Landwirtschaft

Landwirtschaft ist die professionelle Erzeugung von Nahrungsmitteln, Futter, Fasern und anderen pflanzlichen oder tierischen Produkten auf einer bewirtschafteten Fläche. Der Anbau von Pflanzen (Ackerbau, Gartenbau, Obstbau, Weinbau) und die Nutzung und Zucht von domestizierten Tieren (Viehzucht) dienen auch zur Rohstoffgewinnung für Industrieprodukte. Eine Person, die erwerbsmäßig Landwirtschaft betreibt, bezeichnet man als Landwirt.
Einordnung
Allgemein
Die Landwirtschaft umfasst:
- Subsistenzwirtschaft. Hierbei produziert der Landwirt genug Nahrungsmittel für sich und seine Familie (jedoch nicht mehr).
- Die Produktion eines finanziellen Einkommens durch Landkultivierung oder kommerzielle Viehzucht (generell in den sogenannten "entwickelten" Ländern und in anderen Ländern ebenfalls mehr und mehr).
- Neben Nahrungsmitteln und Futter nimmt die Produktion von anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Zierpflanzen, Düngemittel, Leder, industriellen Chemikalien (Stärke, Ethanol, Farbstoffe und Plastik), Fasern (Baumwolle, Wolle, Hanf, Naturseide und Flachs), Kraftstoffen (Methan, Biodiesel, Biomasse) sowie zugelassenen medizinischen Wirkstoffen (Biopharmaceutica, legalen Drogen (Alkohol, Tabak) und verbotenen Drogen (Marihuana, Opium, Kokain) zu. Auch die Produktion genetisch veränderter Pflanzen und Tiere nimmt zu.
Der Begriff der Landwirtschaft wird in Deutschland grundlegend durch § 201 Baugesetzbuch (BauGB) geregelt.
In den Wirtschaftswissenschaften wird die Landwirtschaft als Primärsektor (auch: Urproduktion) bezeichnet. Dabei ist die Landwirtschaft eingeordnet in ein komplexes Geflecht an Kunden-Lieferanten-Beziehungen innerhalb des Agribusiness. Die Betriebswirtschaftslehre bezieht sich in vielen Grundlagen auf die landwirtschaftliche Produktion.
Probleme der konventionellen Landwirtschaft
Ein bedeutendes Problem der konventionellen Landwirtschaft ist der Rückgang der staatlichen Beihilfen im Ackerbau und in der Bullenhaltung. Ein weiteres Problem sind die steigenden Preise für landwirtschaftliche Betriebsmittel bei sinkenden oder stagnierenden Erzeugerpreisen. Auch Wettbewerbsverzerrungen durch unterschiedliche Produktionsauflagen innerhalb der EU belasten die heimische Landwirtschaft. Dies führt zu geringeren Betriebseinkommen. So bleiben den meisten Landwirten nur wenige Möglichkeiten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Entweder sie geben ihren landwirtschaftlichen Betrieb auf oder sie steigern die Produktion durch Vergrößerung der zu bewirtschaftenden Fläche, was gleichzeitig die Aufgabe anderer Landwirte voraussetzt.
Eine weitere Möglichkeit liegt in der Spezialisierung. Aus dieser Spezialisierung heraus können leistungsfähige Kleinunternehmen entstehen, die in bestimmten Regionen einen wichtigen Wirtschaftszweig darstellen.
Die Versorgung der Bevölkerung mit preiswerten, da bislang subventionierten Nahrungsmitteln ist auch eine Grundlage unseres Wohlstandes. In den letzten Jahrzehnten ist der Anteil des Einkommens, der für Nahrungsmittel ausgegeben wurde, kontinuierlich gesunken - so steht mehr Geld z. B. für Wohlstandsgüter, Mieten und fossile Brennstoffe (Mobilität, Heizung) zur Verfügung.
Bedeutung in verschiedenen Ländern
Deutschland
Im Jahr 2003 gab es in Deutschland ca. 420.000 landwirtschaftliche Betriebe ab 2 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche (2005 366 600). In diesem Bereich waren rund 1,3 Millionen Personen haupt- oder nebenberuflich beschäftigt, was 560.000 Vollzeitarbeitsplätzen entsprach.
Insgesamt wurden 17 Millionen ha Boden landwirtschaftlich genutzt (das sind ca. 49,3 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands). Davon entfielen auf die Pflanzenproduktion rund 11,8 Millionen Hektar und auf Dauergrünland rund 5 Millionen Hektar. Im Vergleich dazu spielen Obstanlagen, Baumschulen und Weihnachtsbaumkulturen hinsichtlich des Flächenverbrauchs keine große Rolle.
