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Jesuitenschule

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Der Jesuitenorden, gegründet 1534 durch Ignatius von Loyola, gründete mit der Absicht der Gegenreformation Schulen. Ziel war die Einflußnahme auf die Erziehung und Ausbildung zukünftiger Entscheidungsträger. Der Jesuitenorden leitet seine Erziehungsgrundsätze von der Welt- und Lebenssicht des Hl. Ignatius von Loyola her. 1599 entstand aus der pädagogischen Arbeit des jungen Orden heraus und für die wachsende Zahl der Kollegien die "Ratio Studiorum", eine Art Studienordnung für Jesuitenschulen. Die von den Jesuiten gegründeten Schulen und Universitäten (z.B. die Universitäten Ingolstadt und Vilnius im damaligen Polen) sollten Gewähr dafür bieten, dass kommende Generationen fest verwurzelt im katholischen Glauben heranwuchsen - modern ausgedrückt, sicherten sie sich damit langfristig die kulturelle Hegemonie.

Der Orden als Bildungsinstitution

Die Jesuiten spielten lange eine dominierende Rolle im Bildungssystem Europas. Die Anregung zur Einrichtung von Bildungsstätten ging auf Ignatius von Loyola selbst zurück, der 1551 vorschlug dort außer Theologie auch Logik und die antiken Klassiker, zu lehren; später kamen noch Mathematik, Astronomie, Physik und Philosophie hinzu. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts gab es in ganz Europa zahlreiche Schulen, an denen z.B. die Söhne von Adligen unterrichtet wurden. Aber auch Vertreter niedrigerer sozialer Klassen konnten mit Hilfe der Ausbildung sozial aufsteigen und sogar in Regierungsämter gelangen.

Obwohl sich die Jesuiten den Zielen der Aufklärung wie Toleranz, Fortschrittsglaube und Skepsis gegenüber allem, was rationaler Kritik nicht standhält, entgegenstemmten, wäre das nach ihr benannte Zeitalter ohne das breite Bildungsangebot des Jesuitenordens nicht denkbar gewesen. Heutzutage ist die jesuitische Bildung weltweit als besonders breitgefächerte, humanistische und aufgeklärte Ausbildung bekannt.

Ein weiterer wichtiger Beitrag war, dass in Publikationen des Ordens, wie der dem "Journal de Trévoux" öffentlich zeitgenössische Literatur diskutiert werden konnte ohne dabei Inquisition oder Zensur zu fürchten. Aus diesem Grund bedauerte selbst Voltaire den Niedergang des Ordens im späteren Verlauf des 18.Jahrhunderts.

Weltweit unterhalten die Jesuiten heutzutage Hochschulen, Schulen und Internate (siehe hier), in denen sie insgesamt mehr als 2 Millionen jungen Menschen allgemeine Bildungsinhalte vermitteln mit der Absicht, sie dabei zugleich auf ihr späteres Leben nach den Grundsätzen des (katholisch-) christlichen Menschenbildes vorzubereiten: zu "Menschen für andere" sollen sie heranreifen.

Schulen und Universitäten in Deutschland

Gymnasien mit Internat

Universitäten

Liste aller Bildungseinrichtungen unter jesuitischer Trägerschaft weltweit

Erste Gründungen

Prinzipien jesuitischer Erziehung

The Ratio Studiorum, 1598
  • ist weltbejahend,
  • trägt zur ganzheitlichen Bildung des einzelnen in der Gemeinschaft bei,
  • ist stets offen für die religiöse Dimension.
  • legt Wert auf individuelle Behandlung und Sorge für jeden einzelnen,
  • betont die Eigeninitiative des Schülers,
  • hält dazu an, das ganze Leben lang weiter zu lernen.
  • orientiert sich an Werten,
  • ermutigt zu Erkenntnis, Liebe und Annahme seiner selbst, verhilft zur realistischen Kenntnis unserer Welt.
  • stellt Jesus Christus als Vorbild menschlichen Lebens vor Augen,
  • feiert den Glauben im Gebet, im Gottesdienst und im Dienst an den Menschen.
  • sucht Männer-für-Andere und Frauen-für-Andere heranzubilden,
  • sorgt sich besonders um die Armen.

