Zum Inhalt springen

Geschichte Chiles

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 24. August 2003 um 02:42 Uhr durch Ben-Zin (Diskussion | Beiträge) (Tippos). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.


Geschichte 1520-1970

Spanische Besiedlung

Der erste Europäer der chilenischen Boden betrat, war Fernão de Magalhães im Jahr 1520, nach ihm wurde die Magellanstrasse benannt. Diese Region hieß bei den Indianern Tchili, eine Bezeichnung für Schnee. Dadurch entstand der Name Chile. 20 Jahre später, also 1540, machte sich Pedro de Valdivia, ein spanischer Offizier und Eroberer, auf den Weg nach Chile. Dort errichtete er trotz Widerstand der Araukaner-Indianer Siedlungen. In dieser Zeit wurden Santiago, Concepción und Valdivia gegründet.

Die Araukaner waren praktisch das einzige Indianervolk Amerikas, das erfolgreich den Spaniern Widerstand leistete. Schon 1553 töteten die Araukaner Valdivia und zerstörten die meisten der von Siedlern gegründeten Städte. Es gab eine lange kriegerische Epoche zwischen den Besatzern und den Indianern. Die Kämpfe flammten gar bis ins späte 19. Jahrhundert wieder auf. Auch heute hört man noch von den Indianern in Chile, haben doch auch zum Beispiel im Jahre 2000 die Mapuche (früher als Araukaner bekannt) das Büro der Europäischen Union in Santiago de Chile besetzt. Die Mapuche kämpfen vor allem um eine gerechte Landverteilung.


Die Unabhängigkeit

Während der spanischen Kolonialzeit war Chile vom Vizekönigreich Peru abhängig. Chile hatte weder Gold- noch Silbervorkommen, was die Spanier vermehrt angezogen hätte. Dies und auch die abgeschiedene Lage war ein Grund für die langsame Entwicklung Chiles. Landwirtschaft war das Wichtigste, Chile versorgte Peru mit Nahrungsmitteln. Sie lebten also vorwiegend vom Handel.

Nachdem der Kolonialgouverneur von Chile 1810 vom Santiagoer Stadtrat abgesetzt wurde, gab es einen 15 Jahre lang dauernden Unabhängigkeitskrieg gegen die spanischen Truppen. Es gelang Chile immer mehr und mehr die Spanier fortzujagen. 1826 schließlich wurden die Spanier endgültig vom Land verwiesen.


Der wirtschaftliche Aufschwung im 19. Jahrhundert

Nach mehreren Aufständen und Staatsstreichen gelang es dem Präsidenten Manuel Montt die Innenpolitik zu beruhigen.

Dadurch kam es um 1850 zu einer Weiterentwicklung der Landwirtschaft. Es wurden Eisenbahnen gebaut und man begann das in Chile vorhandene Kupfer und Salpeter abzubauen. Das Schulsystem wurde eingeführt und kulturelle Institutionen aufgebaut.


Seit 1874 hatte Bolivien durch Vertrag die Rechte für den Salpeterabbau in der Atacama-Wüste gesichert und die chilenischen Salpetergesellschaften von der Steuerpflicht befreit. Doch als Bolivien 1878 wieder Steuern verlangte, platzte Chile der Kragen. Ab sofort konzentrierte Chile das Interesse auf die Salpetervorkommen in der bolivianischen Wüste Atacama. Sie schickten militärische Einheiten an den bolivianischen Hafen Antofagasta. Bolivien und sein Verbündeter Peru erklärten darauf Chile den Krieg. Bolivien gab den Krieg schnell auf und wurde dadurch zu einem Binnenland. Chile konnte zudem beachtliche Teile Perus für sich beanspruchen. Dieser Konflikt dauerte von 1879 bis 1883.

Dank diesem Krieg besaß Chile nun das weltweite Monopol für den Handel mit Salpeter und kam in der Folgezeit zu beträchtlichem Reichtum.