Schweiz
Die Schweizer Landwirtschaft befindet sich in einem signifikanten Wandel. Von 1990 bis 2005 haben die Bauernhöfe von 93.000 auf 65.000 und die Beschäftigten in der Landwirtschaft von 254.000 auf 190.000 abgenommen. Gleichzeitig sind die Einkommen in dieser Zeit um rund 30 % gesunken, während die Konsumenten 14 % höhere Preise bezahlen mussten. 40 % der Betriebsleiter fehlt eine Zukunftsperspektive. 11 % der gesamten Kulturfläche werden als ökologische Ausgleichsfläche bewirtschaftet. Es werden 30 % weniger Pflanzenschutzmittel und 68 % weniger Mineraldünger als vor 15 Jahren eingesetzt. 6114 Landwirtschaftsbetriebe sind zertifizierte (Bio-Knospe-Label) Biobetriebe (2005). Im Durchschnitt kauft jeder Schweizer für fast 160 Franken Bioprodukte pro Jahr, was gemäss Bio Suisse Weltrekord bedeutet.
Durch die Agrarpolitik (AP) 2011 wird eine weitere Verringerung der landwirtschaftlichen Produktion angestrebt. Die WTO-Verhandlungen und ein Freihandelsabkommen mit den USA sind in ihren Auswirkungen auf die Landwirtschaft noch nicht absehbar.
Produktion
Bereiche

Generell kann die Landwirtschaft in zwei Produktionsrichtungen eingeteilt werden:
- Viehhaltung
- Pflanzenproduktion (Agrikultur, Agrarwesen)
Welche dieser Formen lokal überwiegt, ist vom Standort abhängig: Auf leichten Standorten (schlechter Boden) ist die Viehhaltung konkurrenzkräftiger, während auf besseren Böden die Pflanzenproduktion wirtschaftlicher ist.
Ziele
- Ernährungssicherung durch die Erzeugung von Lebensmitteln,
- Schonung der natürlichen Ressourcen Boden, Wasser und Luft,
- infrastrukturelle, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Belebung der ländlichen Räume,
- Pflege der Kulturlandschaft und Erhalt der Artenvielfalt,
- Erzeugung regenerativer Energien
Formen der Landwirtschaft
- historische Landwirtschaft
- bis zur Erfindung des mineralischen Düngers
- traditionelle Landwirtschaft
- bis ca. 1960
- Hierunter fallen die meisten deutschen landwirtschaftlichen Betriebe, man nennt sie auch Familienbetriebe. Der Betrieb ist nur so groß, dass ihn die Familie ohne weitere Mitarbeiter bewirtschaften kann.
- verknüpft 'altes' und 'neues' Wissen und will die negativen Wechselwirkungen der industriellen Landwirtschaft vermeiden.
- erzielt hohe Ernteerträge durch Züchtung spezieller Sorten (in einigen Staaten auch bereits unter Einsatz der Gentechnik), durch Monokultur, sowie den Einsatz von Futtermitteln, Kunstdünger, Insektiziden, Fungiziden, Herbiziden und Wachstumsregulatoren (den so genannten Pflanzenschutzmitteln). Der intensive Einsatz der genannten Produktionsfaktoren dient der stetigen Ertragssteigerung, kann aber zu negativen Wechselwirkungen mit der Natur (Umweltschutz) und den erzeugten Lebensmitteln führen (Fragen zu Rückständen in Nahrungsmitteln).
Die Agrar- und Ernährungswissenschaftliche Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel führt seit Sommer 2003 einen auf mehrere Jahre ausgelegten Vergleich von Produktionsformen durch, dessen Ergebnis in der aktuellen Diskussion hilfreich sein kann.
Methoden
Hinsichtlich der Produktionsmethoden wird heute unterschieden in:
- Biologische Landwirtschaft bzw. Ökologische Landwirtschaft
- Biologisch-dynamische Landwirtschaft beruft sich auf die Anthroposophie und verwendet kosmische Rhythmen. Sie erfüllt die Kriterien der Biologischen Landwirtschaft.
