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Brivudin

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Vorlage:Infobox Arzneistoff Brivudin ist ein Virusstatikum, das gegen Herpes simplex Typ 1 und Herpes Zoster eingesetzt werden kann. Es gehört zur Gruppe der Nukleosidanaloga. Im Vergleich zu anderen Nukleosidanaloga (Aciclovir, Valaciclovir, Famciclovir) zeichnet es sich durch eine wesentlich (200 bis 1000-fach) höhere antivirale Potenz aus und durch eine lange Halbwertszeit sowie intrazelluläre Verweildauer. Die häufigste Nebenwirkung ist Übelkeit, insgesamt sind Nebenwirkungen aber selten. Zu beachten ist, daß Brivudin nicht gleichzeitig mit 5-Fluoruracil gegeben werden darf.


Geschichte

Brivudin wurde schon in den siebziger Jahren in England und der damaligen DDR hergestellt. Aber erst seit einer Indikationsänderung im Jahr 2001 findet es breitere Verwendung. Bis zum Jahr 2000 war es zur Therapie von Herpes simplex-Infektionen zugelassen. Seit 2001 wird es zur Behandlung von Herpes zoster angewendet.

Handelsnamen

In Österreich: Mervir®, Zostex® In Deutschland: Helpin®

Wirkmechanismus

Brivudin ist ein Thymidin-Antimetabolit, es wirkt gegen DNS-Viren.

In mehreren Phosphorylierungsschritten wird Brivudin zum Triphosphat aktiviert. Die Aktivierung erfolgt nur in der virusinfizierten Zelle, weil der Vorgang durch eine virale Thymidinkinase katalysiert wird.

Die Triphosphate stellen die eigentliche Wirkform dar. Sie führen zur Hemmung der viralen DNS-Polymerase, zum Einbau von veränderten Nukleotidbasen in die DNS und folglich zum Kettenabbruch während der DNS-Elongation.

Brivudin-Triphosphat hat eine sehr lange intrazelluläre Verweildauer von 10 Stunden, sodaß es auch genug Zeit hat um seine Wirkung in der Virus-Zelle zu entfalten.

Da Brivudin nur die Virusreplikation hemmt, aber nicht das Virus selbst schädigt, kann es nur den Infektionsablauf unterdrücken. Es kann aber keine Erregereradikation bewirken und die für Herpesviren typischen Rezidive nicht verhindern.

Wirkspektrum

Brivudin hat eine hohe Aktivität gegen Herpesviren. Es ist wirksam gegen Herpes simplex Typ 1 und gegen Varicella-Zoster-Viren. Dagegen ist es gegen Herpes simplex Typ 2 (z.B. genitale Infektionen) kaum wirksam. In Vitro ist Brivudin auch gegen das Epstein-Barr-Virus wirksam.

Wirksamkeit von Brivudin

Brivudin ist wesentlich stärker gegen Herpesviren wirksam als andere Nukleosidanaloga (z.B. Aciclovir). Als Kriterium wird die Zeit herangezogen vom Beginn der Behandlung bis zum letztmaligen Auftreten neuer Bläschen. Bei Aciclovir beträgt diese Zeitspanne 18 Stunden, bei Brivudin 13 bis 14 Stunden.

Darüber hinaus tritt die postzosterische Neuralgie (= Neuralgie im Anschluß an eine Herpes zoster-Erkrankung) nach einer Behandlung mit Brivudin signifikant seltener auf als nach einer Behandlung mit Aciclovir oder Famciclovir. (Senkung dieses Risikos um ca. 25%).

Indikationen und Dosierung

Brivudin ist indiziert bei Herpes zoster und Herpes simplex Typ 1.
Insbesondere bei Patienten über 50 ist es für diese Indikation das Mittel der Wahl.

Es wird oral angewendet. Die Standarddosierung beim Erwachsenen beträgt 125mg pro Tag über 7 Tage. Die Tablette soll jeden Tag ungefähr zum gleichen Zeitpunkt eingenommen werden.

Wichtig für den Behandlungserfolg ist, daß die Therapie möglichst innerhalb von 72 Stunden nach dem Beginn der Hautsymptomatik erfolgt (= Phase der Virusreplikation). Ein späterer Behandlungsbeginn ist noch sinnvoll, solange noch frische Bläschen vorhanden sind, wenn sich Anzeichen einer viszeralen Ausbreitung zeigen oder bei floridem Zoster ophthalmicus und Zoster oticus.

