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Jenny Saville

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Jenny Saville (* 1970 in Cambridge, England) ist eine englische Malerin.


Biografie

1988 bis 1992 besuchte Saville die Glasgow School of Art. Während ihres Studiums fand sie nur eine Tutorin, was sie sehr enttäuschte. Sie bekam für 6 Monate ein Stipendium für die "University of Cincinnati". Dort ging sie täglich ins Einkaufszentrum. In dieser Mall begegnete sie vielen dicken Frauen, wodurch ihre künstlerische Arbeit geprägt wurde. Dies erweckte eine Faszination für fettes, weißes Fleisch. Ebenso wurde sie von der Künstlerin Cindy Sherman beeinflusst. 1990 wurden ihre ersten Arbeiten in der "Contemporary '90"-Ausstellung des "Royal Academy of Arts" präsentiert. 1992 machte sie ihren Abschluss und anschließend folgte ein Studium an der Slade School of Art (1992-1993). Schließlich wurden ihre Arbeiten in der Ausstellung "Critic Choice" in der "Cooling Gallery" in Edinburgh gezeigt. Der britische, millionenschwere Werbezar und Kunstsammler Charles Saatchi wurde auf sie aufmerksam, kaufte mehrere ihrer Werke und nahm sie anschließend unter einen 18-monatigen Vertrag, um Saville zu unterstützen und ihre Bilder in der Saatchi Gallery in London auszustellen. Er erwarb Savilles Werke im Voraus und stellte ihr Atelier und Arbeitsmaterial zur Verfügung. 1994 löste sich Jenny von ihrem Gönner. Es folgten mehrere Ausstellungen:

  • im New Yorker "Pace Mc Gill"
  • im Stockholmer "Museum of Kalmar"
  • im Londoner "Royal Academy of Arts"

Später zog sie nach New York, wo sie viel Zeit in der Praxis des plastischen Chirurgen Dr. Weintraub verbrachte. Sie schaute bei plastisch chirurgischen (Plastische Chirurgie) Operationen über die Schulter des Doktors und fotografierte auch dabei. Somit erhielt sie ein besseres Verständnis über den menschlichen Körper und erkannte, dass man vielfältige Manipulationsmöglichkeiten am Körper durch die Medizin erzeugen kann. Ebenso verbesserte sie ihr Wissen über die physikalische Arbeit und erfuhr durch die Beobachtung, welche psychologischen Faktoren nach einer OP auftreten können.

1997 hatte sie eine weitere Ausstellung in der "Royal Academy of Arts" in London. Die Ausstellung trug den Titel "Sensation", wurde von Saatchi unterstützt und war schließlich eine Gemeinschaftsausstellung mit vielen anderen zeitgenössischen Künstlern wir zum Beispiel Damien Hirst, Gary Hume (Young British Artists), Dino und Jake Chapman, Marcus Harvey, Tracey Emin, Chris Ofili u.v.a. Das Publikum und die Presse betitelten die Ausstellung als skandalös, was zu Vandalismus unter den Besuchern führte. Savilles Arbeiten blieben verschont. Danach wurden ihre Bilder im New Yorker "Brooklyn Museum of Art" ausgestellt. 2004 hatte sie eine Einzelausstellung in der New Yorker "Gagosian Gallery". Sie ist mit dem Künstler Paul Mc. Phail zusammen und lebt und arbeitet teils auf Sizilien (Italien) und auch in London, wo sie an der "Slade School of Art" ihrem Lehrauftrag für figürliche Malerei nachkommt.


Exkurs in Savilles Arbeiten

Savilles Themen und Art der Malerei

In einer Gesellschaft, die von physikalischen Erscheinungen besetzt ist, hat Saville eine Nische für übergewichtige Frauen in zeitgenössisch visueller Kultur geschaffen. Die Künstlerin ist bekannt für ihre massigen und großformatigen, fast riesigen Ölgemälde. Durch die Größe will sie Intimität erzeugen. Jenny gebraucht eine pastose Malweise und benutzt vorwiegend Rottöne. Sie bedient sich beim Arbeiten vor allem klassischer Ausdrucksformen wie die figürliche Malerei. Sie spricht selbst von einer Anlehnung an Rubens. Ebenso bezieht sich die Künstlerin auf medizinische Magazine, die sie studiert, um die Details von Fleischfarben, blaue Flecken, Venen etc. zu verinnerlichen. In einer von technischem Fortschritt gekennzeichneten Gesellschaft bleibt sie stets der Ölmalerei treu (Ausnahme: Exkurs in die Fotografie). Sie nimmt sich also der Physikalität des Malens an und sagt sogar selbst, dass sie nicht ohne das Malen sein kann. Sie hat den Weg gefunden, figürliche Malerei wieder zu erfinden. Bekannt wird sie vor allem durch:

