehends und seine Bewohner müssen – um nicht zu verhungern – sich vom Schmutz und Dreck ernähren, den der rote Wüstensand hergibt.

Der Konflikt auf der Plantage spitzt sich zu und eskaliert in einer grausamen Tragödie. Claire, die Tochter von Jack und Rose, zwei ehemaligen Sklaven, wird tot in ihrem Bett aufgefunden. Ihr Körper ist ausgemergelt und besteht nur noch aus Haut und Knochen, obwohl ihre Eltern auf ihre Nahrungsrationen verzichteten und sie für Claire aufbewahrten. Es stellt sich heraus, dass die alte Wilma, selbst vom Hunger erschöpft, der Versuchung erlag, Claires Rationen durch das offene Fenster zu stehlen, während die Familie schlief. „Ich bin alt, ich war so hungrig und ich habe so viel Erde in meinem Leben essen müssen“, erklärt Wilma weinend. Die Gemeinschaft muss sich daraufhin einigen, wie sie Wilma bestrafen soll. Das Gericht kommt am nächsten Tag zusammen. Keiner der schwarzen Einwohner Manderlays hat Erfahrung darin, Justiz auszuüben. Doch alle verstehen instinktiv, dass es sich um eine äußerst ernste Angelegenheit handelt, die eine Entscheidung über Leben oder Tod erfordert. Jeder wird im Fall von Wilma um sein Urteil gebeten. Als die Mehrheit beschließt, dass Wilma verdient zu sterben, bürdet sich Grace die schwere Last auf ihre Schultern auf und entscheidet, das Urteil selbst zu vollstrecken. Sie tut dies mit dem Gedanken, nicht wie von Jack gefordert Rache nehmen zu wollen, sondern lässt die entnervte Wilma friedlich einschlafen, bevor Grace die Hinrichtung mit einer Pistole an die Schläfe ausführt.

Allmählich entgleitet Grace die Kontrolle über Manderlay. Während sie sich auf der Suche nach Antworten an Mams handgeschriebenes Gesetzbuch wendet, ist es wieder einmal an Wilhelm, die qualvollen Resultate aufzuzeigen, die Graces Idealismus und die eingeführte Demokratie und Freiheit den Sklaven eingebracht haben. Er überbringt Grace die Nachricht, dass die ehemaligen Sklaven darüber abgestimmt haben, dass sie ihre neue Mam sein soll. Sie erwarten von ihr, die alten Machtverhältnisse wieder einzuführen und Gewalt als Mittel der Überzeugung anzuwenden. In der Zwischenzeit wurden die Tore von der schwarzen Bevölkerung repariert und geschlossen. Die nicht sehr hohen Zäune wurden auf ihren Zustand kontrolliert, um Grace am Weggehen zu hindern. Sie planen, die junge Frau bei sich zu behalten und aus Vorsicht vor etwaigen Fluchtversuchen nicht aus den Augen zu lassen. Um diesem Schicksal zu entrinnen, muss Grace die Mittel und Taktiken gebrauchen, die sie am meisten verachtet.

Entstehungsgeschichte

Nicole Kidman, die in Dogville die wiederkehrende Hauptfigur der Grace Margaret Mulligan porträtierte, wird in Manderlay durch die junge US-amerikanische Schauspielerin Bryce Dallas Howard ersetzt. Der Australierin war es aufgrund von Terminkonflikten nicht möglich, an Lars von Triers zweitem Teil seiner Amerika-Trilogie mitzuwirken, soll aber voraussichtlich im dritten Teil, Wasington, im Jahr 2007 den Part der Grace wieder übernehmen. Ebenso wurde die Rolle von Graces Vater neu besetzt. Während im ersten Teil James Caan in die Rolle des mysteriösen Gangsterbosses schlüpfte, übernimmt in Manderlay Willem Dafoe den Part. In weiteren Nebenrollen sind Lauren Bacall, Zeljko Ivanek, Chloë Sevigny, Udo Kier, Jeremy Davies und Jean-Marc Barr zu sehen, die auch schon im ersten Teil Rollen bekleideten. Dem Erzähler leiht erneut der britische Schauspieler John Hurt seine Stimme.

Wie auch Dogville, basiert Manderlay auf einem Original-Drehbuch Von Triers, das der Däne verfasste, obwohl er noch nie in seinem Leben die USA bereist hat. Dieser Punkt wird vor allem in den USA kritisch angemerkt. Während Lars von Trier bei Dogville seine Ideen aus Bertolt Brechts Dreigroschenoper schöpfte, amerikanisierte er bei der Arbeit an dem Skript zu Manderlay erneut einen ausländischen Stoff. Der Name Manderlay für einen herrschaftlichen Landsitz ist in leicht variierter Schreibweise dem von Alfred Hitchcock verfilmten Roman Rebecca von Daphne du Maurier entlehnt; die Szene am verschlossenen Tor des Landguts spielt auf die Schlusssequenz des Hitchcock-Klassikers an. Als Quelle der Inspiration diente ferner der Roman Geschichte der O, den die französische Schriftstellerin Pauline Réage unter Pseudonym 1954 veröffentlichte. Der sadomasochistische Roman ist eine weibliche Unterwerfungsfantasie über eine Pariser Mode-Fotografin, die freiwillig und mit großer Leidenschaft einen Ort aufsucht, an dem sie durch Gewalt sexuell dominiert und unterworfen wird und daraus schließlich ihre sexuelle Befriedigung schöpft. Von Trier ließ sich bei seiner Arbeit auch von einer wahren Begebenheit beeinflussen, die sich 1838 auf der Karibik-Insel Barbados zutrug. Schwarze Sklaven, die durch das Gesetz für frei erklärt wurden, baten ihren ehemaligen Master, sie erneut in seine Dienste zu stellen. Als dieser sich weigerte, wurde er mitsamt seiner Familie getötet. Die ehemaligen Sklaven zogen wieder zurück in ihre alten Quartiere und verrichteten ihre Arbeit, als wäre nichts geschehen.

