Volto Santo von Lucca
Der Volto Santo von Lucca ist ein hölzernes Kruzifix im Dom San Martino in Lucca. Es wird seit dem Mittelalter als Reliquie verehrt. In Lucca nimmt es die Stellung eines Stadtpatrons ein, dessen Fest am 14. September, dem Fest der Kreuzerhöhung, begangen wird.
Der Volto Santo zeigt den Gekreuzigten im langen Gewand (Colobium), mit Bart, langem Haar und geöffneten Augen. Das Kruzifix wird im Südschiff des Doms in einem freistehenden Tempel von Matteo Civitali von 1484 gezeigt. Das heutige Kreuz ist vermutlich die Kopie eines älteren, das sich dort im 11. Jahrhundert schon befand.
Nach einer mittelalterlichen Legende wurde das Kreuz von Nikodemus geschnitzt und stellt das wahre Antlitz Chisti dar. Es soll auf wunderbare Weise auf einem führerlosen Schiff nach Luni gelangt sein und dort, da man sich nicht über seine Ausstellungsort einigen konnte, auf einen Ochsenkarren ohne Lenker gelegt worden sein, der erst in Lucca zum halten kam.

Seit dem 12. Jahrhundert wurde das Kreuz von Pilgern als Zwischensstation auf dem Weg nach Rom aufgesucht und sein Bild in Nordeuropa verbreitet. Es gibt mehrere ähnliche Kreuze, die auf das Vorbild auf Lucca zurückgehen. Dazu gehören das Triumphkreuz im Dom von Münster und das Braunschweiger Imervard-Kreuz.
Das Siegelbild der Stedinger aus dem 13. Jahrhundert zeigt eine Christus-Statue vom Volto Santo -Typ. Die Statue befand sich westlich der Berner Kirche und wurde von der Communitas Stedingorum kultisch verehrt. Die Existenz dieser Statue war eine der Ursachen für den Kreuzzug , den der Bremer Erzbischof Gerhard II. 1229 -1234 gegen die Stedinger führte. (Vgl. Johannes Göhler, Wege des Glaubens, Stade 2006) Der Volto Santo hat die Entwicklung der Kümmernis-Legende beeinflusst. Dies haben G. Schnürer und J. M. Ritz in ihrem großen Werk St. Kümmernis und Volto Santo (Düsseldorf 1934) gezeigt.