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Junkernschänke

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Die Junkernschänke in Göttingen (2022)

Die Junkernschänke in der Innenstadt von Göttingen in Niedersachsen ist ein Fachwerkhaus aus dem 15. Jahrhundert, in dem sich seit 1883 eine Gaststätte befindet. Die Adresse lautet Barfüßerstraße 5 (Ecke Jüdenstraße).

Geschichte

Das heutige Gebäude wurde nach einer dendrochronologischen Datierung im Kern 1446[1] auf dem Gelände eines abgebrannten Gebäudes errichtet. Von 1499 bis 1531 war das spätgotische Haus im Besitz des Bildschnitzers Bartold Kastrop. Dessen Witwe verkaufte es an den Patrizier Gyseler Schwanenflogel, der es bis zu seinem Tode im Jahre 1566 bewohnte und in diesen Jahren zweimal Göttinger Bürgermeister war (1550–1560 und 1565/1566).[2] Aus Schwanenflogels Zeit stammt ein prägender Umbau des exponierten Eckgebäudes in den Jahren 1547–1549, weibei u. a. der bis heute markante Eckwalm des Daches und ein am Obergeschoss angefügter, überreich beschnitzter und vielfarbig gefasster, stattlicher Eckerker entstanden. Dargestellt werden unter anderem biblische Szenen aus dem Alten und Neuen Testament, Tierkreiszeichen, diverse Ornamente sowie Porträts und Wappen des Bauherrn Schwaneflogel und seiner Frau Othilia. Als Urheber der Schnitzarbeiten an den Fassaden wird Jürgen Wasmod d. Ä. vermutet,[3] wobei der Skulpturenschmuck zum Teil wahrscheinlich in freier Interpretation nach Holzschnittvorlagen des Augsburgers Hans Burgkmair d. Ä. gearbeitet wurde.[4]

Ebenfalls in die Bauherrenzeit des Bürgermeisters Schwanenflogel datiert der an der Jüdenstraße anstelle einer Bude errichtete nördliche Anbau von gleicher Traufhöhe mit einem Torbau und ebenfalls Schnitzwerkgestaltung.[1] Hinter diesem Anbau befand sich im rückwärtigen Bereich der Parzelle noch bis 1930 ein mittelalterliches Steinwerk.[5][1]

Nach Schwaneflogels Tod folgten mehrere Besitzerwechsel. Im Jahr 1702 wurde das Eckhaus unter den 336 wüsten Stellen und verfallenen Häusern der Stadt aufgezählt, was in der Regel noch auf Verwüstungen im Dreißigjährigen Krieg zurückging.[6] In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden umfangreiche Baumaßnahmen am Haus durchgeführt, unter anderem wurden Teile des Innenhofs in das Haus integriert. 1797 wurde das Gebäude von dem Kaufmann Friedrich Wilhelm Eggers erworben, welcher dort eine Spezerei und einen Eisenwarenhandel betrieb. Es folgen weitere Besitzerwechsel, bis Hermann Mütze 1883 in dem Haus mit der Eröffnung der Altdeutschen Weinstube – bekannt als Die alte Mütze – einen Weinhandel gründete, der von dessen Sohn Wilhelm Mütze später übernommen wurde.

Die Stadt Göttingen erwarb das Gebäude 1930 und stellte es dem Kreishandwerkerbund zur Verfügung, welcher dort eine Gaststätte einrichtete.

In der Nachkriegszeit wurden die am 21. März 1945 bei einem Luftangriff auf Göttingen entstandenen Schäden im hinteren Teil des Gebäudes beseitigt, so dass die Junkernschänke erneut eröffnen konnte.[7] 1983 erfolgte eine Restaurierung der Außenfassade.