Heute wird Salpeter aus dem Stickstoff in der Luft gewonnen.

Chile profitiert jedoch noch heute von dem Salpeterkrieg, ist die Atacama-Wüste doch auch sehr reich an Kupfervorkommen. Chile ist nach den USA der wichtigste Kupferlieferant.


Weltkriege

Nachdem Chile im ersten Weltkrieg neutral blieb und ein paar weitere Staatsstreiche über sich ergehen lassen musste, beschloss 1944 der Präsident Juan Antonio Ríos, Mitglied der radikalen Partei, als Verbündeter der USA in den zweiten Weltkrieg einzutreten. Während dem Krieg entwickelte sich die kommunistische Partei zu einer der stärksten Parteien. Das Land gehört zu den Gründungsmitgliedern der Vereinten Nationen.


Nachkriegszeit

Nach dem 2. Weltkrieg kam es in Chile zu verschiedenen Konflikten zwischen den Demokraten und den Kommunisten, die kommunistische Partei war eine Zeit lang verboten. 1964 wurde Eduardo Frei Montalva als Kandidat der Christdemokratischen Partei zum Präsidenten gewählt. Seine wichtigsten Reformen, darunter die teilweise Verstaatlichung der Kupferindustrie, führte sowohl bei den Linken als auch bei den Konservativen zu Unzufriedenheit und heftiger politischer Opposition.

Als Reaktion darauf formierte sich die Unidad Popular (UP), ein Wahlbündnis der Linken, dem neben der Kommunistischen und der Sozialistischen Partei noch viele andere kleine marxistische Parteien angehörten.

Die UP war gegen die ausländischen Monopole gerichtet. Sie wollten auf friedlichem Weg eine revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft vollziehen.

Dies war auch die Haltung der kommunistischen Partei (KP).

Dieses Bündnis stellte den Präsidentschaftskandidaten Salvador Allende, der dann am 4. September 1970 gewählt wurde.

Dies gefiel den USA gar nicht, denn ein Sieg der Marxisten in Chile hätte nach Kuba die zweite große Enttäuschung für die USA in Südamerika bedeutet. Der Vietnamkrieg war voll im Gange und einige Staaten Afrikas lehnten sich teilweise auch an der Sowjetunion an. Eine politische Niederlage in Chile hätte für die Amerikaner aber nicht nur einen schweren Imageschaden, sondern auch einen finanziellen Verlust bedeutet, insbesondere weil die Kupferminen in amerikanischem Besitz waren und bei einer linken Machtübernahme nicht dort geblieben wären.


Geschichte 1970-1973 unter Allende Gossens, Salvador

Wer ist er?

Salvador Allende Gossens wurde am 26. Juli 1908 in Valparaíso geboren. Er studierte Medizin an der Universität von Chile. Er war Mitbegründer der Sozialistischen Partei Chiles (1933), kam 1937 in den Kongress und war von 1939 bis 1942 während einer liberalen Regierung Gesundheitsminister. 1945 wurde Allende in den Senat gewählt, dem er 25 Jahre lang angehörte. Er gewann 1970 bei seiner vierten Kandidatur, aufgestellt von der Unidad Popular, knapp die Präsidentschaftswahlen.

Die USA und die bundesdeutsche CDU versuchten mit Bestechungsgeldern an die Abgeordneten, die Wahl Allendes zu verhindern. Allerdings ohne Erfolg.

So wurde Allende zum ersten demokratisch gewählten sozialistischen Präsidenten der Welt.


Seine Ziele und Realisierungen

Als Allende seinen christdemokratischen Vorgänger Frei ablöste, waren von 10 Millionen Einwohnern 1,5 Millionen Kinder unterernährt, 500.000 Familien obdachlos und die Arbeitslosigkeit lag bei 8,8 Prozent. 80 Prozent des Nutzlandes befanden sich in der Hand von 4,2% der Grundeigentümer, zudem war das Land vom Auslandkapital abhängig. Die Kupferindustrie befand sich zu 80 Prozent in der Hand von US-Konzernen.