- Konventionelle Landwirtschaft mit der Unterform der integrierten Landwirtschaft
- Permakultur
- Synergistische Landwirtschaft
Politik
Hauptartikel: Agrarpolitik in Deutschland
Die Landwirtschaft in Deutschland, Europa und weltweit befindet sich in einem tiefen Umbruch: Große Erfolge in der Produktivitätssteigerung auf der einen Seite stehen ungleicher Verteilung, Preisdumping, zahlreichen Betriebsaufgaben sowie ökologischen Problemen gegenüber. Die seit 1992 eingeleiteten Reformen der europäischen Agrarpolitik mit einem komplexen System von Ausgleichszahlungen konnten Fehlentwicklungen nicht verhindern. Die gegenwärtige Situation ist für die soziale Lage der landwirtschaftlichen Familien, für die Volkswirtschaft und für die ökologische Situation von Boden-, Gewässer- und Tierschutz mit hohen Belastungen verbunden. Die große Zahl der Betriebsaufgaben ist Zeugnis einer existenziellen Not. Die in der Öffentlichkeit heftig diskutierten Krankheiten bzw. Skandale – BSE-Krise, Maul- und Klauenseuche – sind keine Einzelphänomene, sondern sind teilweise Ausdruck von Strukturproblemen der Landwirtschaft in der Zerreißprobe zwischen ökonomischen und ökologischen Erfordernissen.
Zugleich ist die weltweite Krise der Landwirtschaft ein Kernproblem globaler Gerechtigkeit: Während auf den Weltmärkten ein Überschuss an Nahrungsmitteln herrscht, die Preise immer weiter fallen und subventionierte Überschussprodukte aus den USA und der EU die Eigenproduktion von Nahrungsmitteln in Entwicklungsländern zurückdrängen, ist es nicht gelungen, das Problem der Welternährung zu bewältigen. Der rapide Verlust an fruchtbarem Boden und der bedrohliche Rückgang der Verfügbarkeit von Wasser, das zu 70 % in der Landwirtschaft verbraucht wird, ist schon heute eine der primären Armutsursachen. Wirksame Armutsbekämpfung für die 800 Millionen hungernden Menschen ist nicht möglich ohne eine tiefgreifende Reform der globalen Agrarpolitik.
Geschichte
Hauptartikel: Agrargeschichte
Der systematische Anbau von Pflanzen begann vermutlich vor rund 12.000 Jahren am Ende der letzten Eiszeit. Es ist wahrscheinlich, dass die Entwicklung nahezu gleichzeitig in Amerika, China und dem Nahen Osten einsetzte. Dabei werden die Veränderung des Klimas durch das Ende der Eiszeit, das Bevölkerungswachstum und die beginnende Sesshaftigkeit als sich begünstigende Faktoren angesehen.
Im 8. Jahrhundert wurde der Ackerbau auf die Dreifelderwirtschaft umgestellt. Die bis dahin verwendeten Ochsen wurden durch Pferde ersetzt, wodurch schwere Eisenpflüge eingesetzt werden konnten.
Durch die Entdeckung Amerikas 1492 entwickelte sich ein reger, weltweiter Austausch an Agrarprodukten, der für nahezu alle Völker einschneidende Änderungen bewirkte (Columbian Exchange).
Aktuelle Diskussion
Die landwirtschaftliche Produktion von Erneuerbaren Energieträgern kann nicht mehr leisten als den durch die Sonne gegebenen Energieeintrag. Solange die Nicht-Bilanzierung der Nutzung von fossilen Brennstoffen in unseren Wirtschaftssystemen anhält, kann jede Form der landwirtschaftlichen Produktion von regenerativen Energieträgern (unabhängig von ihrer Nachhaltigkeit) nicht mit der Nutzung der fossilen Energiegewinnung konkurrieren.
Das Prinzip der Nachhaltigkeit ist in Deutschland gesetzlich festgeschrieben.
Siehe auch
- Portal:Land- und Forstwirtschaft,
- Liste landwirtschaftlicher Geräte und Maschinen,
- Agrarpolitik,
- Forstwirtschaft,
- Landwirt,
- Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz,
- Food and Agriculture Organization,
- Haupterwerbsbetrieb,
- Nebenerwerbsbetrieb,
- Zuerwerbsbetrieb
Literatur
- Günter Rohrmoser: Landwirtschaft in der Ökologie- und Kulturkrise. Gesellschaft für Kulturwissenschaft, Bietigheim/Baden 1996, ISBN 3-930218-25-9
Weblinks
- Verzeichnis zum Thema Landwirtschaft
- Agrarpolitischer Bericht der Bundesregierung 2006
- Materialien zum Thema Landwirtschaft der CMA
- Statistiken zur Landwirtschaft in Deutschland
- information.medien.agrar (i.m.a) e.V. - Unterrichtsmaterial für allgemein bildende Schulen über Landwirtschaft
- "Kritischer Agrarbericht" des AgrarBündnis e.V.
- Situationsbericht des Deutschen Bauernverbandes
- Informationen zur Schweizer Landwirtschaft
- Greenpeace zum Thema Landwirtschaft
- Die Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft (FNL) zum Thema "Nachhaltige Landwirtschaft"
- Landwirtschaftliche Bodenkarte Österreichs - EBOD