Philosophische Praxis
Eine Philosophische Praxis erbringt philosophische Dienstleistungen. Das Spektrum der angebotenen Dienste reicht von philosophischen Einzelgesprächen, Sokratisches Gespräch, moderierte Philosophier-Runde, Organisations - und Unternehmensberatung, über allgemeine Lebensberatung, Erteilung von Sachauskünften bis zu Vortragsangeboten und Lektorat.
Zu einzelnen Angeboten einer Philosophischen Praxis
<Dieser Abschnitt muss weiterhin überarbeitet werden>
Philosophische Beratung
Dieses Angebot variiert hinsichtlich Methodik und Zielstellung von Praxis zu Praxis.
Kennzeichen Philosophischer Beratung ist die Rückbindung an die Philosophie und die philosophische Tradition. Aktuelle Themen und Probleme werden in der Philosophischen Beratung entweder mit spezifischen philosophischen Methoden betrachtet, z.B. Argumentationsanalyse, Begriffsexplikation, kontrollierte Spekulation, Gedankenexperimente, oder aber auf dem Hintergrund der Lektüre philosophischer Texte in den philosophischen Zusammenhang hineingeholt, um sie dann wiederum thematisieren zu können. Dabei ist die Philosophische Beratung nicht an ein bestimmtes philosophisches Paradigma oder eine Theorie gebunden, obgleich die philosophische Ausrichtung des Praktikers diesen Beratungskontext mitprägen wird. Voraussetzung für die Philosophische Beratung ist beim Praktiker die dialogische Haltung: Er bietet sich als kompetenter Gesprächspartner an, ohne Meinungen, Ideologien oder Theorien durchzusetzen.
Das philophische Gespräch
Das Angebot des philosophischen Gesprächs zwischen dem einzelnen Besucher und jeweiligen Philosophen unterliegt formal keinem festgelegtem Ablaufschema. Inhaltlich widmet es sich Fragen, Problemstellungen, Lebensphilosophien oder Themen, die der jeweilige Besucher mitbringt und ihn zum Besuch veranlassten.
Das Gespräch wird mit unterschiedlichen Zielsetzungen verbunden. Je nach Praxis wird der Schwerpunkt gelegt auf Gedankenaustausch, auf Argumentieren, Klären von Gedanken, auf Philosophieren, auf Selbsterkenntnis, auf Auflockern festgefahrener Ansichten und Wertvorstellungen, auf Prüfung und Herausarbeitung eigener Lebensphilosophien oder auf Lebenskunst. Die Gespräche können einmalig sein oder sich über einen längeren Zeitraum erstrecken.
Zur Geschichte
Eingeführt hat den Begriff "Philosophische Praxis" Gerd B. Achenbach, motiviert von seiner Beobachtung, dass die universitäre Philosophie ihre Philosopheme nicht am Alltag messen würde sowie, dass die Psychologie ein Theoriedefizit aufweisen würde. Bald darauf, 1985, fand die erste Konferenz zur Philosophischen Praxis statt. Der 'Erfinder' dieses Begriffs verstand unter Philosophischer Praxis eine philosophische Lebensberatung; mittlerweile haben sich die Konzepte philosophischer Praxen ausdifferenziert. Philosophische Praxen existieren inzwischen weltweit. Als feste Einrichtung haben sie sich in der Bundesrepublik Deutschland und in anderen Ländern etabliert, besonders in Ballungsgebieten. In großen Städten wie Düsseldorf, Bonn, Essen oder München stehen inzwischen jeweils mehrere zur Verfügung.
Abgrenzung zur verwandten Beratungsformen
In Abgrenzung zur Therapie müssen für die für die Therapie wichtigen Begriffe Regression und Übertragung zu Rate gezogen werden. Therapie ist ein Beziehungsgeschehen, indem durch die Phänomene Übertragung und Regression innerpsychische Heilungsprozesse in Gang gesetzt werden. Damit ist auch ausgesagt, worin es in der Therapie geht: heilen. Philosophische Beratung stellt diesen Kontext nicht her, oder wenn doch, dann nur in einem ungerichteten Maße. Diesen Kontext kann und soll die philosophische Beratung auch nicht herstellen, da sie sich dem Gegenüber auf der Ebene der Kognition trifft.
Im Gegensatz zum Coaching, welches von einer allgemeinen Zielorientierung ausgeht, die sich am Außen orientiert, kann die philosophische Beratung diesem Hintergrund nicht gerecht werden, da sich verbindliche Handlungsziele nicht aus philosophischen Prämissen ableiten lässt.
Berufliche Situation Philosophischer Praxen
Philosophische Praxen gibt es zur Zeit in den verschiedensten Ausprägungen v.a. in Deutschland, der Schweiz, Österreich, Israel. Einige Philosophischen Praxen sind in Dachverbänden organisiert. Allerdings gibt es keinen einheitlichen Dachverband, noch gibt es allgemeine Kriterien für die Voraussetzungen für die Ausübung dieser Tätigkeiten bzw. Richtlinien für die Ausbildung.
Weblinks
Literatur
- Achenbach, Gerd B.: Die reine und die praktische Philosophie. Köln 1985.
- Baggini, Julian: Der Sinn des Lebens. Philosophie im Alltag. München u.a. 2005.
- Dill, Alexander: Philosophische Praxis - eine Einführung. Frankfurt 1990.
- Fenner, Dagmar: Philosophie contra Psychologie? Zur Verhältnisbestimmung von philosophischer Praxis und Psychotherapie. Tübingen 2005
- Friesen, Hans; Berr, Karsten (Hsg.): Dimensionen praktizierender Philosophie. Essen 2003.
- Marquard, Odo: Philosophische Praxis. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 7, Sp. 1307 - 1308. Basel 1989.
- Ruschmann, Eckart: Philosophische Beratung. Stuttgart 1999
- Ruschmann, Eckart: Die zentralen Begriffe philosophischer Beratung. In: Information Philosophie 1/ 2004. S. 60 - 63.
- Schmid, Wilhelm: Kann die Philosophie eine Hilfe für das Leben sein? In: Information Philosophie 3/ 2004. S. 7 - 15.
- Staude, Detlef (Hg.): Lebendiges Philosophieren: Philosophische Praxis im Alltag. Bielefeld 2005.
- Zdrenka, Michael: Konzeptionen und Probleme der Philosophischen Praxis. Köln 1997.