So konnte es nach Allende nicht weitergehen. Er hoffte, zuerst auf demokratischem Weg gewählt zu werden und dann sein Regierungsprogramm umzusetzen.

Sein Schwerpunkt war die Verstaatlichung der Bodenschätze, die Enteignung von (ausländischen) Monopolunternehmen, der Banken und eine Agrarreform, bei der 20.000 km² Fläche von Großgrundbesitzern an Bauern übergeben werden sollten. Chile sollte überdies weniger abhängig vom Rest der Welt, insbesondere der USA, werden.

Die Bourgeoisie sollte schrittweise entmachtet werden.

Die Reformpolitik der Unidad Popular brachte starke Verbesserungen für die Arbeiter. Die Löhne wurden um 35 Prozent erhöht. Die Preise für die Miete und für wichtige Bedarfsmittel wurden eingefroren. Jedes Kind bekam täglich 1 Liter Gratismilch, so dass die Kindersterblichkeitsrate um 20% sank.

Das Recht auf Schulbildung wurde für alle durchgesetzt und alle Gefangenen, die revolutionäre Linke waren, freigelassen.

1970 ging die Inflationsrate gar von 35% auf 22% zurück. 1973 hatte Chile eine Arbeitslosenquote von nur 3,7 Prozent.

Trotzdem verschärften sich die Probleme.


Die Konsequenzen

Die Opposition unter den reichen Bevölkerungsschichten und den ausländischen Investoren gegen sein Programm war jedoch von Anfang stark. Die Verstaatlichung schreckte ausländische Unternehmen ab.

Die Bürgerlichen antworteten mit Terror und Sabotage. Es gab in Allendes Amtszeit insgesamt 600 Terroranschläge auf Eisenbahnen, Brücken, Hochspannungsleitungen und Pipelines, die teilweise auch von faschistischen Organisationen angezettelt wurden.

70% der Wirtschaft, die Massenmedien und Transportmittel blieben in privaten Händen. Aus Angst vor Enteignung setzte eine Kapitalflucht ein. Die Privatinvestitionen wurden aus Angst vor der Verstaatlichung zurückgeschraubt.

Alle diese Faktoren sorgten dafür, dass Chile 1971 eine Bilanz von minus 26 Milliarden Dollar (!) hatte. Man deckte die Schulden, indem man diese via Notenpresse finanzierte. Dadurch verfünffachte sich der Geldumlauf und die Inflationsrate überstieg die 300%-Marke. Es fehlte Geld für den Import von Rohstoffen, Maschinen und Ersatzteilen und die Kupferproduktion verlief nicht nach Wunsch. Dies auch deswegen, weil die USA und 14 Gläubigerstaaten einen Kupferboykott verhängten.

1972 kam es zu ernsten Wirtschaftsproblemen. Ein Hauptgrund war die von US-Präsident Richard M. Nixon verhängte Kreditsperre. Er versuchte die Wirtschaft Chiles "auszuquetschen", wie er es nannte. Dies ist ein Nebeneffekt des Kalten Krieges, da Chile wie die Sowjetunion marxistisch war. Vorher war die Wirtschaftshilfe der Vereinigten Staaten für Chile so groß gewesen wie sonst nur noch im Vietnam. Die Sowjetunion unterstützte Chile finanziell nur schwach.

Nixon erteilte der CIA den Auftrag, das chilenische Militär zu einem gewaltsamem Putsch zu bewegen. In den Jahren 1971-1973 hielten sich mehr Beschäftigte der CIA in Chile als in Vietnam auf.

