John Barry (Filmkomponist)
John Barry eigentlich John Barry Prendergast OBE (* 3. November 1933 in York, England) ist einer der erfolgreichsten englischen Filmkomponisten.
Leben und Karriere
Seine Mutter war Pianistin und seinem Vater gehörten acht Kinos im Norden Englands. 1957 gründete er nach dem Verlassen der Army die Rock-’n’-Roll-Band 'The John Barry Seven', mit der er in England sehr erfolgreich wurde.
Im Jahr 1960 bekam Barry den ersten Auftrag, die Musik für den Film Beat Girl (deutsch: Heiß auf nackten Steinen) zu schreiben, in dem Rock ’n’ Roll eine große Rolle spielten sollte. Der große Durchbruch kam jedoch erst 1962, als er von den Produzenten des ersten James-Bond-Filmes (James Bond jagt Dr. No) engagiert wurde, auf Grund einer musikalischen Vorlage Monty Normans, ein poppiges Titel-Thema für 007 zu arrangieren. Denn Norman war es zuvor nicht gelungen, die Film-Leute von seinen musikalischen Ideen zu überzeugen, obwohl er als Komponist für den Film angestellt worden war.
Die genauen Umstände, die zu Barrys Mitwirkung führten sowie die Vereinbarungen, die im Rahmen seiner Arbeit an dem Film getroffen wurden, blieben bis in die jüngste Vergangenheit Gegenstand von Spekulationen und hitzigen Debatten. Beide Parteien, Barry und Norman, machten darüber sich teils widersprechende Aussagen, die bis heute nicht restlos geklärt werden konnten.
Das Barry-Lager, allen voran der Komponist selbst haben in nicht immer eindeutig zu interpretierenden Aussagen angedeutet, das berühmte Thema habe Barry selbst geschrieben und nicht Monty Norman. Norman bestreitet dies zu Recht. Denn er kann belegen, dass die thematische Grundidee von ihm stammte und auf einem Song basiert, den er für ein nie realiertes Musical schrieb. Ein Prozess vor dem High Court Englands endete 2001 zu Gunsten von Norman. Ihm wurde dabei die Autorenschaft zuerkannt und nicht Barry.
Unbestritten ist jedoch, dass Barry mit seinem Arrangement von 1962 das Bond-Thema sehr stark veränderte und erweiterte. Norman selbst anerkennt den massgeblichen Anteil Barrys am Erfolg des Stücks ohne zu zögern. Ein Erfolg, der zum damaligen Zeitpunkt übrigens von niemand in dem Ausmass erwartet wurde, wie er dann eintrat. Dennoch wurde danach nicht Norman sondern John Barry für die folgenden James-Bond-Filme verpflichtet, die Musik zu komponieren.
Bei Goldfinger (1964) war Barry auch für das prestigeträchtige Titellied verantwortlich, das er in Zusammenarbeit mit den Textern Anthony Newly und Lesslie Bricusse verfasste. Shirley Bassey sang es und landete damit den grössten Hit ihrer Karriere. Für Diamantenfieber (1971) und Moonraker (1979) holte Barry sie wieder zurück vors Mikrofon. Mit Unterbrechungen arbeitete er bis 1987 für die Bond-Leute. Nach Der Hauch des Todes kehrte er der Serie den Rücken. Versuche, ihn zurückzuholen, blieben erfolglos. Erst kürzlich machte er deutlich, dass für ihn das Kapitel "James Bond" abgeschlossen sei.
Mit dem Erfolg von Bond konnte Barry auch in Hollywood Fuss fassen. Mitte der 70er-Jahre siedelte er nicht zuletzt wegen Schwierigkeiten mit dem britischen Fiskus in die USA über, zunächst nach Hollywood, später an die Ostküste, nach Oyster Bay auf Long Island, wo er auch noch heute zusammen mit Frau und Sohn ein zunehmend zurückgezogenes Leben im Halbruhestand führt.
