Zum Inhalt springen

Vaterschaftsanfechtung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 7. Januar 2007 um 17:23 Uhr durch Hdeinert2002 (Diskussion | Beiträge) (Links erg.). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Mit Vaterschaftsanfechtung wird im deutschen Familienrecht eine negative Feststellungsklage vor dem Familiengericht bezeichnet, mit dem Feststellungsziel, dass der Kläger nicht Vater einer bestimmten Person im Rechtssinne ist. Sie ist gesetzlich im Abschnitt „Vaterschaft“ des BGBVorlage:Zitat de § ff.) geregelt.

Details

Für die Anfechtungsklage reicht es regelmäßig nicht aus, wenn der bisherige Vater behauptet, er sei nicht der biologische Vater. Es müssen vielmehr nachprüfbare Umstände vorgetragen werden, die an der biologischen Abstammung erhebliche Zweifel wecken, auch wenn aus dem Blickwinkel des Gesetzes ( Vorlage:Zitat de § BGB) die Vaterschaft nicht biologisch definiert ist.

Dies können sein:

  • Zweifel an der ehelichen Abstimmung eines Kindes (Empfängnis oder Geburt außerhalb der Ehe)
  • konkrete Möglichkeit der Abstammung von einem anderen Mann
  • Unmöglichkeit der Vaterschaft wegen fehlendem sexuellen Verkehr mit der Mutter oder
  • Unfruchtbarkeit des Mannes im Empfängniszeitraum.

Nicht ausreichend ist nach den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 12. Januar 2005 (XII ZR 60/03 und XII ZR 227/03) das Ergebnis eines ohne Zustimmung des Kindes und/oder der Mutter eingeholten DNA-analytischen Abstammungsgutachtens, da ein so gewonnenes Gutachten für alle Gerichtsverfahren unverwertbar bleibt (heimlicher DNA-Test).

Rechtliche Beurteilung heimlicher Vaterschaftstests

Rechtsprechung in Deutschland

2005 entschied der Bundesgerichtshof, dass heimliche DNA-Vaterschaftsanalysen weder als Beweis vor Gericht zulässig seien, noch als berechtigter Zweifel für ein Vaterschaftsanfechtungs-Verfahren dienen könne, denn derartige Tests verletzten das Persönlichkeitsrecht des Kindes (Urteile vom 12. Januar 2005 in den Sachen XII ZR 60/03] und XII ZR 227/03]). Damit der Test gerichtlich verwertbar ist, bedürfe er der Zustimmung entweder des Kindes selbst oder bei Minderjährigkeit seines gesetzlichen Vertreters. Diese Zustimmung kann nur durch eine gerichtliche Anordnung ersetzt werden; eine solche kann nur im Rahmen eines Vaterschaftsanfechtungsprozesses und nur bei begründetem Verdacht erfolgen. Mit seiner Rechtsprechung bestätigte der Bundesgerichtshof die bisher geltende Praxis.

Dieses Problem stellt sich nur bei Fällen, in denen die Vaterschaft durch das Gesetz vermutet wird (weil die Eltern miteinander verheiratet sind) oder vom Vater anerkannt wurde. Männer, die "nur" Gewissheit haben wollen, sind von vorne herein nicht klagebefugt und ausgeschlossen.

Männer, die vor Gericht ihre Vaterschaft anfechten, müssen nach der Rechtsprechung konkrete Verdachtsgründe für eine Anfechtung geltend machen, um eine gerichtliche Anordnung eines Vaterschaftstests zu erwirken und dürfen sich dabei nicht auf das Ergebnis eines heimlichen Tests berufen. Dieses Prinzip gilt im übrigen Zivilrecht für alle sonstigen Privatgutachten übrigens ebenso. Als konkrete Verdachtsgründe sind z.B. denkbar:

  • nachweislich kein sexueller Kontakt mit der Mutter zum Zeugungszeitpunkt (Benennung von Zeugen)
  • eine nachweisliche räumliche Trennung zum Zeugungszeitpunkt
  • Zeugungsunfähigkeit des Klägers zum Zeugungszeitpunkt

Das Gericht kann ein Abstammungsgutachten anordnen, dessen Ergebnis im weiteren Verfahrensverlauf als Beweis verwertbar ist. Äußerliche Merkmale kommen in der Regel nicht als Verdachtsmomente in Betracht. Wenn keine auffälligen Ähnlichkeiten mit einem anderen, für eigen gehaltenen Kind bestehen, ist dies kein zuverlässiger Hinweis gegen eine Verwandtschaft.

Bei Verfahrensfehlern durch Ausforschungsbeweis siehe XII ZR 210/04.

Anfechtungsberechtigte

Die Vaterschaft können gemäß Vorlage:Zitat de § BGB anfechten:

Nach einem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 29.08.2006 ist beabsichtigt, zusätzlich eine staatliche Behörde, die durch Landesrecht zu bestimmen ist, für anfechtungsberechtigt zu erklären. Hierdurch soll vermeintlichem Missbrauch durch wahrheitswidrige Vaterschaftsanerkennung begegnet werden. In der Presse war im Frühjahr von dem Fall eines deutschen Staatsangehörigen die Rede, der im Ausland für 1.000 Kinder die Vaterschaft anerkennen wollte, um den deutschen Staat dadurch zu schaden, dass diese Kinder die deutsche Staatsangehörigkeit bekämen und Ansprüche auf Sozialleistungen (Kindergeld, Waisenrente) erhielten. Von 1938 - 1961 hatte im deutschen Recht der Staatsanwalt das Recht der damals Ehelichkeitsanfechtung genannten Anfechtung. In Österreich war dies bis 2004 der Fall. In einigen anderen europäischen Staaten ist dies weiterhin der Fall (z.B. in der Schweiz, der Türkei, Italien, Frankreich und den Niederlanden).

Ausschluss der Anfechtung

  • Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen (§ 1600 Abs. 4 BGB, früher § 1600 Abs. 2 BGB).
  • Die Vaterschaft kann nur binnen zwei Jahren angefochten werden. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Anfechtungsberechtigte von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen (§ 1600b BGB mit weiteren Sonderregelungen zum Fristlauf)

Rechtsfolgen der Feststellung der Nichtvaterschaft

Die Feststellung, dass ein Kind nicht von dem bisher als Vater vermuteten Mann abstammt, führt zu zahlreichen Rechtsfolgen

Zuständigkeit

Zuständig für Vaterschaftsfeststellungs- und Vaterschaftsanfechtungsklagen ist grundsätzlich das Amtsgericht (Familiengericht) am Wohnsitz des Kindes (Vorlage:Zitat de § ZPO).

siehe auch

Kindschaftssache, Genetischer Fingerabdruck, Kuckuckskind, Vaterschaftsanerkennung, Vaterschaftsfeststellung, pränataler Vaterschaftstest, Abstammungsgutachten, Gendiagnostikgesetz, Beistandschaft

Literatur

  • Dieter Henrich: Zum Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft; FamRZ 2006, 977