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Claude Jade

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Claude Jade 2005

Claude Jade (* 8. Oktober 1948 in Dijon; † 1. Dezember 2006 in Paris) war eine französische Schauspielerin.

Leben und Filmkarriere

Die am 8. Oktober 1948 als Claude Marcelle Jorré geborene Tochter des Professorenpaares Marcel Jorré und Marcelle Schneider begann bereits als 15-Jährige ihre Ausbildung am Conservatoire d'Art Dramatique in Dijon, wo sie 1964 einen Preis für ihre Agnès in Molières Schule der Frauen erhielt. 1966 trat sie an der Comédie Bourgogne auf und erhielt für ihre Ondine den Prix de comédie. Sie setzte ihre Bühnenausbildung am Pariser Théâtre Edouard VII fort. Neben größeren Rollen in Fernsehserien (Rosette in Prunelle, Liliane in Allô Police und als seltener Vogel Sylvie Massoneau in Les oiseaux rares) hat sie erste Engagements in Paris bei ihrem Lehrer Jean-Laurent Cochet und kurz darauf bei Sacha Pitoëff. Dort wird sie 1968 von François Truffaut für den Film entdeckt, wird seine Lieblingsschauspielerin und beginnt eine internationale Karriere mit über 80 Kino- und TV-Filmen, währenddessen dem Theater treu bleibend. Claude Jade, seit 1998 Ritter der Ehrenlegion, heiratete 1972 den Diplomaten Bernard Coste. Sohn Pierre Coste wurde 1976 geboren. 2006 erlag Claude Jade während der Arbeit als Célimène in Célimène und der Kardinal einem Krebsleiden.

Claude Jade & François Truffaut

Am Théâtre Moderne wird sie in einer Aufführung von Luigi Pirandellos Heinrich IV von François Truffaut entdeckt. Truffaut ist hingerissen von ihrer Schönheit, ihrem Wesen, ihren Manieren und ihrer Lebensfreude. Bereits in ihrem Debutfilm Geraubte Küsse spielt sie 1968 die Hauptrolle als Christine Darbon an der Seite von Truffauts alter ego Antoine Doinel alias Jean-Pierre Léaud, eine Erscheinung, der das Neue Deutschland heute traurig ein Adieu hinterlässt ([1]) Unvergessen die poetische Szene, in der sie zeigt, wie man einen Zwieback bestreicht, ohne ihn zu zerbrechen. In den Fortsetzungen Tisch und Bett (1970) und Liebe auf der Flucht (1979) ist sie die "bessere Hälfte" des Ehepaares Antoine und Christine Doinel. Truffaut gibt Claude Jade in den Fortsetzungen den stärkeren Part des Paares, das sich in seiner Naivität gleicht, in der Form der Liebe jedoch unterscheidet: Christine liebt Antoine mit all seinen Macken, während der wiederum vor allem sich selbst liebt. Im autobiographischen Charakter des Zyklus finden sich auch Zitate zur Liebesbeziehung zwischen Truffaut und Claude Jade, die sich zu einer engen Freundschaft bis zum Tod des Regisseurs entwickelte (siehe Antoine-Doinel-Zyklus und Claude Jades Autobiographie Baisers envolés).

Imagewandel

Die Truffaut-Filme prägen ihren Typus als liebevoll-sanfte moderne junge Frau im Gegenwartskino, den sie als Manette in der Historienkomödie Mein Onkel Benjamin keck variiert: Sie bedrängt Partner Jacques Brel mit ihrem Bestehen auf die Ehe, bis sie ihm – ohne Trauschein – in die Verbannung folgt. Diesem Image setzt sie ambivalente Figuren entgegen: Die einem Mörder (Gérard Barray) verfallene Cécile in Der Zeuge, die skrupellose Eléonore in Das Schiff auf der Wiese oder die reizende Mörderin Julie in Le malin plaisir. In Benoît Lamys Sozialsatire Trautes Heim vollzieht ihre orientierungslose und unsympathische Claire einen Wandel von der gehorsamen zur solidarischen Pflegerin.