Die interessantesten Filmmusiken komponierte John Barry in der Zeit von 1962 bis 1974 (s. Kapitel Filmografie). Es wird kaum ein Zufall sein, dass die Übersiedlung in die Vereinigten Staaten einher gehen mit einem stilistischen Wandel in Barrys Musik. Seine Musik wurde streicherlastiger als früher, die ausgefallenen Arrangements, wie man sie vorab aus seinen Arbeiten um 1964-1969 kannte, wurden seltener. Barry sah sich gerade in der zweiten Hälfte seiner Karriere öfters dem Vorwurf der Einfallslosigkeit ausgesetzt.
In den 90er-Jahren manifestierte sich zudem ein Mentalitätswandel in Hollywood, der auf Barrys Arbeit nicht ohne Folgen bleiben sollte. Etliche seiner Arbeiten wurden abgelehnt (s. Kapitel Gescheiterte Filmmusikprojekt). Ein Schicksal, dass er mit Maurice Jarre und Elmer Bernstein teilen musste. Barry antwortete darauf mit teilweisem Rückzug aus dem Geschäft. Im Jahr 2003 sollte er die Musik zu The Incredibles (Die Unglaublichen) schreiben, wegen künstlerischer Differenzen verliess Barry das Projekt nach kurzer Zeit wieder, und Michael Giacchino rückte nach.
Im Jahr 2004 versuchte sich Barry erneut an einem Musical-Projekt, das er seit gut 40 Jahren hat realisieren wollen. Das Stück trug den Titel Brighton Rock und basierte auf Graham Greenes gleichnamigem Roman (dt. Am Abgrund des Lebens). Zusammen mit dem langjährigen Mitarbeiter und Liedtexter Don Black schrieb Barry das Werk fertig. Im Herbst 2004 war im Londoner Almeida Theater Premiere.
Doch Brighton Rock floppte. Die Kritiken waren meist ablehnend, und das Stück verschwand nach wenigen Vorstellungen wieder von der Bühne. Pläne, die Show ausserhalb Londons erneut zu starten, zerschlugen sich. Für Barry selbst ist das Projekt definitiv vom Tisch; denn er gelangte zur Einsicht, dass sich die Zeiten zu sehr geändert hätten. Für sein düsteres Musicals sah er kein genügend grosses Interesse mehr.
Sein erfolgreichtes Musical bleibt weiterhin Billy, das er 1974 mit Don Black geschrieben hatte und dem Hauptdarsteller Michael Crawford zum Durchbruch als Musical-Star verhalf. Ansonsten war Barry beim Theater doch stets weniger Erfolg beschieden als beim Film.
Für seine Filmmusiken erhielt Barry neben vielen anderen Auszeichnungen bisher fünf Oscars und vier Grammys.
Filmografie
1959
- BEAT GIRL
1960
- NEVER LET GO
1961
- WHAT A WHOPPER!
- A MATTER OF WHO
- FALLING IN LOVE
- GIRL ON A ROOF
1962
- THE BETRAYERS
- THE COOL MIKADO
- DATELINE
- DR. NO (James Bond jagt Dr. No, 1. Film der James-Bond-Reihe, Barry besorgte das Arrangement des James-Bond-Themas, die Filmmusik schrieb Monty Norman)
- THE AMAROUS PRAWN (aka The Playgirl And The War Minister)
- MIX ME A PERSON
- THE 'L' SHAPED ROOM
1963
- IT'S ALL HAPPENING
- ZULU
- FROM RUSSIA WITH LOVE (Liebesgrüsse aus Moskau, 2. Film der James-Bond-Reihe, Titelsong From Russia With Love geschrieben von Lionel Bart, gesungen von Matt Monro, Barry komponierte die orchestrale Filmmusik)
- THE HUMAN JUNGLE
- THE PARTY'S OVER
- ELIZABETH TAYLOR IN LONDON
1964