Es gibt heute mehr als 5800 US-Dokumente über Chile aus den siebziger Jahren. Es kam zu einer Polarisierung in der Bevölkerung und dank der Propaganda der bürgerlichen Massenmedien zu den ersten Streiks. Die Preise stiegen in dramatische Höhen, die Nahrungsmittel wurden rationiert. Allende wurde zum Erstaunen der ganzen Welt 1973 wieder gewählt. In der Folge kam es 1973 häufig zu Streiks, politischen Unruhen und Straßenschlachten. Chile geriet an den Rand des Chaos und eines Bürgerkrieges.

Die Wall Street Journal dazu: "Der chilenische Sozialismus war gewaltbereit und gewaltfähig im maoistischen Stil." Hetzte Allende die linksgerichtete Bevölkerung derart, dass sie "gewalttätig" wurde?


Allende und das Militär

Im Juni 1973 wurde ein Putschversuch bestimmter Militärtruppen von regierungstreuen Militärs niedergeschlagen. Doch Allende hatte weiterhin blindes Vertrauen in die chilenische Landesverteidigung.

Allende baute das Militär gar aus, um weitere solche Putschversuche zu verhindern. Chile hat im Vergleich zu den anderen lateinamerikanischen Staaten am meisten des Bruttosozialprodukts für das Militär ausgegeben. Er organisierte für die regierungstreuen Militärs günstige Wohnungen, Limousinen und Gehaltserhöhungen.

Allende beförderte im August 1973 den General Augusto Pinochet zum Oberkommandierenden des Heeres.

Drei Wochen später, am 11. September 1973 putschte die Militärjunta erfolgreich. Das Militär stürmte das Regierungsgebäude. Später war Allende nur noch tot auffindbar . Es ist ungeklärt, ob Allende ermordet wurde oder Suizid ausübte. Es gibt keine Beweise, die für oder gegen einen Suizid sprechen. Kommunisten sind überzeugt, dass Allende bis zum letzten Moment kämpfte, Gegner dagegen reden lieber von einem Feigling, der sofort Selbstmord ausübte.

Organisiert wurde dieser Putsch vom eben zum Oberkommandierenden ernannten General Augusto Pinochet. Er ernannte sich darauf zum neuen Staatschef.

Damit begann eine neue Ära in der Geschichte Chiles. Eine Ära der blutigen Tyrannei, der brutalen Folter und der grenzenlosen Unterdrückung.

Geschichte 1973-1990 unter Pinochet Ugarte, Augusto

Wer ist er?

Augusto Pinochet ist am 25. November 1915 in Valparaíso geboren. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Er war kein Musterschüler. Doch machte er eine Ausbildung an der Militärakademie Chiles. Er leitete bereits in den fünfziger Jahren ein Konzentrationslager in der Atacama-Wüste.

Unter Eduardo Frei wurde er Brigadegeneral. Bereits vor der Ernennung zum Oberbefehlshaber 1973 durch Allende fiel Pinochet durch seine brutale Gangart auf, hatte er doch schon 1968 Streikführer erschießen lassen. Als Allende ihn fragte, ob er derselbe Pinochet sei, der 1959 ein Konzentrationslager geleitet habe und 1968 mehrere Streikführer erschießen ließ, verneinte der General. Und offenbar glaubte ihm damals der Präsident. Das war ein verhängnisvoller Fehler Allendes.

"Ich oder das Chaos" lautete das simple Motto des Generals.


Die Erklärung der Putschisten vom 11. September 1973

" ... erklären die Streitkräfte ... :

  • 1. Der Präsident (Allende) der Republik hat seine hohen Vollmachten unverzüglich den chilenischen Streitkräften ... zu übergeben.
  • 2. Die chilenischen Streitkräfte sind sich einig in ihrer Entschlossenheit, die verantwortliche historische Mission zu übernehmen und den Kampf für die Befreiung des Vaterlandes vom marxistischen Joch ... zu führen.
  • 3. Die Arbeiter Chiles brauchen nicht daran zu zweifeln, dass der wirtschaftliche und soziale Wohlstand, den sie bis zum heutigen Tage erreicht haben, keine großen Veränderungen erfahren wird.
  • 4. Die Presse, die Rundfunksender und die Fernsehkanäle der Unidad Popular haben von diesem Zeitpunkt an die Verbreitung von Information einzustellen, ansonsten werden sie zu Lande und aus der Luft angegriffen.
  • 5. Die Bevölkerung von Santiago de Chile hat in ihren Häusern zu bleiben, damit der Tod unschuldiger Menschen vermieden wird.

