Spierentorpedo
Der Spierentorpedo war ein Vorläufer dessen, was heute unter „Torpedo“ verstanden wird. Er wurde von dem amerikanischen Ingenieur E. C. Singer entwickelt (einem Neffen von Isaac Singer, dem Erfinder der Nähmaschine), der während des amerikanischen Bürgerkriegs 1861/65 für die Südstaaten an geheimen Waffenprojekten arbeitete. Da es schien, als seien die modernen Schiffspanzerungen den gängigen Artilleriegeschossen überlegen, sah er eine Möglichkeit, die Panzerung zu überwinden, indem man eine große Sprengladung mittels einer Stange (Spiere) direkt an das feindliche Schiff brachte. Das Funktionsprinzip entsprach ungefähr dem der Petarde.

Der Spierentorpedo bestand aus einer Sprengladung an der Spitze einer langen Spiere, die am Bug oder der Seite eines Bootes befestigt war. Das Torpedoboot musste den Torpedo in die Seite des gegnerischen Schiffes rammen. Widerhaken an der Spitze sollten die Sprengladung am feindlichen (hölzernen) Schiffskörper so lange festhalten, bis die Zündung von der Besatzung des sich zurückziehenen Bootes mittels einer Leine ausgelöst wurde. Die Südstaaten bauten eine Klasse von kleinen Booten, die David-Klasse, die mit Spierentorpedos ausgerüstet waren.
Der erste berühmte Einsatz eines Spierentorpedos, wohl auch da es der erste mit einem Unterseeboot war, war der der CSS H. L. Hunley, die damit am 17. Februar 1864 die USS Housatonic der Unionstruppen versenkte. Die Hunley sank nach dem Angriff allerdings aus ungeklärten Ursachen selbst.
Der einzige Erfolg der Nordstaaten mit einem Spierentorpedo war die Versenkung des eisen-gepanzerten konföderierten Schiffs CSS Albemarle während der Nacht vom 27. zum 28. Oktober 1864.
Gegen Ende 1864 baute die Union das erste einer Gruppe von innovativen halb-versenkbaren Spierentorpedobooten, die USS Spuyten Duyvil. Diese Boote konnten durch teilweises Fluten am Bug soweit abgesenkt werden, dass sie ihre Sprengladungen, an ausfahrbaren Stangen, unter den Rumpf des gegnerischen Schiffes platzieren konnten, ehe die Detonation ausgelöst wurde. Die Boote kamen allerdings zu spät für einen Einsatz gegen die Südstaatenmarine und wurden vor allem zur Beseitigung von Wracks bei Flusskampagnen eingesetzt.
Spierentorpedos auf kleinen Holzbooten wurden noch bis ins letzte Quartal des 19. Jahrhunderts eingesetzt, wurden aber beginnend in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts von schraubengetriebenen Torpedos verdrängt.
Der letzte nennenswerte Einsatz von Spierentorpedos in grösserer Zahl erfolgte im russisch-türkischen Krieg von 1877/78, als der russische Marineoffizier (und spätere Admiral) Stepan Makarov mehrere türkische Schiffe mit dieser Waffe versenken oder beschädigen konnte und dafür zweimal befördert wurde.