Liebe
Liebe ist grundsätzlich die Bezeichnung für die stärkste Zuneigung, die ein Mensch zu einem anderen Menschen entwickeln kann. In erster Linie wird darunter Liebe zwischen Lebenspartnern oder zwischen Eltern und ihren Kindern verstanden. Aus dieser biologisch angeborenen Fähigkeit zu intensiven positiven Gefühlen gegenüber einem anderen Menschen wurde und wird der Begriff in vielen Sprachen im übertragenen Sinne verwendet und steht dann allgemein für die stärkste Form der Hinwendung zu anderen Lebewesen oder Dingen.
Aus der Sicht eines Menschen kann Liebe im einzelnen Fall sehr flüchtig, aber auch für das ganze persönliche Leben bestimmend sein und bis zu einer zwanghaften Verfallenheit reichen (Hörigkeit). Dem Gefühl Liebe geht die geistige Freiheit voraus, denn es kann nicht unter Zwang entstehen.
Als Gegenteil der Liebe wird oft der Hass angesehen, stärker aber auch noch die Gleichgültigkeit (Ataraxie). Als begleitendes Gefühl ist auch die Eifersucht zu erwähnen. Liebe und Sexualität sind eng miteinander verbunden, bedingen einander aber nicht zwingend. Deutlich zu trennen von der Liebe ist der Altruismus, die Selbstlosigkeit.
Kulturell und historisch ist die Verwendung des Begriffs Liebe mannigfaltig und so ist Liebe einer der vielfältigsten Begriffe nicht nur in der deutschen Sprache.
Unterscheidungen und Klassifikationsansätze
Man kann die Spielarten der Liebe grundsätzlich nach folgenden Kriterien unterscheiden:
- nach der Art ihrer Objekte: So kann man zwischen der Liebe zu Menschen (Selbstliebe, Partnerliebe, Freundesliebe, Nächstenliebe, Feindesliebe), der Liebe zu Tieren (Tierliebe), zu Ideen (Vaterlandsliebe, Freiheitsliebe) oder zu einem Gott (etwa Anbetung) unterscheiden.
- nach ihrer Form und ihrer Erscheinung: Hier gibt es viele Möglichkeiten. Einige der wichtigsten:
Körperlichkeit:
- körperliche Liebe (Im Deutschen zum Beispiel bezeichnet der Ausdruck Liebe machen das Begehen eines Liebesaktes, also Sex zu machen.)
- sinnliche Liebe (als Gesamtheit der Gefühle und des Verhaltens z. B. gegenüber einem Partner, insbesondere Zärtlichkeiten)
- geistige Liebe (siehe z. B. Platonische Liebe)
Ethische Abstufung: Ethisch kann man grundsätzlich zwischen dem Gefühl der Liebe und einer Geisteshaltung der Liebe unterscheiden. Dies geht über den oben genannten Begriff der geistigen Liebe hinaus, der zunächst nur die Abwesenheit körperlicher Nähe betont. Genauer kann man trennen zwischen:
- Liebesempfindungen: Primäre Liebesgefühle, insbesondere sexuelle Empfindungen und das "Verliebtsein".
- Allgemeine Gefühle (als Überbegriff von Empfindungen) der Liebe, deren Objekt weiter gefaßt werden kann. Hier sind insbesondere Gefühle der Zuneigung wie Sorge, Freundschaft, Sympathie, aber auch aktive Liebe, also Handlungen der Hilfe oder Pflege einzuordnen. Auch die Liebe zur Natur oder zu Gegenständen ist hier gemeint. Allgemein ist diese Liebe der Ausdruck der tiefen Wertschätzung des geliebten Objektes. Als kennzeichnend für "echte" Liebe gilt gemeinhin, dass diese nicht auf freier Entscheidung fußt, sondern gefühlt wird und damit nicht einfach an- oder abschaltbar ist.
- Liebe als ethische Grundhaltung, als Tugend. Im Christentum beispielsweise ist die Liebe der zentrale Begriff, das wichtigste Gebot (Markus 12,31; Matthäus 22,39 ("Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst"); Römerbrief 13,8-10). Die Erlösung ist demnach nur durch Liebe möglich. Eigenliebe und Nächstenliebe stehen in engem Verhältnis zueinander. Die Gottesliebe (5. Mose, 6,5) und die Nächstenliebe (3. Mose 19,18) wurden bereits im Alten Testament gefordert.
Dies fußt auf einer bereits von Platon angelegten Dreiteilung, die in der antiken Philosophie später ausgebaut wurde und sich in folgenden griechischen Begriffen niederschlägt: eros (sexuelle Liebe), philia (die Freundesliebe, Liebe auf Gegenseitigkeit), agape (eine sehr hohe Form der Liebe, selbstlose Liebe, "Feindesliebe", christl. Nächstenliebe). Die genauen Bedeutungen und Schwerpunkte der Begriffe haben sich aber im Laufe der Zeit verändert.
