Antennendiagramm


Ein Antennendiagramm ist eine grafische Darstellung der Strahlungscharakteristik einer Antenne. Es stellt die Intensität der Energieabstrahlung bzw. den Betrag der elektrischen oder magnetischen Feldstärke in Abhängigkeit von der Richtung zur Antenne dar. Antennendiagramme werden messtechnisch aufgenommen oder durch Simulationsprogramme am Computer generiert, um die Richtwirkung einer Antenne grafisch darzustellen und so deren Leistungsfähigkeit einzuschätzen.
Eine Rundstrahlantenne strahlt gleichmäßig in allen Richtungen innerhalb einer Ebene, eine Richtantenne bevorzugt eine Richtung und kann deshalb mit weniger Sendeleistung in diese eine Richtung eine größere Reichweite erzielen. Diese Bevorzugung einer Richtung wird messtechnisch ermittelt und in dem Antennendiagramm grafisch dargestellt. Aufgrund der Reziprozität zeigt das Antennendiagramm sowohl die richtungsabhängige Sendeleistung als Feldstärke, als auch die Empfangsempfindlichkeit einer Antenne an.
Horizontales Antennendiagramm
Das horizontale Antennendiagramm ist eine Draufsicht auf das elektromagnetische Feld einer Antenne, eine zweidimensionale Ebene mit der Antenne im Mittelpunkt. Richtdiagramme von Antennen werden oft als Ortskurve in einem Polarkoordinatensystem gezeichnet. Es ist anschaulicher als z.B. ein Kartesisches Koordinatensystem, da es die Richtung unmittelbar angibt. Die lokalen Maxima in dem Diagramm werden gemäß ihrem Aussehen im Koordinatensystem Keulen genannt:
- die Hauptkeule mit dem größten Energieanteil
- die Nebenkeulen mit kleineren ausgeprägten Maxima
- die Rückkeule, eien Nebenkeule, die in die entgegengesetzte Richtung der Hauptkeule zeigt.
Das Antennendiagramm wird oft logarithmisch in Dezibel aufgetragen, da die Nebenkeulen um mehrere Größenordnungen kleiner sein können als die Hauptkeule und bei linearer Auftragung nicht zu erkennen wären.
Aus dem Antennendiagramm sind viele Parameter einer Antenne ablesbar, welche die Qualität und Richtwirkung einer Antenne bestimmen:
- das Vor-Rück-Verhältnis (VRV), auch Rückdämpfung genannt,
- das Vor-Seiten-Verhältnis (VSV) und
- die Nebenkeulendämpfung.

Vertikales Antennendiagramm
Das vertikale Antennediagramm ist eine Seitenansicht des elektromagnetischen Feldes der Antenne. Die Bemaßung des Antennendiagamms ist also die Entfernung zur Antenne in der x-Achse und Höhe über dem Standort der Antenne in der y-Achse. Die im nebestehenden Beispiel optional eingetragenen Höhenwinkelgeraden sind wegen der unterschiedlichen Maßstäbe nicht in einem linearen Abstand. Oft wird auch eine Angabe einer Höhe über Grund angedeutet (hier: gepunktete Linien), die wegen der Erdkrümmung in der Entfernung leicht abfallend gezeichnet werden. (Da dieses Beispiel die Antenne eines Flugsicherungsradars ist, sind Entfernung hier in Nautischen Meilen (Nm) und die Höhe in feet (englische Fuß) angegeben. Bei Antennen für Kommunikationszwecke sind jedoch metrische Angaben üblich.)
Räumliche Richtcharakteristik

