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Oberleitungsbus

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Trolleybus in Arnheim

Ein Obus (O-Bus von Oberleitungsbus, auch Trolleybus von englisch/latein: trolley = Stromleitung, Oberleitung) ist ein öffentliches Verkehrsmittel.

Funktionsprinzip

Ein Obus ist ein Omnibus, der von einem Elektromotor angetrieben wird und der über zwei Stromabnehmer Anschluss an zwei Oberleitungen hat. Es gibt Obus-Typen, die noch einen Verbrennungsmotor als Hilfsmotor besitzen. Ein Hilfsmotor, der den Trolleybus mit verminderter Geschwindigkeit auch ohne Strom aus der Oberleitung weiter fahren lässt, gehört bereits zur Standardausrüstung moderner Trolleybusse. Außerdem gibt es - zumindest im Versuchsbetrieb - auch Hybridantriebe für Busse, die in der Stadt elektrisch und auf Überlandstraßen mit Diesel arbeiten können. Duo-Busse können sowohl mit dem Strom aus einer Oberleitung (Fahrleitung), wie auch vom Akkumulator oder von einem Dieselmotor angetrieben fahren (zum Beispiel in Esslingen am Neckar, Deutschland).

Die Busse können auch auf einer von der Straße gesonderten Strecke fahren, und mit einer automatischen Spurführung ausgerüstet sein. Diese Spurbusse werden jedoch nur in wenigen Städten der Welt eingesetzt, unter Anderem in Essen, jedoch seit 1996 nicht mehr mit Elektroantrieb.

Die Anschaffungs- und Betriebskosten von Obussen sind, abhängig zum Beispiel von topographischen Bedingungen, etwa ein Drittel teurer als bei einem Dieselantrieb, besonders die Oberleitungen sind ein zusätzlicher Kostenfaktor. Dafür sind die relative Laufruhe und der abgasfreie Betrieb wichtige Argumente für den Trolleybus.

In einem Forschungsbericht der Fachhochschule Köln über die Energie-, Kosten- und Emissionsbilanz von Obussen wurde zusammenfassend festgestellt, dass moderne Obusse „die Atmospäre mit erheblich geringeren Schadstoffen als eine gleichgelagerte Dieselbusflotte belasten“.

Geschichte

Der erste von Werner von Siemens erbaute Obus der Welt kreuzte am 29.04.1882 als "Elektromote" den Kurfürstendamm in Berlin. Im Laufe der Jahrzehnte verbreitete er sich auf allen Kontinenten. Der deutsche Begriff Obus wird im englischen und auch im französischen Sprachgebiet Trolleybus genannt. Die Amerikaner sagen allerdings meist "electric Bus", da dort ein "trolley" eher ein Straßenbahnwagen ist. Mit Trolley wurde das Wägelchen bezeichnet das bei den ersten Fahrzeugen dieser Art an der Oberleitung hinterhergezogen wurde, bevor die Stromabnahme über Stangen erfolgte. In Deutschland besaßen die Arbeiten von Max Schiemann ("System Schiemann") und Carl Stoll ("System Stoll") für die Entwicklung des Obusses Pionierbedeutung. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die elektrische Traktion besonders attraktiv wegen der im Vergleich schwachen Leistungsfähigkeit der Verbrennungsmotoren im Omnibus.

Der Obus erlebte bis Ende der 1950er Jahre weltweit und besonders in den angelsächsischen Ländern eine besondere Akzeptanz. Er ersetzte Straßenbahnen, weil die Schienen dann nicht erneuert werden mussten, Linienerweiterungen wesentlich billiger waren, er schneller und leiser fuhr und deshalb attraktiver für die Fahrgäste war.

Ab Mitte der 1950er Jahre kam die Trendwende. In Deutschland betrieben ca. 70 Städte Obusse, die meisten von ihnen bis in die späten 1960er Jahre. Heute sind es nur Eberswalde, Esslingen und Solingen. Obwohl der Obus eine bessere Beschleunigung aufweist, abgasfrei und leiser als ein Dieselbus ist, wurde das System vielerorts ohne nennenswerten Protest aufgegeben.

In der Schweiz dagegen blieben die Trolleybusse, wie sie dort genannt werden, populär, es gibt sie heute in 14 Städten.

In den 1970er Jahren führte die Preisentwicklung auf dem Energiesektor und das sich verstärkende Umweltbewusstsein zu einer Wiederbelebung der Diskussion um den Obus in verschiedenen europäischen Ländern. Auch die Fortschritte in der Antriebstechnik trugen dazu bei, dass der Obus wieder als Alternative zu anderen Beförderungsmitteln akzeptiert wurde.

Weltweit gibt es derzeit gut 40000 Obusse, fast drei Viertel davon im östlichen Teil Europas und in Russland. Das älteste durchgehend in Betrieb befindliche Obusnetz der Erde ist das in Shanghai, gleichzeitig eines der größten in China. Die längste Obuslinie fährt auf der Halbinsel Krim in der Ukraine. Sie verbindet über eine landschaftlich reizvolle Strecke über Gebirgspässe die 117 km voneinander entfernt liegenden Städte Simferopol und Jalta am Schwarzen Meer. Eine Sammlung von Oberleitungs- und Dieselbussen kann man in Deutschland im Obus-Museum in Solingen am Hauptbahnhof im alten Zollgebäude besichtigen.

Perspektiven

Der Obus hat in seiner Geschichte seine Position eingenommen und kann diese behaupten. Weltweit stellten einzelne Städte den Obusbetrieb zwar in den letzten Jahren ein, in anderen wird er durch eine Stadtbahn ersetzt, doch andererseits erlebt er vielerorts einen Aufschwung, wird das vorhandene System ausgebaut, bzw. werden neue Strecken eingerichtet. Stillgelegte Systeme wurden wieder aufgebaut und ganz neue werden projektiert.

Neben den bewährten gegenwärtigen Fahrzeugkonzepten richtet sich der Bedarf der Zukunft zusätzlich auf automatisch gelenkte, bzw. spurgeführte Obusse mit einer höheren Kapazität als heute, die mit zwei oder noch mehr Gelenken ausgerüstet sind. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, mehrere Achsen oder Radpaare anzutreiben und auch zu lenken.

Wenn es gelingt - auf Basis des Erprobten - die steigenden Erwartungen des Fahrgastes und des Betreibers bei der Weiterentwicklung des Obussystems zu erfüllen, wobei die wichtigsten Aspekte Zuverlässigkeit, Betriebskosten und Wartungsfreundlichkeit bleiben, dann wird der Obus weiterhin dort das ideale elektrische Nahverkehrsmittel bleiben, wo eine Straßenbahn nicht wirtschaftlich oder flexibel genug eingesetzt werden kann oder die topographischen Verhältnisse zu schwierig sind.

Städte mit bestehenden Obusbetrieben weltweit

In der folgenden Liste sind die Städte mit Obusbetrieben und das Eröffnungsdatum des durchgehend in Betrieb befindlichen Systems angegeben. Vorübergehende Stilllegungen wurden nicht berücksichtigt. Handelt es sich allerdings nach vielen obuslosen Jahren um vollkommene Neuanlagen, ist als Eröffnungsdatum das Datum des Nachfolgesystems, das derzeit in Betrieb ist, angegeben.


Historischer Obus in Eberswalde

Siehe auch