Masai Barefoot Technology

Die Masai BarfussTechnologie (auch Masai Barefoot Technology, oder kurz MBT genannt und auch unter dem Label Swiss Masai bekannt) ist der Name für die Bodenkonstruktion einer meist sneaker- oder sandalenähnlichen Fußbekleidung, die der Hersteller, die Masai Group International, selbst eher als ein (sportmedizinisches) Trainingsgerät, denn als einen (Alltags- oder Sport-)Schuh verstanden wissen will.
Wirkungsweise
Durch eine konvex in Laufrichtung abgerundete Sohlenform und ein eingefügtes Fersenweichteil („Masai-Sensor“) gezielt weich und „wabbelig“ gemachte Schuhbodenkonstruktion des MBT-Schuhs, verliert der Fuß den für eine physiologische Fortbewegung kennzeichnenden Halt und Stütze. Das wirkt sich auf größere Teile der Halte- und Stützmuskulatur aus, weil der Körper jetzt aktiv im Gleichgewicht gehalten werden muss, damit der Träger dieser Spezialschuhe nicht stürzt. Durch das Tragen der MBT-Schuhe wird somit eine Art permanentes Koordinationstraining absolviert (zu dessen Ergebnissen später mehr) und zusätzliche Teile der Skelettmuskulatur beanspucht.
Untersuchungen zeigen, dass abgesehen von einer Abnahme der Gelenkbelastung im Kniegelenk, insgesamt der Energieverbrauch der Testperson steigt, weil zusätzliche Muskeln (vor allem die Bein-, Bauch- und Rückenmuskulatur) aktiv sind. Dies führt zu einer Stärkung dieser Muskelgruppen und somit zu einer Gelenkentlastung, wodurch vor allem manche zuvor an Rückenschmerzen leidende Patienten, schmerzfrei wurden.
Kritik
Insgesamt sind MBT-Schuhe sehr umstritten. Befürwortet werden MBT-Schuhe vor allem von deren Verkäufern, aber auch von Kunden, die eine Besserung ihrer krankheitsbedingten Leiden (Schmerzen im Rücken, der Achillessehne oder von einen Fersensporn herrührend) durch häufiges Tragen dieser Schuhe erfahren haben.
Des Öfteren steht die allgemeine Qualität dieser Schuhe im Zentrum der Kritik. Auch das Fersenweichteil sorgt bei den Trägern für Kummer, weil es aus einem offenzelligen Schaummaterial besteht und sich bei Nässekontakt vollsaugt. Händler und Endverbraucher kritisieren das Reklamationsverhalten des Herstellers: Statt bei innerhalb der Gewährleistungsfrist auftretenden Mängeln nachzubessern, wird dem Reklamierenden ein neues Paar zu einem reduzierten Kaufpreis angeboten. Der Fertigungsort und die gebotene Materialqualität bedingen Fragen nach einem angemessenen Preis-Leistungs-Verhältnis (die Schuhe haben einen Ladenverkaufspreis ab 200 Euro). Die Fertigung in Fernost wirft auch Fragen hinsichtlich der sozialen und arbeitsrechtlichen Bedingungen auf und wie es um die Umweltschutzmaßnahmen bestellt ist. Hinsichtlich der gesundheitlichen Aspekte wird von den MBT-Gegnern auf die, aufgrund des erhöhten und instabilen Schwerpunkts, stärkere Verletzungsgefahr hingewiesen, und zu Bedenken gegeben, dass auch ohne solche Schuhe, einfach durch eine gesunde sportliche Betätigung, vergleichbare positive Effekte erreicht werden. Bei neuen Modellen mit einer lateralen flügelabsatzartigen Unterstützung im Rückfuß kommt es bei vielen Trägern zu einer Überpronation (Knicken im Sprunggelenk nach Innen). Kritisiert wird auch das von den Schuhen erzwungene unnatürliche Gangmuster. Darüber hinaus ist das Schuhklima, ähnlich wie bei anderen Schuhen dieser Qualitätsklasse, aufgrund der verbauten Materialien nicht gut.
