Elektrischer Widerstand
Der elektrische Widerstand (Formelzeichen: R) ist ein Begriff aus der Elektrotechnik. Er charakterisiert die Eigenschaft von Bauteilen (bzw. Schaltungsteilen), den Stromfluss zu hemmen.
Je mehr Spannung erforderlich ist, einen Strom durch ein Bauteil zu treiben, desto größer ist der Widerstand dieses Bauteils.
Das Formelzeichen R kommt von dem englischen Wort "resistance". Der Widerstand hat die SI-Einheit Ohm, sein Einheitenzeichen ist das große Omega .
Die Materialkonstante ist der spezifische elektrische Widerstand. Dieser Stoffwert ist von der chemischen Zusammensetzung und der Temperatur abhängig.
Geschichte
Die elektrische Ladung war seit Coulomb bekannt, die elektrische Spannung seit Volta und die Wirkung des elektrischen Stromes seit Ampere. Ohm kannte die Kraftwirkung der elektrische Spannung, deshalb konnte er Spannungen wiegen. Ströme konnte er anhand chemischer Prozesse quantitativ bestimmen. Man wusste, dass elektrische Ströme etwas mit der Bewegung der coulombschen Ladungen zu tun haben. Die gesetzmäßigen Zusammenhänge zwischen Spannung und Strom waren unbekannt.
Erste Versuche ließen keine klaren Gesetzmäßigkeiten erkennen. Erst als Ohm begann, einen langen und sehr dünnen stromdurchflossenen Draht auf konstanter Temperatur zu halten, erkannte er die strenge Proportionalität zwischen Spannung und Strom.
Dies beschreibt das von ihm formulierte ohmsche Gesetz.
Dieses sehr simpel erscheinende Gesetz wurde zu einer Zeit gefunden, als es noch keine „richtigen“ Spannungsquellen gab, geschweige denn Volt- oder Ampere-Meter. Zudem waren die Messungen von anderen physikalischen Effekten überlagert. Erst vor diesem Hintergrund kann man seine wissenschaftliche Leistung würdigen.
Ohm war aber in Deutschland kein angesehener Wissenschaftler, Professuren wurden ihm verweigert. Das änderte sich erst, als ihm zahlreiche Würdigungen aus dem Ausland zuteil wurden.
Ohmscher Widerstand (Gleichstromwiderstand)
In Gleichstromkreisen gilt für viele wichtige Leiter (z. B. Metalldrähte, Elektrolytlösungen) bei konstantem Widerstand das ohmsche Gesetz, das heißt die Stromstärke ist proportional zur angelegten Spannung . Der Proportionalitätsfaktor heißt Leitwert des Leiters. Er ist der Kehrwert des elektrischen Widerstands .
Es gilt:
- und
- ... elektrische Spannung
- ... elektrische Stromstärke
Diese Konstante wird als ohmscher Widerstand oder Gleichstromwiderstand bezeichnet.
Widerstandsberechnung eines Leiters
Der Widerstand eines Körpers lässt sich auch über seine geometrischen Abmessungen und der entsprechenden materialspezifischen Konstante, dem spezifischen Widerstand berechnen.
Für einen in Längsrichtung durchflossenen geraden Leiter gilt:
Die Querschnittsfläche berechnet sich für runde Drähte mit dem Durchmesser nach der Formel:
- .
Bei der Berechnung sollte aber beachtet werden, dass der spezifische Widerstand von der Temperatur abhängig ist.
Temperaturabhängigkeit
Material | ρ in (Ω·mm²)/m | α in 1/K |
---|---|---|
Silber | 1,6 · 10-2 | 3,8 · 10-3 |
Kupfer | 1,7 · 10-2 | 3,9 · 10-3 |
Silizium | 640 | -7,5 · 10-2 |
Der Ohmsche Widerstand ist eine idealisierte Größe. Sein Wert ist vollkommen unabhängig von Spannung, Strom, Temperatur, Frequenz oder anderen widerstandsverändernden physikalischen Prozessen. Nur mit hohem technischen Aufwand ließe sich ein solcher Ohmscher Widerstand realisieren.
