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Heuneburg

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Heuneburg: Rekonstruierte keltische Häuser, im Hintergrund die Lehmziegelmauer

Die Heuneburg ist eine vor- und frühgeschichtliche Höhensiedlung am Oberlauf der Donau im Ortsteil Hundersingen der Gemeinde Herbertingen zwischen Ulm und Sigmaringen. Die befestigte Kernanlage ist etwa 300 m lang und bis zu 150 m breit, strategisch günstig auf einem Bergsporn gelegen, an einem steil abfallenden Ufer zur Donau.

Grabungen

Die von 1950-1979 betriebenen Grabungen durch Adolf Rieth, Kurt Bittel, Egon Gersbach und Wolfgang Kimmig belegen eine Besiedlung nachweislich seit der mittleren Bronzezeit (16. - 13. Jahrhundert v. Chr.). Seit 2003 läuft ein Schwerpunktprogramm der DFG zu frühkeltischen Fürstensitzen in Mitteleuropa, in dessen Rahmen auch auf der Heuneburg seit 2004 wieder Grabungen stattfinden. 2005 wurde die befestigte Vorburg untersucht. Dabei entdeckte man die Reste eines steinernen Tores mit 12 m Länge und 8 m Breite. Ungewöhnlich ist hier die Verwendung von präzise behauenen Kalksteinquadern, da die "Stadt"-Mauer aus luftgetrockneten Lehmziegeln bestand. Neben den wissenschaftlichen Forschungsgrabungen gibt es auch Lehrgrabungen von der Gesellschaft für Vor- und Frühgeschichte in Württemberg und Hohenzollern.

Besiedlung

Im Laufe der Geschichte war die Heuneburg häufig besiedelt, besonders herausragend ist aber eine hallstattzeitliche befestigte Siedlung aus dem 7. bis 5. Jahrhundert v. Chr.

Die älteste nachgewiesene Besiedlung fand in der Mittelbronzezeit , d.h. im 15. bis 13. Jahrhundert v. Chr. statt, als der Bergsporn durch Anlage von mächtigen Wall- und Grabenanlagen so umgeformt wurde, dass er für eine leichte Verteidigung noch besser geeignet war. Anschließend wurde das gerade einmal 2 ha große Plateau mit einer Holzkastenmauer befestigt. Mit dem Beginn der Urnenfelderzeit im 12. Jahrhundert v. Chr. wurde die Siedlung wieder verlassen, ohne dass Spuren einer Zerstörung gefunden wurden.

Um 600 v. Chr. entstand hier ein sog. Fürstensitz der Hallstattkultur. Vorterrassen und umgebende Begräbnisplätze (z.B. "Fürsten"grabhügel "Hohmichele") verdeutlichen die Stellung der Heuneburg als einem der großen eisenzeitlichen Fürstensitze Süddeutschlands. In der späten Hallstattzeit (ca. 700 v. Chr) erneut mit der klassisch-keltischen Holz-Erde-Mauer befestigt, wird die Heuneburg mit dem Fernhandel entlang der Donau zum Handelszentrum, was große Hausgrundrisse und zahlreiche Funde von griech. Keramik beweisen. Die einheimische Mauer wurde zu Beginn des 6. Jahrhunderts v. Chr. mit einer Lehmziegelmauer mit vorspringenden Türmen, vielleicht nach mediterranen Vorbildern ersetzt. Lehmziegelmauern sind in Mitteleuropa jedoch bereits seit der späten Bronzezeit (Urnenfelderzeit) nachgewiesen (Glauberg).

Im 5. Jahrhundert v. Chr. wurde die Anlage durch Feuer zerstört, Spuren der folgenden Frühlatènezeit fehlen, obgleich verwandte Reichtumszentren wie der Hohenasperg (siehe auch Keltenmuseum Hochdorf) diese vor allem durch einen neuen Kunststil geprägte Zeit noch erlebten.

Neue Forschungen zeigten, dass zu der Burganlage selbst noch umfangreiche Außensiedlungen gehörten, die wohl ebenfalls befestigt waren. Zudem konnte durch Feldbegehungen das Siedlungsumfeld der Heuneburg näher erschlossen werden, so dass man heute von einer Siedlungsfläche mit mehreren zig Hektar ausgeht. Die Einwohnerzahl betrug auf ihrem Höhepunkt 5.000 bis 10.000 Menschen. Funde am Ende der Grabungskampagne 2005 mit reichhaltigen Grabbeigaben eines zweijährigen Kindes (etruskische Goldanhänger und Goldfibeln) deuten auf eine stärker gegliedertere Sozialstruktur der Kelten hin als bisher angenommen. Die dazu notwendige Arbeitsteiligkeit belegen Indizien für Werkstätten oder gar Handwerkerviertel, die nicht mehr nur für den Eigenbedarf produzierten.

Auch im Mittelalter wurde die Heuneburg immer wieder als strategisch günstiger Platz genutzt, ohne jedoch wieder als dauerhafte Siedlung zu entstehen.