- SEANCE ON A WET AFTERNOON
- A JOLLY BAD FELLOW
- MAN IN THE MIDDLE
- GOLDFINGER (Goldfinger, 3. Film der James-Bond-Reihe, Titelsong Goldfinger gesungen von Shirley Bassey)
- MULOORINA
1965
- THE IPCRESS FILE
- MISTER MOSES
- KING RAT
- THE KNACK
- BE MY GUEST
- FOUR IN THE MORNING
- THUNDERBALL (Feuerball, 4. Film der James-Bond-Reihe, Titelsong Thunderball gesungen von Tom Jones)
- SOPHIA LOREN IN ROME
- ONE MAN AND HIS BANK
- THE NEWCOMERS
- THE BRIDE WORE YOLANDE
1966
- THE WRONG BOX
- THE CHASE
- BORN FREE (Frei geboren - Die Königin der Wildnis, je ein Oscar für Beste Filmmusik und Bestes Lied, letzteres zusammen mit Don Black)
- THE QUILLER MEMORANDUM
1967
- YOU ONLY LIVE TWICE (Man lebt nur zweimal, 5. Film der James-Bond-Reihe, Titelsong You Only Live Twice gesungen von Nancy Sinatra)
- DUTCHMAN
- THE WHISPERERS
1968
- DEADFALL
- PETULIA
- BOOM
- THE LION IN WINTER (Der Löwe im Winter, Oscar für Beste Filmmusik 1968)
1969
- ON HER MAJESTY’S SECRET SERVICE (Im Geheimdienst Ihrer Majestät, 7. Film der James-Bond-Reihe, We Have All The Time In The World gesungen von Louis Armstrong)
- THE APPOINTMENT
- MIDNIGHT COWBOY
1970
- THE PERSUADERS (Die Zwei, Titelthema)
- THE LAST VALLEY
- MURPHY'S WAR
- MONTE WALSH
- WALKABOUT
1971
- DIAMONDS ARE FOREVER (Diamantenfieber, 7. Film der James-Bond-Reihe, Titelsong Diamonds Are Forever gesungen von Shirley Bassey)
- FOLLOW ME
- MARY, QUEEN OF SCOTS (Maria Stuart, Königin von Schottland, nominiert für den Oscar als Beste Filmmusik 1972)
- THEY MIGHT BE GIANTS
1972
- ALICE'S ADVENTURES IN WONDERLAND
1973
- A DOLL'S HOUSE
- LOVE AMONG THE RUINS
- THE GLASS MENAGERIE
1974
- THE DOVE
- THE MAN WITH THE GOLDEN GUN (Der Mann mit dem goldenen Colt, 9. Film der James-Bond-Reihe, Titelsong The Man With The Golden Gun gesungen von Lulu)
- THE TAMARIND SEED
- DAY OF THE LOCUST
1975
kein Score
1976
- ROBIN & MARIAN
- KING KONG
- ELEANOR & FRANKLIN
- THE DEEP
1977
- THE WHITE BUFFALO
- FIRST LOVE
- THE BETSY
- THE WHITE HOUSE YEARS
- WAR BETWEEN THE TATES
- THE GATHERING
- YOUNG JOE, THE FORGOTTEN KENNEDY
1978
- THE GAME OF DEATH
- STARCRASH
- THE CORN IS GREEN
- GOING HOME AGAIN
- ST. JOAN
1979
- HANOVER STREET
- MOONRAKER (Moonraker, 11. Film der James-Bond-Reihe, Titelsong Moonraker gesungen von Shirley Bassey)
- THE BLACK HOLE (Das schwarze Loch)
- NIGHT GAMES
- WILLA
1980
- TOUCHED BY LOVE
- SOMEWHERE IN TIME
- RAISE THE TITANIC
- INSIDE MOVES
1981
- LEGEND OF THE LONE RANGER
- BODY HEAT
- BELLS (MURDER BY PHONE)
1982
- HAMMETT
- FRANCES
- SVENGALI
1983
- HIGH ROAD TO CHINA
- THE GOLDEN SEAL
- OCTOPUSSY (Octopussy, 13. Film der James-Bond-Reihe, Titelsong All Time High gesungen von Rita Coolidge)
- MIKE'S MURDER
1984
- UNTIL SEPTEMBER
- THE COTTON CLUB
1985
- A VIEW TO A KILL (Im Angesicht des Todes, 14. Film der James-Bond-Reihe, Titelsong A View To A Kill gesungen von Duran Duran)
- JAGGED EDGE
- OUT OF AFRICA (Jenseits von Afrika, Oscar für Beste Filmmusik 1985)
1986
- MY SISTER'S KEEPER (A Killing Affair)
- PEGGY SUE GOT MARRIED
