Justus-Liebig-Universität Gießen
Justus-Liebig-Universität Gießen | |
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Postanschrift: | Ludwigstraße 23 35390 Gießen |
Webseite: | www.uni-giessen.de |
Die Justus-Liebig-Universität in Gießen, Deutschland, wurde 1607 von Landgraf Ludwig V. von Hessen-Darmstadt gegründet. Daher hieß sie bis 1945 „Ludwigsuniversität“ oder auch „Ludoviciana“.
Geschichte
Gegründet am 19. Mai 1607 verdankt die Gießener Universität ihre Entstehung dem Zeitalter der Glaubenswirren und der Reformation - Gegenreformation. Landgraf Ludwig V. von Hessen-Darmstadt gründete die lutherische Landesuniversität, da die benachbarte Marburger Universität (gegr. 1527) mit der Teilung des Landes Hessen 1605 kalvinistisch geworden war. Die protestantischen Theologen, die die Wende zum Kalvinismus nicht mitmachten, wurden entlassen und begaben sich nach Gießen. Noch 1605 gründete Ludwig V. ein „Gymnasium illustre“ mit angeschlossenem „Paedagogium“ als Überbrückung bis zur Erteilung des kaiserlichen Patents 1607 durch Rudolf II.. Mit dem Wintersemester 1607/1608 begann der Lehrbetrieb der Academia gissena.
Vom 25. Mai 1625 bis zum 5. Mai 1650 zog die Universität wegen der Pest und des 30jährigen Krieges nach Marburg, zwischendurch 1633 weilte sie für 12 Monate wieder in Gießen.
Von 1787 bis 1833 lehrte hier der Kameralist und Statistiker August Friedrich Wilhelm Crome, der als Rektor und Mitglied einer sogenannten Kriegskommission den Raub der Universitätsbibliothek durch die französischen Besatzer verhindern konnte. Ende des 18. Jahrhunderts litt die Universität unter den Koalitionskriegen. 1792 dienten einige Universitätsgebäude der Munitionsproduktion[1]. 1796 verzeichnete die Lehranstalt nur noch 36 Immatrikulationen wobei gerade einmal fünf Studenten sich wirklich in Gießen aufhielten. Damit war der Lehrbetrieb der Universität zum erliegen gekommen[2]. Im 19. Jahrhundert arbeiteten Wissenschaftler wie Wilhelm Conrad Röntgen und Justus von Liebig an der Universität. Vor allem letzterem ist der Zuwachs an internationaler Bedeutung in dieser Zeit zu verdanken.
Durch die Veränderungen nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten und dem Zweiten Weltkrieg wurde die Universität stark verkleinert.
Im Dezember 1944 während der Angriffe auf Gießen wurde ein großer Teil der Universität zerstört. Auch das Hauptgebäude der Universität brannte aus. Der Bereich der Universitätsklinik war besonders schwer betroffen, 42 Treffer gingen in diesem Bereich nieder. Etwa 90 % der Literaturbestände wurde vernichtet. Trotz allem ging der Hochschulbetrieb am 10. Januar 1945 weiter. Der erneute Bombenangriff am 14. März 1945 traf vor allem den Veterinärmedizinischen Bereich. Mit der Besetzung durch US-amerikanische Truppen am 14. März wurde die Universität wieder geschlossen. Am 26. Juni 1945 wurde Karl Bechert Rektor der Universität und trieb den Wiederaufbau der Universität voran. Leider waren die Kontakte zur neuen Großhessischen Regierung eher schlecht und der amerikanische Universitätsoffizier Hartshorne zeigte wenig Interesse am Erhalt der Universität in Gießen. Ende März 1946 wurden die Fachbereiche Philosophie, Theologie und Rechtswissenschaften geschlossen und die Bestände der Bibliotheken an umliegende Universitäten vergeben. Am 13. April 1946 trat Karl Bechert zurück und Cermark wurde sein Nachfolger. Am 27. Mai 1946 wurde die „Justus-Liebig-Hochschule für Bodenkultur und Veterinärmedizin“ eröffnet.
1957 erhielt die Hochschule den Universitätsstatus zurück.
