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Schutzstaffel

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Dieser Artikel befasst sich mit der geschichtlichen Rolle der SS. Details zu Struktur, Gliederung, Dienstgrade, Uniformen und Mitgliederzahlen finden sich unter Organisationsstruktur der SS.


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SS-Obersturmführer und KZ-Arzt Dr. Fritz Klein auf einem Leichenberg im KZ Bergen-Belsen.

Die Schutzstaffel (kurz: SS) war von 1934 bis 1945 eine eigenständige, paramilitärische Organisation innerhalb der NSDAP, deren Teil-Organisationen maßgeblich am Holocaust beteiligt waren.

Vorläuferorganisationen der SS

Datei:Stoßtrupp Adolf Hitler.jpg
Angehörige des "Stoßtrupp Adolf Hitler", einer Vorläuferorganisation der SS, posieren für die Kamera

Freikorps nach dem I. Weltkrieg

Nach dem Ende des I. Weltkrieges formierten sich im Kampf um die deutschen Ostgrenzen so genannte "Freikorps", darunter die aus der "2. Marineinfanteriebrigade" hervorgegangene "Brigade Ehrhardt", unter dem Korvettenkapitän zur See, Hermann Ehrhardt, die auf Initiative von Adolf Hitler und Ernst Röhm bei Veranstaltungen der DAP als Saalschutz auftrat. Die Brigade bildete den Kern der späteren SA.

Die "Stabswache" und der "Stoßtrupp Adolf Hitler"

Im Mai 1923 bildete Adolf Hitler aus ausgewählten SA-Angehörigen die kurzlebige Stabswache.

Nachdem sich Ehrhardt bereits Mitte 1923 mit Röhm und Hitler überworfen hatte, wurde aus 12 SA-Angehörigen der Stoßtrupp Adolf Hitler gebildet, der Hitler vor Übergriffen der der parteieigenen Sturmabteilungen schützen sollte.

Dem Stoßtrupp Adolf Hitler standen zwei ehemalige Angehörige der "Stabswache" vor, die zuvor der "Brigade Ehrhardt" angehört hatten: Julius Schreck und Joseph Berchold. Weitere Mitglieder waren unter anderem Josef Dietrich, Rudolf Hess und Ulrich Graf, die verschiedenen Freikorps angehört hatten.

Die Geschichte der SS

Gründung der Schutzstaffel

Im Mai 1925 bildete Julius Schreck, später erster Reichsführer-SS, im Auftrag Hitlers eine Einheit aus 8 Angehörigen des Stoßtrupps, die den Kern der späteren SS bilden sollten, darunter Rudolf Hess, Hermann Göring und Josef "Sepp" Dietrich. Der Name Schutzstaffel schlug der damalige SA-Führer Hermann Göring in Anlehnung an eine Fliegerstaffel Manfred von Richthofens vor. Die Aufgaben der Organisation beschrieb Hitler in einem "Führer-Befehl" vom 7. November 1930 wie folgt: "Die Aufgaben der SS ist zunächst die Ausübung des Polizeidienstes innerhalb der Partei."

Konkurrenz zur SA

Mit einer Beschränkung der Sollstärke auf 10 % der "Sturmabteilung" wollte die SA-Führung die SS klein halten. In den Gauen durfte mit dem Aufbau einer Schutzstaffel erst begonnen werden, wenn der Aufbau eines vollständigen SA-Sturmes abgeschlossen war. Mit Ausnahme Berlins, wo die SS die doppelte Stärke haben sollte, wurde die Sollstärke auf höchstens zehn Männer und ein Führer festgelegt.

Unzufrieden mit diesen Regelungen und darüber, dass die SA die ihr unterstellte SS niedrige Aufgaben erledigen ließ, trat der zweite Reichsführer-SS, Josef Berchtold, 1927 zurück. Berchtolds Nachfolger wurde Erhardt Heiden, der ein 27-jähriges Mitglied der Röhmschen Reichskriegsflagge zu seinem Stellvertreter ernannte: Heinrich Himmler. Heiden wurde von der SA und ihrer Führung nicht ernst genommen. Die SA bestand in den Augen der SS nur aus "Rabauken", während die SA die SS als "feine Pinkel" betrachtete. Am 5. Januar 1929 trat auch Heiden als Reichsführer-SS zurück.

Die SS als eigenständige Organisation

Zunächst der SA unterstellt, entwickelte sie sich zu einer Organisation mit "Polizeifunktionen" innerhalb der NSDAP. Mit der Berufung Heinrich Himmlers zum "Reichsführer-SS" 1929 begann ein grundlegender Wandel der Organisation. Bislang eine kleine Gruppierung von wenigen hundert Mann innerhalb der SA sollte sie nach Himmler zur Kampftruppe der NSDAP werden, ein nationalsozialistischer, soldatischer Orden nordisch bestimmter Männern, von denen jeder bedingungslos jeden Befehl befolgt, der vom Führer kommt. Die SS wurde gleichzeitig zu einer Elite- und einer Massenorganisation. Schon 1932 war sie auf rund 52.000 und ein Jahr später auf gut 204.000 Mitglieder angewachsen.

Der elitäre Charakter zeigte sich in den rassebiologischen und weltanschaulichen Kriterien, die erfüllt werden mussten, um der SS angehören zu können. Die SS sollte als "Sippengemeinschaft" eine Verkörperung der nationalsozialistischen Herrenmenschenideologie darstellen und als "Bewahrer der Blutsreinheit" zur Keimzelle der nordischen Rassendominanz werden. Die Auswahlkriterien beschränkten sich daher nicht auf die Bewerber selbst, auch Ehefrauen der SS-Mitglieder wurden hinsichtlich ihrer "Rassenreinheit" überprüft. Die Ideologie der SS als Führungsorden manifestierte sich auch an der Anlehnung an Vorstellungen mittelalterlicher Rittergemeinschaften, mit der sie sich durch Rituale in "Weihestätten" oder Symbole wie den SS-Totenkopfring oder den Ehrendolch eine quasireligiöse Dimension zu geben versuchte.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten erhielt die SS mit SA und Stahlhelm polizeiliche Privilegien zur Verfolgung politischer Gegner. Im April 1933 befanden sich bereits über 25.000 Regimegegner in "Schutzhaft". SA und SS begannen mit der Errichtung erster Konzentrationslager (KZ) in Dachau und Oranienburg.

Am 30. Juni und 1. Juli 1934 ermordeten bewaffnete SS-Verbände, die "Leibstandarte-SS Adolf Hitler" und die "SS-Totenkopf-Verbände", im Rahmen des Röhm-Putsches die Führung der SA und zahlreiche Zivilisten. Am 20. Juli 1934 erklärte Hitler: "Im Hinblick auf die großen Verdienste der SS, besonders im Zusammenhang mit den Ereignissen vom 30. Juni 1934, erhebe ich dieselbe zu einer selbständigen Organisation im Rahmen der NSDAP." Die SS übernahm nun in alleiniger Verantwortung die Zuständigkeit für alle Konzentrationslager (KZ) im Reich, die bis dahin teilweise noch von der SA kontrolliert wurden. Die SS-Totenkopf-Verbände wurden nun ausschließlich mit der Bewachung der Lager beauftragt.

Ab 1935 benannte sich die Verwaltungseinheiten der SS in Allgemeine-SS um. Sie wollten sich dadurch von ihren inzwischen bewaffneten Verbänden, der "SS-Verfügungstruppe" und den "SS-Totenkopf-Verbänden" unterscheiden, die später die Waffen-SS bildeten.

Der Begriff "SS" bildete nun den "Dachverband" für verschiedene Hauptämter und Unterabteilungen:

(Details siehe zur Gliederung der SS siehe: Organisationsstruktur der SS)

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Erschießungen polnischer Juden durch SS Angehörige

Beteiligungen der SS an Kriegshandlungen

Am 13. März 1938 nahmen auch Truppenteile der SS-Verfügungstruppe am Einmarsch der Wehrmacht in Österreich teil, wo sie in Wien ein bewaffnetes SS-Regiment aufbauten: die SS-Standarte Der Führer.

Im Oktober zog die SS-Verfügungstruppe ins tschechische Sudetenland ein. Wenig später zerbrach die Tschechoslowakei. Der tschechische Teil wurde zum "Reichsprotektorat Böhmen und Mähren" erklärt und die SS mit der Zerschlagung des Widerstandes beauftragt. Der Chef des Reichssicherheitshauptamtes Reinhard Heydrich wurde später "Reichsprotektor" des besetzten Gebietes. Für seine Terrorpolitik wurde er bald "Schlächter von Prag" genannt.

Im Herbst 1939 wurden die Leibstandarte, die Verfügungstruppe und die Totenkopf-Verbände langsam zur Waffen-SS verschmolzen. Heinrich Himmler wollte als Reichsführer-SS seine Schutzstaffel zu einem umfassenden Staatsschutzkorps ausbauen, das an allen Fronten die inneren und äußeren Feinde des NS-Staates bekämpfen sollte. Trotz aller Differenzen innerhalb der verzweigten SS-Organisationsstruktur blieb die SS auf ein einheitliches ideologisches Ziel ausgerichtet. Dementsprechend gab es eine einheitliche Ausbildung der Führungskräfte in den beiden SS-Junkerschulen in Bad Tölz und Braunschweig. Die militärische und ideologische Schulung unterschied nicht, ob die Führungskräfte in der SS-Verwaltung, an der militärischen Front im SD oder in Konzentrationslagern eingesetzt werden sollten.

Der erste Kampfeinsatz der SS erfolgte beim Überfall auf Polen. Die Wehrmacht befürchtete eine zunehmende Konkurrenz durch die SS-Verfügungstruppe, konnten aber die Zusammenlegung der bisherigen Regimenter: Germania, Der Führer, Totenkopf und der Leibstandarte-SS Adolf Hitler zur SS-Verfügungs-Division nicht verhindern. Aber: Die kämpfenden SS-Verbände dieser SS-V-Division unterstanden weiterhin dem Oberkommando der Wehrmacht und wurden nun auf verschiedene Heeresteile verteilt, d. h. die SS-V-Division kämpfte nicht als einheitlicher Verband.

Weitere, vom Oberkommando unabhängige SS-Verbände (einige Totenkopf-Standarten und nichtmilitärische Verbände) kamen hinter der Front bei Säuberungsaktionen zum Einsatz und begannen mit der systematischen Verfolgung und Ermordung von Juden und Angehörigen der polnischen Intelligenz. In einem Protestschreiben äußerte sich der Generaloberst der Wehrmacht Johannes Blaskowitz: Die Einstellung der Truppe zur SS und Polizei schwankt zwischen Abscheu und Hass. Jeder Soldat fühlt sich angewidert und abgestoßen durch diese Verbrechen, die in Polen begangen werden.

Da die Verbrechen ganz auf der Linie der SS-Reichs- und NS-Führung lagen, ging der Ausbau der kämpfenden SS-Verbände rasch voran. Beim Angriff auf Frankreich verfügte die Waffen-SS bereits über drei Divisionen (Das Reich, Totenkopf und die SS-Polizei-Division) und das motorisierte Regiment LAH. Die SS-Divisionen erlitten an der Front teilweise schwere Verluste. Als Freiwilligentruppe hochmotiviert, aber ohne fundierte militärische Ausbildung dienten sie ihren Führungsoffizieren als Kanonenfutter: "Verluste spielen keine Rolle." Im Frankreichfeldzug wurden von SS-Verbänden zahlreiche Kriegsverbrechen verübt. Massaker an hunderten sich ergebender Soldaten und an einer Vielzahl von Kriegsgefangenen sind dokumentiert.

Beteiligung der SS an Kriegsverbrechen und Holocaust

Auch im weitern Verlauf des Zweiten Weltkriegs verübten Truppenteile der späteren Waffen-SS zahllose Kriegsverbrechen wie Ausschreitungen an Kriegsgefangenen, Massenexekutionen an Zivilisten in den besetzten Ländern und die Vertreibung zahlreicher Menschen aus den besetzten Gebieten in Osteuropa.

Die Mehrzahl der Verbrechen des Holocaust wurde von SS-Mitgliedern verübt: So waren 7 der 15 Teilnehmer der Wannsee-Konferenz Angehörige einer SS-Gliederung (siehe auch: SS-Einsatzgruppen).

Über das "SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt" betrieb die SS die Verwaltung der Konzentrations- und Vernichtungslager, die von den sogenannten SS-Totenkopf-Wachsturmbannen geleitet wurden.

In den Nürnberger Prozessen wurde die SS als Gesamt-Organisation der NSDAP - mit Ausnahme der Reiter-SS - als Hauptinstrument des politischen Terrors zur "verbrecherischen Organisation" erklärt.

In der rechtsnationalen Szene gibt es bis heute Forderungen nach einer Revision dieses Urteils, da nur etwa 50.000 SS-Männer direkt an Verbrechen beteiligt gewesen seien, und eine heterogene Organisation wie die SS nicht pauschal verurteilt werden dürfe. Dabei wird insbesondere darauf verwiesen, dass die Waffen-SS "eine Truppe wie jede andere auch" gewesen sei, eine Einschätzung, die von der Forschung weitgehend zurückgewiesen wird.

Die "Deutschen Wirtschaftsbetriebe"

Die SS gründete zahlreiche Firmen, die sie 1940 in den "Deutschen Wirtschaftsbetrieben" (DWB) zusammenfasste und das von leitenden Mitarbeitern der SS-Verwaltung geführt wurden. 1942 wurden sämtliche wirtschaftliche Angelegenheiten im "SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt" konzentriert. Dieses betrieb über das "Hauptamt Verwaltung und Wirtschaft" die Verwaltung der Konzentrations- und Vernichtungslager mit der wirtschaftlichen Ausbeutung der Kriegsgefangenen und KZ-Häftlinge. 1943/44 gehörten etwa 30 Unternehmen mit über 100 Betrieben, in denen mehr als 40.000 Konzentrationslagerhäftlinge arbeiteten, zum Wirtschaftsimperium der SS.

Distanzierungen

Nationalkonservative Gruppierungen sowie ehemalige SS Angehörige, unter ihnen Franz Schönhuber, der sich 1942 freiwillig zur Waffen-SS gemeldet hatte, legen Wert auf die Feststellung, dass nicht alle Angehörigen der SS bzw. Waffen-SS an Kriegsverbrechen und Holocaust beteiligt waren.

Selektion an der Rampe des KZ Auschwitz-Birkenau; SS-Foto aus dem Jahre 1944

Sie verweisen auf die verzweigte Organisationsstruktur der SS, innerhalb derer nur einzelne Unterorganisationen und Truppenteile mit Hinrichtungen und Massentötungen beauftragt waren.

Zur Relativierung unbestrittener Sachverhalte führen sie unter anderem ins Feld, das Führungskorps der Waffen-SS einschließlich der an der Front stehenden T-Division habe sich angeblich von verbrecherischen Truppenteilen distanziert, als ab 1943 das Ausmaß der Verbrechen der Wachsturmbanne und diverser Truppenteile (z. B. "Brigade Dirlewanger") öffentlich bekannt geworden sei. Sechs Offiziere der Waffen-SS (Hauser, Steiner, Dietrich, Gille, Wille und Bittrich) hätten sich in der militärisch aussichtslosen Situation kurz vor Ende des Krieges "widersinnigen Führer-Befehlen" widersetzt, ohne von Hitler abgestraft zu werden. Zahlreiche Offiziere der Waffen-SS, beispielsweise SS-Obergruppenführer Felix Steiner, hätten die später als "Hochverräter" verurteilten Männer des 20. Juli 1944 nicht gemeldet, als diese in ihrer Gegenwart ihre Putschabsichten äußerten. In Paris habe die "örtliche Waffen-SS" den Putschisten der Wehrmacht zu verstehen gegeben, dass sie sich nicht in den Putschversuch einmischen würde.

Die kursierende Behauptung, der "Senior der Waffen-SS", Paul Hausser habe beim Nürnberger Prozess gesagt, wo Verbrechen beginne, höre die Kameradschaft auf, fasst der ehemalige Vorsitzende der Republikaner Franz Schönhuber allgemeiner. Er bezeichnet den Satz als "Formel", die "von verantwortungsbewussten Führern der Waffen-SS hinsichtlich Kriegsverbrechen in den eigenen Reihen geprägt" worden sei.

Siehe auch

Literatur