Die Frequenzabhängigkeit kann man leicht umgehen, wenn man Gleichstrom verwendet. Dafür wird auch der Begriff Gleichstromwiderstand verwendet. Wie oben beschrieben, berechnet sich der Gleichstromwiderstand eines geraden Leiters durch:
Dieses gilt aber nur für die Temperatur, für die der angegebene spezifische Widerstand gilt. Wenn nicht anders angegeben, gilt dieses für eine Ausgangstemperatur von 20 °C. Darauf weist auch die 20 im Index von R hin.
Grundsätzlich ist aber der Widerstand temperaturabhängig. Dieses gilt für alle Materialien.
Dieses Verhalten ist materialabhängig und wird mit dem Linear-Temperaturkoeffizienten α und der Bestimmung des Temperaturunterschieds () berechenbar. Im Allgemeinen beschreibt man diese Änderung durch eine Linearisierung:
bei
Für die meisten Materialien und Anwendungen reicht dieses aus, da die Temperaturkoeffizienten höherer Ordnungen meistens vernachlässigbar klein sind.
Je nachdem, ob der ohmsche Widerstandswert mit steigender Temperatur größer oder kleiner wird, unterscheidet man zwischen Kaltleitern oder PTC (ohmscher Widerstandswert steigt, prinzipiell bei allen Metallen; PTC: positive temperature coefficient) und Heißleitern oder NTC (ohmscher Widerstandswert sinkt; NTC: negative temperature coefficient).
In der Technik wird die Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstandes ausgenutzt, z. B. beim Thermostaten und Widerstandsthermometer (Bsp.: Thermometer mit Pt100-Fühlern) oder bei Thermo-Anemometern (Windmessgeräten).
Eine Ausnahme stellt der Konstantandraht dar, dieser zeichnet sich durch einen über weite Temperaturbereiche annähernd konstanten spezifischen elektrischen Widerstand aus.
Wechselstromwiderstand
In Anlehnung an die Gleichstromtechnik fällt an einem beliebigen linearen passiven Zweipol eine sinusförmige Spannung ab wenn er von einem sinusförmigen Strom durchflossen wird.
Der Quotient der beiden Größen wird im komplexen Bereich als Widerstandsoperator oder Impedanz bezeichnet. Dieser frequenzabhängige Widerstand setzt sich aus dem Scheinwiderstand Z und dem Phasenwinkel zwischen Spannung und Strom zusammen. Der Scheinwiderstand wiederum setzt sich zusammen aus dem frequenzunabhängigen Wirkwiderstand R und dem frequenzabhängigen Blindwiderstand X, der durch Kapazitäten bzw. Induktivitäten gebildet wird.
da (siehe hier)
folgt für die Impedanz:
Es ergibt sich der Scheinwiderstand:
und der Phasenwinkel zwischen U und I:
Im stationären Zustand, also bei Gleichstrom, konstanter Temperatur usw., kann das ohmsche Gesetz angewendet werden. Die rein ohmsche Wirkung in einer gemischten Schaltung mit Spulen und Kondensatoren lässt sich nur bei der Frequenz Null messen.
Induktiver Widerstand und kapazitiver Widerstand
Induktiver Widerstand und kapazitiver Widerstand sind Blindwiderstände. Da sie ein Zwischenspeicher für Energien sind, der Kondensator für statische Energie, die Spule für dynamische Energie, bewirken eine Phasenverschiebung zwischen Spannung und Strom. Solche idealisierten Bauelemente wandeln keine Energie in Wärme oder andere mechanisch wirksame Energien um. In der Praxis haben die Bauelemente aber immer einen (eher unerwünschen) ohmschen Anteil.
