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Canfranc

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Teilansicht des Bahnhofs

Canfranc (in aragonés gesprochen: Kannfrann) ist ein kleiner Ort am aragonesischen Zweig des Jakobswegs. Er liegt im Tal des Aragón (Fluss) südlich des Somportpass in der Provinz Huesca der Autonomen Gemeinschaft Aragonien.
Canfranc besteht aus zwei Teilen: dem ursprünglichen Canfranc auch Canfranc Pueblo oder Canfranc Quemado genannt und dem 4 km talaufwärts gelegenen größeren Canfranc Estacíon.

Geschichte

Canfranc entstand im Mittelalter als Grenzstation. Den Namen Campus Francus (etwa: Freies Feld) soll es aufgrund der Aufgabe für seine Bewohner erhalten haben, den Weg für Reisende und Pilger stets frei von Hindernissen zu halten. Beim Brand von 1944 wurden die historischen Zeugnisse des Ortes weitgehend zerstört. Zu diesem Zeitpunkt war mit der Siedlung um den Bahnhof Canfranc Estacíon schon das 'neue' Canfranc entstanden. Dessen Kernstück war der internationale Bahnhof, der sich zwar bald als zu optimistisch geplant zeigte und nach Einstellung der Bahnlinie nach Pau nur noch äußerst reduziert genutzt wird, dem Ort aber bis heute eine bizarre Berühmtheit beschert.
Mit der Entstehung des Ski- und Wandertourismus in den Pyrenäen erwachte der Ort wieder, die Skigebiete Astún und Candanchu werden von hier aus mit Bussen bedient.
Bis zur Einführung des EU-Binnenmarktes versorgten die hiesigen Geschäfte französische Einkaufstouristen mit preiswerten Spirituosen.
Um die Jahrtausendwende wurde der Somport-Straßentunnel eingeweiht, der parallel zum alten Eisenbahntunnel verläuft. Aktuell arbeitet man an der Restaurierung des Bahnhofs. Desgleichen gibt es auch immer wieder Pressemeldungen, die von einer Wiederaufnahme des Zugverkehrs nach Pau durch die SNCF bis 2010 wissen wollen.

Sehenswürdigkeiten

Canfranc Pueblo

Am südlichen Ortsausgang befinden sich die Reste der romanischen Pfarrkirche und eine sehr gut erhaltene romanische Brücke mit einem Bogen. Die Reste des im 12. Jh. nahe der Pfarrkirche gegründeten Pilgerhospizes sind leider nicht mehr zu besichtigen.

Canfranc Estacíon

Torreta de Fusilería

Als im 19. Jh. Frankreich eine neue Straße zum Somport baute, die zudem noch mit der Festung von Portalet gut zu verteidigen war, entschloss man sich auf spanischer Seite, neue Verteidigungsanlagen gegen eine mögliche französische Intervention zu errichten. Eine ist die südlich des Ortsausgang auf einem kleinen Felsvorsprung gelegene Torreta de Fusilería. Der von einem Graben umgebene Bau wirkt mittelalterlich. Auf vier Etagen bot er Platz für 25 Personen, neben einem Amtsraum, gab es Küche, Krankenstube, Verließ und Brennholzlager. Mitte der 1990er Jahre sollte die Torreta dem Neubau der spanischen Bundesstraße N-330 weichen. Die Bürger des Ortes verhinderten den Abriss. Nach der anschließenden Rekonstruktion diente es einige Zeit als Museum und Informationszentrum für den Bau des Somport-Straßentunnels. Aktuell soll es nicht öffentlich zugänglich sein. (vgl. Website Canfranc/Lugares de Interés)

Somport-Straßentunnel

Am Ortsausgang befindet sich die Mündung des Somport-Straßentunnels. Ab Anfang der 1990er Jahre wurde dieser Tunnel parallel zum alten Eisenbahntunnel als Verbindung zwischen Frankreich und Spanien gegraben. Er ist einer der sichersten Straßentunnel Europas. Aufgrund der anschließend schlechten Straßenverhältnisse auf französischer Seite soll er jedoch unterhalb des prognostizierten Verkehrsaufkommens genutzt werden.