Dennoch sind es die positiven Heldinnen, in denen sie das Publikum sehen will (Kerzenlicht, Der Abbé und die Liebe, Ein Pauker zum Verlieben) und die sie zusammen mit Romy Schneider, Annie Girardot, Catherine Deneuve und Marlène Jobert laut jährlichen Umfragen immer wieder zur beliebtesten Schauspielerin der 1970er avancieren lässt. Der Belgier Jacques Faber nutzt den Widerspruch ihrer Rollen fernab Truffauts für die Doppelrolle Anne/Juliette in seinem Film Le choix (1975): als kreuzbrave Partnerin und als lebenslustige Versuchung. Eine weitere Doppelrolle übernimmt sie 1982 in Lise et Laura. Zwielichtig ist sie in späteren Rollen vor allem als Alice in René Férets Thriller L'homme qui n'était pas là (1987).

Eine ihrer schönsten Rollen spielt sie 1992 in Tableau d'honneur als vom Gatten betrogene Gabrielle, die nach einem Streit zwischen Ehemann und Sohn dem Gemahl den Sex verweigert. Nach einem Flirt mit dem Sportlehrer ihres Sohnes besorgt sich Gabrielle wie ein Teenager Kondome.

In den 1990er und 2000er Jahren ist sie teilweise in galant überzeichneten Figuren zu erleben (so als intrigante Erbschleicherin Lucienne des Grassins in Eugénie Grandet, als schüchterne Lesbierin Caroline, der Michel Serrault in Jean-Pierre Mockys Bonsoir die Erbschaft rettet, als privilegierte Gouverneursgattin Reine Schmaltz im Historiendrama Le radeau de la Méduse oder als charmante russische Geldfälscherin Emma Nazarova im Fernsehkrimi Groupe Flag: Vrai ou faux)

Claude Jade verkörpert neben mythologischen Figuren ("Sheherazade", "Pallas Athene" und "Helena") historische Persönlichkeiten wie Louise de La Vallière (Le château perdu), Lucile Desmoulins (La passion de Camille et Lucile Desmoulins) und Inessa Armand (in Sergei Jutkewitschs Lenin in Paris).

Internationale Karriere

Ihr Debüt in "Geraubte Küsse" begründet früh ihre internationale Karriere: Alfred Hitchcock engagiert sie 1968 für die Rolle der Agententochter Michèle Picard in seinem Thriller Topas. Sie setzt ihr Talent auch in italienischen ("Number one", "La ragazza di via Condotti", "Una spirale di nebbia", "Voglia di volare"), belgischen ("De getuige", "Home sweet Home", "De Keuze"), deutschen ("Rendezvous in Paris"), japanischen (Kita no Misaki) und sowjetischen Filmen (Lenin in Paris, Teheran 43) ein.

Fernsehen

Datei:Claude Jade A San Remo.jpg
Neben dem Fernsehen weiterhin im Kino: Claude Jade als Michèle im Kurzfilm "A San Remo" (2004) von Julien Donada

"Kino oder Fernsehen, das macht für mich wirklich keinen Unterschied. Eine schwer zu verteidigende Rolle ist es, die mich glücklich macht": Neben dem Kino ist Claude Jade vor allem fürs Fernsehen tätig, wo sie als gerissene Serienmörderin Hélène in Malaventure Monsieur seul überrascht und im Horrorfilm Schach dem Roboter als Penny einem unheimlichen Grafen das Handwerk legt. Der wohl größte Erfolg ihrer Fernsehkarriere ist ihre Rolle als Véronique d'Hergemont, couragierte Heldin des zum Kult avancierten Sechsteilers Die Insel der 30 Tode (in Deutschland lief der sechsstündige Film als Zwölfteiler).

Im Fernsehen neben Literaturadaptationen (u.a. Zwischen Tod und Leben) auch Verfilmungen von Theaterstücken (u.a. Ein Sommernachtstraum, Volpone). Claude Jade begibt sich in Fernsehrollen in die Schizophrenie (Nous ne l'avons pas assez aimée) oder als moderne Heldin in die Mythologie (Une petite fille dans les tournelos). Das Fernsehen führt sie nach Deutschland, wo sie 1982 die Hauptrolle in Gabi Kubachs Rendezvous in Paris spielt. Von 1998 bis 2000 ist sie als Anna Chantreuil Heldin der Serie Cap des Pins. Außerdem war Claude Jade in Deutschland in den Serien Der Hitchhiker, Das große Geheimnis oder Kommissar Moulin zu erleben.