Der induktive Widerstand einer idealen Spule ist bei Gleichspannung Null und wird bei Wechselspannung proportional der Frequenz f größer:
Der kapazitive Widerstand eines idealen Kondensators ist bei Gleichspannung unendlich und sinkt bei Wechselspannung proportional mit der Frequenz f:
Bei genauer Betrachtung hat aber auch jeder Kondensator einen kleinen induktiven Anteil, sowie eine Spule auch einen kapazitiven Anteil hat. Selbst ein Stück Draht muss exakt mit R, C und L beschrieben werden. Dies zeigt sich dann im Besonderen, wenn die Bauteile mit ihren Abmessungen in den Bereich der Wellenlänge, der angelegten Wechselspannung kommen, dann besitzen sie einen nicht zu vernachlässigenden sowohl induktiven, als auch einen kapazitiven Anteil. Sie werden gegebenenfalls zum Schwingkreis, als Beispiel sei hier die Antenne genannt. Die Enden dürfen als Kondensatorplatten gesehen werden, der "Draht" dazwischen als Spule.
Schwingkreis
Durch die Parallel- beziehungsweise Reihenschaltung von Kapazität und Induktivität entsteht ein Schwingkreis. Ein Schwingkreis hat einen frequenzabhängigen elektrischen Widerstand, der nur in der Nachbarschaft der Resonanzfrequenz extremal (minimal beziehungsweise maximal) wird. Dieser Effekt wird unter anderem angewendet, um aus einem Gemisch von Signalen unterschiedlicher Frequenz eine bestimmte Frequenz herauszufiltern.
Beim realen Schwingkreis treten Kondensatorverluste und Spulenverluste durch deren ohmschen Widerstand auf. Den ohmschen Widerstand des Kondensators kann man aber meistens vernachlässigen.
Für den Resonanzwiderstand im Parallelschwingkreis ergibt sich:
Dieser wird bei der Resonanzfrequenz erreicht, die folgendermaßen berechnet werden kann:
Der elektrische Widerstand im Teilchenmodell
Die physikalische Beschreibung benutzt die Vorstellung, dass sich die Valenzelektronen im Metall wie ein Gas (Elektronengas) verhalten. Im einfachsten Modell bildet das Metall ein positiv homogen geladenes Volumen, in denen sich die Elektronen frei bewegen können. In dieses Volumen sind die Atomrümpfe eingebettet, die aus dem Atomkern und den stärker gebundenen Elektronen auf den tieferen, voll besetzten Schalen bestehen.
Ohne äußere elektrische Spannung bewegen sich die Elektronen ungeordnet im Metall (siehe: brownsche Bewegung). Legt man nun eine Spannung an die zwei Seiten an, so werden die freien Elektronen durch daselektrischen Feld in Richtung der Feldlinien beschleunigt. Es fließt ein elektrischer Strom.
Auf ihrem Weg durch das Metall kommt es zu elastischen Stößen der Elektronen mit anderen Elektronen, den Atomrümpfe und Phononen. Dabei geben die Elektronen Energie an ihre Stoßpartner ab, werden gestreut und wieder durch das elektrische Feld beschleunigt. Die Elektronen werden durch diese Wechselwirkung dauernd abgebremst und es stellt sich eine mittlere Stömungsgeschwindigkeit ein.
Die bei diesen Stößen an die Atomrümpfe bzw. Phononen übertragene Energie führt zu einer größeren Eigenschwingung um ihre Gleichgewichtslage, ihre Temperatur erhöht sich. Durch die stärkeren Schwingungen erhöht sich die Querschnittsfläche für mögliche Stöße, deren Anzahl mit steigender Temperatur zunimmt und den Widerstand steigen läßt (Kaltleiter). Der Leitungsvorgang in Heißleitern kann mit diesem Modell nicht vollständig erklärt werden, da es hier mit steigender Temperatur zu einer deutlichen Ladungsträgergeneration kommt, die den eben beschreibenen Vorgang überlagern.
Bei sehr hohen Temperaturen, bei denen die Atome des Materials ionisiert werden (Plasma), ist jeder Stoff elektrisch leitend, da die vorher gebundenen Elektronen nun für den Ladungstransport zur Verfügung stehen. Umgekehrt sind Metalle und Oxide bekannt, für die der elektrische Widerstand bei sehr niedrigen Temperaturen unterhalb der so genannten Sprungtemperatur verschwindet: Supraleiter.
