Uhrwerk Orange (Film)
Film | |
Titel | Uhrwerk Orange |
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Originaltitel | A Clockwork Orange |
Produktionsland | Großbritannien |
Originalsprache | Englisch |
Erscheinungsjahre | 1971 |
Länge | 131 Minuten |
Stab | |
Regie | Stanley Kubrick |
Drehbuch | Anthony Burgess Stanley Kubrick |
Produktion | Stanley Kubrick |
Musik | Wendy Carlos |
Kamera | John Alcott |
Schnitt | Bill Butler |
Besetzung | |
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Uhrwerk Orange (Originaltitel: A Clockwork Orange) ist die Verfilmung des Romans A Clockwork Orange von Anthony Burgess. Der Film basiert jedoch auf der ursprünglichen amerikanischen Buchversion, die um das letzte Kapitel gekürzt wurde. Daher unterscheidet sich das Ende im (neuen) Buch sehr von dem im Film. Der Film wurde mehrmals zu den Top Ten der internationalen Filme gewählt.
Handlung
Alex, welcher den ganzen Film erzählt, ist ein ausgesprochener Beethoven-Liebhaber („Ludwig van“) und Anführer einer Jugendgang. Die Gang lebt im trostlosen Vorort eines verfremdeten London. Sie kommunizieren in einem von russischen Brocken durchsetzten Jargon ("Nadsat"). Ihr Leben dreht sich um Gewalt an Wehrlosen, Schlägereien mit anderen Gangs, Vergewaltigungen und Raubüberfälle. Vor allem für Alex scheint Geld hierbei eine geringe Rolle zu spielen. Das Zelebrieren und lustvolle Genießen von Gewalt steht für den Anführer der Bande im Vordergrund. Im Laufe der Zeit beginnt es in der Gruppe zu kriseln. Den anderen Mitgliedern ist die Art und Weise von Alex' Führungsstil zu autoritär. Bei einem ihrer Überfälle geschieht das längst Vorhersehbare: Alex wird von seinen "Droogs" verraten und der anrückenden Polizei überlassen. In Untersuchungshaft erfährt er vom Tod eines seiner Opfer.
Im Gefängnis schmeichelt er sich beim Gefängnispastor ein und wird als Versuchsobjekt für eine Therapie ausgewählt, welche von der Regierung als erfolgversprechendster Versuch der Wissenschaft gefördert wird, die Resozialisierung von Kriminellen zu erreichen und so zur Entlastung der überfüllten Gefängnisse beizutragen. Die Methode gleicht einer Gehirnwäsche:
Durch ständige Konfrontation des Patienten mit Gewaltszenen aus Filmen in Kombination mit einem verabreichten Serum, welches extremes Unwohlsein auslöst, soll Gewalt und kriminelles Handeln mit der negativen Wirkung des Serums assoziiert werden. Alex wird konditioniert, bei Gewalt große Übelkeit zu empfinden. Am Ende der Therapie wird Alex als geheilt entlassen. Die Auswirkungen der Therapie jedoch sind verheerend: Beim geringsten Gedanken an Gewalt oder sexuelle Handlungen wird sein Handlungs- und Urteilsvermögen durch die Auswirkungen der Therapie, nämlich Übelkeit, akuter Brechreiz und große Schmerzen, rigoros unterdrückt. Alex wird, aufgrund seiner Reaktion, zu einem wehr- und willenlosen Menschen. Als Nebeneffekt treten diese Symptome auch beim Hören von Beethovens 9. Sinfonie auf, die während der Therapie im Hintergrund lief.
Seine Eltern wenden sich von ihm ab. An der Themse trifft er auf einen alten Mann der einst von Alex und seiner Gang zusammengeschlagen wurde. Vor dem wütenden Obdachlosen und seinen Genossen retten Alex seine alten Freunde, welche nun Polizisten sind und sich ebenfalls an ihm rächen, indem sie ihn in den Wald fahren und brutal verprügeln. Halbtot schleppt sich Alex zu einem Haus, nicht ahnend, dass dort ebenfalls ein weiteres seiner Opfer wohnt. Dieser pflegt ihn und nutzt ihn für eine politische Wende. Freunde des Schriftstellers sperren Alex in ein Zimmer und bringen ihn dazu, bei den Klängen der 9. Sinfonie, die ihn in den Wahnsinn treiben, aus dem Fenster zu springen.
Alex wacht schwerverletzt im Krankenhaus auf. Die Regierung, kurz vor den Wahlen stehend, nutzt ihrerseits die Situation aus, um mit der Heilung von Alex auf Stimmenfang zu gehen. Inzwischen hat jedoch Alex' Konditionierung nachgelassen – er kann wieder Beethoven hören, ohne zu leiden. Der Film endet mit einer Szene, in der Alex beim Sex mit einer jungen blonden Frau zu sehen ist, während den beiden von männlichen und weiblichen Zuschauern applaudiert wird. Diese Zuschauer sind gekleidet wie im 19. Jahrhundert (eine Anspielung auf Kubricks nächstes Filmprojekt), die Kulisse erinnert an allgemein bekannte filmische Darstellungen "des Himmels", es scheint zu schneien - so endet der Film mit Alex' Worten "Ich war geheilt, alright".
