Rißtissen
Rißtissen ist politisch und verwaltungstechnisch ein Ortsteil der Stadt Ehingen (Donau) im Alb-Donau-Kreis im Bundesland Baden-Württemberg.
Geographie und Struktur
Rißtissen (Koordinaten: 48° 16’ N / 9° 50’ O) ist ein unmittelbar vor der der Mündung der Riß in die Donau liegendes Straßendorf. Es befindet sich auf einer Höhe von 490 bis 504 m ü. NN. Es erstreckt sich über eine Fläche von 12,1 km² und beheimatet 1.225 Einwohner. 1975 wurde die bis dahin selbständige Gemeinde im Zuge der kommunalen Gebietsreform von der Stadt Ehingen (Donau) eingemeindet.
Rißtissen ist eine 12 km südöstlich von Ehingen gelegene Exklave. Es grenzt im Uhrzeigersinn an die Gemarkungen Öpfingen, Ersingen, Achstetten, Laupheim, Untersulmetingen und Griesingen, jedoch an keiner Stelle an das Kerngebiet Ehingens.
Telefonvorwahl: 07392
Postleitzahl: D-89584
Geschichte
Antike
Rißtissen um die Zeitenwende
Der von Kelten nur spärlich besiedelte Rißtisser Raum wurde in den Jahren nach 15 v.Chr. von den Römern militärisch besetzt. Tiberius und Drusus hatten das heutige Oberschwaben erobert. Nachdem die darüberhinausgehenden Eroberungspläne einer Magnae Germaniae zwischen Rhein und Elbe ab 16 n.Chr. allmählich aufgegeben worden waren, hatte Rom sich ab 30 n.Chr. auf das linke Ufer des Rheins und das rechte Ufer der Donau zurückgezogen. Die um ungefähr 40 n.Chr. neu geschaffene römische Provinz Rätien mit der oberen Donau als Nordgrenze sollte den territorialen Gewinn der Eroberungen von Drusus und Tiberius zwischen Alpenkamm und Donau, zwischen Inn und Oberrhein festigen und sichern. Zur nachhaltigen Verbesserung der militärischen Logistik wurden zwei neue Straßenachsen geschaffen, die bei Summuntorum/Burghöfe nahe der Mündung des Lech in die Donau T-förmig verbunden waren: Die 38 n.Chr. vollendete neue Süd-Nord-Achse Via Claudia, die von Rom über den Reschenpass, den Fernpass und die Provinzhauptstadt Rätiens Augusta Vindelicorum (Augsburg) nahe der Lechmündung bis zur Donau führte und die ebenfalls neugeschaffene gegen 40 n.Chr. vollendete Ost-West-Achse, die von Historikern so genannte Donausüdstraße entlang des rechten Ufers der Donau. Sie führte zunächst von Weltenburg an der Donau in der Provinz Noricum (Österreich) bis Brigobannis (Hüfingen an der Brig) im Schwarzwald an der Grenze Rätiens zur römischen Provinz Germania inferior. Die Donausüdstraße sollte die entlang der oberen Donau verlaufende Nordgrenze Roms zu Germanien markieren, sichern und seine beiden wichtigsten militärischen Zentren nördlich der Alpen, die Donau- und Rheinprovinzen logistisch verbinden.
Das Kastell Rißtissen lag 2 km südlich der an der Donau verlaufenden Reichs- und Provinzgrenze nahe dem Übergang der Donausüdstraße über die Riß. Die bauliche Entwicklung des Kastells verlief von 35 n.Chr. bis 110 n.Chr. in engem Zusammenhang mit dem Ausbau der römischen Transportwege zwischen den Donau- und Rheinprovinzen. Jede der Entwicklungsstufen der Transportwege spiegelt sich in größeren baulichen Veränderungen und einem Wandel der Verwendung des Kastells Rißtissen wieder. [1]
Lage des Kastells und Verlauf der römischen Heerstraße innerhalb der Gemarkung
Das heute überbaute 1,7 ha große Rißtisser Lager befand sich am höchsten Punkt des Ortes (504 M. ü. NN) im Bereich des heutigen Wasserturms, der Schule und des Kindergartens. Solche befestigten Militärlager nannten die Römer castra (Kastelle). Die neue Donausüdstraße führte in 50 Metern Entfernung südlich am Kastell Rißtissen vorbei. Über sie erreichte man die Nachbarkastelle Unterkirchberg/(Viana?) im Osten und Emerkingen im Westen. Südwestlich des Kastells und entlang der Römerstrasse, die heute Heerstraße heißt, entstand ein Lagerdorf (vicus). In ihm lebten zunächst vor allem die Familien der Soldaten, Handwerker und Wirte. Der Verlauf der römischen Donausüdstraße hat sich auf der Gemarkung Rißtissen in den letzten 2000 Jahren sichtbar erhalten. Im Osten tritt sie bei der Abzweigung der Straße nach Rißtissen von der Kreistraße Achstetten-Ersingen als geradliniger Feldweg in die Gemarkung ein. Sie verläuft noch heute nahezu kerzengerade über die Heer-, Schloß- und Sulmetingerstraße zur Josefskapelle an der westlichen Grenze Rißtissens zu Griesingen.
