John Barry (Filmkomponist)
John Barry eigentlich John Barry Prendergast OBE (* 3. November 1933 in York, England) ist einer der erfolgreichsten englischen Filmkomponisten und Arrangeure des 20. Jahrhunderts.
Dieser Artikel wurde komplett überarbeitet und erweitert von: Johnbarry 15:43, 4. Jan. 2007 (CET)
Leben und Karriere
John Barrys Mutter, Doris Prendergast (geborene Wilkinson) war Pianistin. Seinem Vater, Jack Xavier Prendergast (Übername: JX), gehörten acht Kinos im Norden Englands. Sein Bruder, Patrick kam im Jahr 1923 zur Welt, 1928 seine Schwester, June.
Die frühen Jahre
Barry war Schüler Bar Convent Catholic Junior School im Zentrum Yorks. Die dort herrschende Disziplin und Ordnung waren ihm rasch verhasst und blieben zugleich ein Leben lang prägend. Einschneidende Erlebnisse bildeten die Bombenangriffe im 2. Weltkrieg der deutschen Luftwaffe, als er Tod und Zerstörung hautnah miterleben musste.
Als Elfjähriger trat Barry ins Internat (St Peter's public school) in York über. Dort nahm er Klavierunterricht. Seine musikalische Neigung entdeckte er schon früher und der Wunsch, Musiker zu werden, wuchs mit den Jahren. Da sein Vater eine Kinokette betrieb, war es für den Jungen selbstverständlich, sich die gerade laufenden Filme immer wieder anzushen. - Noch heute wertet Barry diese Erfahrung, Filme vor zahlendem Publikum zu sehen, als eigentlich die beste Schulung eines Filmkomponisten. - Bei Dr. Francis Jackson, dem Master of Music der Yorker Kathedrale, genoss er als Teenager eine eingehendere musikalische Ausbildung.
Nach dem Ende des Kriegs wurde Barry vom Jazz-Fieber gepackt. Sein Bruder Patrick hatte ihm mit dieser Musik bekannt gemacht. Barrys bislang klassisch geprägter Musik-Horizont erfuhr dadurch eine Erweiterung hin zur Unterhaltungsmusik.
Bei George Swift nahm er Anfang der Fünfziger Jahre Trompetenunterricht und begann die ersten kleineren Stücke zu komponieren. Zu der Zeit studierte Barry auf dem Korrespondenzweg die Kompositionstechnik nach der damals schon umstrittenen Schillinger-Methode, die auch von den Arrangeuren der Stan-Kenton-Band angewendentet wurde und auf einer Art von mathematischen Berechnungen beruhte. Barry bewunderte die Musik von Stan Kenton sehr.
Armeedienst
Wie jeder wehrfähige Britte wurde John Barry in die Armee einberufen. Ab 1952 verbrachte er so drei Jahre im Militärdienst als Mitglied einer Armee-Band. Nach wenigen Wochen in Richmond wurde er nach Ägypten verlegt, wo die Suez-Krise in die heisse Phase trat. Später verlegte man seine Einheit nach Zypern, wo es auch schon brodelte.
Während seiner Dienstzeit hatte Barry die Gelegenheit, dank seiner Einteiling in eine Armee-Band, sein musikalisches Können täglich neu zu proben und zu verbessern. Zudem absolvierte er von Zypern aus wiederum auf dem Korrespondenzweg einen Fernkurs. Diesmal bei Bill Russo, der als der eigentlicher Tüftler des Stan-Kenton-Sounds galt. Auf diese Weise erwarb sich Barry Kenntnisse im Arrangement für Big Bands.
The John Barry Seven
Nach dem Verlassen der Armee gründete Barry 1957 die Rock-’n’-Roll-Band 'The John Barry Seven', mit der er in England sehr erfolgreich wurde. Zu den Band-Mitgliedern gehörten neben Barry, Les Reed, Vic Flick, Mike Peters, Jimmy Stead, Dennis King und Doug Wright. Zunächst versuchte sich Barry als Lead-Sänger, doch wegen seiner stimmlichen Grenzen verlengte man sich rasch auf das Spielen von Instrumentalstücken.
Nach Auftritten im Fernsehen, insbesondere in den Sendungen 6.5 Special und Oh Boy der BBC, erfolgreichen Plattenverkäufen und dank der geschickten Hand von Barrys Managerin, Eve Taylor, gelang es ihm ins ersehnte Filmgeschäft einzusteigen. Im Jahr 1960 erhielt er den Auftrag, die Musik für den Film Beat Girl (deutsch: Heiß auf nackten Steinen) zu schreiben, in dem Rock ’n’ Roll eine große Rolle spielten sollte. Der Film diente zudem als Vehikel, um den Sänger Adam Faith noch bekannter zu machen.
