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Väter und Söhne

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Väter und Söhne (russisch Отцы и дети / Transkription Otzy i deti) ist der bekannteste Roman von Iwan Turgenjew. Er wurde 1861 geschrieben; im selben Jahr hatte der russische Zar die Leibeigenschaft abgeschafft. Turgenjew stellte in diesem Roman schon die neuen Verhältnisse und Anschauungen der jüngeren intellektuellen Generation dar, die der „Söhne“ (korrekt übersetzt heißt der Roman eigentlich „Väter und Kinder“). Der Romanstoff behandelt die gesellschaftlichen Konflikte zwischen den liberalen Slawophilen und der westlich orientierten Nihilisten und führte nach der Veröffentlichung im zaristischen Russland zu literarischen Kontroversen, die Turgenjew veranlassten, sein Land zu verlassen.

Generationsroman

Die ältere Generation der „Väter“ wird im Roman von dem Landbesitzer Nikolai Kirssanow und seinem Bruder Pawel Kirssanow, sowie dem Landarzt Wassili Iwanowitsch Basarow und seiner Ehefrau vertreten. Die Nihilisten Arkadi Kirssanow und Jewgeni Basarow sind Söhne des Liberalen Nikolai Kirssanow und des konservativen Landarztes Wassili Basarow.

Romanhandlung

Jewgeni Basarow hat gerade sein Medizinstudium beendet und will keine Autorität anerkennen. Er bezeichnet sich selbst als Nihilist, der alles ablehnt und nichts, aber auch gar nichts für richtig anerkennt, was seiner Ansicht nach nicht wahr und richtig ist. Der noch junge Arkadi folgt den Ideen seines intelligenten Mentors. Die revolutionären Ideen stehen gegen den Adel, auch wenn dieser sich liberal gibt, wie Nikolai, Arkadis Vater und Arkadis Onkel Pawel.

Während einer mehrtägigen Landpartie der beiden jungen Männer verliebt sich Arkadi in die verwitwete junge, schöne Gutsbesitzerin Anna Odinzowa, die seinen Rivalen Jewgeni, der ihr vorbehaltlos seine Liebe gesteht, abweist. Als dieser der jungen, nicht ranggleichen Lebensgefährtin Nikolai Kirssanows einen Kuss stiehlt, wird er von Pawel, dem Bruder des Gutsherrn, zum Duell herausgefordert. Pawel wird dabei verwundet, und Jewgeni Basarow reist ab zu seinem Vater, dem Landarzt, um ihm bei der Bekämpfung einer Typhus-Epidemie behilflich zu sein. Er stirbt hier bald infolge einer Blutvergiftung, die aus Missgeschick bei der Autopsie einer Leiche verursacht wurde.

Anna Odinzowa besucht ihn am Sterbebett, und Katerina, ihre Schwester, verlobt sich mit Arkadi, der nun nicht mehr seinen nihilistischen Ideen huldigt und das alltägliche aristokratische Familienleben akzeptiert.

Dem Leser erzählt Turgenjew im Epilog, dass Anna Odinzowa sich wieder verheiratete, mit einem tüchtigen Rechtsanwalt, nicht aus erneuter Liebe, sondern aus praktischen Erwägungen.

Nikolai Kirssanow wird ein leidenschaftlicher Verfechter der Landreform und heiratet seine Lebensgefährtin, und Katerina, die Schwiegertochter, wird Mutter eines Sohnes. Pawel Kirssanow verlässt am Tag nach der Hochzeit den Gutshof. Er reist nach Deutschland; auf der Brühlschen Terrasse in Dresden begegnet man ihm wieder, dem Herrn Baron Kirssanow, ein gern gesehener Gast in den höfischen Restaurants und im königlichen Opernhaus. Zu guter letzt führt uns der Autor auf den Dorffriedhof zur Grabstätte Jewgenis, wo seine Eltern in stiller Andacht verweilen.

Hauptcharaktere

  • Jewgeni Basarow, Opportunist, Prototyp eines Nihilisten, studierter Mediziner und Naturwissenschaftler, Mentor seines jüngeren Freundes Arkadi, Verehrer von Madam Anna Odinzowa
  • Arkadi Kirssanow, Student an der Universität von St. Petersburg, Jünger des Nihilisten Basarow, beheimatet auf dem Gutshof Mariapol in Russland, von Natur schüchtern und gutmütig
  • Nikolai Petrowitsch Kirssanow, ein Gutsherr, liberaldemokratisch, Arkadis Vater und Vater eines unehelichen Kindes seiner Dienstmagd. Er ist Verfechter der zaristischen Landreform und versucht in Konflikten zu vermitteln. Er ehelicht schließlich seine Dienstmagd.
  • Pawel Kirssanov, Nikolais Bruder, typischer Slawophiler mit aristokratischen Ansichten, politisch tolerant, verlässt letztlich das zaristische Russland und verbringt seine Altersjahre im königlichen Dresden
  • Wassili Iwanowitsch Basarow, der Vater des Jewgeni, Armeechirurg im Ruhestand mit Landbesitz, loyaler Verfechter vaterländischer und orthodoxer Traditionen
  • Arina Wassiljewna Basarowa, Jewgenis Mutter, eine fromme orthodoxgläubige Frau, die ihren Sohn zutiefst liebt, aber seine Ungläubigkeit und sozialradikalen Anschauungen ebenso bedauert
  • Anna Sergejewna Odinzowa, wohlhabende Witwe eines Landbesitzers, die die beiden Nihilisten in ihr Gutshaus einlädt. Sie verliebt sich fatal in Jewgeni Basarow, weist ihn wegen seiner radikalen Anschauungen ab, als er ihr einen bedingungslosen Liebesantrag macht.
  • Katja, jüngere Schwester von Anna, charakterlich veranlagt wie Arkadi, scheu und schüchtern, so dass sich beide auch so offenbaren
  • Fenitschka, die Hausmagd Nikolais, der ihr das uneheliche Kind zeugte und die ihm treu ergeben ist

Zitate aus dem Roman

  • „Ein Nihilist ist ein Mensch, der sich vor keiner Autorität beugt, keinen Grundsatz anerkennt, und sollte derselbe auch noch so verbreitet sein.“
  • „Man müsste das Leben so einrichten, dass jeder Augenblick bedeutungsvoll ist.“
  • „Kein Gott weiß, wohin die Sache geführt hätte, man darf sich mit solchen Dingen nicht narren lassen.“
  • „Wir wissen mehr oder weniger, was physische Gebrechen verursacht, aber mehr moralische Leiden werden durch schlechte Erziehung bewirkt, durch all den Unsinn, mit dem von Kindheit an die Köpfe der Menschen vollgestopft werden, kurz gesagt, durch den ungeordneten Zustand der Gesellschaft. Refomiert die Gesellschaft, und es wird kein Leid geben.“
  • „Was immer und wofür ein Mensch betet, er bittet immer um ein Wunder. Jedes Gebet beschränkt sich auf das eine: großer Gott, gib, dass zwei mal zwei nicht vier ist.“

Quelle

  • Iwan Turgenjew: Väter und Söhne. Berlin: Aufbau 1986.