Kastell Riusiava
Das Kastell Rißtissen soll von den Römern „Riusiava“ genannt worden sein. Der in Alexandrien lebende römische Geograph Claudius Ptolemäus (85 - 165 n.Chr.?) nennt in seinem Werk Geographike Hyphegesis einen an der oberen Donau gelegenen römischen Ort mit diesem Namen. Archäologen [2] sind sich sicher, dass er damit nur Rißtissen gemeint haben kann. Die Riß müsste danach „Riusia“ oder „Riusa“ geheißen haben.
Das in den 40er Jahren n.Chr. aus Holz und Erde erbaute Kastell der ersten Bauphase wurde in einem Zuge mit dem Bau der Donausüdstraße errichtet. Das Kastell war theoretisch für eine Kohorte entsprechend 600 Infanteristen ausgelegt. Der Schutz der Grenze und der Straße war jedoch nach Auswertung der Ausgrabungsfunde in diesem Abschnitt einer gemischten Einheit aus Reitern der Auxiliareinheiten und römischen Infanteriesoldaten, möglicherweise Pionieren, also Legionären anvertraut. Das vermutlich vorher von Truppen geräumte Kastell wurde im Gefolge der Wirren des Vierkaiserjahres 69 n.Chr. ein Opfer der Flammen.
Kaiser Vespasian machte anlässlich der Niederschlagung der Bataveraufstände im Jahre 70 n.Chr. die schlechte Erfahrung, dass Truppenverschiebungen von der Donau zum Unterlauf des Rheins nach dem heutigen Holland über die Donausüdstraße bis Hüfingen und von dort über das Rheinknie bei Basel viel zu lange dauerten. Er ließ daher eine neue nordwestliche Variante bei Tuttlingen über das Kinzigtal und Offenburg nach Straßburg bauen. Diese neue Verbindung verkürzte die Entfernung zwischen Rißtissen und dem Niederrhein ganz wesentlich. Gleichzeitig begann Vespasian mit der Reparatur und dem Umbau des zerstörten Kastells in Rißtissen. Er ließ an gleicher Stelle statt einer Kaserne für eine Kohorte eine Kombination von weniger Truppenunterkünften mit deutlich vergrößerter Lagerkapazität (2. Phase) errichten. Das deutet daraufhin, dass die Gefahr von Angriffen vom Nordufer der Donau geringer eingeschätzt wurde, und dass der Verkehr zugenommen hatte. Dieser Umbau wurde ebenso wie der Bau der Kinzigtalspange im Jahre 74 n.Chr. abgeschlossen.
Als Konsequenz des ansteigenden Verkehrs auf der Donausüdstraße und einer Ausweitung des vicus wurde gegen 80 n.Chr. das Stabsgebäude (principia), (unmittelbar nördlich des heutigen Wasserturms ) ebenso wie in Unterkirchberg und Emerkingen aus Stein und in repräsentativer Form neu errichtet (3. Ausbauphase). Die Principia, nicht nur Stabsgebäude, sondern auch gleichzeitig Sitz der römischen Zivilverwaltung, erhielt nach Südwesten einen neuen Gerichtsanbau. Das war vermutlich das erste Gebäude aus Stein, das Riusiava je gesehen hatte. Kelten und Germanen kannten bis dahin nur die Holzbauweise. Die Römer planten offenbar sich für längere Zeit südlich der Donau einzurichten. Aber schon um 95 wurden die meisten Truppen mit der Verschiebung der Reichsgrenze von der Donau nach Norden aus Riusiava in die Nähe des rätischen Limes verlegt. Wenige Jahre später, um 98 n.Chr., unter Kaiser Trajan entstand eine neue noch kürzere militärisch gesicherte Straßenverbindung von der Donau bei Günzburg über das Neckartal in die Rheinprovinzen. Damit hatte der Abschnitt der Donausüdstraße bei Rißtissen fast nur noch regionale Bedeutung.