Der große Durchbruch als Filmkomponist kam für Barry schliesslich im Zug der heranrollenden James-Bond-Erfolgswelle. Es nahm im Jahr 1962 den Anfang, als er von den Produzenten des ersten James-Bond-Filmes (James Bond jagt Dr. No) engagiert wurde, auf Grund einer musikalischen Vorlage Monty Normans, ein poppiges Titel-Thema für 007 zu arrangieren. Denn Norman war es zuvor nicht gelungen, die Film-Leute von seinen musikalischen Ideen zu überzeugen, obwohl er als Komponist für den Film angestellt worden war.
James Bond
Die genauen Umstände, die zu Barrys Mitwirkung führten sowie die Vereinbarungen, die im Rahmen seiner Arbeit an dem Film getroffen wurden, blieben bis in die jüngste Vergangenheit Gegenstand von Spekulationen und hitzigen Debatten. Beide Parteien, Barry und Norman, machten darüber sich teils widersprechende Aussagen, die bis heute nicht restlos geklärt werden konnten.
Das Barry-Lager, allen voran der Komponist selbst haben in nicht immer eindeutig zu interpretierenden Aussagen angedeutet, das berühmte Thema habe Barry selbst geschrieben und nicht Monty Norman. Norman bestreitet dies zu Recht. Denn er kann belegen, dass die thematische Grundidee von ihm stammte und auf einem Song basiert, den er für ein nie realiertes Musical schrieb. Ein Prozess vor dem High Court Englands endete 2001 zu Gunsten von Norman. Ihm wurde dabei die alleinige Autorenschaft zuerkannt und nicht Barry.
Unbestritten ist jedoch, dass Barry mit seinem Arrangement von 1962 das Bond-Thema sehr stark veränderte und erweiterte. Norman selbst anerkennt den massgeblichen Anteil Barrys am Erfolg des Stücks ohne zu zögern. Ein Erfolg, der zum damaligen Zeitpunkt übrigens von niemand in dem Ausmass erwartet wurde, wie er dann eintrat. Dennoch wurde danach nicht Norman sondern John Barry für die folgenden James-Bond-Filme verpflichtet, die Musik zu komponieren.
Bei Goldfinger (1964) war Barry auch für das prestigeträchtige Titellied verantwortlich, das er in Zusammenarbeit mit den Textern Anthony Newly und Lesslie Bricusse verfasste. Shirley Bassey sang es und landete damit den grössten Hit ihrer Karriere. Für Diamantenfieber (1971) und Moonraker (1979) holte Barry sie wieder zurück vors Mikrofon. Mit Unterbrechungen arbeitete er bis 1987 für die Bond-Leute. Nach Der Hauch des Todes kehrte er der Serie den Rücken. Versuche, ihn zurückzuholen, blieben erfolglos. Erst kürzlich machte er deutlich, dass für ihn das Kapitel "James Bond" abgeschlossen sei.
Übersiedlung in die USA
Mit dem Erfolg von Bond konnte Barry auch in Hollywood Fuss fassen. Mitte der 70er-Jahre siedelte er nicht zuletzt wegen Schwierigkeiten mit dem britischen Fiskus in die USA über, zunächst nach Hollywood, später an die Ostküste, nach Oyster Bay auf Long Island, wo er auch noch heute zusammen mit Frau und Sohn ein zunehmend zurückgezogenes Leben im Halbruhestand führt.
Die interessantesten Filmmusiken komponierte John Barry in der Zeit von 1962 bis 1974 (s. Kapitel Filmografie). Es wird kaum ein Zufall sein, dass die Übersiedlung in die Vereinigten Staaten einher gehen mit einem stilistischen Wandel in Barrys Musik. Seine Musik wurde streicherlastiger als früher, die ausgefallenen Arrangements, wie man sie vorab aus seinen Arbeiten um 1964-1969 kannte, wurden seltener. Barry sah sich gerade in der zweiten Hälfte seiner Karriere öfters dem Vorwurf der Einfallslosigkeit ausgesetzt.
In den 90er-Jahren manifestierte sich zudem ein Mentalitätswandel in Hollywood, der auf Barrys Arbeit nicht ohne Folgen bleiben sollte. Etliche seiner Arbeiten wurden abgelehnt (s. Kapitel Gescheiterte Filmmusikprojekte). Ein Schicksal, dass er mit Maurice Jarre und Elmer Bernstein teilen musste. Barry antwortete darauf mit teilweisem Rückzug aus dem Geschäft. Im Jahr 2003 sollte er die Musik zu The Incredibles (Die Unglaublichen) schreiben, wegen künstlerischer Differenzen verliess Barry das Projekt nach kurzer Zeit wieder, und Michael Giacchino rückte nach.
Halbruhestand
Im Jahr 2004 versuchte sich Barry erneut an einem Musical-Projekt, das er seit gut 40 Jahren hat realisieren wollen. Das Stück trug den Titel Brighton Rock und basierte auf Graham Greenes gleichnamigem Roman (dt. Am Abgrund des Lebens). Zusammen mit dem langjährigen Mitarbeiter und Liedtexter Don Black schrieb Barry das Werk fertig. Im Herbst 2004 war im Londoner Almeida Theater Premiere.