Gegenwart

Die Justus-Liebig-Universität hat seit ihrer Neustrukturierung 1999 elf Fachbereiche:
- Rechtswissenschaft
- Wirtschaftswissenschaften
- Sozial- und Kulturwissenschaften
- Geschichts- und Kulturwissenschaften
- Sprache, Literatur und Kultur
- Psychologie und Sportwissenschaft
- Mathematik und Informatik, Physik Geographie
- Biologie und Chemie
- Agrarwissenschaften, Ökotrophologie und Umweltmanagement
- Veterinärmedizin
- Medizin
Sie bietet als Volluniversität über 50 Studiengänge an, die meisten davon werden derzeit modularisiert und auf gestufte Abschlüsse Bachelor/Master umgestellt. Nicht in einen Fachbereich integreit, existiert zusätzlich ein Zentrum für Philosophie das mit Lehrenden verschiedener Fachbereiche betreiben wird. Im Wintersemester 2005/2006 studierten 21.611 Studenten an der Universität (2004/05: 20.903, 2003/04: 22.396). Die beliebtesten Studiengänge sind die Betriebswirtschaftslehre, die Ökotrophologie sowie die Lehramtsstudiengänge und die zulassungsbeschränkten Medizinfächer.
Partnerhochschulen
- Kansas Staatliche Universität in Manhattan/Kansas (USA)
- Universität Łódź in Łódź (Polen)
- Universität Wisconsin in Milwaukee/Wisconsin (USA)
- Staatliche Universität Kasan in Kasan/Russland
Mit weiteren Universitäten in unterschiedlichen Ländern bestehen Kooperationen.
Studentische Initiativen
- AIESEC - größte internationale Studentenorganisation
- AKB - Arbeitskreis Börse
- Christen an der Hochschule - Onlineplattform verschiedener stud. Initiativen
- Contact & Cooperation - Studenten in Zusammenarbeit mit Unternehmen
- elsa
- Infotec Gießen - studentische Unternehmensberatung
- Marketing zwischen Theorie und Praxis e. V.
- AG EH.MED.eV - Bundesweite Studentische Initiative zur Verbesserung der Erste Hilfe Ausbildung
- Ethik AG - Studentische Arbeitsgemeinschaft Ethik in der Medizin]
- SMD - christliche Hochschulgruppe an der JLU
Berühmte Persönlichkeiten (chronologisch)
- Ludwig Jungermann (1572-1653), Professor der Botanik und Medizin sowie Dekan der Medizinischen Fakultät und Rektor der Universität
- Johann Georg Liebknecht, Theologe und Mathematiker
- Theodorus Vietor - Theologe (Prof. 1625-1639)
- Johann Jacob Dillen, Botaniker
- Johann Konrad Dippel, pietistischer Theologe und Alchemist; Vorbild für Frankenstein?
- Philipp Ludwig Hanneken, (1637-1706), Theologe
- August Friedrich Wilhelm Crome, Professor für Kameralistik
- Étienne Laspeyres, Nationalökonom und Statistiker
- Friedrich Ludwig Weidig, Protagonist des Vormärz
- Wilhelm Snell, Professor in Bern
- Ludwig Börne (1786-1837), Dichter, studierte in Gießen
- Ferdinand von Ritgen (1787-1867), Professor der Medizin
- Philipp Friedrich Wilhelm Vogt, Professor der Medizin
- Justus von Liebig (1803-1873), Professor der Chemie
- Heinrich Buff (1805-1878), Schüler Liebigs und Professor für Physik
- Jacob Volhard, Schüler Liebigs und Professor für Chemie, Vater von Franz Volhard
- Carl Vogt, Professor für Zoologie, Reformator der Universität Genf
- Moritz Carriere, Philosoph und Schriftsteller
- Jacob Ludwig Theodor Reh, Präsident der Frankfurter Nationalversammlung
- Georg Büchner, Dichter
- Georg Gottfried Gervinus, Historiker
- Ludwig Büchner, Arzt und Philosoph