Wie auch der erste Teil, steht Manderlay ganz im Zeichen einer minimalistischen Theaterdekoration. Bis auf das majestätische Herrenhaus sind nur vereinzelt im Szenenbild Requisiten verwendet worden. Häuser oder Straßen werden mit Kreidezeichnungen am Boden angedeutet. Der Film kann, wie auch sein Vorgänger, als Abhandlung über die Ausbeutung eines hilfsbedürftigen Einzelnen durch die gnadenlose, selbstgierige und heuchlerische Gesellschaft verstanden werden, in der jeder Einzelne letztlich nur Vorteile für sich selbst sucht. Von Trier greift in seinem Skript aber auch die aktuellen Geschehnisse im Irak auf, indem er der Frage nachgeht, welche Vorteile Menschen eine aufgezwungene Demokratie bringt, wenn sie nicht darauf vorbereitet sind, sie auszuüben.

Gedreht wurde Manderlay, wie schon Von Triers vorangegangene Werke Dancer in the Dark und Dogville, in der schwedischen Stadt Trollhättan. Die Dreharbeiten begannen am 1. März 2004 und verschlangen geschätzte 11,8 Mio. Euro (14,2 Mio. US-Dollar).

Kritiken

  • „Im Gegensatz zu Dogville lässt einen das Gezeigte ... erstaunlich kalt, die emotionalen Extremmomente, für die von Trier berüchtigt ist, fehlen trotz einer Fast-Vergewaltigung weitgehend. Das liegt nicht zuletzt an Howard, die zwar solide spielt, aber einfach keine Kidman ist. Lars von Trier überrascht uns somit einmal mehr – mit seinem ersten langweiligen Film.“ (Basellandschaftliche Zeitung)
  • „Am anstrengendsten ... ist die besserwisserisch lehrerhafte Haltung Lars von Triers, die in der Geschichte permanent durchblitzt. Wie eine Erlösung wirkt deshalb nach ca. 130 Minuten die Abspannmusik David Bowies mit seinem Song ‚Young Americans‘, die auch schon in ‚Dogville‘ im Abspann zu hören war.“ (Arte)

Anmerkungen

  • Der US-amerikanische Schauspieler John C. Reilly hatte ursprünglich für die Rolle des Dr. Hector unterzeichnet, wurde jedoch während der Produktion durch den Slowenen Zeljko Ivanek ersetzt. Ein Esel kam während der Dreharbeiten zu Tode und das US-amerikanische Magazin Entertainment Weekly berichtete, dass dies der Grund für Reillys Ausstieg aus dem Projekt gewesen sei, obwohl sich der Schauspieler nie öffentlich über die Gründe äußerte. Der Executive Producer Peter Aalbæk Jensen sagte schwedischen Medien gegenüber: „die Menschen sollten sich nicht daran stören – stattdessen sollten sie an die Situation in der Dritten Welt denken.“ Bei den Dreharbeiten wurde nicht das schwedische Gesetz verletzt, nach dem Tiere in Filmproduktionen getötet werden dürfen, so lange ein Tierarzt die Tötung vornimmt. Regisseur Lars von Trier nahm später die Szene aus dem Film, um Protesten von Tierschutzorganisationen zuvor zu kommen. Der Regisseur sagte, er wollte nicht die Aufmerksamkeit vom Inhalt des Films ablenken.
  • Von den zwölf im Film porträtierten Sklaven, wurden neun durch britische Schauspieler besetzt, da afroamerikanische Schauspieler aufgrund des brisanten Plots dem Projekt fern blieben.
  • Danny Glover lehnte die Rolle des Wilhelm zunächst ab.
  • Als Vibeke Wendeløv für das Casting von Manderlay in die USA reiste, bekam sie den Tipp, dass Danny Glover möglicherweise an einer Zusammenarbeit mit Lars von Trier interessiert sein könnte. Sie flog sofort nach Salt Lake City, um sich mit Glover in einem Hotel zu treffen. Nach einem langen Gespräch über das Projekt, bat Danny Glover um eine Kopie des Films Dogville, um sich näher über den bevorstehenden zweiten Teil zu informieren. Wendeløv gab dem Schauspieler einen tragbaren DVD-Player und verließ ihn dann für die Nacht. Um sechs Uhr morgens rief Glover die Produzentin in ihrem Hotelzimmer an und sagte, sie hätte sofort zu kommen, da die Batterie des DVD-Player 20 Minuten vor Filmende ausgefallen sei. Schnell begab sie sich mit einer Ersatzbatterie auf den Weg zu ihm und, nachdem Glover das Ende des Films gesehen hatte, sagte er zu, in Manderlay eine Rolle zu übernehmen.

Auszeichnungen

Manderlay feierte seine Premiere, wie schon Von Triers vorangegangene Werke Breaking the Waves (1996), Dancer in the Dark (2000) und Dogville (2003), am 16. Mai 2005 bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes. Der Film lief im Wettbewerb, unterlag jedoch dem Drama Das Kind des belgischen Brüderpaares Luc und Jean-Pierre Dardenne. Ende Oktober gewann der Film beim Internationalen Filmfestival von Valladolid den Sonderpreis gemeinsam mit Michael Hanekes Thriller Caché.

Internationale Filmfestspiele von Cannes 2005:

nominiert für die Goldene Palme als bester Film

Internationales Filmfestival von Valladolid 2005:

Sonderpreis