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Wer weiß, wie nahe mir mein Ende

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Wer weiß, wie nahe mir mein Ende“ ist einer der nur rund dreißig Liedtexte von Frauen im Evangelischen Gesangbuch. Autorin des dort unter der EG Nr. 530 abgedruckten Liedes ist Aemilie Juliane von Schwarzburg-Rudolstadt (1637-1706).

Textinhalt und -geschichte

Der Text von Schwarzenberg-Rudolstadt nimmt u.a. Bezug auf einen Psalm (Psalm 90,12) und den Brief des Paulus an die Galater (Gal 3,27).[1]

Mit dem Wissen um den eigenen Tod leben, mit dem Bewusstsein, dass es schon heute oder morgen so weit sein kann, das ist Ars moriendi, die Sterbekunst, und zugleich die eigentliche Kunst guten Lebens. Die vom frühen Pietismus geprägte Lieddichterin legt das Gewicht auf ein mit Gott versöhntes Sterben. Dieses gute Ende ist die Voraussetzung auch für ein gelingendes Leben.

Entstehung der Melodie

Bekannt ist das Lied mit der Elberfelder Melodie (1805), die aus zwei älteren Melodien zusammengestellt wurde und der Fassung des Liedes im Evangelischen Gesangbuch zugrunde liegt.

Wer weiß, wie nahe mir mein Ende? BWV 27 ist auch eine Kirchen-Kantate von Johann Sebastian Bach. Die Melodie stammt von dem bekannten Lied Wer nur den lieben Gott lässt walten Er komponierte sie 1726 in Leipzig für den 16. Sonntag nach Trinitatis und führte sie am 6. Oktober des genannten Jahres erstmals auf.

Biografische Bezüge des Textes

Aemilie Juliane von Schwarzburg-Rudolstadt erhielt eine hervorragende geisteswissenschaftliche und theologische Grundausbildung. Zu den Inhalten des Unterrichtes gehörten die Lektüre der Heiligen Schrift sowie theologischer und geistlicher Schriften, Unterricht in Latein, Rhetorik, Geschichte, Genealogie und Poesie. Diese Ausbildung führte sie zu eigenem künstlerisch-theologischem Schaffen.

Aus der Jugendzeit Aemilie Julianes findet sich im Thüringischen Staatsarchiv [[Rudolstadt noch ein Gebetbuch der Gräfin, dessen Deckblatt ist mit ihren Initialen versehen und auf den 20. Juni 1652 datiert. Möglicherweise hat dieses Gebetbuch als Übungsbuch für den Poesieunterricht gedient, aber es ist zugleich ein Hinweis auf ihre spätere Frömmigkeitspraxis wie auch dichterische Ausdrucksfähigkeit.[2]

1665 heiratete die Gräfin ihren Pflegebruder und Cousin Albrecht Anton von Schwarzburg-Rudolstadt. Zwei Jahre später wurde ihr Sohn Ludwig Friedrich geboren. 1668 erblickte die Tochter Albertine Antonie das Licht der Welt, starb aber zwei Tage nach der Geburt.

Die Todeserfahrungen, die Aemilie Juliane machen musste, rissen nicht ab. Zu den zu betrauernden Personen im engeren Familienkreise gehörten ihre Tante Aemilie Antonie, ihre vier Pflegeschwestern und Cousinen und ihre vier leiblichen Geschwister. All diese Erfahrungen verarbeitete Aemilie Juliane in ihren Liedern. Den Trost über die zahlreichen Verluste fand die Gräfin in ihrem Glauben. Häufig bedachte sie literarisch ihren eigenen Tod, dem sie in glaubensvoller Hoffnung entgegensah.[3]

Verbreitung

Das Lied "Wer weiß, wie nahe mir mein Ende" ist, mit der Elberfelder oder der Bachschen Melodie, in 24 deutschsprachigen Kirchenliederbüchern enthalten.[4]

Rezeption

In jüngerer Zeit wird Frauen und ihren Gesangbüchern sowie der Geschichte von Kirchenliedautorinnen höhere Aufmerksamkeit als früher zuteil. Darunter sind Lieder aus der Zeit vom Ende des 14. Jahrhunderts aus dem Frauen-Kloster Medingen, von Elisabeth Cruciger, einer Zeitgenossin Martin Luthers, und von Christiana Cunradina, die zu Beginn des 17. Jahrhunderts wirkte.[5]

Auch die Texte und Lieder von Aemilie Juliane von Schwarzburg-Rudolstadt finden dabei Beachtung.[6]

Hintergrund der neueren Rezeptionsgeschichte

Nur ein kleiner Teil der Liedtexte des aktuellen Evangelischen Gesangbuchs (EG) sind von Frauen verfasst worden. Im alten Evangelischen Kirchengesangbuch (EKG) von 1953 waren es nur drei. Zu den heute einbezogenen Liedern gehören neben „Herr Christ, der einig Gotts Sohn“ von Elisabeth Cruciger auch „Bis hierher hat mich Gott gebracht“ von Aemilie Julianna von Schwarzenburg-Rudolstadt sowie „Das Jahr geht still zu Ende“ von Elenore Fürstin Reus, „Die ganze Welt hast du uns überlassen“ von Christa Weiss, „Morgenlicht leuchtet“ von Eleanor Farjeon, „Wir sagen euch an“ von Maria Ferschel, „So nimm denn meine Hände“ von Julie Hausmann, „Die Kirche steht gegründet“ von Anna Thekla von Weling, „Brich herein, süßer Schein“ von Marie Schmalenbach, „Dank sei dir Vater“ von Maria Luise Thurmair, „Ich will zu meinem Vater gehen“ von Lotte Denkhaus, „Herr mach uns stark“ von Anna Martina Gottschick und „Unfriede herrscht auf der Erde“ von Zofia Jasnota.[7]

Einzelnachweise

  1. Siehe Evangelisches Gesangbuch GL Nr. 530.
  2. Schuster, Susanne (2025): Leben und Werk von Aemilie Juliane von Schwarzburg-Rudolstadt; Beitrag im Online-Lexikon „500 Jahre Reformation: Von Frauen gestaltet“, Siehe https://evangelischefrauen-deutschland.de/biografien/aemilie-juliane-von-schwarzburg-rudolstadt/
  3. Schuster, Susanne (2025): Leben und Werk von Aemilie Juliane von Schwarzburg-Rudolstadt; Beitrag im Online-Lexikon „500 Jahre Reformation: Von Frauen gestaltet“, Siehe https://evangelischefrauen-deutschland.de/biografien/aemilie-juliane-von-schwarzburg-rudolstadt/
  4. https://www.evangeliums.net/lieder/lied_wer_weiss_wie_nahe_mir_mein_ende.html
  5. Schneider-Böklen, Elisabeth (2014): Der Herr hat Großes mir getan: Frauen im Gesangbuch. Fromm Verlag.
  6. Hofmann, Andrea (2023): Frauen und ihre Gesangbücher. Ein Podcast. Siehe https://eulemagazin.de/eule-podcast-33-frauen-und-ihre-gesangbuecher/
  7. https://www.kirche-oldenburg.de/aktuelles/detail/frauenstimmen-im-evangelischen-gesangbuch-1