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Pädophilie

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Pädophilie (von griech. pais Knabe, Kind, und philia Freundschaft) nennt man die primäre erotisch-sexuelle Neigung zu Personen vor der Geschlechtsreife (im folgenden "Kinder" genannt). Manchmal spricht man heute auch von Pädosexualität.

Die primäre sexuelle Neigung zu männlichen Kindern wird als Päderastie bezeichnet. Diese wiederum ist von Ephebophilie zu unterscheiden, die als eine primäre Neigung zu männlichen Jugendlichen (also nach Beginn der Pubertät) definiert wird.

Eingeführt wurde der Begriff (als "Paedophilia erotica") 1896 durch den Wiener Psychiater Richard von Krafft-Ebing in dessen berühmter Psychopathia sexualis. Im wesentlichen ist es bei seiner Definition geblieben. Für Pädophilie werden folgende Merkmale aufgeführt:

  • das sexuelle Interesse gilt Kindern, die sich vor oder zu Beginn der Pubertät befinden
  • das sexuelle Interesse ist dabei primär, d.h., ausschließlich bzw. überwiegend und ursprünglich auf Kinder ausgerichtet
  • das sexuelle Interesse ist zeitlich überdauernd

Bisweilen wird in Definitionen zusätzlich ein Altersunterschied von mindestens 5 Jahren aufgeführt, um so sexuelles Interesse von Kindern und Jugendlichen an Kindern nicht zu pathologisieren. Dem entgegen steht jedoch die Beobachtung, dass sich eine pädophile Orientierung bereits in der Adoleszenz - oder in der Kindheit - heranbildet.

Pädophilie liegt dann nicht vor, wenn zwar ein sexuelles Interesse an Kindern besteht, dies aber nicht primär ist. Es gilt als empirisch abgesichert, dass sehr viele erwachsene Männer auch durch Kinder sexuell stimulierbar sind (Hall et. al 1995, Freund und Watson 1991 und Quinsey et al. 1975), ihr primäres sexuelles Interesse jedoch Erwachsenen gilt während dies bei Pädophilen jedoch primär bei Kindern liegt.

Die Bezeichnung "Pädophilie" wird - vor allem im englischsprachigen Raum anders (stärker vom Missbrauchsaspekt her argumentierend) und in den Medien oft nicht im streng wissenschaftlichen Sinne verwendet:

  • durch die Annahme, dass ein Täter bei sexuellem Missbrauch von Kindern immer pädophil sei - es existieren bei sexuellem Missbrauch aber auch andere Motivlagen;
  • durch die Anwendung der Bezeichnung auch auf sexuelle Handlungen oder Wünsche, die auf Jugendliche und nicht auf Kinder gerichtet sind.

In diesen Fällen spricht man bisweilen auch von "Pseudopädophilie", originäre Pädophile werden zur besseren Abgrenzung auch als strukturiert pädophil bezeichnet, da ihre Orientierung fest in der Persönlichkeitsstruktur verankert ist.

Phänomenologie

Über die Anzahl der Pädophilen gibt es keine zuverlässigen Angaben. Vorsichtige Schätzungen gehen von 50.000 bis 200.000 pädophilen Menschen in der Bundesrepublik Deutschland aus.

Nach Beobachtungen sind über 80 Prozent der Pädophilen auf Jungen orientiert. Unklar ist, ob auf Mädchen orientierte Pädophile lediglich in geringerer Zahl öffentlich in Erscheinung treten und so eine Gleichverteilung der Geschlechtspräferenz unter Berücksichtigung dieses Dunkelfeldes vorliegt.

Nach Studien von Coxell et al. (1999) haben 13 % der Knaben sexuelle Kontakte zu pädophil oder päderastisch veranlagten Männern gehabt. 5,3 % der befragten Männer berichteten, dass sie als Kind unfreiwillige Sexualkontakte mit einem Mann gehabt hätten, der beträchtlich älter war als sie. (Näheres im Artikel Sexueller Missbrauch von Kindern.)