Dennoch wurde das Kastell um das Jahr 100 n.Chr. zu Zeiten des Kaisers Trajan während der Dakerkriege im heutigen Rumänien noch einmal in großem Stil um- und ausgebaut. Diesmal wurden die verlassenen Mannschaftsbaracken abgerissen und eine große, dreischiffige Lagerhalle aus Stein errichtet (4. Bauphase). Der steinerne Bau der principia wurde in diese Halle mit einbezogen. Archäologen [3] vermuten, dass die mit den Dakern an der unteren Donau im Balkan kämpfenden Truppen des Kaisers Trajan, die auf 65.000 Mann (und mit Tross gut auf das Doppelte)geschätzt werden, militärischen Nachschub aus Gallien, Britannien, aus den rheinischen Provinzen Germania Inferior und Germania Superiorauch auf dem Wasserweg über die Donau erhielten. Das war kostengünstiger und schneller als der Landweg. Riusiava lag in diesem Nachschubsystem an einem neuralgischen Punkt, an dem der von Westen über die Donausüdstraße und von Süden zu Wasser über Rhein, Bodensee, Schussen und Riß eintreffende Nachschub auf Donaukähne umgeladen und nach der Eroberung des serbischen Donaudurchbruchs an dem eisernen Tor durch Trajan in die Gegend östlich von Belgrad verschifft werden konnte. Dafür benötigte man Zwischenlagerkapazitäten. Riusiava könnte deshalb zwischen 100 und 110 n.Chr. ein nicht unwichtiger militärischer Umschlagplatz gewesen sein. Für diese These spricht unter Anderem der Text einer der in die Rißtisser Kirchenmauer eingelassenen römischen Steine, mit dem der Rißtisser Bürger Secundus, Sohn des Primus dem Flussgott Donau Danubius dankt. Secundus hatte vielleicht eine dieser langen, gefährlichen Schiffsreisen auf der Donau unternommen und war gesund in seine Heimat Riusiava zurückgekehrt. Spätestens im Jahr 110, mit dem Ende der Dakerkriege wurde das Kastell vom Militär nicht mehr gebraucht und aufgegeben.
Römische Nachfolgesiedlung
Die zivile römische Nachfolgesiedlung prosperierte an der Einmündung einer neu ausgebauten von Bregenz kommenden Straße, die in Riusiava in die Donausüdstraße mündete und von dort über eine Furt durch die Donau bei Öpfingen nach Norden zum rätischen Limes führte. Diese Straße, die von Bregenz parallel des nördlichen Bodenseeufers bis zur Mündung der Schußen und dann nördlich der Schußen und der Riss bis Riusiava folgte, war die kürzeste Verbindung von den durch die Römer ausgebauten Bündner Pässen, des Maloja, Julier und Septimer zur Donau, zum Knie des neuen rätischen Limes und zum westlichsten „Donauhafen“ überhaupt. Münzfunde belegen, dass Riusiava wohl bis um 200 n.Chr. und in abnehmendem Maße bis 260 n.Chr., vielleicht sogar ein paar Jahre darüber hinaus Marktflecken und vermutlich auch römische Poststation cursus publicus mit Herberge mansio war. Ein römisches Badehaus (Therme), das schon im 19. Jahrhundert östlich der Pfarrkirche ausgegraben wurde und behauene Grab- und Weihesteine aus dem 2. oder 3. Jahrhundert, die heute in die Außenmauern der Kirche gut sichtbar eingelassen sind,sowie Funde kostbaren Eßgeschirrs terra sigilata aus der Provence deuten darauf hin, dass Riusiava damals ein blühender Ort mit einer wohlhabenden Zivilbevölkerung war. Um 220 n.Chr., ein Jahr, das wegen des steigenden Drucks der germanischen Völkerwandeerung bereits kritisch war, wurden mit über 300 Tonformen, die sich in den Resten des Kellers eines römischen Hauses an der Heerstraße fanden, römische Denare mit den Bildnissen der Kaiser Septimius Severus, Caracalla, Diadumenianus und Elagabal gegossen. Es ist nicht geklärt, ob es sich um Falschmünzen oder um eine von der Obrigkeit in der Provinzhaupstadt Augusta Vindelicorum angeordnete Notmaßnahme handelte, weil Geldtransporte aus Italien wegen der inzwischen unsicher gewordenen Zeiten den Norden des Reiches kaum mehr erreichten. Die Formen und einige "Falschmünzen" befinden sich heute im Römermuseum in der Volksschule.