Festung Col des Ladrones

Eine weitere Verteidigungsanlage, die im 18. Jh. errichtet und um 1900 erneuert wurde. Sie liegt malerisch oberhalb des Ortes im Col de Ladrones und befindet sich in desaströsem Zustand.

Der Bahnhof

Wichtigste Sehenswürdigkeit Canfrancs ist der Bahnhof.

In den zwanziger Jahren entstand das Projekt, Paris und Madrid mit einer neuen Expresslinie zu verbinden. Die Strecke sollte auf kürzestem Wege die Pyrenäen überqueren.
Da es zur damaligen Zeit noch keine Umspurmöglichkeit für die Züge gab, mussten die Fahrgäste irgendwo zwischen den französischen (Normalspur) und spanischen (Breitspur) Waggons wechseln. Dies sollte möglichst grenznah passieren, beim Umsteigen sollten gleichzeitig die Paß- und Zollformalitäten erledigt werden. Der günstigste Ort hierfür war ein Plateau nördlich von Canfranc, unmittelbar südlich des Pyrenäenhauptkammes. Neben Passagieren sollte dort auch Fracht umgeladen werden.

Die Planer rechneten damals mit mehreren tausend Reisenden pro Tag. Canfranc erhielt einen Bahnhof nach den Maßstäben einer internationalen Expreßlinie: Größe und Gleiszahl entsprechen dem einer Stadt mit ca. 100.000 Einwohnern, das edel ausgestattete Hauptgebäude liegt parallel zwischen den breiten (spanischen) und schmalen (französischen) Gleisen. Reisende sollten direkt am Bahnhofsgebäude aussteigen, die Grenzformalitäten erledigen und auf der anderen Seite sofort wieder in den nächsten Zug einsteigen können. Dieser Massenbetrieb jedoch wurde niemals Realität: Schon während der Bauphase zeichnete sich ab, daß die Planer den Transportbedarf auf der Linie bei weitem überschätzt hatten. Die folgende Weltwirtschaftskrise und die politischen Bedingungen bis zum zweiten Weltkrieg ließen die Passagierzahlen nochmals sinken. Auch der Frachtverkehr erreichte niemals die geplanten Dimensionen: Da es noch keine Container gab mußte jede Kiste Fracht quasi von Hand umgeladen werden. Dies machte den Bahntransport teuer und langsam.

Nach dem Krieg wurde die Linie zwar weiter benutzt, doch an einen internationalen Expreßverkehr dachte niemand mehr. Als schließlich auf der französischen Seite bei l'Estanquet eine Brücke einstürzte, war der internationale Zug für Canfranc abgefahren. Gerüchte, wonach die SNCF unmittelbar vor dem Einsturz ihre letzte Lokomotive aus Canfranc abgezogen hätte, halten sich hartnäckig.

In der Gegenwart ist Canfranc lediglich der Endhaltepunkt von Regionalzügen nach Saragossa. Einige alte Waggons stehen als verrottete Gerippe auf den verbliebenen Gleisen, auch der Kran zum Umladen von Obstkisten ist noch vorhanden. Das prächtige - und fast völlig leerstehende - Bahnhofsgebäude ist eine bizarre Attraktion für Eisenbahnfans und Fotografen. In den 1990er Jahren mehrten sich die Stimmen, die Wiedereröffnung des Eisenbahntunnels und die Wiederaufnahme des Zugverkehrs mit Frankreich forderten. Parallel sammelten sich Unterstützer für die Restauration des Bahnhofgebäudes, sodass die Gemeindeverwaltung Canfrancs heute die begonnene Restauration feiern kann.

Weblinks, Quellen, Literatur

  • Míllan Bravo Lozano, Der Jakobsweg, Editorial Everest S.A.


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