Es ist keine Verbesserung der Koordinationsfähigkeit durch den Einsatz dieser Schuhe zu bemerken: Das ergab eine sportmedizinische Untersuchung der Universität Tübingen, die im Jahr 2003 herauszufinden versuchte, ob eine Verbesserung der Koordinationsfähigkeit nach einem sechswöchigen neuromuskularen Training festzustellen sei, wenn eine Versuchsgruppe mit MBT-Schuhen und eine ohne MBT-Schuhe trainierte (vgl. Weblink). Dem widersprechen Erfahrungsberichte, die auf erhebliche Verbesserung einer stabilen Körperhaltung im Stehen hinweisen: Personen, die bei Tragen von normalem Schuhwerk früher mit Gleichgewichtstörungen oder Schwindelgefühlen im Stand zu kämpfen hatten, konnten, eigenen Aussagen zufolge, mit MBT-Schuhen eine deutlich bessere Stabilität erzielen.

Namenskonvention
Aufgrund der durch die Schuhe absichtlich bewirkten Instabilität des Gangs und des Stehens, richtet der Träger den Oberkörper reflektorisch auf, um den Schwerpunkt möglichst lotrecht über der Auftrittsstelle zu halten, weil sonst ein Hinstürzen droht. Diese aufrechte Haltung des Oberkörpers, die unter anderem auch für den kenianischen Volksstamm der Masai charakteristisch ist, führte zu dem Wort "Masai" in der Namensgebung.
Das Wort Barfuß ist jedoch irreführend, weil diese Fußbekleidung das genaue Gegenteil des Barfußgehens bewirkt. Aufgrund des aus 26 Knochen bestehende Fußskelett mit seinen vielen Gelenkflächen und Muskeln vermag der Mensch durch eine propriozeptive Wahrnehmung des Untergrunds, feinste Unebenheiten allein mit den Füßen perfekt auszugleichen und somit auszubalancieren, ohne das der restliche Körper hierfür benötigt wird. Die Masai sind hierfür ein gutes Beispiel, weil dieser Stamm sich barfuß fortbewegt. Das genaue Gegenteil bewirkt jedoch der weiche und konvexe Schuhboden der MBT-Schuhe: Die Propriozeption wird gestört, der sichere Stand verhindert.
Weil der unphysiologische Bewegungsablauf anders als gewohnt ausschaut, wird das Laufen mit MBT-Schuhen „Rolltraben“ genannt.
Geschichte, Entwicklung, Wettbewerbsprodukte
Der Erfinder des Systems, der Schweizer Ingenieur Karl Müller, hatte Rückenprobleme, die er bei einem mehrjährigen Asienaufenthalt durch regelmäßiges Spazieren auf den extrem weichen Böden der Reisfelder verbessern konnte. Dadurch angeregt, entwickelte er für sich selbst einen Schuh, der harte, ebene Böden zu weichen, „unebenen“ Böden machte. Dieser Prototyp führte 1996 zur kommerziellen Vermarktung.
Die erste Schuhgeneration hatte noch keinen Absatz (vergleiche Abbildung), wodurch der Träger zu einem Zehengängergang gezwungen wurde. Im Jahr 2000 folgte die zweite Generation, welche die „Lücke“ unter der Ferse mit einem abgerundeten offenporigen Schaumstoffkeil füllte. Dadurch hatte der Schuh nicht mehr ein ganz so exotisches Aussehen. 2004 kam schließlich die dritte Generation, bei der die Dicke der Sohle merklich reduziert wurde. Wirkten die vorausgehenden Generationen ausgesprochen klobig und waren dadurch auffällig, trifft dies auf diese Generation nicht mehr in diesem Maß zu. Einige Modelle der neuesten, vierten Generation weisen einen anders gestalteten Absatz-/Fersenbereich auf. War zuvor eine Ähnlichkeit mit einem Rollabsatz zu verzeichnen, ähneln diese neuen Modelle eher einem Flügelabsatz. Wobei die Unterstützung (der „Flügel“) im äußeren (lateralen) Sohlenbereich platziert ist.