Alter des Kindes

In wissenschaftlichen Definitionen ist überwiegend die Pubertät im Sinne der Geschlechtreife ('Gonadarche') als Grenze für den Altersbereich der betroffenen "Kinder" im Zusammenhang mit Pädophilie zu finden. Dieses Alter liegt heute fast überall unterhalb des gesetzlichen Schutzalters (als die einschlägigen Gesetze entstanden, war dies aber häufig umgekehrt). Entgegen der Definition versteht man unter einem Kind aber üblicherweise eine Person vor oder zu Beginn der Pubertät. Problematisch an dieser Grenzziehung ist, dass die Pubertät als eine sichere Marke erscheint, dies aber nur scheinbar so ist. Die Ausprägung der sekundären Geschlechtsmerkmale setzt bei Kindern zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten ein. Zwar kann man sie im Prinzip durch Augenschein feststellen, aber die Vorstellung, mit der Pubertät werde die Sexualität gleichsam im Kinde "eingeschaltet" oder wenigstens "umgeschaltet", scheint nicht haltbar zu sein. Vielmehr beginnt die sexuelle Entwicklung bereits viel früher im sechsten bis achten Lebensjahr und führt bei großer Varianz im Durchschnitt bereits mit zehn Jahren zu einem erotischen Interesse.

Das primäre Interesse der Pädophilen ist auf Kinder zwischen 4 und 14 Jahren ausgerichtet, wobei es zwei Gipfel in der Alterspräferenz gibt: der eine Gipfel liegt bei 5-6 Jahren, der andere bei 11-12 Jahren. Das sexuelle Begehren ist beim konkreten Pädophilen in der Regel auf einen Alterabschnitt in diesem Bereich - und nicht den gesamten Bereich - orientiert. Es erlischt oft spätestens bei der Ausprägung sekundärer Geschlechtsmerkmale beim Kind.

Sexuelles Interesse

Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht bei der Pädophilie die primäre sexuelle Ausrichtung auf Kinder. Im Unterschied zu anderen Sexualitäten ist dies nicht zwingend koital ausgeprägt; Pädophile können bereits durch Situationen erregt und befriedigt werden, in denen kein Körperkontakt zu einem Kind besteht. Bei Situationen mit Körperkontakt wird bereits das Berühren des Kindes allein als erregend empfunden, ohne dass diese Berührungen im Genitalbereich stattfinden müssen. Der Wunsch nach Geschlechtsverkehr ist bei Pädophilen nur selten anzutreffen. Lautmann spricht hier von einer völlig eigenständigen Sexualform.

Parallel zum sexuellen Interesse ist bei Pädophilie ein Bedürfnis nach emotionaler Nähe zu Kindern festzustellen. Manche Pädophile empfinden ihr Leben als unvollständig und emotional destabilisierend, wenn ihr Wunsch nach emotionaler Nähe keine Erfüllung findet. Es wird daher vermutet, dass Pädophile vermehrt im pädagogischen Bereich beruflich aktiv sind.

Das Bedürfnis nach körperlicher und emotionaler Nähe ist individuell sehr verschieden ausgeprägt und gewichtet. Die Bedürfnislagen können sowohl einzeln als auch zusammen im Vorder- oder Hintergrund stehen. In den 1970er und 1980er Jahren wurde das sexuelle Interesse an Kindern von pädophilen Organisationen noch weitgehend verneint und Pädophilie als Kinderliebe dargestellt. Mittlerweile finden dort auch die sexuellen Aspekte Beachtung.

Strafrechtlicher Aspekt

Pädophilie als nicht aktiv ausgeübte sexuelle Orientierung wird strafrechtlich nicht verfolgt. Problematisch wird es, wenn es zu sexuellen Handlungen mit Kindern kommt. Dies ist als sexueller Missbrauch von Kindern unter Strafe gestellt. Weiterhin steht in Deutschland der Besitz von Material, das Kinder in sexuellen Handlungen oder Positionen zeigt (Kinderpornografie), seit 1993 unter Strafe (siehe Kinderpornografie).

Vermutlich wegen der juristischen Konsequenzen und der Gefahr einer Schädigung der Kinder vermeidet ein großer Teil der Pädophilen sexuelle Kontakte zu Kindern. Der Anteil pädophiler Täter am sexuellen Missbrauch von Kindern wird auf 2 bis 10 Prozent eingeschätzt (Kinsey-Report, Lautmann, Brongersma, Groth). Internationale Studien belegen, dass straffällig gewordene Pädophile mit etwa 40 bis 50 Prozent im Gegensatz zu anderen Sexualstraftaten (im Mittel: 22 Prozent) ein deutlich höheres Rückfallrisiko für einschlägige Delikte haben (Egg 2001). Allerdings neigen Pädophile eher zu minderschweren sexuellen Handlungen (vornehmlich genitale Berührungen oder orale Stimulation des Kindes), während bei regressiven Tätern Geschlechtsverkehr mit Kindern häufig über einen länger andauernden Zeitraum zu beobachten ist (Deegener). Die Anwendung von Gewalt ist bei Pädophilen selten anzutreffen. Sie suchen Kontakte mit Kindern in der Regel einverständlich aufzubauen und bedienen sich durch Aufbau eines Vertrauensverhältnisses und durch langsames Vorgehen bei der sexuellen Kontaktanbahnung einer differenzierten Konsensstrategie (Lautmann).