1997 wurde der Gastronomiebetrieb eingestellt, der Pachtvertrag des mittlerweile stark baufälligen Gebäudes lief 2001 aus. Nach dem Verkauf durch die Stadt Göttingen im Jahr 2003 wurde die Junkernschänke umfangreich saniert[8] und 2008 wieder eröffnet. Neben einem Restaurant, einem Bistro und einer Vinothek im Ergeschoss wurde im ersten Obergeschoss eine Cocktail- und Pianobar mit Lounge eingerichtet.[9] Seither betreiben wechselnde Pächter wieder Gastronomie in dem Gebäude.[10][11][12][13][14]

Galerie

Literatur

  • Albrecht Saathoff: Geschichte der Stadt Göttingen bis zur Gründung der Universität. Göttingen 1937, S. 220–225.
Commons: Junkernschänke – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. a b c Betty Arndt, Jan Volker Wilhelm: Mittelalterliche Steinwerke in Göttingen – eine Bestandsaufnahme. In: Steinwerke – ein Bautyp des Mittelalters? Vorträge des Kolloquiums Steinwerke vom 2. bis 4. März 2006 in Osnabrück. Hrsg. Michael James Hurst, Bruno Switala, Bodo Zehm. Rasch-Verlag, Bramsche 2008, ISBN ISBN 978-3-89946-110-7, S. 115–133, hier S. 117 f.
  2. Stadtarchiv Göttingen: Bürgermeister und Stadtverwaltung
  3. Thomas Appel: Göttinger Künstlerlexikon. Maler – Grafiker – Bildhauer – Architekten. Vom 14. Jahrhundert bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Universitätsverlag Göttingen, Göttingen 2022, ISBN 978-3-86395-504-5 (Digitalisat), S. 58, 541.
  4. Thomas Appel: Göttinger Künstlerlexikon. Maler – Grafiker – Bildhauer – Architekten. Vom 14. Jahrhundert bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Universitätsverlag Göttingen, Göttingen 2022, ISBN 978-3-86395-504-5 (Digitalisat), S. 58.
  5. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Band 5,1: Landkreis Göttingen, Stadt Göttingen. Bearbeitet von Ilse Rüttgerodt-Riechmann. Vieweg, Braunschweig 1982, S. 43. (Digitalisat)
  6. Sabine Kastner: Bürgerliches Wohnen und Bauen in Göttingen. In: Hermann Wellenreuther (Hrsg.): Göttingen 1690–1755. Studien zur Sozialgeschichte einer Stadt. (=  Göttinger Universitätsschriften, Serie A: Schriften. Bd. 9). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1988, ISBN 3-525-35839-3, S. I–VIII und S. 175–251, hier S. III (Karte 1) und S. 179 f. (Die Zahl 336 geht aus der Addition von 179 wüsten Stellen und 157 baufälligen oder verfallenen Häusern zurück.)
  7. Foto Marburg: Junkernschänke 1931 versus zw. 1960 u. 1965 und zw. 1950 u. 1971,
    gleiche Fassade, Unterschiede in der Dachdeckung.
  8. GJ (= Günther Jung): Göttingen. Junkernschänke Barfüßerstraße 5 / Ecke Jüdenstraße. In: Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen, Heft 2/2008 (Digitalisat), S. 41 f.
  9. Die Junkernschänke: Historischer Charme trifft auf moderne Küche. In: goettingen-tourismus.de. Göttingen Tourismus und Marketing, 24. August 2023, abgerufen am 31. Dezember 2024.
  10. Göttinger Junkernschänke schließt. In: Göttinger Tageblatt. 5. Juni 2015, abgerufen am 28. Juli 2015.
  11. Silke Liebig-Braunholz: Multifunktionale Gastgeber. In: ahgz.de. Deutscher Fachverlag, 7. Juni 2009, abgerufen am 31. Dezember 2024.
  12. Eröffnung mit neuer Karte und neuen Ideen. Optimisten haben die Junkernschänke übernommen. In: goettinger-tageblatt.de. 27. Oktober 2010, abgerufen am 31. Dezember 2024.
  13. Ulrich Schubert: Neues Konzept. Aus Junkernschänke in Göttingen wird Bacon Supreme. In: goettinger-tageblatt.de. 4. September 2015, abgerufen am 31. Dezember 2024.
  14. Junkernschänke: Dieses Restaurant eröffnet jetzt in Göttingens bekanntestem Fachwerkhaus. In: goettinger-tageblatt.de. 8. Mai 2023, abgerufen am 31. Dezember 2024.

Koordinaten: 51° 32′ 1,3″ N, 9° 56′ 12,2″ O