Jean-Claude Kuner
Jean-Claude Kuner (* 30. Dezember 1954 in Basel) ist ein Schweizer Regisseur und Autor.
Leben
Jean-Claude Kuner wuchs in Basel auf und arbeitete nach dem Abitur als Regieassistent am Basler Theater und bis 1978 an den Staatlichen Schauspielbühnen Berlins, u. a. bei Maximilian Schell, Hans Hollmann, Werner Düggelin und Otto Schenk.
Nach dem Studium der Germanistik und Theaterwissenschaft an der Freien Universität Berlin (1978–1982) begann er seine Laufbahn als Theaterregisseur 1982 am Staatstheater Stuttgart und inszenierte in den darauf folgenden Jahren Schauspiel und Oper.
Nach Abbruch seiner Theaterarbeit 1996 wandte er sich ganz dem Radio und den unterschiedlichen Formen akustischen Erzählens zu. Es entstanden Dokus, Hörspiele, Musiksendungen, Podcasts und Kurzbeiträge für alle deutschsprachigen öffentlich-rechtlichen Sender. Internationale Kooperationen mit Sendern führten ihn u. a. nach Australien und Finnland.
Nach 2001 galt sein Interesse verstärkt, die Genregrenzen zwischen Doku und Hörspiel aufzulösen, um neue Erzählformen zu finden.
Er erhielt für seine Arbeit zahlreiche Auszeichnungen im In- und Ausland.
Kuner lebte in Berlin (1976–1999), New York (1983–1985), San Francisco (1999–2001) und lebt seit 2001 wieder in Berlin.
Werk
Theater
Von 1982 bis 1996 inszenierte Kuner hauptsächlich zeitgenössische Theaterstücke von Arrabal bis Brecht, und solche, die sich mit der deutschen Vergangenheit und dem Schicksal von Juden auseinandersetzten. u. a. in Düsseldorf, Berlin, München, Augsburg und Hamburg. Am Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen inszenierte er zwei Opern (1992/3).
1988 entstand mit Curt Bois, Sunny Melles und Peter Henning der Videofilm Das letzte Band nach dem gleichnamigen Stück von Samuel Beckett.
1996 beendete Kuner in Weimar seine Theaterlaufbahn.
Musiksendung
Während des Studiums in Berlin begann Kuner ab 1980 Musiksendungen für den SFB zu produzieren. Während längerer Aufenthalte in New York (1983–85) galt sein Interesse der zeitgenössischen amerikanischen Musik, v. a. der Downtown Szene New Yorks und den sich auflösenden Grenzen zwischen U- und E-Musik. Er interviewte u. a. Philip Glass, Steve Reich, John Zorn, DJ Spooky und John Cage.
Musikerporträts wurden ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit.
Neben musikalischen Städteporträts von New York, San Francisco und Basel beleuchtete er nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 das sich verändernde Musikleben auf dem Balkan, in Bulgarien, Kroatien und Albanien.
Doku
Nach 1996 verlagerte sich seine Rundfunkarbeit verstärkt in den Bereich des Dokumentarischen. Mit kulturpolitischen Features und Porträts.
Zu einem Merkmal seiner Arbeit wurden Dokus, die von fremden Kulturen handeln. Seine Recherchen führten ihn u. a. nach Kanada, Japan, Russland, Indien, Usbekistan, Bali und den USA.
Künstlerbiographien vom Rande des Mainstreams zu erzählen, wurde ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit.
Mehrfach prämiert fanden seine Arbeiten auch Beachtung im Ausland. In Zusammenarbeit mit den Sendern YLE in Finnland und ABC in Sydney entstanden Produktionen in der jeweiligen Landessprache.
Hörspiel
Ab 2006 begann Kuner sich auch im Hörspiel zu etablieren, wobei er versuchte, das Dokumentarische mit dem Fiktiven so zu verbinden, dass ein eigenes Genre entstand. Sein Hörspiel Traumrollen mit Nadja Tiller und Fritz Lichtenhahn wurde 2013 von der Akademie der Darstellenden Künste zum Hörspiel des Jahres gewählt.
Neben Bearbeitungen von Texten von Alice Munro, Harry Mathews und David Grossmann entstanden für den SRF (Schweiz) Hörspiele in Zusammenarbeit mit den Schweizer Schriftstellern Thomas Hürlimann und Urs Faes.
Podcast
Auch in seiner Arbeit an Podcasts verfolgte Kuner sein Konzept der Auflösung von Genregrenzen. Für den SRF (Schweiz) konzipierte er eine fünfteilige Podcast-Reihe mit und über Thomas Hürlimann (2023), gefolgt von einer Podcast-Reihe über den amerikanischen Folksänger Pete Seeger für das Tønder Festival in Dänemark (2024). Ein siebenteiliger Podcast zu Stolpertexten des Leo Baeck Instituts in Zusammenarbeit mit jungen Autoren und Autorinnen entstand für den MDR (2024/25).
Soundart
Im Auftrag des finnischen Senders YLE produzierte Kuner vier Klangkunstwerke, in denen er die Verschränkung aller radiophonen Formen weiter vorantrieb. 2019 komponierte er ausschliesslich aus Archivmaterial des 1996 an AIDS verstorbenen New Yorker Künstlers David Wojnarowicz ein Soundartstück. Zuletzt ein eigener Rückblick auf 45 Jahre Leben mit dem Mikrophon, indem er aus Aufnahmen seines eigenen Tonarchivs ein neues Stück kreierte (2024, dt. 2025).
Weblinks
Einzelnachweise
Gerhard Stadelmaier: Ariels Einbürgerung im Theater der Schwerkraft, Stuttgarter Zeitung 20. September 1982
C.Bernd Sucher: Deutscher, jüdischer Antisemitismus, Süddeutsche Zeitung München Nr. 285 11. Dezember 1985
Urs Jenny: Moses, Jesus, Otto! - Weiningers Nacht, in: Der Spiegel 51/ 16. Dezember 1985
M.O.C.Doepfner: Wenn der schwarze Hut umgeht, Die Weltwoche Zürich Nr. 4 26. Januar 1989
Robin Detje: Bernhard (ver)spielen – Zwei Aufführungen in Augsburg und Nürnberg, Süddeutsche Zeitung München 11. Oktober 1990
Christian Deutschmann: Ohne Regeln – Zuallererst die Stimmen: Ein fesselndes Beckett-Hörstück, FAZ Nr. 84 Frankfurt 8. April 2006
Christian Deutschmann: Leichtigkeit und Lebensweisheit - Traumrollen, epd medien 26. April 2013
Andreas Montag: Laudatio Hörspiel des Jahres 2013, Literaturhaus Frankfurt 22. Februar 2014 (5)
Christian Deutschmann: Leise Kraft – Manchen Frauen – Hörspiel, epd medien Nr. 30 24. Juli 2015
Renate Stinn: Respekt – Kommt ein Pferd in die Bar – Hörspiel, epd medien Nr. 36 8. September 2017
Personendaten | |
---|---|
NAME | Kuner, Jean-Claude |
KURZBESCHREIBUNG | Schweizer Regisseur und Autor |
GEBURTSDATUM | 30. Dezember 1954 |
GEBURTSORT | Basel |