- Friedrich Gottlieb Welcker, Professor für griechische Literatur und Archäologie
- Carl Theodor Welcker, Staatsrechtler
- Wilhelm Büchner, Liebigschüler und Fabrikant
- Rudolf von Jhering (1818-1892), Professor des Rechts
- Hugo von Ritgen (1811-1889), Inhaber des Lehrstuhls für Architektur und Ingenieurwissenschaften sowie Präsident der Universität im 19. Jahrhundert
- Friedrich August Kekulé von Stradonitz (1829-1896)
- Alfred Clebsch (1833-1872), Mathematiker
- Eberhard Schrader (1836-1908), Orientalist
- Wilhelm Liebknecht (1826-1900), deutscher Politiker, Gründungsmitglied der SPD
- Moritz Pasch (1843-1930), Mathematiker
- Wilhelm Conrad Röntgen (1845-1923), Professor der Physik, Nobelpreisträger
- Wilhelm Wien (1864-1928), Professor der Physik, Nobelpreisträger
- Paul Drude (1863-1906), Professor der Physik
- Wilhelm Sievers (1860-1921), Professor der Geographie, Forschungsreisender
- Friedrich Engel (1861-1941), Professor der Mathematik
- Kurt Koffka (1886-1941), Psychologe
- Georg Haas (1886-1971), Erfinder der künstlichen Niere
- Willy Moog (1888-1935), deutscher Philosoph und Pädagoge
- Walther Bothe (1891-1957), Professor der Physik, Nobelpreisträger
- Christian Gerthsen (1894-1956), Professor der Physik
- Wilhelm Hanle (1901-1993), Professor für Physik
- Bernhard Grzimek (1909-1987), Tierarzt, Tierfilmer, Autor und Herausgeber von Tierbüchern
- Dietrich von Denffer, Professor der Botanik, Dekan der Naturwissenschaftlichen und der Naturwissenschaftlich-Philosophischen Fakultät
- Konstantinos Simitis, Professor für Handels- und Bürgerliches Recht an der JLU, griechischer Ministerpräsident
- Horst-Eberhard Richter, Psychoanalytiker
- Dieter Beckmann, erster Inhaber des Lehrstuhls für Medizinische Psychologie
- Wangari Muta Maathai, Nobelpreisträgerin
- Gottfried Münzenberg, Physiker, Entdecker neuer Elemente
- Fritz Lampert, Medidziner (Professor für Pädiatrie), Gründer der Tour der Hoffnung
- Wolfgang Sandner, Erziehungswissenschaflter
- Hans-Gotthard Lasch, Professor für Innere Medizin
- Brun-Otto Bryde, Juraprofessor, Richter am Bundesverfassungsgericht
- Helmut Ridder, Verfassungsrechtler, Juraprofessor
- Brigitte Zypries, Bundesjustizministerin
- Frank Walter Steinmeier, Bundesaußenminister
- Albrecht Beutelspacher, Mathematikprofessor, Gründer des Mathematikums
- Rudolf Hoppe, Chemieprofessor (synthetisierte 1962 als erster die erste binäre Edelgasverbindung XeF2)
Ehrendoktorwürden
- Der französische Revolutionsgeneral Jean-Baptiste Bernadotte erhielt am 17. Dezember 1798 die Ehrendoktorwürde der Philosophie[3]. 1818 bestieg er als Karl XIV. Johann den schwedischen Thron.
- Kaspar Elm erhielt 1997 die Ehrendoktorwürde
Weblinks
- Homepage der Justus-Liebig-Universität
- Geschichte der Universität Gießen
- Werke zur Universitätsgeschichte (Digitalisate/E-Texte)
Literatur
- Peter Moraw: Kleine Geschichte der Universität Gießen. Ferber'sche Universitätsbuchhandlung, Gießen 1990, ISBN 3-927835-00-5
- Ludwig Brake, Heinrich Brinkmann (Herausgeber): 800 Jahre Gießener Geschichte, 1197-1997. Gießener Anzeiger, Gießen 1997, ISBN 3922300553
Fußnoten
- ↑ 800 Jahre Gießener Geschichte, S. 106
- ↑ 800 Jahre Gießener Geschichte, S. 105
- ↑ 800 Jahre Gießener Geschichte, S. 107 und Bernadotte als Gießener Ehrendoktor