Titel des Films und Fazit
A Clockwork Orange ist ein typischer Kubrick-Film: im ersten Moment irritierend und schockierend. Kritisiert wird häufig, dass die Gewalt ästhetisiert wird (wobei die Handlung zur Zeit der Filmproduktion bereits realitätsnäher war, als das Buch zuvor).
Kubricks Ablehnung gegen das Establishment kommt auch hier wieder zum Ausdruck, wenn er einer Regierung Machthunger und der Wissenschaft Allmacht unterstellt. Und das, obwohl er selbst als sehr autoritärer Regisseur galt.
Die Kritik an der Gesellschaft wird am deutlichsten gezeigt, indem Alex stets der Verlierer ist: als Mörder eingebuchtet, als Versuchsobjekt von der Wissenschaft missbraucht, von einem zynischen Schriftsteller als politisches Vehikel eingespannt und zu guter Letzt entschuldigt sich der Innenminister bei Alex - er dient nur dazu, das Image der angeschlagenen Regierung wieder zu polieren. Jede Institution tut das aus ihrer Sicht moralisch Richtige, alle verfolgen ziemlich hehre Ziele - doch stets auf Kosten des Individuums.
Die Selbstverständlichkeit, die Alex in seiner Gewalttätigkeit zunächst an den Tag legt, zeigt Kubrick, indem er von brutaler Gewalt bestimmte Szenen durch heitere Klassikmusik begleitet. Das Leid der Opfer erreicht Alex nicht im Mindesten.
Kubricks Film macht sich durch die Figur des Alex über die brutalen wie subtilen Disziplinierungs- und Besserungsmaßnahmen lustig. Das System, das aus diesem Jungen einen Mörder machte, ihn dafür einsperrte, ihn durch über aller Kritik stehende Wissenschaftler wieder „gesellschaftsfähig“ machte und als psychischen Krüppel aus der Haft entließ, es funktionierte an keiner Stelle. Aber der eigentliche Kritikpunkt ist ein anderer: Alle Beteiligten sind am Ende der Auffassung, Alex sei ein Paradebeispiel dafür, dass die vorgenannten Institutionen ihre Arbeit bestens leisteten und Alex davon profitiert hätte. Keiner hat ein Auge dafür, dass genau das Gegenteil eingetreten ist.
Letzten Endes postulieren der Film sowie die Buchvorlage, dass jedem Menschen die Freiheit gegeben werden sollte, sich schlecht und falsch zu verhalten; denn ein Individuum, das sich gut verhalten muss, ist indoktriniert und zu keiner eigenständigen Persönlichkeitsentfaltung mehr fähig (d. h. der Zwang zum Guten macht einen Menschen zum „Clockwork Orange“). Clockwork als Uhrwerk ist eine exakt funktionierende Maschine, und Orange nimmt vermutlich Bezug auf die malaiische Sprache, wo „orang“ „Mensch“ bedeutet (vgl. Orang-Utan). Der Autor Anthony Burgess lebte längere Zeit in Malaysia.
Anthony Burgess erklärte den Titel seines Buches so: „1945, als ich von der Army kam, hörte ich einen achtzigjährigen Cockney in einem Londoner Pub von jemandem sagen, er sei 'schräg wie eine aufgezogene Orange'. Der Ausdruck faszinierte mich als eine Äußerung volkstümlicher Surrealistik. Die Gelegenheit, die Redensart auch als Titel zu benutzen, kam 1961, als ich mich daran machte, einen Roman mit dem Thema der Gehirnwäsche zu schreiben. Der Mensch ist ein Mikrokosmos, er ist ein Gewächs, organisch wie eine Frucht, er hat Farbe, Zerbrechlichkeit und Süße. Ihn zu manipulieren, zu konditionieren, bedeutet ihn in ein mechanisches Objekt zu verwandeln - eine Uhrwerk-Orange.“ (Anthony Burgess, Uhrwerk Orange, Heyne Buch Nr.928, Deutsche Erstveröffentlichung, 1972)
Kontroverse um den Inhalt des Films
Die moralisch zweifelhaften Werte, die durch den Film vermittelt werden, haben seit der Erstaufführung dazu geführt, dass er von vielen Seiten verurteilt und zensiert wurde. In den Vereinigten Staaten, wo der Film uraufgeführt wurde, erhielt Uhrwerk Orange ein X-Rating. Später wurde zudem eine gekürzte Fassung mit R-Rating in die Kinos gebracht. Die amerikanische katholische Kirche setzte den Film auf einen Index, der es ihren Glaubensanhängern verbot, ihn anzusehen.