Heutige Grundzüge der jesuitischen Erziehung

Eine internationale Arbeitsgruppe des Ordens hat die Grundzüge jesuitischer Erziehung in den vergangenen Jahren neu reflektiert und 1986 formuliert. Hier eine schematische Übersicht:

1. Ignatius sieht in Gott als seinem Schöpfer und Herrn die wichtigste und absolute Realität. Jesuitische Erziehung ist in ihrer Grundstimmung welt- und lebensbejahend. Das zeigt sich in einer grundsätzlichen Offenheit gegenüber allen Fragen; auch in der Bereitschaft, die Welt in ihrer innersten Wurzel als gut anzusehen. Jesuitische Erziehung zielt auf ganzheitliche Bildung des einzelnen ab. Diese Erziehung hat eine religiöse Dimension, die die gesamte Erziehung mitbestimmt.
2. Jeder Mensch ist von Gott erkannt und geliebt. Diese Liebe fordert zu einer persönlichen Antwort auf, die in voller Freiheit gegeben werden muss. Jesuitische Erziehung legt Gewicht auf individuelle Zuwendung und Sorge für jeden einzelnen Schüler. Sie betont die Eigeninitiative und hält dazu an, ein Leben lang weiter zu lernen.
3. Beim Menschen stellt sich diese freie Antwort nicht von selbst ein. Grund dafür sind die Sünde und ihre Folgen. Es gilt die Hindernisse zu erkennen und zu überwinden, die der Freiheit entgegenstehen. Jesuitische Erziehung zielt auf die Fähigkeit ab, klar und kritisch zu unterscheiden und eine freie, verantwortliche Entscheidung zu treffen.
4. Jesus Christus steht im Mittelpunkt. Er ist Mensch wie wir und fordert uns auf, liebend den Willen des Vaters zu suchen und ihm im Zeichen des Kreuzes nachzufolgen. Jesuitische Erziehung sieht in Jesus Christus das Vorbild menschlichen Lebens. Gebet, Gottesdienst und Einsatz für den Nächsten versteht sie als Ausdruck des Glaubens.
5. Eine liebende, freie Antwort kann nicht bloß Theorie bleiben; sie muss unbedingt zu entschiedener sozialer Aktion führen. "Die Liebe muss mehr in die Werke als in die Worte gelegt werden". Jesuitische Erziehung sucht "Männer und Frauen für andere" heranzubilden, die ein Gespür für soziale Gerechtigkeit entfalten und die auch bereit sind, ihre Ideale in die Tat umzusetzen.
6. Ignatius lebt in entschiedener Verbundenheit mit der Kirche. Jesuitische Erziehung ermutigt zu aktivem Mitleben mit der kirchlichen Gemeinschaft und unterstützt das ökumenische Anliegen.
7. Die Antwort auf Gottes Ruf soll "von jeweils größerem Wert und von größerer Bedeutung" sein. Jesuitische Erziehung sucht die Bereitschaft zum "jeweils größeren und besseren" zu wecken. Das bedeutet eine möglichst vollkommene Entfaltung der Fähigkeiten, verbunden mit der Bereitschaft, sie für andere einzusetzen.
8. Ignatius sammelt Gefährten: Als Gemeinschaft für das Reich Gottes zu arbeiten ist weit wirksamer, als es einzeln oder in kleinen Gruppen zu tun. Jesuitische Erziehung betont die Zusammenarbeit von Jesuiten und Nichtjesuiten in einer gemeinsamen Sendung und Aufgabe. Sie erfordert Einigkeit in der Zielsetzung und im pädagogischen Einsatz und geschieht in einer Struktur, die Gemeinschaft fördert.
9. Ignatius und seine Gefährten fällen Entscheidungen in einem von Gebet begleiteten Prozess individueller und gemeinschaftlicher "Unterscheidung". Gefällte Entscheidungen werden reflektiert, überprüft und neuen Gegebenheiten angepasst. Jesuitische Erziehung ist in ihren Mitteln und Methoden anpassungsfähig, um ihre Ziele so effektiv wie möglich zu erreichen. Sie unterstützt die jeweils erforderliche Fortbildung, insbesondere der Lehrer.

Bekannte Jesuitenschüler

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