Feste Begriffe der Liebesformen
Wesentlich ist (zwischen Menschen) die Unterscheidung zwischen der einseitigen und der gegenseitigen Liebe. Erstere hat ihren Spezialfall in der im Volksmund so genannten unglücklichen Liebe. Weiter kann man die partnerschaftliche, insbesondere die geschlechtliche Liebe unterscheiden in gegengeschlechtliche Heterosexualität und gleichgeschlechtliche Liebe Homosexualität. Eine besondere Rolle nimmt die eheliche Liebe ein, die oftmals Exklusivität für sich in Anspruch nimmt (siehe Monogamie).
Neben der partnerschaftlichen Liebe nimmt insbesondere die Liebe zwischen (engen) Verwandten eine der wichtigsten Rollen in menschlichen Gemeinschaften ein.
Daneben stehen [[wiktionary:de:Eigenliebe|Eigenliebe (Selbstliebe) und Nächstenliebe. Verallgemeinerte Form der Nächstenliebe ist die Philanthropie als allgemeine Menschenliebe (siehe auch Menschlichkeit). Die Feindesliebe spielt insbesondere der Abgrenzung des Christentums von anderen Religionen eine wichtige Rolle. Insbesondere in jüngerer Zeit ins Zentrum gesellschaftlicher Begriffe gerückt sind Tierliebe oder die Liebe zur Natur.
Viele Fachgebiete und andere Wörter sind auf dem Präfix "Phil-" aufgebaut, insbesondere die Philosophie (ursprünglich: Liebe zur Weisheit) und die Philologie (ursprünglich: Liebe zu Sprachen). Die Philatelie sei stellvertretend für andere Sammelleidenschaften genannt, der Name Philipp (verschiedene Schreibweisen) bedeutet "Liebhaber von Pferden".
In der weitesten sprachlichen Auslegung bezeichnet liebt man seine Hobbys oder Leidenschaften und kann diese dann auch als Liebhaberei oder Vorlieben" bezeichnen (siehe auch Präferenzen). Auch Ideale können demnach geliebt werden, etwa durch den Begriff Freiheitsliebe dargestellt, aber auch Zugehörigkeiten wie Vaterlandsliebe (siehe Patriotismus). Diese Vorlieben können bis hin zu Fanatismus gehen, der Begriff Fan wird aber heutzutage auch für nichtfanatische Formen der Bewunderung, Verehrung bzw. Anhängerschaft verwendet.
Eine besondere Rolle nimmt die Gottesliebe ein, in ihrer allgemeinen Form die Liebe zu einem Gott oder mehreren Göttern bzw. spirituellen Entitäten ((siehe Religiösität).
Ausdrucksformen der Liebe
Liebe, insbesondere Verliebtheit (Verliebtsein) kann sich nonverbal, etwa durch Blicke, Mimik, Unruhe oder Körperhaltung Körperhaltung ausdrücken. Beruht die Liebe auf Gegenseitigkeit, drückt der Mensch sie durch Zärtlichkeiten, insbesondere Küssen und Streicheln aus. Der Geschlechtsakt (Sex) ist die intimste körperliche Form der Liebe.
Verbale Ausdruckformen sind in erster Linie Bezeichnungen des Geliebten in Form von Komplimenten und Koseworten/Kosenamen ("Bester", Schatz, Liebling usw.).
Besondere Formen sind die Liebeserklärung oder der Liebesbrief, die auch in der Literatur eine besondere Würdigung erfahren haben. Die Liebe als Verehrung fand in der (Literatur)geschichte eine besondere Form in der so genannten Minne.
Wissenschaftliches
Neuen Gehirnstromuntersuchungen und Studien zufolge bewirkt Liebe in den Triebbereichen des Gehirns die meiste Aktivität, was darauf schließen lässt, dass Liebe eher den Trieben als den Gefühlen zuzuordnen ist.