Abzug der Römer, Landnahme durch die Alemannen
Die Römer gaben ihre befestigte Nordgrenze, den rätischen Limes um das Jahr 260 nach wiederholten, verheerenden Einfällen und Raubzügen der Alemannen und wegen einer ausgedünnten Truppensituation niemals de jure, aber de facto auf. Sie räumten in einer Aktion, die etwa 25 Jahre dauerte, den nordwestlichen Teil der Provinz Rätien. Das aufgegebene Gebiet entsprach in etwa dem heutigen württembergischen Oberschwaben. Damit fiel Riusiava in das zunächst noch herrenlose Gebiet, in das von Westen allmählich die Alemannen nachrückten. Die ausgesprochen spärlichen Bodenfunde aus den Jahren nach 260 lassen darauf schließen, dass Riusiava von den Römern und Rätoromanen geräumt worden war und von den Alemannen nicht unmittelbar in Besitz genommen wurde. Die nur wenige Kilometer weiter östlich von Rißtissen gelegenen Orte auf der rechten, heute bayerischen Seite der Iller blieben – geschützt durch eine neue und starke römische Befestigungslinie, dem Donau-Iller-Rhein-Limes - noch weitere 238 Jahre römisch. Erst 488 wurde die rätoromanische Bevölkerung von dort nach Italien evakuiert. Es kann gut sein, daß die rätoromanischen Landbesitzer Riusiavas auch nach 260 möglicherweise bis 488 ihren Landbesitz in Riusiava vom rechten Illerufer aus weiter betrieben und mit Hilfe der römischen Grenztruppen gegen eine alemannische Landnahme verteidigten.
Mittelalter
Merowinger- und Karolingerzeit
Die Funde aus dem südwestlich des Waßerturms entdeckten alemannischen Gräberfeld aus dem 7. Jahrhundert lassen vermuten, dass sich erste alemannisch-germanische Siedler vielleicht kurz nach 500 n.Chr. in Rißtissen niederließen. Neuen Aufschwung brachte für diese kleine alemannische bäuerliche Siedlung der Entschluss Karls des Großen die heruntergekommenen, ehemals römischen Fernstraßen, darunter auch die Donausüdstraße im frühen 9. Jahrhundert reparieren zu lassen. Ungefähr gleichzeitig wurde Rißtissen am 20. Mai 838 als „Tussa“ zum ersten Mal in einer Urkunde der Abtei St. Gallen schriftlich erwähnt. Aus dieser Urkunde erfahren wir, dass „Tussa“ in der Ruadolhuntare (Huntare) lag, die wiederum zur Albuinesbaar (wohl der Munderkinger (Baar) gehörte. In der gleichen Urkunde wird eine, so wie die heutige Kirche auch, dem Heiligen Pankratius, († 305 n.Chr.) geweihte, vermutlich erste christliche Tusser Kirche erwähnt.
Jakobsweg
Seit dieser Zeit liegt Rißtissen bis auf den heutigen Tag an einem wichtigen Abschnitt des Jakobsweges in Süddeutschland. Der Jakobsweg ist der mittelalterlich-historische Pilgerweg zum sagenhaften Grab des Apostels Jakobus des Älteren in Santiago de Compostela in Spanien. Schon im Mittelalter führte der Fernwanderweg von Nürnberg nach Konstanz mitten durch den Ort. Tussa, das später zur Unterscheidung von einem anderen, ebenfalls „Tussa“ genannten Ort an der Iller (heute Illertissen) „Rißdissa“ und dann Rißtissen genannt wurde, war eine bedeutende Pilger-Raststation. Heute wird dieser historische grenzüberschreitende Weg wieder neu beschrieben und im Zuge der europäischen Einigung durch internationale Wegzeichen von Ulm her über Oberdischingen und dann weiter von Rißtissen über Biberach an der Riß nach Konstanz durch verschiedene Organisationen sowohl markiert als auch rege begangen.