Doch Brighton Rock floppte. Die Kritiken waren meist ablehnend, und das Stück verschwand nach wenigen Vorstellungen wieder von der Bühne. Pläne, die Show ausserhalb Londons erneut zu starten, zerschlugen sich. Für Barry selbst ist das Projekt definitiv vom Tisch; denn er gelangte zur Einsicht, dass sich die Zeiten zu sehr geändert hätten. Für sein düsteres Musicals sah er kein genügend grosses Interesse mehr.
Sein erfolgreichtes Musical bleibt weiterhin Billy, das er 1974 mit Don Black geschrieben hatte und dem Hauptdarsteller Michael Crawford zum Durchbruch als Musical-Star verhalf. Ansonsten war Barry beim Theater doch stets weniger Erfolg beschieden als beim Film.
Im August/September 2006 erschien ein Album der australischen Sängerformation The Ten Tenors unter dem Titel Here's To The Heroes, darauf befinden sich unter anderem acht Lieder von Barry. Er wirkte dabei auch als ausführender Produzent mit. Dem Tributkonzert zu Ehren von Barry in der Royal Albert Hall vom 28. September 2006 war kein grosser Efolg beschieden. Das Haus war zu höchstens zwei Dritteln besetzt. Laut Auskünften von Barry arbeitet er bereits an einem weiteren Album. Wann es erscheinen wird, ist noch nicht bekannt.
Auszeichnungen
Für seine Filmmusiken erhielt Barry neben vielen anderen Auszeichnungen bisher fünf Oscars und vier Grammys (s. a. Filmografie).
Filmografie
1959
1969
keine Filmmusik
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1977
keine Filmmusik
1991 keine Filmmusik
keine Filmmusik
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Gescheiterte Filmmusikprojekte (Auswahl)
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Musicals
- Passion Flower Hotel (1965)
- Lolita My Love (1971)
- Billy (1974)
- The Little Prince and the Aviator (1981, das Projekt wurde wegen finanzieller Probleme nur Tage vor der Premiere abgebrochen)
- Brighton Rock (2004)
- John Barrys Musicals: Eine Zusammenfassung (englisch)
- Brighton Rock (englisch)
Konzeptalben
- Stringbeat (1961)
- Americans (1975)
- The Beyondness Of Being (1998, enthält einige Stücke aus Barrys abgelehnter Filmmusik zu THE HORSE WHISPERER)
- Eternal Echoes (2001, enthält ein Stück aus der abgelehnten Filmmusik zu GOODBYE LOVER)
- Here's To The Heroes (2005, Barry steuerte zusammen mit Don Black drei neue Songs bei und wirkte mit als ausführender Produzent, die künstlerische Gestaltung, die Adaption und die Arrangements der Stücke besorgten die 10 Tenören, der Dirigent Nicholas Dodd sowie der Produzenten der Gruppe, Simon Franglen)
Literatur
- Fiegel, Eddi: John Barry. A Sixties Theme. From James Bond To Midnight Cowboy. Constable, London 1998, ISBN 0-09-478530-9 (englisch, die Autorin untersucht vorab Leben und Werk von Barry in den Jahren 1958 bis 1969)
- Leonard, Geoff / Walker, Pete / Bramley, Gareth: John Barry. A Life In Music. Bristol 1998 (englisch, eine aktualisierte Neuauflage unter geändertem Titel, The Man With The Midas Touch, ist für 2007 angekündigt)
- Barry, Black And Born Free in: James Inverne: Wrestling With Elephants. The Authorised Biography Of Don Black. Foreword by John Barry. Sanctuary, London 2003, ISBN 1-86074-468-0, S. 42-53 (englisch, das Buch enthält zudem verstreut in weiteren Kapiteln bemerkenswerte Informationen zur Person von John Barry)
- Foreign Composers in: William Darby und Jack Du Bois: American Film Music. Major Composers, Techniques, Trends, 1915 - 1990. McFarland, Jefferson 1990, ISBN 0-7864-0753-0, S. 390-392 (englisch, kurze überblicksartige Betrachtungen mit Notenbeispielen von Barrys Filmmusik im Rahmen dieses Kapitels, das den Nicht-US-Amerikanern gewidmet ist, die in Hollywood Filmmusik schufen)
Weblinks
- Vorlage:IMDb Name
- John Barry: A Life in Music
- Music Composed, Arranged & Conducted by John Barry
- Rezensionen von cinemusic.de
- Rezensionen von Jonathan Broxton (moviemusicuk.us)
Personendaten | |
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NAME | Barry, John |
ALTERNATIVNAMEN | vollständiger Name John Barry Prendergast |
KURZBESCHREIBUNG | britischer Komponist |
GEBURTSDATUM | 3. November 1933 |
GEBURTSORT | York, England |