Therapeutischer Aspekt

Die pädophile Orientierung ist tief in der Persönlichkeitsstruktur verankert und lässt sich nicht ohne Schäden an der Persönlichkeit des Betroffenen ändern (man spricht auch von strukturierten Pädophilen). Dennoch ist die Inanspruchnahme externer Hilfe angezeigt, wenn die Gefahr besteht, dass es zu sexuellem Missbrauch von Kindern kommen kann oder wenn der Pädophile unter dem mit seiner Orientierung einhergehenden sozialen Druck zu leiden hat. Hierbei bieten sich Gesprächstherapien an, in denen der Pädophile ausreichend über seine sexuelle Orientierung reflektieren und einen ichsyntonen sowie verantwortungsvollen Umgang mit seiner Orientierung erlernen kann. Ein niederschwelligeres Hilfsangebot wird durch pädophile Selbsthilfegruppen sowie durch Foren zum Gedankenaustausch mit gleich orientierten im Internet geleistet. Neuere Studien zeigen auf, dass Therapien straffällig gewordener Pädophiler die Rückfallwahrscheinlichkeit um etwa 12-17 Prozent senken können (Hanson 2002).

Kontroversen

Seelische Störung oder sexuelle Orientierung?

Die Frage, ob Pädophilie eine "seelische Störung" ist, wird vielfach bejaht. Sowohl in der International Classification of Diseases, Injuries, and Causes of Death ICD als auch in dem einflussreichen amerikanischen Diagnostic and Statistical Manual DSM wird die Pädophilie als seelische Störung aufgeführt. Um diese Tatsache und um die Details der Definition hat sich jedoch eine Diskussion entwickelt, die hier nicht nachgezeichnet werden kann (vgl. Arch. Sex. Behav.). Immerhin kann folgendes festgestellt werden:

  • Es wurde vorgeschlagen, alle Paraphilien, zu denen auch die Pädophilie zählt, aus dem Verzeichnis (DSM) zu streichen, weil die betreffende Definition auf einem Begriff von Devianz beruht, der kein wissenschaftlich medizinisch-psychologischer ist und eine kulturbedingte Wertung beinhaltet. Stattdessen sollen neutraler definierte Begriffe die bisherige Definition ersetzen. (Moser) (Vgl. ICD F66.1)
  • Wenn Pädophilie eine Störung ist, so ist doch nicht klar, um was für eine Störung es sich genau handelt (ja nicht einmal, ob es sich um eine Persönlichkeitsstörung handelt oder nicht). Manche Vorschläge, z.B. der, das Phänomen als Impulskontrollstörung zu bezeichnen (vgl. ICD F63), hängen von Details der (DSM-)Definition ab (die sich ständig geändert hat) und reflektieren isolierte Blickwinkel.
  • Es würde die Diskussion erleichtern, wenn man Pädophilie als sexuelle Orientierung auffasste, doch scheuen davor viele zurück.

Im Hintergrund dieser Debatte steht (als positives oder negatives Beispiel) die analoge Diskussion, die die Homosexualität um 1970 erfahren hat.

Als informed consent bezeichnet man (in den USA) allgemein eine qualifizierte Zustimmung, wie sie zuerst im Arztrecht gefordert wurde. Die Idee ist dabei, dass der Patient keine Blankettvollmacht geben, sondern alle wichtigen Entscheidungen selbst fällen soll, wozu ihm u.a. ein umfassender Informationsanspruch gewährt wird (korrespondierend Aufklärungspflicht). Im Zusammenhang mit sexuellen Handlungen mit Kindern ist mit dem Begriff die Zustimmung des informierten Kindes zu sexuellen Handlungen gemeint. Vermutlich von Finkelhor ist argumentiert worden, Minderjährige könnten sexuellen Handlungen nicht qualifiziert zustimmen, woraus sich das Verbot solcher Handlungen unmittelbar ableite.