  • unförmige, von hässlicher Haut umspannte Körperlandschaften in Öl auf Leinwand
  • fettleibige und manchmal gesichtslose Frauen, deren gewaltige Körper mit Pink gefleckt erscheinen
  • Verweis auf brutal realistische weibliche Schönheitsideale
  • Saville räumt dabei der Realität viel Gewicht ein, was einen Schockeffekt provoziert
  • Saville brüskiert das allgegenwärtige, weichgespülte Bild der Wirklichkeit, mit dem uns die Medien bombardieren
  • Verweigerung einer ausdruckslosen, immer gleichen Schönheit


Werksübersicht

Propped [1]

(1992 - mit diesem Werk wird sie bekannt)

  • weibliche, nackte Frau, die auf einem Hocker sitzt und ihre Oberschenkel umklammert
  • sie blickt aus gigantischen Höhen forschend auf den Betrachter herab
  • Blick scheint trotzig oder kokett
  • Knie scheinen aus dem Bild herauszuragen
  • im Hintergrund Notizen des französischen Feministentheoretikers Luce Irigary


Branded [2]

(1992 - Selbstportrait)

  • stehende, auf den Betrachter starrende dicke Frau
  • gänzlich nackt
  • umklammert wütend eine Speckrolle mit der linken Hand - ist sie von sich selbst angeekelt oder stolz auf ihren Umfang?
  • andere Hand scheint verkrampft
  • Fokus wird zuerst auf starrenden Blick gelenkt
  • enorme Brüste
  • sie begegnet dem Betrachter unerschrocken in ihrer Nacktheit
  • auf dem Körper angedeutete Wörter: Decorative, Support, Delicate
  • Saville amüsiert sich über den konventionellen Prototyp der Frau
  • der Blick der Dargestellten entkräftet dieses Vorurteil


Plan [3]

(1993)

  • ähnliche Assoziationen wie bei Branded
  • ähnliche Darstellungsweise und Absichten
  • Selbstdarstellung der Künstlerin
  • neu: Linien auf dem Körper wie Höhenlinien einer Landkarte
  • es handelt sich um Linien, an denen sich der Schönheitschirurg bei der OP orientiert


Closed Contact [4]

(1995-96) [5]

  • Selbstportraits
  • Künstlerin drapiert ihren Körper auf einer Glasscheibe
  • bis über die Schmerzgrenze verzerrte und gedehnte Haut
  • ein befreundeter Fotograf, Glen Luchford, half ihr bei den Aufnahmen
  • Ablichtung des malträtierten Körpers Savilles
  • zusammengequetschte Brüste, Bauchfalten, Wangen und Lippen


Fulcrum [6]

(1998/99)

  • auf Seziertisch liegen übereinander geschichtete, massive Frauenkörper
  • Körper mit Seilen zusammengebunden
  • Fleischmassen an alle Ecken der Leinwand gedrückt - scheinen Leinwand sprengen zu wollen
  • Modelle: Künstlerin selbst (oben), eine Freundin in der Mitte, die Mutter der Freundin unten
  • verschiedene Generationen von Fleisch berühren sich gegenseitig
  • Berührung kippt in Leiden um
  • gegenseitige Wegnahme von Luft und Platz
  • Seil schneidet tief ins Fleisch


(Vergleich zu Lucian Freud; Saville allerdings kann sich nicht mit ihm identifizieren)


Matrix [7]

(1999)

  • Beschäftigung mit den Geschlechtern
  • bisher malte sie ausschließlich Frauen
  • nun Bilder, die den Transsexuellen Del La Grace Volcano zeigen
  • eine Frau, die seit Jahren Testosteron zu sich nimmt, um sich in einen Mann zu verwandeln
  • Festhalten eines im Wandel begriffenen Körpers, der das Geschlechtsteil leugnet und doch zur Schau stellt
  • die Person ist im Werden
  • Saville bedient sich einer aggressiven Bildsprache


Pause [8]

(2003)

  • Saville wurde zuletzt vom Attentat des Word Trade Centers am 11. Sep 02 inspiriert
  • Darstellung von wahrhaftig geschundenen Körpern
  • die Farbe Rot dominiert
  • blutüberströmte Körper
  • das Bild geht zurück auf ein Foto einer Frau, die in Israel ein Selbstmordattentat begangen hat


Literatur