In Großbritannien nahm Kubrick den Film nach kurzer Anlaufzeit sogar gänzlich aus den Kinos. Man mutmaßte damals, dass er aus Reue handelte, nachdem die Presse einen tätlichen Angriff auf einen Obdachlosen mit dem Film in Verbindung gebracht hatte. In einem späteren Interview bestätigte Kubricks Frau Christiane jedoch Vermutungen, dass die Polizei ihn zum Aufführungsstopp genötigt hatte (dabei soll Kubricks Familie bedroht worden sein). 27 Jahre lang, bis nach Kubricks Tod, wurde der Film in Großbritannien weitgehend unter Verschluss gehalten.
Einfluss
Sowohl die gesamte Handlung als auch einzelne Elemente von A Clockwork Orange haben einen großen Einfluss auf die Popkultur ausgeübt, hier insbesondere auf die Popmusik - obwohl dies eher auf die Bekanntheit des Films und weniger auf den Roman zurückzuführen sein dürfte. Paradebeispiel ist die britische Elektropop-Band Heaven 17 in den 1980er Jahren, die sich nach einer gleichnamigen Band in A Clockwork Orange benannte. Der Name der britischen Dance-Pop-Gruppe Moloko bedeutet im Russischen „Milch“, wurde direkt aber aus Burgess' fiktiver Sprache Nadsat übernommen, in der er sich auf ein mit Drogen versetztes Milchgetränk bezieht. Die britische Punk-Band Adicts, die sich Ende der 70er gründete, übernahm Aussehen und Stil der Darsteller.[1] In einer Folge der Zeichentrickserie "Die Simpsons", in der Mr. Burns versucht, den Hund Knecht Ruprecht zu einem Wachhund auszubilden, finden sich einige Anspielungen auf Uhrwerk Orange. Zum Beispiel sind die Gewaltfilme, mit denen der Hund beeinflusst werden soll, mit klassischer Musik unterlegt, und seine Augen werden mit speziellen Vorrichtungen offen gehalten. In einer weiteren Simpsons-Folge der Halloween-Reihe tritt Bart Simpson im Kleidungsstil des Hauptdarstellers Alex auf.
Auch außerhalb des englischen Sprachraumes lassen sich zahlreiche Anspielungen auf den Film nachweisen: Die Toten Hosen veröffentlichten 1988 ein Konzeptalbum mit dem Titel Ein kleines bisschen Horrorschau, nachdem sie als Musiker an einer Bühnenversion des Materials beteiligt waren. Die Toten Hosen schreiben auch das Lied Hier kommt Alex das sich direkt auf den Hauptcharakter des Filmes bezieht. 2002 veröffentlichten die polnischen Alternative-Stars Myslovitz das Album Korova Milky Bar – der Titel bezieht sich auf die Milchbar, in der Alex und seine Freunde sich treffen, um ihre drogenhaltige Moloko zu konsumieren. Zahllose weitere Beispiele lassen sich in Büchern, Filmen und sogar Computerspielen finden.
Clockwork Orange gilt in der Skinhead-Szene bis heute als einer der größten Kultfilme, und nach seinem Erscheinen übernahmen viele Skinheads den Clockwork-Orange-Stil. Dieser Einfluss ist insbesondere durch Aufnäher, Anstecker oder Tätowierungen bis heute zu sehen.
Auch in der internationalen Fußball-Ultràszene ist der Film äußerst beliebt, da auch die Ultràs als eigenständige Jugendkultur das Establishment verurteilen. So heißt eine bekannte Ultrà-Gruppierung des italienischen Fußballvereins Juventus Turin "Drughi" (Droog heißt, aus der Nadsat-Sprache übersetzt, Freund). Die "Droogs" sind ebenfalls eine Gruppierung der Ultràs Frankfurt.
Desweiteren gibt es in dem Videospiel Conker's Bad Fur Day einige Anlehnungen an den Film. Zum Beispiel der auf dem Thron sitzende Conker mit einem Glas Milch in der Hand erinnert stark an den Anfang des Films.
Auszeichnungen
- New York Film Critics Award (Bester Film, Bester Regisseur)
- Oscar-Nominierung 1972 für Stanley Kubrick (Regie, Bester Film, Bestes Adaptiertes Drehbuch)
- Oscar-Nominierung 1972 für Bill Butler (Schnitt)
- BAFTA-Award Nominierung 1973 Stanley Kubrick (Regie, Bester Film, Bestes Drehbuch)
- BAFTA-Award-Nominierung 1973 John Alcott (Kamera)
- BAFTA-Award-Nominierung 1973 John Barry (Best Art Direction)
- BAFTA-Award-Nominierung 1973 William Butler (Schnitt)
- BAFTA-Award-Nominierung 1973 Brian Blamey, John Jordan, Bill Rowe (Soundtrack)
Literatur
- Thomas Nöske: Clockwork Orwell. Über die kulturelle Wirklichkeit negativ-utopischer Science Fiction. Unrast, Münster 1997, ISBN 3-928300-70-9
Weblinks
- Vorlage:IMDb Titel
- Kritik in der filmzentrale
- A Prophetic and Violent Masterpiece - Theodore Dalrymple im City Journal (englisch)