General Augusto Pinochet ..."


1973-1980 Chile nach dem Putsch

Sämtliche staatlichen Institutionen in ganz Chile waren binnen Stunden vom Militär besetzt. Pinochet setzte die Verfassung sofort außer Kraft, löste den Kongress auf, ordnete eine strenge Zensur an und verbot alle politischen Parteien. Ferner ging er brutal und radikal gegen alle linken Kräfte des Landes vor.

Dadurch gab es bereits in den ersten Wochen zwischen 6.000 und 100.000 Verhaftungen und Exekutionen nach brutalen Folterungen durch Militärgruppen. Viele Menschen verschwanden spurlos und auf ungeklärte Weise. Viele flohen ins Ausland, nicht selten in die Schweiz. Die Opfer wurden zuerst in von Fußballstadien umfunktionierte Gefängnisse gesteckt, später in die neu erbauten Konzentrationslager mitten in den Wüsten. Dort wurden sie nicht selten zu Tode gefoltert und unter anderem mit Flugzeugen hinaus aufs Meer geflogen und dort hinausgeworfen. Die Offiziere wetteiferten unter sich, wer die menschenverachtendsten Foltermethoden anwendete. Mehr als eine Million Verfolgte flohen ins Ausland. Erst nach heftigen Protesten nahm die Schweiz Flüchtlinge auf. Die Schweiz war auch das einzige Land, dessen Botschaft sich weigerte, die von Pinochet gejagten Menschen aufzunehmen.

Das Massaker in Chile freute die USA und die westlichen europäischen Staaten. Besonders die Wirtschaft freute sich. Wenige Tage nach dem Staatsstreich war in der Frankfurter Allgemeine Zeitung zu leisen: "Chile: jetzt investieren!". Schon kurz nach der Machtübernahme Pinochets begannen die USA wieder, Chile intensiv mit Wirtschaftshilfe zu unterstützen. Jetzt waren auch die internationalen Organisationen wieder bereit, Chile Kredite zu gewähren.

Es gab nun, ganz im Gegensatz zu Allende, ein radikales Liberalisierungs- und Privatisierungsprogramm. Davon profitierten vor allem amerikanische Unternehmen, weil die Zölle und Steuern stark sanken. Das Nachsehen hatten dadurch die sowieso schon sozial Benachteiligten, da alle staatlichen Aufgaben wie Gesundheitswesen, Sozialversicherung und Bildung privatisiert wurden.

Mitte der siebziger Jahre war praktisch ganz Südamerika unter Militärherrschaft. So machten neben Chile Brasilien, Uruguay, Paraguay und Argentinien ein Abkommen, das "Operation Condor" genannt wurde. Es hatte den Zweck, dass die Nachrichtendienste dieser Länder sich gegenseitig bei der Verfolgung von oppositionellen Gruppen unterstützten.


1980-1990 Die zweite Amtsperiode des General Pinochet

Erst Ende der siebziger Jahre waren einige Lockerungen in der Diktatur festzustellen. Zivilisten erhielten Zutritt in das Kabinett und 1980 wurde eine neue Verfassung geschrieben. Die Verfassung diente der Redemokratisierung Chiles. Pinochet selber hängte sich noch eine weitere Amtszeit, also bis 1989. Er wagte diesen Schritt, da es ihm gelang, die Inflation zu begrenzen und die Produktion anzuregen.

