Paul Kälberer
Paul Kälberer (*17.Dezember 1896 in Stuttgart; † 3. Januar 1974 in Sulz-Glatt (Krs. Rottweil)) zählt als Kunstmaler und Grafiker mit seinen Werken im Zeitraum bis ca. 1936 zum Umkreis der Neuen Sachlichkeit.
Lebenslauf
Geboren 1896 in Stuttgart als Sohn einer pietistischen Handwerkerfamilie.
Ab 1914 Teilnahme am Ersten Weltkrieg, 1920 Rückkehr aus französischer Gefangenschaft.
1920 bis 1926 studiert Kälberer an der Stuttgarter Akademie bei Christian Landenberger und Eckener.
Zwischen 1924 und 1933 erfolgten drei ausgedehnte Italienreisen.
1927 Heirat mit der Künstlerin Gesa Rautenberg. Es erfolgte der Umzug nach Glatt (Sulz am Neckar).
Ab 1928 Mitglied des Deutschen Künstlerbunds bis zu dessen Auflösung durch die Nationalsozialisten 1936.
1930 Gründung der Vereinigung Freunde schwäbischer Grafik (Mitglieder u.a. Reinhold Nägele und Wilhelm Geyer. Kälberer übernimmt den Vorsitz der Vereinigung bis 1941.
1933 kam es zu einer Resolution gegen die nationalsozialistische Kunstpolitik in deren Folge er zwischen 1934 und 1938 mehrmals die Berufung an die Stuttgarter Akademie ablehnte.
1937 erhielt er die Goldmedaille auf der Weltausstellung in Paris für 9 Radierungen.
1945 erfolgte die Gründung des Verbandes bildender Künstler Südwürttemberg-Hohenzollern.
1946 Mitbegründung der bis 1951 von ihm geleiteten Bernsteinschule.
1954 trat er engagiert für die Gesamtdeutsche Volkspartei unter Gustav Heinemann ein.
Im Zeitraum von 1952 bis 1969 fertigte Kälberer zahlreiche Wandbilder und Glasfenster in öffentlichen und kirchlichen Bauten.
Am 3. Januar verstirbt Kälberer in Sulz-Glatt
Künstlerisches Wirken
Paul Kälberer löst sich früh von seinen Lehrmeistern, um eigene Ausdrucksmöglichkeiten zu finden. So folgt er weder der spätimpressionistischen Malweise Landenbergers, dessen Meisterschüler er war, noch dem eher naturalistischen Ansatz Eckeners, der ihn in die Radierkunst einwies. Er entzog sich auch dem expressionistisch-pathetischen Duktus eines Heinrich Altherr, dessen künstlerisches, kompromissloses Ethos er hingegen umso mehr zu schätzen wusste. Auf diese Wertschätzung konnte sich auch die spätere Freundschaft gründen. Paul Kälberer suchte seine „Vorbilder“ an anderer Stelle und integrierte dabei so gegensätzliche Einflüsse wie des Quattrocento, das er intensiv zeichnend und kopierend erlebt, die Niederländer des 17. Jahrhunderts, Cézanne und fernöstliche Anregungen. Er ist davon überzeugt, dass der Künstler seine Berechtigung nur aus seiner Individualität, aus seiner persönlichen Leistung ableiten kann, denn, so bemerkt er treffend, „sonst müsste ihm ja das genügen, was vor ihm geschaffen wurde und was neben ihm geschaffen wird“. Epigonentum, das opportunistische Mitschwimmen in einer Modeströmung werden damit von vorneherein abgelehnt.
Er setzt sich infolgedessen von Anfang an vom „sozialkritischen Flügel“ der Neuen Sachlichkeit ab, dessen schrille Töne seinem zurückhaltenden Wesen keineswegs entsprechen konnten. Dennoch, forstet man die „Checkliste“ Franz Roh durch (vgl. Franz Roh: Nachexpressionismus, 1925), in der dieser schematisch den Expressionismus der [Neuen Sachlichkeit]] gegenüberstellt, so zeigt sich, dass fast alle Kriterien der neuen Kunstrichtung erfüllt sind: „ nüchterne Gegenstände, streng puristisch, statisch, still, kühl bis kalt, dünne Farbschicht“ um nur einige herausragende von ihnen zu nennen. Die hier aufgeführten Malmittel legen die Zuordnung zur Neuen Sachlichkeit nahe. Andererseits zeigt deren Umsetzung und mehr noch die zugrunde liegende künstlerische Konzeption auch die Grenzen der Anbindung auf. Daher ist eine Einreihung im „klassischen Flügel“ um Kanoldt und Schrimpf eher als eine Behelfslösung anzusehen, denn Paul Kälberer setzt sich seine Normen selbst und seine Entwicklung geht in eine andere Richtung. Er selbst hätte eine Einordnung wohl auch abgelehnt.