- HOWARD THE DUCK (Howard – Ein tierischer Held)
- THE GOLDEN CHILD
1987
- THE LIVING DAYLIGHTS (Der Hauch des Todes, 15. Film der James-Bond-Reihe, Titelsong The Living Daylights gesungen von A-ha)
- HEARTS OF FIRE
1988
- MASQUERADE
1989
kein Score
1990
- DANCES WITH WOLVES (Der mit dem Wolf tanzt (Film), Oscar für Beste Filmmusik 1990)
1991
kein Score
1992
- RUBY CAIRO (DECEPTION)
- CHAPLIN (nominiert für den Oscar als Beste Filmmusik 1992)
1993
- INDECENT PROPOSAL (Ein unmoralisches Angebot, ausgezeichnet mit dem BMI Film Music Award 1993)
- MY LIFE
1994
- THE SPECIALIST (Der Spezialist, ausgezeichnet mit dem BMI Film Music Award 1994)
1995
- THE SCARLET LETTER
- ACROSS THE SEA OF TIME
- CRY THE BELOVED COUNTRY
1997
- SWEPT FROM THE SEA
1998
- MERCURY RAISING (Das Mercury Puzzle)
- PLAYING BY HEART
1999
kein Score
2000
kein Score
2001
- ENIGMA (Enigma – Das Geheimnis)
Gescheiterte Filmmusikprojekte (Auswahl)
- Sinful Davy (1968), Ersatzkomponist: Ken Thorne
- First Love (1977), nur Teile von Barrys Musik blieben im Film
- Clash of the Titans (1981), Ersatzkomponist: Laurence Rosenthal
- Once Bitten (1985), Barry schrieb Demostücke, die abgelehnt wurden; Ersatzkomponist: John Du Prez
- The Prince of Tides (1991), Ersatzkomponist: James Newton Howard
- Year of the Comet (1992), Ersatzkomponist: Hummie Mann
- The Horse Whisperer (1998), Ersatzkomponist: Thomas Newman
- Ever After (1998), Barry schrieb ein Demostück, das abgelehnt wurde; Ersatzkomponist: George Fenton
- The End Of The Affair (1999), Barry schrieb ein Demostück, das abgelehnt wurde; Ersatzkomponist: Michael Nyman
- Goodbye Lover (1999), Ersatzkomponist: John Ottman
- The Incredibles (2004), Ersatzkomponist: Michael Giacchino
Musicals
- Passion Flower Hotel (1965)
- Lolita My Love (1971)
- Billy (1974)
- The Little Prince and the Aviator (1981, das Projekt wurde wegen finanzieller Probleme nur Tage vor der Premiere abgebrochen)
- Brighton Rock (2004)
- John Barrys Musicals: Eine Zusammenfassung (englisch)
- Brighton Rock (englisch)
Konzeptalben
- Americans (1975)
- The Beyondness Of Being (1998, enthält einige Stücke aus Barrys abgelehnter Filmmusik zu THE HORSE WHISPERER)
- Eternal Echoes (2001, enthält ein Stück aus der abgelehnten Filmmusik zu GOODBYE LOVER)
- Here's To The Heroes (2005, Barry steuerte zusammen mit Don Black drei neue Songs bei und wirkte mit als ausführender Produzent, die künstlerische Gestaltung, die Adaption und die Arrangements der Stücke besorgten die 10 Tenören, der Dirigent Nicholas Dodd sowie der Produzenten der Gruppe, Simon Franglen)
Weblinks
- Vorlage:IMDb Name
- John Barry: A Life in Music
- Music Composed, Arranged & Conducted by John Barry
- Rezensionen von cinemusic.de
- Rezensionen von Jonathan Broxton (moviemusicuk.us)
Personendaten | |
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NAME | Barry, John |
ALTERNATIVNAMEN | vollständiger Name John Barry Prendergast |
KURZBESCHREIBUNG | britischer Komponist |
GEBURTSDATUM | 3. November 1933 |
GEBURTSORT | York, England |