Pharmakokinetik

Orale Bioverfügbarkeit: 30 % (wegen ausgeprägtem First pass-Effekt)
Absorption: 85 %
Terminale Halbwertszeit: 16 Stunden
Ausscheidung: hauptsächlich renal, 20% via Faeces

Brivudin wird nach oraler Gabe fast vollständig enteral resorbiert. Der maximale Plasmaspiegel wird schon nach 1 Stunde erreicht. Mahlzeiten verzögern die Resorption, senken aber die Resorptionsquote selbst nicht. Bei der First-pass-Metabolisierung entsteht zu ca. 65% der nicht wirksame Metabolit Bromovinyluracil (BVU). Diese unwirksame Substanz entsteht durch das Enzym Pyrimidinphosphorylase, das die Zuckerkomponente abspaltet. Brivudin wird zu über 95% an Plasmaproteine gebunden, das Verteilungsvolumen beträgt 75 Liter. Bei einer eingeschränkten Nierenfunktion kommt es zu einer deutlichen Verlängerung der Halbwertszeit.

Nebenwirkungen

Brivudin wird meistens gut vertragen. Die häufigsten Nebenwirkungen betreffen den Gastrointestinaltrakt: bei 2 % der Patienten kommt es zu Übelkeit. Auch eine Diarrhoe (Durchfall) kann auftreten.

Seltene Nebenwirkungen sind:
- Störungen des Nervensystems: Kopfschmerzen, Schwindel etc.
- Müdigkeit oder Schlafstörungen
- Anstieg von Serum-Kreatinin und –harnstoff (Hinweise auf Einschränkung der Nierenfunktion)
- Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut
- Blutbildveränderungen (reversibel)

Interaktionen

  1. Brivudin darf nicht gleichzeitig oder zeitnah mit dem Zytostatikum 5-Fluoruracil oder anderen 5-Fluorpyrimidinen (z.B. Tegafur) verabreicht werden. Mindestens 4 Wochen müssen zwischen der zwischen der Gabe dieser Medikamente liegen. Denn Brivudin (genauer gesagt der Metabolit Bromvinyluracil = BVU) hemmt irreversibel das Enzym Dihydropyrimidindehydrogenase, das für den Abbau von Pyrimidinen zuständig ist. Das führt zu einer Kumulation und erhöhten Toxizität von 5-Fluoruracil, verbunden mit der Gefahr schwerer Nebenwirkungen: erhebliche gastrointestinale Störungen, Neutropenie und Knochenmarksdepression. Bei der gleichzeitigen Gabe von 5-Fluoruracil und einer anderen Substanz (namens Sorivudin), welche so wie Brivudin zum Metaboliten Bromvinyluracil abgebaut wird, hat diese Interaktion sogar zu Todesfällen geführt.
  2. Verdrängung von Brivudin aus der Plasmaeiweißbindung durch andere Medikamente mit ebenfalls starker Eiweißbindung.

Kontraindikationen

- Schwangerschaft und Stillzeit
- gleichzeitige Gabe von 5-Fluoruracil (siehe oben unter Interaktionen)
- eingeschränkte Verwendung bei Niereninsuffizienz

Kreuzresistenz

Mit Aciclovir bei Herpes simplex-Virus und Varicella-Zoster-Virus

Quellen

Wehling, Martin – Klinische Pharmakologie Karow, Thomas – Pharmakologie und Toxikologie Kojda, Georg – Pharmakologie / Toxikologie Austria Codex Fachinformation zu Mervir® Ärzte Zeitung, 16.01.2004 Zeitschrift für Chemotherapie Heft 3, 2003 http://www.zct-berlin.de/neueinfuehrungen/brivudin.html http://www2.apoverlag.at/oeaz/zeitung/3aktuell/2003/21/serie/serie21_2003tara.html http://www2.apoverlag.at/oeaz/zeitung/3aktuell/2003/21/serie/serie21_2003tara.html http://www.infektionsnetz.at/view.php?name=VirustatikaBrivudin

http://www.zct-berlin.de/neueinfuehrungen/brivudin.html http://www2.apoverlag.at/oeaz/zeitung/3aktuell/2003/21/serie/serie21_2003tara.html http://www2.apoverlag.at/oeaz/zeitung/3aktuell/2003/21/serie/serie21_2003tara.html http://www.infektionsnetz.at/view.php?name=VirustatikaBrivudin