Herrschaft Rißtissen
Im Hochmittelalter gehörte Tussa den mächtigen Grafen von Berg. Ihr Dienstmann in Tussa, Diethelm von Tussin wird 1127 im Stiftungsbrief eines Benediktinerinnenklosters als Zeuge benannt. Der erste Ortsgeistliche von dem wir aus Urkunden (7. September 1322) namentlich erfahren war „der Pfaff Heinrich Fulhin“. 1353 gab es in Dissa 72 Haushalte. Mit der Herrschaft Berg gelangte Tissen 1383 an Vorderösterreich. 1455 erwarb Hans von Stotzingen fünf Sechstel der Herrschaft Rißtissen. Das letzte Sechstel kaufte gleichzeitig sein Schwager Ulrich von Schienen zu Gamerschwang. Alle Anteile stammten von Ulmer Bürgern.
Neuzeit
1581 veräußerte Ulrichs Nachfahre, Sixt Werner von Schienen dieses Sechstel an Caspar von Laubenberg, der als Stotzingerscher Erbe Inhaber des weitaus größeren Teils von Rißtissen war. 1613 heiratete seine Witwe und kinderlose Erbin Marie den Schenken Hans Christoph von Stauffenberg, der am 5. August 1613 den einzigen noch ausstehenden Anteil an der Herrschaft Rißtissen von einem anderen Stotzingischen Erben, dem Ritter von Schellenberg erwarb. Die Schenken von Stauffenberg wohnen seit 1613 ununterbrochen in Rißtissen.
Aus der Epoche zwischen 1455 und 1650 stammen die in die Sakristeiaußenwand der Pfarrkirche eingelassenen Grabsteine. Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) schmolz die Rißtisser Bevölkerung um über zwei Drittel auf nur noch 36 Seelen. Hans Christoph von Stauffenberg siedelte nach 1648 einige Tiroler Familien an. Typische Tiroler Namen wie z.B. Hinderhofer haben sich aus dieser Zeit bis heute erhalten.
Verkehrsanbindung
Rißtissen liegt abseits der großen Straßenverkehrsströme, ist aber über mehrere Kreisstraßen recht gut an diese angebunden. Ebenfalls über Kreisstraßen erreicht man die nächsten Städtchen Laupheim (6 km) und Ehingen (12 km). Die nächstgelegenen Fernstraßen sind die Bundesstraßen B30, B311 und B465.
Im Rahmen der Planung des Golfprojektes wurde eine Ortsumgehungsstraße trassiert.
Mit dem öffentlichen Personennahverkehr des Donau-Iller-Nahverkehrsverbundes gelangt man per Bus (Linie 225) nach Laupheim und Ehingen. Dort besteht dann Anschluss an das Schienennetz der DB. Im Stundentakt besteht von dort vernetzter Anschluss an die nächste ICE-Station Ulm in etwa 20 km Entfernung und in 80 km Entfernung nach Süden nach Friedrichshafen am Bodensee.
Der nächste Flughafen mit nationalen und internationalen Linienflügen ist der mit der Bahn vom Bahnhof Laupheim-West erreichbare Regional-Flughafen Friedrichshafen (80 km). Die nächsten Großflughäfen sind der Flughafen Stuttgart (100 km), der Flughafen München (rund 160 km), sowie der Flughafen Zürich (180 km).