Eine weltweite Rezession von 1982 und der Verfall der Kupferpreise, und schon waren diese "Lockerungen" wieder weg. Da Pinochet die Investoren ein bisschen zu stark unterstützte, war Chile plötzlich hoch verschuldet. Man glich die Schulden aus, indem die Arbeiter für weniger Lohn arbeiten mussten und die Nahrung verteuert wurde. Der Staat nahm auch wieder neue Kredite auf. Die Lebensmittelkosten stiegen um 600%. Das Schweizer Unternehmen Nestlé, das in Chile das Quasimonopol für Trockenmilch hatte, diktierte die Milchpreise nach Belieben. Dadurch stieg die Kindersterblichkeit stark an, da viele Menschen sich keine Milch mehr leisten konnten. Ein Drittel der Bevölkerung war unterernährt. Chile hatte rund 25% Arbeitslose und über 50% lebten unter der Armutsgrenze.

Die Proteste wurden selbst in rechtsgerichteten Kreisen immer lauter. Es kam zu einer Welle an Bombenanschlägen in den großen Städten. Nachdem 1986 gar ein Mordanschlag, organisiert von einer Schweizerin, an Pinochet verübt wurde, machte er wieder richtig auf "brutal" wie in den siebziger Jahren.

Doch Chile beruhigte sich wieder und im Oktober 1988 durften die Chilenen per Volksabstimmung wählen, ob Pinochet weiter bis 1997 regieren sollte. 67 Prozent der Wähler entschieden sich gegen ihn. Darauf verlängerte er eigenhändig seine Amtszeit bis März 1990. 1990 fanden Präsidentschaftswahlen statt, die ersten seit 19 Jahren. Der christdemokratische Kandidat Patricio Aylwin Azócar gewann sie.

Augusto Pinochet blieb nach seiner Abwahl Oberbefehlshaber.

Pinochets neoliberale Wirtschaftspolitik imponierte vielen autoritären Politikern und einem großen Teil des chilenischen Volkes. So ist es zu erklären, dass noch heute eine beachtliche Zahl der Chilenen Anhänger von Pinochet sind. Eine Verehrung, die in Chile sonst nur die Fußballer zu spüren bekommen.

Apropos Fußball: Der Fußball, der chilenische Nationalsport, war den Medien häufig wichtiger als Pinochet. Ein chilenischer Journalist schrieb mal: "Oft schäme ich mich. Während in meinem Land gefoltert und getötet wurde, dominierte Colo Colo (chilenischer Rekordmeister) die Titelseiten der Zeitungen." - "Wenn es um Fußball geht, verlieren die Chilenen die Kontrolle über ihre Gefühle.", sagte einmal der wohl bekannteste chilenische Fußballer, Ivan Zamorano.


Geschichte 1990-heute

1990-1994 unter Patricio Aylwin Azócar

Aylwin begann mit bescheidenen Wirtschaftsreformen und setzte eine Kommission ein, um die Verletzungen der Menschenrechte unter dem Pinochet-Regime untersuchen zu lassen. Ein Einziger wurde verurteilt!

Die von Aylwin begonnenen Reformen verhalfen Chile zu einem wirtschaftlichen Aufschwung. Nach dem gewaltigen Sturz 1973 sympathisierte der 1918 geborene Aylwin selber mit der Militärjunta unter Pinochet, schloss sich aber später der Opposition an.

Er sorgte dafür, dass die Partido Demócratico Cristiano (Christlich-Demokratische Partei), obwohl verboten, zur größten Oppositionspartei Chiles wurde. Nach nur einer Legislaturperiode, im März 1994, trat er sein Amt an seinen Nachfolger Eduardo Frei Ruiz-Tagle, ebenfalls PDC, ab.


1994-2000 unter Eduardo Frei Ruiz-Tagle

Edurado Frei Ruiz-Tagle, geboren 1942, mit Schweizer Vorfahren, ist der Sohn vom ehemaligen Präsidenten Eduardo Frei Montalva (Legislatur 1964-1970).