Deutung

Heuneburg der Fürstensitz?

Die befestigte Siedlung der Hallstattzeit wird in der Forschung gerne als „Fürstensitz“ bezeichnet, obwohl der Begriff inzwischen besonders durch den Tübinger Ur- und Frühgeschichtsprofessor Manfred Eggert stark kritisiert wird.

Ist die Heuneburg die Stadt Pyrene?

Weiterhin wird davon ausgegangen, dass ein Zusammenhang zwischen der Heuneburg und Pyrene besteht. Pyrene wurde vom griechischen Geschichtsschreiber Herodot im 5. Jahrhundert v. Chr. erwähnt als eine an der Donau gelegene keltische Stadt unweit der Donauquelle.

Museum

In den letzten Jahren entstand auf der Heuneburg ein Freilichtmuseum mit einer Rekonstruktion der Lehmziegelmauer. Das Heuneburgmuseum in Hundersingen informiert über dieses bedeutende Machtzentrum der Hallstattzeit. Bei schönem Wetter bietet die Heuneburg einen herrlichen Ausblick auf die Alpen.

Literatur

  • U. Brosseder, E. Sauter: Bemerkungen zur Heuneburg und ihrer Publikation. In: Praehist. Zeitschr. Walter de Gruyter, Berlin 78, 2003, 60-98. ISSN 0079-4848
  • Egon Gersbach: Die mittelbronzezeitlichen Wehranlagen der Heuneburg bei Hundersingen a.D. In: Arch. Korrespondenzblatt. 1973, 3, 417-422.
  • Egon Gersbach: Die Paukenfibeln und die Chronologie der Heuneburg bei Hundersingen/Donau, Fundberichte aus Baden-Württemberg 6, 1981, 213 - 223.
  • Kimmig, Wolfgang: Die Heuneburg an der oberen Donau. Führer arch. Denkm. Bad.-Württ. Stuttgart, Theiss 1983.
  • Siegfried Kurz: Die Heuneburg-Außensiedlung, Befunde und Funde Forschungen und Bericht zur Vor- und Frühgeschichte in Baden-Württemberg 72 Stuttgart 2000
  • Siegfried Kurz: Siedlungsforschungen im Umfeld der Heuneburg bei Hundersingen, Gde. Herbertingen, Kreis Sigmaringen. Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 2002, 77 - 79.
  • Siegfried Kurz: Neue Ausgrabungen im Vorfeld der Heuneburg bei Hundersingen an der oberen Donau, Germania 76, 1998, 527 - 547.
  • Siegfried Kurz, S. Schiek: Bestattungsplätze im Umfeld der Heuneburg. Forsch. u. Ber. Vor- u. Frühgesch. Bad.-Württ. 87, Stuttgart 2002
  • H. Reim: Die Außenbefestigungen der Heuneburg bei Hundersingen, Gde. Herbertingen, Kreis Sigmaringen. Arch. Ausgr. Bad.-Württ. 2002, 72 - 76.

Heuneburgstudien

  • G. Riek: Der Hohmichele. Ein Fürstengrabhügel der späten Hallstattzeit. Heuneburgstudien 1, Röm.-German. Forsch. 26, Berlin 1962
  • G. Mansfeld: Die Fibeln der Heuneburg 1950-1970. Heuneburgstudien 2, Röm.-German. Forsch. 33, Berlin 1973
  • A. Lang: Die geriefte Drehscheibenkeramik der Heuneburg 1950-1970 und verwandte Gruppen. Heuneburgstudien 3, Röm.-German. Forsch. 34, Berlin 1974
  • H.-W. Dämmer: Die bemalte Keramik der Heuneburg. Heuneburgstudien 4, Röm.-German. Forsch. 37, Mainz 1978
  • S. Sievers: Die Kleinfunde der Heuneburg. Heuneburgstudien 5, Römisch-Germanische Forschungen 42 Mainz, 1984
  • E. Gersbach: Ausgrabungsmethodik und Stratigraphie der Heuneburg. Heuneburgstudien 6, Röm.-German. Forsch. 45, Mainz 1988
  • D. Fort-Linksfeiler: Die Schüsseln und Schalen der Heuneburg. Heuneburgstudien 7, Röm.-German. Forsch. 47, Mainz 1989
  • H. van den Boom: Großgefäße und Töpfe der Heuneburg. Heuneburgstudien 8, Röm.-German. Forsch.51, Mainz 1991
  • E. Gersbach: Baubefunde der Perioden IVc - IVa der Heuneburg. Heuneburgstudien 9, Röm.-German. Forsch. 53, Mainz 1995
  • E. Gersbach: Baubefunde der Perioden IIIb - Ia der Heuneburg. Heuneburgstudien 10, Röm.-German. Forsch. 56, Mainz 1996
  • W. Kimmig (Hrsg.): Importe und mediterrane Einflüsse auf der Heuneburg. Heuneburgstudien 11, Röm.-German. Forsch. 59, Mainz 2000


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