Gebäude und Einrichtungen
- Stauffenberg´sches Schloss. 1275 erstmals als Herrensitz erwähnt. Der Vorvorgängerbau des heutigen Schlosses wurde im Dreißigjährigen Krieg von den Schweden zerstört. Hans Christoph von Stauffenberg baute nach 1650 an gleicher Stelle ein einfaches rechteckiges Haus mit Rundtürmen an jeder der vier Ecken. Um 1784 begann Freiherr Hugo Damian Anton Schenk von Stauffenberg mit dem Bau der neuen Kirche, des Vorgängerbaus des heutigen Pfarrhauses und der heutigen Schlossanlage im französischen Louis-Seize-Stil. Dabei wurde das nicht mehr dem Geschmack der Epoche entsprechende Haus des Hans Christoph von 1650 vollständig abgerissen. Die neue Anlage besteht aus einem rechteckigen, dreistöckigen, schlichten Hauptgebäude mit dreiachsigem Mittelrisalit und zwei symmetrisch angeordneten zweistöckigen Kavaliershäusern. Das Allianzwappen im zentralen Giebelfeld des Haupthauses ist das der Erbauer, des 1791 gegraften Hugo Damian Anton Schenk von Stauffenberg und der Gräfin Antonie Kageneck. Gräfin Antonie war Tante des österreichischen Staatskanzlers Fürst von Metternich. Der englische Park wurde um 1830 nach dem Erwerb und Abriss mehrerer Bauernhöfe entlang der Riß nach einer Skizze von Friedrich Ludwig von Sckell durch den in England ausgebildeten Rißtisser Landschaftsgärtner Mißler angelegt, dessen Haus im Biedermeyer Stil noch heute in der Ersingerstraße steht. Insgesamt waren die Schenken von Stauffenberg von 1613 bis 1806 reichsunmittelbar Inhaber der Herrschaft Rißtissen. Napoléon Bonaparte erzwang zunächst bis 1810 den Anschluss an das von ihm geschaffene Königreich Bayern und ab dann an das ebenfalls von ihm geschaffene Königreich Württemberg.
- Katholische Pfarrkirche Sankt Pankratius und Dorothea. Freiherr Hugo Damian Anton ließ 1784 die baufällige Kirche aus dem 15. Jahrhundert mit Ausnahme des soliden, mittelalterlichen Kirchturms abtragen. Dabei wurden die bereits erwähnten sieben römischen Reliefsteine entdeckt, die dann in die Außenmauer der neuen Kirche eingelassen wurden. Er ließ den die alte Kirche umgebenden Friedhof zur Leonhardskapelle an der Ehingerstraße verlegen und die Toten umbetten. Schließlich wurde nach Plänen des im benachbarten Erbach tätig gewesenen, aber damals schon verstorbenen Tiroler Baumeisters Franz Kleinhans, eines Schülers des Johann Georg Fischer, die neue Kirche erbaut. Während der langen Bauzeit las Pfarrer Franz Xaver Hensinger (1768-1802) die Messen in einer Scheune. Die Zahl MDCCLXXXVII (1787) über dem Eingang bezeichnet das Vollendungsjahr des Baues. Die neue Kirche wurde zunächst nur benedeziert und erst am 22. Mai 1830 geweiht.
- Friedhofskapelle St. Leonhard. Die Friedhofskapelle St. Leonhard von 1538, damals außerhalb des Ortes gelegen, gehörte wie schon das Patrozinium vermuten lässt, ursprünglich zu einem mittelalterlichen Leprosenhaus das vom Ulmer Heilig-Geist-Spital für Aussätzige gestiftet worden war. Die Kapelle birgt heute Einrichtungen, die vermutlich aus der 1784 abgerissenen mittelalterlichen Pfarrkirche stammen. Ein bemerkenswertes Kunstwerk ist der mit "Jakob Acker" und mit der Jahreszahl 1483 signierte Altar auf dem unter anderem die zweite Ortspatronin, die Heilige Dorothea dargestellt ist. Manche schreiben den Altar Jakob Acker d.J. aus der Ulmer Künstlerfamilie Acker zu. Ueber ihn fand der Autor keine klaren Hinweise in der Literatur. Das Werk wird der Ulmer Schulezugeordnet. Eine Rißtisser Straße wurde nach
Jakob Acker benannt.
- Josefskapelle. Die bei der Bevölkerung beliebte und häufig besuchte Josefskapelle aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts liegt westlich des Golfplatzes an der Gemarkungsgrenze zu Griesingen an der ehemaligen Römerstraße. Ihr Innenraum wurde von Pfarrer Nikolaus Stark ausgemalt.
- Grundschule mit Römermuseum. In letzterem fanden einige der Funde aus dem Kastell- und Vicusbereich von Riusiava Aufnahme. Weitere Funde befinden sich im Museum der Stadt Ehingen und im Württembergischen Landesmuseum Stuttgart.