Aufsehen erregte im Jahre 1993/1994 der ehemalige DDR-Staatsratsvorsitzende Erich Honecker, der im Januar 1993 zusammen mit seiner Frau in Santiago um Exil bat. Er starb dort im Mai 1994.

1996 wurde eine Modernisierung der Wirtschaft beschlossen und eine Reform der Verfassung und Justiz geplant. Frei wurde im Dezember 1997 wieder gewählt.

Der Schatten Pinochets blieb jedoch lang. Er trat erst am 10. März 1998 als Oberbefehlshaber Chiles zurück, da war er bereits 82 Jahre alt. In "seiner" Verfassung steht aber, dass Pinochet sein Leben lang im Senat bleiben kann. Er machte von diesem "Angebot" Gebrauch, und er blieb bis zu seiner Verhaftung im Oktober 1998.

Mehr zu der Verhaftung siehe Der Fall Pinochet

Frei hatte 1998 noch die große Aufgabe, die Fußballfans zur Räson zu bringen. Ende der neunziger Jahre war vor allem der Fußball gefürchtet, vor allem, als Chile sich für die WM 1998 qualifizierte. Am entscheidenden Qualifikationsmatch gegen "Erzfeind" Peru bewachten über 60.000 Polizisten die ebenfalls 60.000 Zuschauer.


Seit 2000 unter Ricardo Lagos

Am 19. Januar 2000 wurde nach einer Stichwahl Ricardo Lagos neuer chilenischer Präsident. Frei musste also wie sein Vater das Amt an einen Sozialisten abgeben. Es stellt sich natürlich die Frage, ob man Vergleiche mit Allende machen darf. Lagos, 1938 geboren, versprach, Chile wird es bald besser ergehen. Er möchte die Arbeitslosigkeit bekämpfen und die Kriminalität eindämmen. Er drehte den Geldhahn bereits zurück. So nahm Chile unter anderem nicht an der Expo 2000 in Hannover teil - zu kostspielig.

Die Zukunft Chiles

Die meisten staatlichen Unternehmen sind ins Ausland verkauft worden, so dass jedes Jahr mehrere Milliarden Franken Gewinn ohne Gegenleistung nach Europa und Nordamerika fließen und das Land so weiter ausblutet.

Eine Kommission wurde eingesetzt, um die Verbrechen der Militärjunta zu untersuchen. Verurteilt wurde bisher aber nur ein einziger Verantwortlicher. Er sitzt jetzt seine Strafe in einem eigenen 4-Sterne Gefängnis ab. Dies zeigt eindrücklich, dass in Wirklichkeit die Armee die Macht in Chile noch lange nicht abgegeben hat.

Auch wenn offiziell Demokratie oder jetzt Sozialismus herrscht, sind alle wichtigen Stellen in Wirtschaftsbetrieben, Verwaltung und Justiz immer noch von Militärs besetzt. Die heutige Regierung muss dauernd das Einverständnis der Generäle einholen, um keinen neuen Putsch zu riskieren.

Der jetzige Präsident Lagos hat eine schwere Aufgabe vor sich, da Chile zur Zeit von einer Rezession geplagt wird, die den Graben zwischen den Reichen, in der Erstweltstadt Santiago lebenden Bewohnern, und den hungernden Kleinbauern der abgelegeneren Gebiete, noch weiter aufreißt. Dem neuen Präsidenten obliegt nicht nur die schwere Aufgabe, das gespaltene Volk wieder zu einer Nation zusammenzuschweißen, sondern auch einen sozialen Ausgleich zwischen den verschiedenen Schichten herzustellen. Dies wird nur möglich sein, wenn Chile sich seiner Geschichte offen stellt und die Schatten der Vergangenheit mit dem Licht der Wahrheit zum Verschwinden bringt.

Siehe auch