Im Juni 2004 verkaufte Müller die Mehrheit seiner Marketing- und Vertriebsfirma an eine Investorengruppe um den ehemaligen Österreichischen Skirennfahrer Klaus Heidegger, der die Firmengruppe inzwischen in der Masai Group International zusammengefasst hat. Müller hielt bis September 2006 noch etwa 80 Prozent des Unternehmens, welches etwa 200 Personen beschäftigt. Davon 50 Mitarbeiter am Hauptsitz im Thurgauischen Roggwil.
Lag der Fokus von Herrn Müller auf dem gesundheitlichen Aspekt der Schuhe, will der in den USA lebende Heidegger die Marke zu einem Lifestyleprodukt machen. Laut einem Bericht von Facts Online soll MBT bis zum Jahr 2011 einer der zehn größten Schuhhersteller der Welt sein. Der Markenaufbau als Premiumprodukt soll sich laut Heidegger in den nächsten Jahren auf die Schweiz, Deutschland, England, Österreich und die USA konzentrieren, wo 85 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet werden. Die weiteren 15 Länder, in denen MBT bereits verkauft wird, sollen den status quo halten und weitere Expansion werden vorerst nicht stattfinden.
Den MBT-Schuhen, beziehungsweise der dahinter stehenden Theorie, ähnliche Fußbekleidungskonzepte gibt es von Ganter („Ganter aktiv“), der deutschen Marke Chung Shi, Finn Comfort und von der Herges Schuhmanufaktur („LaStrada“-Kollektion).
Einsatzbereiche und Schulung
Diese Schuhe werden vom Hersteller als „Trainingsgeräte“ bezeichnet, die durch eine Verstärkung der gelenknahen Muskulatur einseitigen Überlastungen und Verspannungen vorbeugend entgegenwirken kann. Insbesondere Rücken- und Ischiasschmerzen aufgrund muskulärer Dysbalancen lassen sich durch regelmäßiges Tragen von MBT-Schuhen vermeiden. Als Mittel zur Cellulitebekämpfung machten die Schuhe in England Schlagzeilen und wurde von Ex-Chef Müller folgendermaßen beschrieben: «Cellulite geht nicht weg, man sieht sie nur weniger, weil MBT die Muskeln mehr beansprucht als herkömmliche Schuhe.»
Zusammen mit dem Kauf eines Paars MBT-Schuhe erhält der Kunde einen Gutschein für einen etwa einstündigen Einführungskurs zu korrekten Einsatz der MBT. Um diese Möglichkeit nutzen zu können, ist er verpflichtet seinen Namen und weitere persönliche Daten auf diesem Gutschein eintragen. Diese Informationen gehen an den Hersteller. Die Kurse werden von MBT-Instruktoren (speziell geschulte Personen aus medizinischen Berufen, häufig Physiotherapeuten; nie MBT-Händler) abgehalten. Dort wird in kleinen Gruppen das richtige Tragen und die korrekte Verwendung dieser Fußbekleidung erläutet. Auch das Laufen (Rolltraben) wird behandelt und auf individuelle Gangeigentümlichkeiten hingewiesen. Das Laufen (Joggen) in MBT-Schuhen erfordert Übung und ist nur für ebene Untergründe (Asphalt) geeignet, weil auf unebenen Naturböden (Waldpfad) die Gefahr einer schuhbedingten Verletzung steigt.
Neben den Instruktoren bildet der Hersteller gegen Bezahlung auch Schuhreparateure in der Instandsetzung der MBT-Schuhe aus.