- Kindergarten
- Wasserturm
- Kieswerk
- Golfplatz
Vereine
- TSV Rißtissen (Turn- und Sportverein, seit 1926)
- Heimat- und Dorfverschönerungsverein Rißtissen (seit 1987)
- Musikverein Rißtissen (seit 1926)
- Förderverein Musikverein Rißtissen (seit 1998)
- Männergesangverein „Liederkranz“ Rißtissen (seit 1862)
- Feuerwehr-Förderverein Rißtissen (seit 1994)
- Katholischer Frauenbund Rißtissen (seit 1974)
- Katholischer Kirchenchor Rißtissen
- Breaker-Club Rißtissen (seit 1988)
- Golfclub Donau-Riß (seit 2005)
Golfplatz
Während der letzten Jahre polarisierten heftige Diskussionen über das Projekt eines Golfplatzes die Bevölkerung. Daneben standen und stehen sich die in einer Bürgerinitiative [4] organisierten, überwiegend Rißtisser Gegner des Golfprojektes den ueberwiegend Ehinger Initiatoren [5] des Golfclubs unversöhnlich gegenüber.
Nach Berücksichtigung berechtigter Einwände der BI (vgl. Golfplatz, Punkt 8) begann der Golfclub im Mai 2006 mit dem Bau auf einem ungefähr 82 ha großen Areal im Südwesten des Dorfes. Unbekannte, radikalisierte Golfplatzgegner äußerten in der Folge ihren Unmut über den von ihnen unerwünschten Baufortschritt durch eine Reihe von mutwilligen und strafbaren Sachbeschädigungen.
Die große Übungswiese auf der die langen Schläge geübt werden können, in der Sprache der Golfer „driving range“ (vgl. Golfplatz, Punkt 7), ist seit Oktober 2006 in Betrieb. Die in modernem Routing angelegten 18 Spielbahnen des eigentlichen Golfplatzes (vgl. Golfplatz, Punkt 1) sollen im Frühjahr 2007 erstmals für das Golfspiel freigegeben werden.
Anmerkungen
- ↑ Rißtissen im Zusammenhang imperialer Planungen nach Kemkes, 1996 und 2005, a.a.O.
- ↑ R. Knorr: Rißtissen, das Riusiava des Ptolemäus. In: Germania. Anzeiger der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts. Jahrgang 16, 1932. De Gruyter, Berlin. S. 143 f.
- ↑ Kemkes 2005, a.a.O.
- ↑ Golfgegner auf Webseite der BI
- ↑ Golfbefürworter auf der Website des Golfclubs
Literatur
- Martin Kemkes: Ehingen-Rißtissen. In: Dieter Planck (Hrsg.): Die Römer in Baden-Württemberg, S. 65ff. Theiss, Stuttgart 2005. ISBN 3-8062-1555-3
- Martin Kemkes: Das Kastell Rißtissen und die militärische Sicherung der Donau im 1. Jahrhundert. In: Ulmer Museum (Hrsg.): Römer an Donau und Iller. Neue Forschungen und Funde, S. 9ff. Thorbecke, Sigmaringen 1996. ISBN 3-7995-0410-9
- Philipp Filtzinger: Ehingen-Rißtissen. In: Die Römer in Baden-Württemberg. 3. Auflage, S. 272ff. Theiss, Stuttgart 1986. ISBN 3-8062-0287-7
- Iris Radi: Katholische Pfarrkirche Sankt Pankratius und Dorothea, Rißtissen. Schnell & Steiner, München und Zürich 1989. ISBN 3-7954-5510-3
- Wolfgang Lipp: Der Weg nach Santiago. Jakobuswege in Süddeutschland, Süddeutsche Verlagsgesellschaft. Ulm 1991. ISBN 3-88294-164-2
- Gerhilde Fleischer (Hrsg.): Jakobusweg II: Ulm - Oberdischingen -Äpfingen - Biberach - Steinhausen - Bad Waldsee. 4. Auflage. Ostfildern, Schwabenverlag 2006. ISBN 3-7966-0905-8
Periodika
- Mitteilungsblatt Gemeinde Rißtissen. Urban, Ulm seit 1973.
Weblinks
- Rißtissen auf der offiziellen Webseite von Ehingen