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Dsiga Wertow

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Dsiga Wertow (2. Januar 1896 in Białystok; † 12. Februar 1954 in Moskau; eigentlich Denis Arkadowitsch Kaufman) war ein sowjetischer Filmemacher. Er gilt sowohl seines experimentellen Schaffens als auch seiner theoretischen Texte wegen als einer der wichtigsten frühen Dokumentarfilmregisseure.

Wertow war ein Bruder des späteren Hollywood-Kameramannes und Oscar-Preisträgers Boris Kaufman.

Leben und Werk

Wertow produzierte seit der Oktoberrevolution 1917 agitatorische Wochenschauen ("Kinodelja" ("Filmwoche") und "Kino-Prawda" ("Film-Wahrheit")), später auch längere teils propagandistische Dokumentarfilme. Bei seiner Arbeit standen ihm seine Ehefrau Jelisaweta Swilowa als Cutterin und sein Bruder Michael Kaufman als Kameramann zur Seite.

Wie Sergej Eisenstein und andere sowjetische Stummfilm-Regisseure seiner Zeit bemühte er sich, das Publikum seiner Filme durch Methoden der Filmmontage zu manipulieren. Dabei ging er oft noch weitaus experimenteller als seine Zeitgenossen vor, was seinem künstlerischen Werdegang ein Ende bereitete, als in den Dreißiger Jahren unter Stalin auch in der Filmkunst der Sozialistische Realismus als Leitbild vorgeschrieben wurde.

Wertows bekanntester Film und zugleich beispielhafte Kristallisation seines gesamtes Schaffen ist "Tschelowjek s kinoapparatom" ("Der Mann mit der Kamera"), der einerseits das urbane Leben in sowjetischen Großstädten und die Mechanisierung des Lebens glorifiziert, andererseits jedoch den eigenen Entstehungsprozess von der Kameralinse bis zum Schneideraum thematisiert. Eine Vielzahl inhaltlicher und stilistischer Ähnlichkeiten macht diesen Film zu einem Vorgänger von Godfrey Reggios Koyaanisqatsi.

Wertows ästhetische Konzepte

Wertow veröffentlichte diverse Schriften und Manifeste über die ästhetischen Überlegungen, die hinter seinen Filmen standen. Er lehnte die mit Schauspielern inszenierten Fiktionen des Spielfilms als bürgerlich ab. Dagegen sah er revolutionäres Potential in dem "Kino-Oki" / "Kinoki" ("Kino-Auge", gemeint war die Kameralinse), das jedes Detail der Welt umfassend und objektiv einfangen könne.

Nicht durch Schauspielerei und Inszenierung, sondern durch die ausgefeilte Montage objektiver Wirklichkeitsausschnitte sollte der Sinn und die Wirkung des Films entstehen. So ließe sich die aufgenommene Wirklichkeit auch wirkungsvoll derart neu systematisieren, dass sie agitatorischen Zwecken diene.

Filmografie (Auswahl)

Weiterführende Literatur

  • Texte zur Theorie des Films, Reclam 1998, ISBN 3-15-009943-9 (enthält Wertows Manifeste "Wir. Variante eines Manifestes", "Kinoki - Umsturz" und "Kinoglaz")
  • Dziga Vertov: Tagebücher / Arbeitshefte, UVK Medien Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz 2000, ISBN 3-89669-284-4

=Weblinks