Lieberose
Vorlage:Infobox Ort in Deutschland
Lieberose ist eine deutsche Gemeinde in Brandenburg und liegt 30 km nördlich von Cottbus.
Der Ort wurde im Mittelalter an einer Kreuzung mehrerer Handelswege gegründet. Heute zählt das im Landkreis Dahme-Spreewald gelegene Städtchen etwa 1.600 Einwohner.
Ortsteile
- Blasdorf
- Doberburg
- Goschen und
- Trebitz
- weitere (kleinere) Gemeindeteile sind Hollbrunn, Münchhofe und Behlow.
Geschichte
Die früheste Erwähnung einer Schutzburg stammt aus dem Jahr 1301. Die Wenden und davor die germanischen Illyrer besiedelten aber schon vor dieser Zeit diese Gegend. Unter dem "Schutz" der Burgherren entwickelte sich eine wendische Siedlung (Wenden waren bzw. sind ein westslawischer Volksstamm).
Das ehemals slawische Gebiet fiel bereits im 10. Jahrhundert an das Reich Otto I. und wird schon 1272 bzw. 1295 urkundlich erwähnt (Lubraz bzw. "Luberase" war die damalige Schreibweise). Am 29. November 1302 bestätigt Markgraf Diezmann die Rechte und Privilegien der Gemarkung Lieberose.
Lieberose unterstand in der Folgezeit mehreren Herrenhäusern und wurde am 11. November 1519 von den Brüdern Jakob und Richard von der Schulenburg erworben. Dieses Geschlecht, dessen Zweig Haus Lieberose aus dem Schwarzen Stamm bis zum Ende des II. Weltkrieges hier saß, prägte die Geschichte der Kleinstadt 400 Jahre lang.
In den Stiftsmatrikeln des Bistums Meißen von 1346 und 1495 wird Lieberose an fünfter Stelle aller wichtigen Lausitzer Städte gezählt. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts besaß Lieberose den Charakter einer kleinen Residenzstadt, geprägt vom Schloss der Standesherren von der Schulenburg. Bis zu den Befreiungskriegen war Lieberose unter sächsischer Hoheit) und in der Lage und Pflicht, den sächsischen König und seinen Hof aufzunehmen. Nach dem Wiener Kongress kam es an Preußen.
1759 versammelte Friedrich der Große in der Nähe von Lieberose sein neues, zuvor bei Kunnersdorf geschlagenes Heer, um nach einer Verfolgung die russischen und österreichischen Truppen in Schlesien zu schlagen. Den "Friedrichsstein", der den Sammelpunkt markiert, steht am Weg zwischen Behlow und Goschen.
Anfang des 20. Jahrhunderts war Lieberose mit einer Gesamtfläche von 130 km² - davon 113 km² Forst und Fischerei - einer der bedeutendsten Forstbetriebe der Provinz Brandenburg. Es besaß ein großes Sägewerk und eine Dampfziegelei. Anschluss an das Bahnnetz wurde dabei über den Bahnhof Jamlitz und über die Spreewaldbahn gewährleistet, die ab dem Abzweig Byhlen nach Lieberose führte.
Als die Nationalsozialisten 1933 die Macht in Deutschland ergriffen, schrieb Lieberose erneut Geschichte. Die SS errichtete im Auftrag ihres Führers Heinrich Himmler ein Konzentrationslager. Dieses Lager war ein Arbeitsaussenlager des KZ Sachsenhausen und die Insassen sollten "den größten Truppenübungsplatz der deutschen Waffen-SS in Europa" (Himmler) errichten. 1943 forderte die SS von Graf Albrecht von der Schulenburg 8.000 Hektar Forst zur Erweiterung ihrers Truppenübungsplatzes "Kurmark" und drohte mit Enteignung. Auch sollte der Graf freiwillig Schloss Lieberose verlassen und seine Herrschaft verkaufen, was er jedoch bis Kriegsende durch Verhandlungen hinausschob. Danach wurde sein Besitz von der späteren DDR entschädigungslos enteignet.
Im November 1943 wurden die ersten Häftlinge aus dem KZ Sachsenhausen nach Jamlitz überstellt. Sie wurden zum Ausbau des Aussenlagers Lieberose eingesetzt. Im Frühjahr 1944 trafen weitere Häftlingstransporte aus den Lagern KZ Auschwitz und KZ Groß-Rosen ein. Zunächst handelte es sich um ungarische und polnische Juden. Unter unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen erichteten sie die Anlagen des Truppenübungsplatzes.
Lieberose sollte im Dritten Reich zur Garnisonsstadt ausgebaut werden. Für diese Pläne musste der Ort leiden, denn es wurde zum Ziel für amerikanische Bomber und russische Einheiten. Dabei wurde die direkt hinter dem Rathaus befindliche sogenannte Stadtkirche zerstört, die noch immer als Ruine ein Mahnmal darstellt. Auch das Schloss - siehe unten - wurde im Bereich des Rittersaales schwer beschädigt.
Über 1.000 marschunfähige Häftlinge wurden von der SS ermordet, die anderen Häftlinge mit Lkws und zu Fuß ins Hauptlager nach Sachsenhausen transportiert und das KZ Lieberose 1945 aufgelöst.