  • Halten wir zunächst fest, dass dem Begriff der qualifizierten Zustimmung die zur Beschreibung und Erklärung der Wirklichkeit nötige Konstrukt-Validität fehlt, denn in zahlreichen Untersuchungen führte das konkurrierende Kriterium von Zwang und Gewalt, des weiteren auch der mit Einschüchterung häufig einhergehende enge Familienzusammenhang zwischen Erwachsenem und Kind zu negativen Einschätzungen bezüglich eines möglichen "informed consent".
  • Im angelsächsischen Recht wird "Missbrauch" traditionell als Nötigung und Vergewaltigung (statutory rape) fingiert; zudem liegt die Altergrenze in den USA im wesentlichen bei 18 Jahren. Die Unfähigkeit der Minderjährigen zur Zustimmung wird von den Anhängern dieser Auffassung nie infragegestellt, und es wird auch i.d.R. nicht begründet, warum dies nur auf dem Gebiet der Sexualität so sein soll. Zum Vergleich könnte man eine Untersuchung der Frage heranziehen, wann geistig Behinderten die Fähigkeit zugesprochen werden könne, (eigenverantwortlich) sexuelle Kontakte zu unterhalten. Dabei ergab sich als ein Kriterium ein Intelligenzalter von ungefähr acht Jahren. (Kennedy)
  • Im deutschen Recht ist dies alles freilich irrelevant, denn der Kerntatbestand (§ 176 StGB) bezieht sich gar nicht auf die Willensebene, so dass eine "Einwilligung" als negatives Tatbestandsmerkmal (vgl. Hausfriedensbruch, § 123 StGB) nicht infrage kommt. Auch der Fall der einverständlichen Körperverletzung des § 228 StGB (wie er etwa im SM-Bereich auftritt) stellt keine Parallele zum "informed consent" dar, da es sich hier (von der Altersgrenze abgesehen) um eine normale zwischenmenschliche Kommunikation handelt, die nach der Reform des Sexualstrafrechts keinen Unrechtsgehalt mehr beinhaltet.
Einer Auffassung des § 176 StGB als Gesetz, das den Schutz eines Individualgutes intendiert, stünde auch der verfassungsrechtliche Anspruch des Minderjährigen entgegen, entsprechend seiner tatsächlichen Reife an den ihn betreffenden Entscheidungen beteiligt zu werden, vgl. § 1626 (2) BGB und Art. 12 UN-KRK. Damit kann eine Totalentmündigung kaum als konform angesehen werden, wie sie z.B. in der Ausgestaltung des § 176 StGB als Offizialdelikt zum Ausdruck kommt.
Das Schutzgut des § 176 StGB kann also nur ein Gemeinschaftsgut sein, nämlich die "Sittlichkeit" oder "moralische Weltordnung"; dementsprechend gilt zurecht die Zustimmung des Kindes als belanglos, denn seine Freiheit wird dem Allgemeinwohl aufgeopfert, was um so leichter geht, als das Kind politisch schwach ist (man könnte hier also doch ein Problem des Grundrechtsschutzes sehen). Auf das Problematische der angesprochenen Begründungen und Bewertungen wurde von Jäger (1963) und Baurmann (2002) hingewiesen.

Einvernehmlichkeitsfrage

Dass Kinder sexuellen Handlungen mit Erwachsenen oft zustimmen, gilt in der Sexualwissenschaft als empirisch abgesichert (Sandfort, Coxell et al.). Dennoch werden in der Sexualwissenschaft einvernehmliche sexuelle Handlungen mit Kindern moralisch weitgehend abgelehnt. Dies stützt sich hauptsächlich auf zwei Begründungen:

  • Kinder sind nicht in der Lage, die Konsequenzen sexueller Handlungen zu überblicken und können demnach zwar willentlich (fachl: simple consent), nicht aber informiert (fachl: informed consent) zustimmen (Finkelhor). Problematisch hierbei ist, dass demnach Kinder auch sexuellen Handlungen mit gleichaltrigen Kindern nicht informiert zustimmen können.
  • Martin Dannecker stellte das Modell der Disparität der Wünsche bzw. der Ungleichzeitigkeit auf, nach dem Erwachsene und Kinder in einer sexuellen Beziehung unterschiedliche Wünsche haben und in ihrer sexuellen Entwicklung ungleichzeitig sind. Die sexuellen Wünsche der Erwachsenen korrelieren damit entwicklungspsychologisch nicht mit den Wünschen des Kindes.

