Essay
Das (oder der) Essay (von lateinisch exigium = Probe, Versuch) als literarische Form oder Gattung verdanken wir dem französischen Autor Michel de Montaigne (1532 - 1592).
Montaigne ging davon aus, dass jeder Mensch nur subjektiv sein kann, dass eine Beschreibung oder Abhandlung gar nicht erst den Anspruch einer Objektivität erheben kann und dass solche literarische Äußerung dann korrekterweise als Versuch (französisch essai) zu bezeichnen sei. Seine Vorbilder hat er schon in der Antike gefunden (Plutarch, Seneca). Seine Nachfolger waren zahlreich: in Frankreich, später in England (Francis Bacon), in Deutschland (z.B. Leibniz). Es waren weltweit viele, die sich zum Essay bekannten. Die Kirchen nahmen an den Essais Anstoß: das Bekenntnis zur Subjektivität und der Zweifel an der absoluten Wahrheit widersprachen der offiziellen Lehrmeinung.
Essay war auch die bevorzugte literarische Form der Moralisten und Aufklärer. Die Enzyklopädisten adaptierten die ursprünglich literarisch-philosophische Form zum wissenschaftlichen Stil. Im Gegensatz zu einem Traktat oder einer wissenschaftlichen Abhandlung verzichtet ein Essay auf objektive Nachweise und definitive Antworten.
Die Fragestellung und die entsprechende These, die jedes Essay auszeichnet, werden beantwortet, doch nicht als die einzig mögliche Antwort. Ein gutes Essay endet theoretisch mit noch mehr neuen Fragen, denn viele seiner Erkenntnisse und Forderungen werden nur so weit dargebracht, dass der Leser sie selbst assoziiert und als eigene Gedanken betrachten kann, nicht als eine dogmatische Lehrmeinung.
Ein Essay ist demzufolge immer subjektiv und bekennt sich auch dazu. Es zeichnet sich aus durch eine gewisse Leichtigkeit, Verständlichkeit und einen nicht zu unterschätzenden Unterhaltungswert. Ein Essay ist befreit von vielen Zitaten, Fußnoten und Randbemerkungen, es ist schlicht in Gliederung, Sprache und Wortwahl.
Sein Thema ist ganz klar von Anfang an ersichtlich und begleitet den Leser wie ein roter Faden ungekünstelt durch den ganzen Text. Statt zahlreicher Synonyme und Fremdwörter wählt man lieber einen geringeren Wortschatz, jeder neue Begriff wird auch eingeführt und vorgestellt. Handlungen werden chronologisch erzählt und Zitate deutlich als solche gekennzeichnet. Auch der Umfang eines Essays ist eher knapp , das macht es übersichtlich und gut verständlich.
Siehe auch Essayistik - Upton Sinclair