Stellt man 2D-Antennendiagramme vieler Schnittebenen zu einem räumlichen Gebilde zusammen, entsteht eine dreidimensionale Richtcharakteristik. Der Abstand vom Mittelpunkt der Antenne zu jedem Punkt der Oberfläche dieses Körpers gibt die in dieser Richtung bei gleichen Abständen gemessene Intensität an. Die Aufnahme solcher räumlicher Charakteristiken würde jedoch einen großen messtechnischen Aufwand darstellen. Deswegen werden in der Praxis solche Antennendiagramme nur in Ausnahmefällen und dann auch nur in Ausschnitten erstellt. Mit Hilfe von Computern kann jedoch jede Antenne mit ihren räumlichen Charakteristiken in einem Modell simuliert werden.
Elemente eines Antennendiagramms
Hauptkeule

Die Hauptkeule in einem Antennendiagramm weist bei Sendeantennen den Maximalbetrag der gesendeten Energie oder bei Empfangsantennen die maximale Empfinglichkeit auf. Eine Richtantenne bündelt diese Strahlung in eine Richtung. Diese Bündelung erhöht die Reichweite der Antenne. Diese Reichweitenerhöhung heißt Gewinn.
Die Grenzen einer Keule werden durch den Abfall der Feldstärke um 3 dB bestimmt. Die Strahlbreite oder Halbwertsbreite ist der Bereich, in dem die Strahlung noch nicht auf weniger als −3dB = 0,5 abgefallen ist. Dieser Winkelbereich wird auch Öffnungswinkel genannt. Dieser Öffnungswinkel wird meist mit dem griechischen Buchstaben Θ (Theta) bezeichnet.
In dem sehr einfachen Antennendiagrammen einer Dipolantenne existieren nur zwei ausgeprägte Maxima, welche entgegengesetzt gerichtet sind. In diesem Fall wird jedoch noch nicht von einer Hauptkeule gesprochen, da beide Maxima etwa gleich groß sind.
Nebenkeulen
Als Nebenkeule wird ein Anteil an der elektromagnetischen Strahlung einer Antenne genannt, der nicht in die gewollte Richtung abgestrahlt wird. Nebenkeulen sind unerwünscht, weil sie den eindeutigen Richteffekt einer Antenne beeinträchtigen und die Hauptkeule schwächen. Starke Störungen, die bei einer Empfangsantenne über die Nebenkeulen empfangen werden, können die Empfangsqualität verschlechtern. Bei Sendeantennen wird viel Energie über die Nebenkeulen ungenutzt in eine ungewollte Richtung abgestrahlt.

