Fürstentum Salm
Das Fürstentum Salm in Westfalen (ca. 1802 - 1810) gehört zu den mittleren und kleineren, zumeist kurzlebigen Staatswesen, deren Entstehung und Untergang in enger Beziehung zu den Koalitionskriegen (1792 -1815) stand. Die in diesem Kontext geschaffenen Herrschaftsgebiete bildeten einerseits Einflussbereiche und anderseits Pufferzonen zwischen den europäischen Großmächten.
Ursprünglich bestand ein Fürstentum Salm (ab 1751 Fürstentum Salm-Salm, Principauté de Salm-Salm) mit dem Hauptort Senones in Lothringen bereits im 17. und 18. Jahrhundert, nachdem Philipp Otto Graf zu Salm (Wild- und Rheingraf zu Salm) 1623 in den erblichen Reichsfürstenstand erhoben war und die Fürsten zu Salm ab 1654 als souveräne Fürsten Sitz und Virilstimme im Reichsfürstenkollegium erhalten hatten. Dieses Fürstentum ging nach der Französischen Revolution (1789) infolge französischer Eroberung und Annexion (1793) als souveränes Herrschaftsgebiet unter. Um 1790 hatten die Fürsten das Fürstentum, das von der Revolution bedroht war, bereits verlassen und als Hauptresidenz fortan das Schloss Anholt in Westfalen bezogen.
Das Fürstentum Salm in Westfalen wurde in der Folge des Friedens von Lunéville (1801), der eine Annexion linksrheinischer Territorien des Heiligen Römischen Reiches durch Frankreich vorsah, und in der Folge des Reichsdeputationshauptschlusses (1803) aus der reichsunmittelbaren Herrschaft Anholt, der reichsunmittelbaren Herrschaft Gemen (ab 1806) sowie den Ämtern Bocholt (einschließlich der Herrschaft Werth) und Ahaus des säkularisierten Fürstbistums Münster gebildet.
Die Errichtung des Fürstentums Salm in Westfalen diente dazu, die vormals mit linksrheinischen Reichsfürstentümern ausgestatteten Fürstenhäuser Salm-Salm und Salm-Kyrburg durch Zuweisung von rechtsrheinischen Territorien zu entschädigen (siehe auch Salm (Adel)).
Die kleine reichsunmittelbare Herrschaft Anholt an der Issel bildete für diesen Vorgang der Staatsgründung den territorialen Anknüpfungspunkt. Die Herrschaft Anholt war bereits seit 1645 ein Besitz des Fürstenhauses Salm, das nach der Verbindung zweier salmischer Familienlinien und mit der kaiserlichen Verleihung des erblichen Titels seit 1743 als Fürstenhaus Salm-Salm anzusprechen ist.
Die Fürstenhäuser Salm-Salm und Salm-Kyrburg teilten sich im Fürstentum Salm die Rechte an den Ämtern Bocholt und Ahaus: Salm-Salm zu zwei Dritteln, Salm-Kyrburg zu einem Drittel. Die Rechte an der Herrschaft Anholt standen dem Hause Salm-Salm ungeteilt zu. Die alleinigen Rechte an der Herrschaft Gemen nahm das Haus Salm-Kyrburg ab 1806 wahr.
Die Fürstenhäuser Salm-Salm und Salm-Kyrburg begannen bereits 1801 damit, von ihren neuen Landen förmlich Besitz zu ergreifen. Früh einigten sie sich darauf, ein gemeinsam verwaltetes Fürstentum Salm zu bilden und die "Fürstlich Salmisch Gemeinschaftliche Regierung" in einem säkularisierten Damenstift in der Stadt Bocholt einzurichten. Ab etwa 1802 nahmen Gesetzgebung und Verwaltung im Fürstentum Salm ihre Arbeit auf. Die salmische Gesetzgebung und Verwaltung orientierte sich zunehmend an modernen legislativen und exekutiven Vorbildern im Kaiserreich Frankreich, im Großherzogtum Berg und im Königreich Holland.
Während die Stadt Bocholt als Regierungssitz und Landeshauptstadt diente, waren Anholt (Schloss Anholt, Salm-Salm) und Ahaus (Schloss Ahaus, Salm-Kyrburg) die Residenzstädte des Fürstentums.