Das um 1750 errichtete vierflügelige Schloss wurde bei Kampfhandlungen mit der Roten Armee Ende des Zweiten Weltkrieges teilweise zerstört. Der Rest des beschädigten Schlossflügels wurde zur Gewinnung von Baumaterial für "Neubauern" abgerissen - ein Unterfangen, dass bald aufgrund der immensen Kosten und des kaum verwertbaren Materials wieder aufgegeben wurde. Zeitzeugen berichten, dass Lieberose kampflos übergeben wurde. Der Verantwortliche des Lieberoser Volkssturms, Passing, hisste zu diesem Zweck die weiße Fahne auf dem Schlossturm. Der Schlossturm stürzte 1975 wegen Baufälligkeit ein. Da das Schloss mittels Eichenpfählen auf modrigen Grund erbaut wurde und der Grundwasserspiegel auf Grund der in dieser Gegend vorkommenden Kohletagebaue absank, litten die Eichenpfähle derart stark, dass sie das Gewicht des Turmes nicht mehr halten konnten. Zudem fehlte der abgerissene Schlossflügel, der den freistehend erbauten Turm nun nicht mehr stützte.
Die sowjetischen Besatzungstruppen unterhielten nach Kriegsende in Jamlitz ein vom Geheimdienst kontrolliertes Internierungslager, dass dem SS- Lager in nichts nachstand. Unter anderem waren auch dort Kinder und Frauen unter mörderischen Bedingungen inhaftiert. Heute erinnert am Stadtrand eine Gedenkstätte an das KZ und das Internierungslager.
Sehenswürdigkeiten
- Evgl. Landkirche: Die neugotische Saalkirche wurde um 1825/26 an der Stelle einer Wendischen Kirche erbaut. Im Inneren sind einige Ausstattungsstücke aus der zerstörten Stadtkirche integriert worden.
- Stadtkirche: Die gotische Kirche wurde vom 15. - 16. Jahrhundert erbaut. Seit 1945 Ruine.
- Schloss
- Schlosspark: ein fast 50 ha großer Landschaftspark, der in den letzten Jahren mit viel Engagement wieder hergestellt wurde
- Postmeilensäule
- Ausstellung zur Stiftung Naturlandschaften (in der Oberförsterei Lieberose)
- Mahnmal
Wirtschaftliche Situation
Lieberose ist als ehemaliges Ackerbürgerstädtchen stark von der Land- und Waldwirtschaft geprägt. Nennenswerte Gewerbeansiedlungen haben seit 1990 nicht stattgefunden, so dass in der Stadt nur eine geringe Beschäftigungsquote existiert. Größter Arbeitgeber sind - immer noch - die zahlreichen Forst- und Forstnebenbetriebe: die Forstverwaltung, größere Waldbesitzer, Holzeinschlags- und Transportfirmen.
Seltene Tiere und Pflanzen
Lieberose liegt inmitten einer sehr unterschiedlichen Waldlandschaft: während im Westen der Spreewald mit seiner einzigartigen Lagunen- Sumpf und Kanallandschaft mit Erlenwaldgesellschaften anschließt, grenzt im Osten das von Eichen und Buchen geprägte Schlaubetal. Südlich liegt der mit rund 24.000 ha größte ehemalige Truppenübungsplatz der DDR; hier finden sich vor allem die Kiefernwaldgesellschaften des (eiszeitlichen) Sanders, sowie alle Formen von Wiederbewaldung, Sukzession etc., die nach einer derartigen Waldverwüstung typisch sind: angefangen von Sandoffenlandschaften - die "größte Wüste Mitteleuropas", Silbergrasfluren, Calluna-Heiden, Sandheiden, Besenginsterfluren, Birken-Vorwälder etc. und entsprechend eine einzigartige Vielfalt von Biotopen. Somit verwundert es nicht, dass hier viele "rote Liste" Arten Brandenburgs zu finden sind. 142 der vorzufindenen Pflanzenarten gelten als gefährdet, darunter 16 als vom Aussterben bedroht. See- und Fischadler, Wiedehopf, Raufußkauz, Eisvogel, Bekassine und Ziegenmelker sind nur einige der in und um Lieberose lebenden Vogelarten. Das Gebiet ist ein ideales Beobachtungsgebiet für Naturfreunde (aber: Munitionsbelastung beachten, s.u.) und Fachleute. Die im Gebiet tätigen Forstleute haben es verstanden, Naturschutz und Forstwirtschaft in bestmöglicher Weise zusammenzuführen.
Im Naturschutzgebiet Stockshof - Behlower Wiesen zu Lieberose findet man zahlreichen Tier- und Pflanzenarten, darunter den seltenen „Eremiten“ und sonstige Alt- und Totholzspezialisten. Auch der vom Aussterben bedrohte Europäische Laubfrosch hat hier sein Zuhause. Im Stockshof ist weiterhin das "Alte Schloß" zu finden, ein bronzezeitlicher Ringwall. Der Stockshof ist ein Buchen-Eichen-Waldrelikt der ansonsten waldfreien Schmelzwasserrinne zum Schwielochsee.
Zahlreiche einzigartige und gut geführte Wanderungen auf den ansonsten aus Sicherheitsgründen gesperrten ehemaligen Truppenübungsplatz bietet die Oberförsterei Lieberose an. Zu finden ist die Oberförsterei direkt am Schloss Lieberose.
Das Erkunden des Truppenübungsplatzgebietes auf eigene Gefahr sollte lieber unterlassen werden, da hier extrem gefährliche Munitionsreste durch die sowjetischen Truppen hinterlassen wurden.
Weblinks
- Seite der Oberförsterei Lieberose mit zahlreichen weiteren Informationen zum Gebiet
- Offizielle Seite des Landes Brandenburg über das Schloss
- Seite der Stadt Lieberose - NEU!!
- Seite des Amtes Lieberose-Oberspreewald
- Seite des Fördervereins Nationalpark Lieberoser Heide
- Seite der Interessengemeinschaft Freie Lieberoser Heide e.V.(Nationalparkgegner)
- Seite der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg