Nagib Mahfuz
Nagib Mahfuz (arabisch نجيب محفوظ, DMG Naǧīb Maḥfūẓ, auch Nagib Machfus; * 11. Dezember 1911 in Kairo; † 30. August 2006 ebendort) war ein ägyptischer Schriftsteller. Er galt als einer der bedeutendsten Autoren seines Landes und als einer der führenden Intellektuellen der arabischen Welt. 1988 wurde er als erster arabischsprachiger Autor mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet.
Leben und Werk
Nagib Mahfuz wuchs als Sohn eines Beamten in einem Kairoer Altstadtviertel auf, wie er es später in vielen seiner Romane schildern sollte. Nach der Schulzeit studierte er Philosophie und arbeitete seit den 1930er Jahren als Beamter im ägyptischen Bildungsministerium.
Neben seiner Arbeit verfasste er Kurzgeschichten und veröffentlichte 1939 den ersten von drei Romanen über die Pharaonenzeit. Angesichts des halbkolonialen Status' Ägyptens zur Zeit König Faruqs stellten diese historischen Romane den Versuch dar, mit ihrer Rückbesinnung auf eine große Vergangenheit die Identität der Ägypter in der Gegenwart zu stärken.
Mitte der Vierziger Jahre wandte er sich in realistischen Romanen zeitgenössischen Themen zu. Nach "Die Midaq Gasse" wurde ihm mit seiner Kairoer Trilogie (Zwischen den Palästen, Palast der Sehnsucht und Zuckergässchen) die uneingeschränkte Anerkennung als führender Schriftsteller zuteil. In diesen drei Werken, die ihn weltweit berühmt machten, erzählt er die Geschichte einer Kairoer Kaufmannsfamilie über drei Generationen hinweg. Sie spürt den Wandlungsprozessen nach, welche die Gesellschaft während der ersten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts aufgrund der Modernisierung und dem Kontakt mit dem Westen durchläuft. Die Trilogie brachte Mahfuz den ägyptischen Staatspreis für Literatur ein.
Aufsehen ganz anderer Art verursachte Nagib Mahfuz 1959 mit seinem Roman Die Kinder unseres Viertels, eine Parabel auf die Menschheitsgeschichte, in denen er Figuren auftreten lässt, die an Adam, Moses, Jesus und Mohammed erinnern. Nachdem die ersten Kapitel des Buches bereits in der regierungsamtlichen Zeitung Al Ahram erschienen waren, erzwangen Proteste konservativer islamischer Kreise die Einstellung des Vorabdrucks. Der komplette Roman konnte wegen der anhaltenden Empörung der streng Religiösen wegen angeblicher Gotteslästerung bis heute nicht auf Arabisch in Ägypten erscheinen. Er ist allerdings auf Englisch von der American University in Kairo verlegt worden und kann in einer arabischen Version aus dem Libanon auch in Ägypten unter dem Ladentisch gekauft werden. 1994 wurde Nagib Mahfuz durch einen islamistischen Attentäter deshalb mit Messerstichen in den Hals verletzt, überlebte aber schwerverletzt.
Neben Romanen und Kurzgeschichten schrieb Mahfuz auch Drehbücher.
Verleihung des Nobelpreises
Auch wegen seiner Unterstützung des Friedensprozesses mit Israel wurde Mahfuz zum Ziel scharfer Kritik aus fundamentalistischen und arabisch-nationalistischen Kreisen. Die Verleihung des Nobelpreises im Jahr 1988 wurde von Islamisten als Provokation seitens des Westens empfunden. Er war Mitglied der International Academy of Science. Ein radikaler Geistlicher, der heute in den USA wegen Terrorismus zu lebenslanger Haft verurteilte Omar Abdel-Rahman, verhängte in einer Fatwa ein Todesurteil über den Preisträger. Am 14. Oktober 1994, im Alter von 82 Jahren, wurde Mahfuz als Opfer eines Mordanschlags lebensgefährlich verletzt, so dass er unter ständigem Personenschutz leben musste.
Nagib Mahfuz trat nach wie vor gegen die Ideen eines fundamentalistischen Islam, für eine Trennung von Staat und Religion und für eine säkulare, demokratische Gesellschaftsordnung ein.
Schwere Erkrankung und Tod
Im Sommer des Jahres 2006 wurde bekannt, dass Mahfuz schwer erkrankt sei. Er soll künstlich ernährt worden sein und nur noch enge Freunde und Verwandte erkannt haben. Am 30. August 2006 starb er in einem Kairoer Krankenhaus, in dem er seit Juli behandelt worden war.
Werke (Auswahl)
- Echnaton (اخناتون)
- Das Lied der Bettler (الشحاذ), (deutsch 1995, ISBN 3-293-00219-6)
- Zwischen den Palästen (بين القصرين), (Kairoer Trilogie, Teil 1, ISBN 978-3-293-20065-4)
- Palast der Sehnsucht (قصر الشوق), (Kairoer Trilogie, Teil 2, ISBN 978-3-293-20075-3)
- Zuckergässchen (السكرية), (Kairoer Trilogie, Teil 3, ISBN 978-3-293-20080-7),
- Die Kinder unseres Viertels (اولاد حارتنا)
- Die segensreiche Nacht (ليلة القدر)
- Die Spur
- Miramar (ميرامار)
- Die Midaq-Gasse (زقاق المدق), (deutsch 1985, ISBN 3-293-20008-7)
- Die Moschee in der Gasse
- Der Dieb und die Hunde (اللص والكلاب)
- Anfang und Ende (بداية ونهاية)
- Echo meines Lebens, (deutsch, ISBN 3-293201-85-7)
- Die Nacht der tausend Nächte, (deutsch, ISBN 3-293201-58-X )
- Ehrenwerter Herr (حضرة المحترم), (deutsch 2004, ISBN 3-293202-97-7)
- Das Hausboot am Nil (ثرثرة فوق النيل), Edition Orient, (1982, ISBN 3-922825-06-0)
- Die Reise des Ibn Fattuma (رحلة ابن فطومه), (deutsch 2004, ISBN 3293003370)
Der Rausch
Weblinks
- Vorlage:PND
- Informationen der Nobelstiftung zur Preisverleihung 1988 an Nagib Mahfuz (englisch)
- „Eine Übersicht über die wechselseitige Beziehung zwischen Nagib Machfus und Salama Moussa“ (deutsch)
- Nachrufe
- „'Übervater' des arabischen Romans", Nachruf unter Berücksichtigung Machfus' Philosophie, Unsere Zeit (Zeitung), 8. September 2006
- „Arabische Prosa als Lebens-Geschichte“, Neue Zürcher Zeitung, 28. August 2006, von Hartmut Fähndrich
- „Zuschauer der Schiffbrüche: Nagib Machfus ist tot“, FAZ, 30. August 2006, mit Video, Fotos, Zitaten und Buchbesprechungen
- „Naguib Mahfouz, 94, Nobel Laureate in Literature, Dies“, New York Times, 31. August 2006, mit links zu NYT-Buchbesprechungen
Personendaten | |
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NAME | Mahfuz, Nagib |
KURZBESCHREIBUNG | Ägyptischer Schriftsteller, erhielt 1988 den Nobelpreis für Literatur |
GEBURTSDATUM | 11. Dezember 1911 |
GEBURTSORT | Kairo |
STERBEDATUM | 30. August 2006 |
STERBEORT | Kairo |