Rückkeule
- Als Rückkeule wird in einem Antennendiagramm die Richtung genannt, welche in entgegengesetzte Richtung der Hauptkeule zeigt. Sie ist meist sehr viel kleiner als die Hauptkeule. Sie ist ebenfalls eine Nebenkeule.
Nebenkeulendämpfung
- Die Nebenkeulendämpfung ist einer der wesentlichen Parameter einer Antenne und stellt das Verhältnis des Gewinns der Hauptkeule in 0° zum Gewinn der größten Nebenkeule (hier im Diagramm etwa bei 20°) dar. Dieses Verhältnis wird als relativer Pegel angegeben und sollte möglichst groß sein.
- Durch geschickte Konstruktion einer Antenne lässt sich die Intensität der Nebenkeulen verringern. Wenn die Empfängerdynamik allerdings größer ist, als die von der Antenne konstruktiv vorgegebene Nebenkeulendämpfung, werden auch über die Nebenkeulen Signale empfangen. Um die Auswirkungen dieses ungewollten Empfanges zu verringern, werden im Empfänger zusätzliche Maßnahmen der Nebenkeulenunterdrückung getroffen.
Vor-Rück-Verhältnis
Das Vor-Rück-Verhältnis (VRV) oder auch Rückdämpfung genannt, ist ein wesentlicher Parameter einer Antenne und stellt das Verhältnis des Gewinns der Hauptkeule in 0° zum Gewinn der Rückkeule in 180° dar. Dieses Verhältnis wird als relativer Pegel angegeben und sollte möglichst groß sein. Das Vor-Rück-Verhältnis ist neben der Nebenkeulendämpfung ein Maß für die Bündelung der Strahlung einer Richtantenne und somit ihres Gewinns: je größer das Vor-Rück-Verhältnis ist, desto besser ist die Antenne.
In einigen Veröffentlichungen wird das VRV nicht nur auf diese eine Rückkeule bezogen, sondern es werden unter dem Begriff Vor-Rück-Verhältnis alle Nebenkeulen zwischen 90° und 270° betrachtet und im mathematischen Verhältnis nur die stärkste Nebenkeule aus diesem Winkelbereich verwendet.
Vor-Seiten-Verhältnis
Das Vor-Seiten-Verhältnis (VSV), ist ein Parameter einer Antenne und stellt das Verhältnis des Gewinns in 0° zum Gewinn in 90° (oder 270°) dar. Es wird nur noch selten verwendet. Dieses Verhältnis wird ebenfalls als relativer Pegel in Dezibel (dB) angegeben.
Die Angabe eines Vor-Seiten-Verhältnisses hat nur noch Sinn bei Antennen, bei denen keine ausgeprägte Rückkeule erkennbar ist, oder weil wie bei dem Antennendiagramm einer Dipolantenne zwei diametrale Strahlungsmaxima gebildet werden. Deswegen wird dieser Antennendiagramm-Parameter kaum noch verwendet.
Beispiele
Es gibt eine Vielzahl von Antennen, die oft nach der geometrischen Form des Antennendiagramms benannt werden:
- Rundstrahler-Antennen mit möglichst gleichmäßiger Abstrahlung in alle Richtungen,
- Richtantennen mit stark ausgeprägter Hauptkeule,
- Pencil-Beam Antennen mit einer extrem dünnen Hauptkeule und sehr hohem Antennengewinn,
- Fächer-Antennen, und
- Cosecans²-Antennen, beide speziell für Radaranwendungen.
Messmethoden
Um Antennenanlagen mit dem Ziel der Erstellung eines Antennendiagramms ausmessen zu können, muss die Antenne auf einen beweglichen Dreh- und Schwenktisch montiert werden. Mit Ausnahme der zu messenden Richtung sind alle anderen Richtungen mit Dämpfungsmaterial abgeschirmt, um den Empfang von Reflexionen zu vermeiden. Aus großer Entfernung strahlt ein Richtstrahler mit konstanter Leistung genau in die Richtung der Antenne. Durch Drehung und Schwenkung der zu messenden Antenne werden die empfangenen Leistungen in verschiedenen Winkeln gemessen und dann grafisch dargestellt.
Dieses Verfahren bringt brauchbare Messergebnisse, ist aber mehr von theoretischem Wert, da sich vor allem das vertikale Antennendiagramm durch den Einfluss der Erdoberfläche am endgültigen Einsatzort der Antenne ändern kann.
Eine Messung am endgültigen Standort ist sehr aufwändig, da eine Strahlungsquelle in ausreichender Entfernung (also nicht im Nahfeld, sondern im Fernfeld der Antenne) von der zu messenden Antenne bewegt werden muss. Bei Radarantennen, die ohnehin mit einer Drehungvorrichtung ausgestattet sind, kann durch statistische Messungen zum Beispiel des elektromagnetischen Spektrums der Sonnenstrahlung eine ausreichend genaue Ermittlung des Antennendiagramms vorgenommen werden (Sunstrobe-Recording).
Literatur
- Edgar Voges: Hochfrequenztechnik. Dr. Alfred Hüthig Verlag, Heidelberg 1987, ISBN 3-7785-1270-6.
- Karl Rothammel: Antennenbuch. Militärverlag der Deutschen Demoktratischen Republik, Berlin 1984, Bestell-Nummer: 745 588 4
Weblinks
- Amateurfunk-Lexikon
- Grundlagen der Antennentheorie
- Antennentechnik Druckversion ausgewählter Artikel über Radarantennen der Homepage www.radartutorial.eu