Ein besonderes Merkmal seines Stils ist, und dies gilt für sein gesamtes Werk, ein unermüdliches Streben nach Ausgewogenheit und Harmonie, die nicht Idylle sein wollen, sondern das Ergebnis eines ausgeglichenen Dreiecksverhältnisses zwischen Gegenstand (Objekt), Empfindung (Herz) und künstlerischem Gestaltungswillen (Komposition), d.h. die Bändigung mitunter gegensätzlicher Elemente: „So können in der schöpferischen Tat die Ergebnisse sinnfälliger Wahrnehmung, verstandesmäßiger Überlegung und des begeisterten Herzens harmonisch vereinigt werden“ (Zitat nach „Wege zur Kunst“, 1922, unveröffentlichtes Manuskript). Es wunder daher nicht, dass Paul Kälberer, dieser Überzeugung treu, seinen eigenen Weg weiterging, und die abstrakte Kunst nicht etwa verpasste, sondern ihr willentlich fernblieb.
Das Oeuvre umfasst zahlreiche Ölgemälde, insbesondere Landschaften, Stillleben, Portraits, Blumen- und Tierdarstellungen. Das grafische Werk mit dem Schwerpunkt Radierungen und Lithografien, beläuft sich auf mehrere hundert Blätter. Daneben sind eine größere Zahl von Wandbildern und Glasfenstern in öffentlichen und kirchlichen Gebäuden zu erwähnen. Das bisher noch kaum erforschte und bekannte zeichnerische Werk ist immens.
An die 200 Einzelausstellungen und Teilnahmen an Gemeinschaftsausstellungen im In- und Ausland allein zu Lebzeiten des Künstlers, sowie das kunstpädagogische Wirken im eigenen Atelier und im Rahmen der Bernsteinschule und nicht zuletzt die organisatorischen Leistungen in der Nachkriegszeit haben die künstlerische Landschaft im süddeutschen Raum mitgeprägt.
Hauptwerke
Familienbildnis (1929-1931)
Kühe an der Tränke(1927-1929)
Rottweiler Narren (1929/1930)
Winter auf der Alb(1927)
Portrait Gesa Kälberer(1926/1927)
August 1916 (1926-1928)
Ehrungen
Bundesverdienstkreuz 1. Klasse (1966) für den kulturellen Aufbau von Württemberg-Hohenzollern
Zahlreiche posthume Ausstellungen (Rottweil, Kunststiftung Hohenkarpfen, Freudenstadt, Böblingen, Horb, Lauterbach u.s.w.)
Permanente Ausstellung getragen durch den Landkreis Rottweil mit Hauptwerken im Paul-Kälberer-Kabinett des Kultur- und Museumszentrums Schloss Glatt bei Sulz
Literatur (Auswahl)
- Rüth, Bernhard u. Zoller Dr., Andreas, Hrsg.: Paul Kälberer - Kunst der Neuen Sachlichkeit in Schwaben, 2 Bde, Hausen o.V./Rottweil 1992
- Dietz Dr., Ludwig u. Mück, Hans-Dieter, Hrsg.: Paul Kälberer - Ein Maler und Radierer der Neuen Sachlichkeit, Stuttgart 1989
- Rüth, Bernhard u. Zoller Dr., Andreas: Neue Sachlichkeit in Schwaben, Weltkunst Jhrg. 62/10, 1992, S. 1325-1327
- Dietz Dr., Ludwig, Hrsg.: Paul Kälberer als Grafiker, Horb a.N. 1989 (erste systematische Erfassung des grafischen Werkes)
- Froitzheim Dr. Eva-Marina, Grüner Isabel, Rüth Bernhard und Zoller dr. Andreas Hrsg.: Die Bernsteinschule, Hausen o.V./Rottweil 1995
- Rüth, Bernhard, Hrsg.: Die Bernsteinschule, Keimzelle der Nachkriegskunst, Ravensburg/Rottweil 1998
- Heinzelmann Dr., Markus: Die Landschaftsmalerei der Neuen Sachlichkeit und ihre Rezeption zur Zeit des Nationalsozialismus, Peter Lang 1998
Weblinks
- www.paul-kaelberer.de Homepage von Paul Kälberer - Ein Künstler der Neuen Sachlichkeit