Mit Ratifikation der Rheinbundakte am 25.07.1806 war das Fürstentum Salm ("Staaten der Fürsten von Salm", Art. 24) einer jener Staaten, die den Rheinbund (1806 - 1813) unter dem Protektorat Kaiser Napoleons gründeten und damit das Heilige Römische Reich verließen.
Eine historische Besonderheit stellt das Fürstentum Salm durch den Umstand dar, dass es auf dem staatlichen Bund zweier souveräner Fürsten und Fürstentümer beruhte (Salm-Salm und Salm-Kyrburg). Gleichberechtigte Monarchen waren Fürst Konstantin Alexander Joseph zu Salm-Salm (22.11.1762 - 25.02.1828) und Fürst Friedrich IV. zu Salm-Kyrburg (14.12.1789 - 14.08.1859). Da der in Paris lebende Fürst Friedrich als Erbe des Hauses Salm-Kyrburg noch nicht volljährig war, fungierten der Onkel, Moritz Prinz zu Salm-Kyrburg, und die Tante, Amalie Zephyrine von Hohenzollern-Sigmaringen als vormundschaftliche Regenten.
Während Fürst Konstantin (Constantin) die Interessen des Fürstentums Salm in erster Linie an den Höfen in Den Haag (Königreich Holland) und Düsseldorf (Großherzogtum Berg) wahrnahm, bemühte sich Fürstin Amalie Zephyrine auf der Grundlage ihrer ausgezeichneten Kontakte zu Joséphine de Beauharnais (seit 1804 Kaiserin) und zum Außenminister Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord darum, die Belange der Häuser Salm-Salm, Salm-Kyrburg, Hohenzollern-Sigmaringen und Hohenzollern-Hechingen in Paris zu vertreten.
Die Flagge des Fürstentums Salm ist eine Trikolore mit horizontalen Streifen in Schwarz (oben), Weiß (Mitte) und Rot (unten). Nach historischen Unterlagen umfasste das Staatsgebiet 31 Quadratmeilen und 59.086 Einwohner. Ein Kontingent von 323 Mann hatte es für das Militäraufgebot der Rheinbundstaaten zur Verfügung zu stellen.
Am 13.12.1810 wurde das Salm-Salm- und Salm-Kyrburgische Staatswesen durch Frankreich annektiert. Die französische Annexion betraf im Übrigen das Königreich Holland, die Hansestädte Bremen, Hamburg und Lübeck sowie im Bereich des Rheinbundes das Herzogtum Oldenburg, das Herzogtum Arenberg, Teile des Königreichs Westfalen und Teile des Großherzogtums Berg. Ihr Hintergrund war der napoleonische Versuch, durch vollständige Inbesitznahme und Zollkontrolle der Fluss- und Mündungsgebiete entlang der nordwesteuropäischen Kontinentalküste eine wirksame Handelssperre (Kontinentalsperre) gegen das feindliche Großbritannien zu errichten.
Nach Zusammenbruch der napoleonischen Herrschaft bemühten sich die Fürstenhäuser Salm-Salm und Salm-Kyburg auf dem Wiener Kongress darum, dass ihr Fürstentum (und damit auch ihre Stellung als souveräne Landesherren) wieder errichtet werde. Der Friedensschluss zu Wien im Jahre 1815 ergab aber, dass die Gebiete des Fürstentums Salm, die bereits seit 1813 dem preußischen Militärgouvernement Rhein-Weser unterstanden, dem Königreich Preußen zugeschlagen wurden.
Nach preußischem Recht blieben die Fürsten zu Salm-Salm und Salm-Kyrburg Standesherren. Sein standesherrliches Recht übertrug der Fürst zu Salm-Kyrburg im Jahre 1825 an den Fürsten zu Salm-Salm.
Mit dem Tod Fürst Friedrich VI. ging das Fürstenhaus Salm-Kyrburg 1905 unter. Das Fürstenhaus Salm-Salm besteht noch heute und blieb trotz verlorener Landesherrschaft und trotz verlorenen Reichsfürstenstandes mit dem Gebiet des ehemaligen Fürstentums, dem der heutige Kreis Borken grob entspricht, verbunden.