Reihen- und Parallelschaltung
Reihenschaltung
Werden n Widerstände in Reihe geschaltet, so addieren sich die Widerstände:
Veranschaulichen kann man sich dieses an zwei Widerständen, die sich nur in der Länge unterscheiden.
Die Reihenschaltung ergibt einen Widerstandskörper der Länge l1 + l2. Dann gilt:
Parallelschaltung
Bei der Parallelschaltung von n Widerständen addieren sich die Leitwerte bzw. die reziproken Widerstände:
alternative Schreibweise:
Schreibweise als Leitwerte:
Der Leitwert ist der Kehrwert des Widerstandes, seine SI-Einheit ist das reziproke Ohm, das auch den besonderen Namen Siemens führt.
Man veranschaulicht sich diesen Zusammenhang an der Parallelschaltung zweier Widerstände, die sich nur in ihrer Querschnittsfläche A unterscheiden.
Man erhält einen Widerstand vom Gesamtquerschnitt A1 + A2, also gilt:
und daher
Sind in einer Parallelschaltung nur Widerstände eines gleichen Wertes vorhanden, () so kann der Gesamtwiderstand errechnet werden, indem man den Einzelwiderstand durch die Anzahl der Widerstände in der Schaltung dividiert.
- ... Einzelwiderstand
- ... Anzahl der Widerstände
Weitere physikalische Zusammenhänge
Folgt ein Widerstand dem ohmschen Gesetz, bestehen folgende Zusammenhänge zwischen Spannung U, Stromstärke I und der elektrischen Leistung P beziehungsweise der elektrischen Arbeit W.
Differenzieller Widerstand
Bei nichtlinearen Strom-Spannungs-Kennlinien - wie zum Beispiel von Dioden - ist der Quotient für jedes Strom-Spannungspaar nicht gleich. Der Quotient aus Spannungsänderung und Stromänderung bei einer bestimmten Spannung wird auch als differenzieller Widerstand r bezeichnet. Er entspricht der Steigung der Tangente am betrachteten Punkt der Kennlinie.
Negativer differenzieller Widerstand
Der differenzielle Widerstand ist in einem Teil der Kennlinie negativ, so dass die Stromstärke bei steigender Spannung sinkt bzw. die Stromstärke bei sinkender Spannung steigt. Ein negativer differenzieller Widerstand kann zum Anregen (Entdämpfen) von Schwingkreisen oder zur Erzeugung von Kippschwingungen verwendet werden. Der negative differenzielle Widerstand tritt zum Beispiel bei Gasentladungen, Avalanche- oder Tunneldioden auf.
Positiver differenzieller Widerstand
Bei positiven differenziellen Widerständen nimmt der Strom mit zunehmender Spannung zu. Alle real existierenden Schaltungselemente besitzen in einem Teil ihrer Kennlinie, jedoch stets für sehr große Werte einen positiven differenziellen Widerstand. Die meisten Elemente in der Schaltungstechnik besitzen einen ausschließlich positiven differenziellen Widerstand.
Beispiele: realer Widerstand, Diode, Zener-Diode, alle halbleitenden Keramiken.
Supraleitung
Unterhalb einer spezifischen Sprungtemperatur besitzt ein supraleitungsfähiges Material den ohmschen Widerstand von null Ohm. Deshalb wird ein solches Material als Supraleiter bezeichnet, da der Strom in diesem Material bei dieser tiefen Temperatur ohne jegliche Verluste fließt.
Siehe auch
Widerstand (Bauelement) | Wellenwiderstand | Liste elektronischer Bauteile | Elektrischer Leitwert | Impedanz | Vorwiderstand | Dämpfungsfaktor | Eingangswiderstand | Ausgangswiderstand| Van-der-Pauw-Messmethode | Kondo-Effekt | Widerstandsmessgerät