In der Soziologie wird Liebe weniger als Gefühl, denn als "gesellschaftliche Semantik" bzw. als "Kode" begriffen. So formuliert Niklas Luhmann (Luhmann 1982: Liebe als Passion) romantische Liebe als ein Phänomen der Moderne, welches seine Grundlegung vor allem im Bürgertum des 18. Jahrhunderts erfährt. Liebe fungiert in der heutigen funktional ausdiffrenzierten Gesellschaft in erster Linie als "symbolisch generalisiertes Kommunikationsmedium", das unwahrscheinliche Kommunikation wahrscheinlich macht. Klingt zunächst kompliziert, lässt sich aber einfach zusammenfassen: Die Gesellschaft differenziert sich immer stärker in einzelne Teilbereiche, jedes einzelne Individuum ist in diesen Teilbereichen, z.B. der Familie oder der Schule immer nur zu einem Teil verortet und bewegt sich ständig zwischen diesen. Dem Einzelnen fällt es vor diesem Hintergrund zunehmend schwerer sich selbst zu bestimmen, denn schließlich ist es nicht mehr möglich sich selbst nur über das Eingebundensein in nur einen Teilbereich der Gesellschaft zu definieren, da man ja gleichzeitig "Mitglied" in vielen verschiedenen ist. Hinzu kommt, dass diese Individualität und Identität im kommunikativen Austausch mit anderen bestätigt werden muss. Diese "höchstpersönliche" Kommunikation wird in einer ausdifferenzierten Gesellschaft aber zunehmend unwahrscheinlich, denn zum einen bewegen wir uns ständig in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft und sind nirgends voll und ganz verwurzelt (wir sind Studenten, Töchter oder Söhne, Freizeitsegler, Atheisten etc.), so dass wir in diesen Bereichen auch nur unpersönliche Kommunikation erfahren und zum anderen sind wir nun alle Individuen, also etwas ganz Besonderes, Einzigartiges und anders als die Anderen. Angesichts dieser Entwicklung ist es nicht nur schwierig miteinander in Kontakt zu treten, es wird auch schwierig einander überhaupt noch zu verstehen bzw. die Motivation zu finden sich auf einen doch so Besonderen Anderen einzulassen. Genau dieses Problem zu bewältigen ist Aufgabe der Liebe. Liebe als Kommunikationsmedium motiviert dazu sich dem Anderen verstehend zu nähern und ihn dadurch in seinem "Selbst-Sein", seinem ganz persönlichen "Weltbezug" zu bestätigen.
Zitate
- Wie sehr man auch eine Liebe vergisst, sie wird dennoch die Form derjenigen, die auf sie folgt, bestimmen. - Marcel Proust
- Freudevoll, und leidvoll, gedankenvoll sein, langen und bangen in schwebender Pein, himmelhochjauchzend, zum Tode betrübt, glücklich allein, ist die Seele die liebt. - Johann Wolfgang von Goethe
- Es gibt keine größere Kraft als die Liebe. Sie überwindet den Haß, wie das Licht die Finsternis. - Martin Luther King
- Wenn eine immer wieder erträgt den anderen mit Geduld und Hingabe, das ist Liebe. - Stefan Heym
- Wer keine Liebe hat, der findet auch keine. - Theodor Fontane
- Die einzige Nahrung für die Seele ist die Liebe. Ohne sie hat das Leben keinen Wert. Die wahre Liebe ist das einzige Glück auf Erden. - John Knittel
- Es ist schwer die Liebe zu erklären, wenn man liebt. - John Steinbeck
- Wenn es doch nur möglich wäre zu lieben, ohne Leid zuzufügen. - Graham Greene
- Noch nie war die Welt mit soviel Gehirn vollgestopft wie heute und noch nie so leer an Liebe und Ehrlichkeit. - John Knittel
- Liebe fordert nicht, Liebe gibt, Liebe akzeptiert. - Eva Julia Fischkurt
- Mit der wahren Liebe ist's wie mit den Geistererscheinungen: alle Welt spricht darüber, aber wenige haben etwas davon gesehen. - François Duc de La Rochefoucauld
- Die Liebe hat nicht nur Rechte, sie hat auch immer recht. - Marie von Ebner-Eschenbach
Literatur
Psychologische Literatur
- Peter Lauster: Die Liebe - Psychologie eines Phänomens, ISBN 3499176777
- Erich Fromm: Die Kunst des Liebens, 1956, ISBN 3453199294
- Robert A. Johnson: Traumvorstellung Liebe. Der Irrtum des Abendlandes. Walter-Verlag, Freiburg i. Br. 3. Auflage 1988. ISBN 3-530-40391-1
- Richard Dawkins: Das egoistische Gen. Reinbek: Rowohlt, 1996. ISBN 3499196093
Soziologische Literatur
- Max Scheler: Wesen und Formen der Sympathie, 1973, ISBN 3416019407
- Niklas Luhmann: Liebe als Passion - Zur Codierung von Intimität, 1985, ISBN 3518576720
Populärwissenschaftliche Literatur
- James Redfield: Die Prophezeiungen von Celestine. München: Heyne, 1994. ISBN 3453082001
- Manfred Hassebrauck, Beate Küpper: Warum wir aufeinander fliegen, 2002, ISBN 3499613476
- Karl Grammer: Signale der Liebe, 2000, ISBN 3423330260
Weblinks
Wissenschaftliche und praktische Liebe-Forschung, Ideenwettbewerb und Modellprojekte:[1]