Seit Mitte der 90er Jahre arbeitet sie fast ausschließlich fürs Fernsehen (Fleur bleue, Au bonheur des autres, La tête en l'air, Porté disparu, Un enfant au soleil, Sans famille, Gaststar in Krimiserien wie Une femme d'honneur, Navarro, Julie Lescaut, La crim und Groupe flag). Im neuen Jahrtausend folgen - parallel und im Anschluß zu Cap des Pins - für das Kino der Episodenfilm Drogenszenen und Julien Donadas Kurzfilm San Remo ([2]) . Seit Ende der 90er Jahre übernimmt sie auch häufig Parts in Hörspielen auf France Culture.

Theater

Am Theater ebenfalls eine feste Größe, spielte Claude Jade kontinuierlich in Paris, Lyon, Dijon und Nantes in Stücken u.a. von Luigi Pirandello ("Heinrich IV"), Jean Giraudoux ("Intermezzo", "Der trojanische Krieg findet nicht statt"), Sacha Guitry ("Je t'aime"), Honoré de Balzac ("Der Macher"), William Shakespeare ("Ein Sommernachtstraum"), Jacques Deval ("Il y a longtemps que je t'aime"), Ben Johnson ("Volpone"), Jean Racine ("Britannicus"), Vladimir Volkoff ("Das Verhör"), Henry de Montherlant ("Port-Royal"), Marcel Aymé ("Die Mondvögel"), James Joyce ("Die Verbannten"), Julien Vartet ("Un château au Portugal"), Michel Vinaver ("Verschwunden ohne ein Wort"), Catherine Decours ("Regulus 93 ou la veritable histoire du citoyen Haudaudine") und Lorenzaccio von Alfred de Musset und George Sand.

2006 begeisterte Claude Jade das Pariser Publikum in der Titelrolle von Jacques Rampals Stück "Célimène und der Kardinal", das – vom Autor selbst inszeniert – inzwischen auch fürs Fernsehen verfilmt wurde.

Auszeichnungen

Neben Theaterpreisen ("Prix de Comédie") wurde sie 1970 mit dem Révélation de la nuit du Cinéma, 2000 in West Palm Beach mit dem New Wave Award für ihre Rolle in der Filmwelt und 2002 in Puget-Théniers mit dem Prix Réconnaissance du Cinéma ausgezeichnet.1998 wurde Claude Jade Trägerin der Medaille Ritter der Ehrenlegion.

Literatur

2004 erschien Claude Jades Autobiographie Baisers envolés bei "Éditions Milan" (224 Seiten).

In der 1999 in Deutschland beim vgs-Verlag erschienen François Truffaut-Biographie von Antoine de Baeque und Serge Toubiana wird die Liebesbeziehung zwischen Truffaut und Claude Jade beschrieben.

Claude Jade schrieb Beiträge in weiteren Büchern, so in Hitchcock von Bruno Villien und in Frenchie goes to Hollywood von Henri Veyrier.

Tod und Abschied

Claude Jade litt an einem Retinoblastom, einem bösartigen Tumor im Auge. Sie spielte die ihr gewidmete Célimène mit einer Prothese, doch der Krebs befiel auch ihre Leber. Claude Jade, die im Frühjahr 2007 einen neuen Film drehen sollte, die Schauspielerin, über die Julien Donada ein Portrait unter ihrer Mitwirkung begann und die ihre Célimène weiterhin spielen wollte, starb im Hospital Ambroise-Paré de Boulogne-Billancourt. Die Trauerfeier fand am Dienstag, 5. Dezember 2006 in der Kirche des Oratoire du Louvre, rue Saint-Honoré, Paris, statt. Unter den 400 Anwesenden u.a. Guillaume De Tonquédec, ihr Filmsohn aus Tableau d'honneur, und Patrick Préjean, ihr Alceste aus Célimène et le cardinal. Ihr Sohn Pierre, ihre Nichten Ariane und Gaëlle, der Abgesandte des Kulturministeriums und Theaterautor Jacques Rampal würdigten die Künstlerin in bewegenden Abschiedsreden. Die rue Saint Honoré war zum letzten Geleit zudem von unzähligen Passanten gesäumt. Am 7. Dezember wurde Claude Jade auf dem Pariser Ehrenfriedhof Père Lachaise beigesetzt.

Filmografie (Auswahl)