Bei Verstößen gegen die Zustimmung des Kindes muss zwischen der einfachen und informierten Zustimmung differenziert werden. Verstöße gegen die einfache Zustimmung entsprechen einer Vergewaltigung bzw. sexuellen Nötigung, während Verstöße gegen die informierte Zustimmung der aktuell vorherrschenden Sexualmoral, nach der sexuelle Handlungen nur mit zustimmungsfähigen Sexualpartnern zulässig sind, zuwider laufen.

Pädophile Vorstellungen

Während 1988 Finkelhor und I. A. Lewis postulierten, "dass die meisten, wenn nicht alle" der "Kinderschänder" unter den Pädophilen kein Interesse an Kindern und keine Empathie für Kinder hätten, sprechen zahlreiche andere Studien von einer Nicht-Aggressivität und Zuneigung der Pädophilen zu Kindern. (Vgl. etwa K. Howells, "Some meanings of children for paedophiles". Vortrag auf der International Conference on Love and Attraction, Swansea 1977.) Ein Pädophiler wird demzufolge oft versuchen, sich mit den Kindern gut zu stellen, um von ihnen gemocht zu werden und dann - wenn die Gelegenheit günstig erscheint - an ihnen sexuelle Handlungen vornehmen zu können. Dem entspricht auch die Beobachtung, dass sexuell aktive pädophile Männer in stärkerem Maße kinderlieb zu sein scheinen als andere Sexualstraftäter.

Vermischtes

Übergriffe von Priestern auf Minderjährige

In jüngerer Zeit betrifft ein besonderes Phänomen vor allem die katholische Kirche: die Fälle sexueller Übergriffe von Priestern auf minderjährige Jungen. Derartige Fälle sind sowohl in den USA als auch in Deutschland bekannt geworden. Während in den Medien hier häufig von "pädophilen Priestern" die Rede ist, bleibt unklar, ob es sich bei der Mehrzahl der Täter um Menschen mit primär pädophiler Neigung handelt, oder ob es die Kombination aus sexueller Unterdrückung z.B. in Form des Zölibats (im Katholizismus) und Gelegenheit (Ministranten und andere Kinder befinden sich in einem Abhängigkeitsverhältnis) ist, die zu den Taten führt. Konkrete Diagnosen waren Medienberichten nicht zu entnehmen.

Pädophilie und das Internet

Ein Problem bereitet in jüngster Zeit die Verbreitung von Bildern (Fotos oder Videoaufnahmen) über das Internet, die Kinder unbekleidet, an sich selbst spielend oder bei eindeutigen sexuellen Handlungen mit Erwachsenen zeigen. Solche Bilder werden offenbar überwiegend für Pädophile produziert. In einigen Fällen wird deutlich, dass die Kinder von den Produzenten des Bildmaterials zu entsprechenden Handlungen vor der Kamera ermuntert oder gezwungen wurden, so dass man von einem sexuellen Missbrauch von Kindern reden kann. Besonders schwerwiegend war der britische "Wonderland"-Fall (2001). Er förderte laut Presseberichten 750.000 Bilder und 1.800 Videoclips zutage, die zum Teil pornographisches Material enthielten und über bestimmte Seiten des WWW verbreitet wurden. Man sprach von pädophilen "Banden" und "Ringen", die für die Verbreitung dieses Materials verantwortlich waren. In einem früheren Verfahren wurde ein Mann in Großbritannien zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt, weil er sich selbst bei sexuellen Begegnungen mit drei Kindern photographiert und die Bilder im "Club" verteilt hatte. Hierbei handelte es sich allerdings nicht um ein kommerzielles Unternehmen. (Vgl. The Daily Telegraph, 14. Februar 2001.)

Literatur

  • Archives of Sexual Behavior: Special Section on Pedophilia, Vol. 31, No. 6 (Dec. 2002), S. 465-510 (mit Beiträgen insbes. von Green, Schmidt, Rind, u.a.)
  • Volkmar Sigusch: Sexuelle Störungen und ihre Behandlung, Thieme 2001, ISBN 3131039434
  • Martin Dannecker: Das Drama der Sexualität, Europäische Verlagsanstalt 1992, ISBN 3434460993
  • Günther Deegener: Sexueller Missbrauch: Die Täter, Beltz 1995, ISBN 3621272518

Siehe auch: Päderastie -- Schutzalter -- Pubertät -- Sexualität -- Heterosexualität -- Homosexualität-- sexueller Missbrauch von Kindern -- Kinderprostitution -- Babystrich -- Strichjunge